Frage Thread für ängstliche und traumatisierte Hunde

  • Hab geschaut und nichts passendes gefunden – falls es so einen Thread schon gibt, könnt ihr mich gerne dahin umlenken.


    Ich meine aber NICHT nur Sylvester.


    Wir haben ja seit 1,5 Wochen unseren Neuankömmling aus Spanien hier, knapp 8 Monate alt, war hier für kurze Zeit in einem privaten Tierheim.


    Erfahrung mit Tierschutzhunden haben wir schon, aber bisher waren es immer Hunde ohne Traumata, eher in der Prägungsphase auf alle Menschen sozialisiert. Unsere beiden vorherigen Hunde haben einfach etwas länger gebraucht, um eine intensive Beziehung zu uns aufzubauen, waren aber dabei angstfrei.


    Und unser kleiner jetzt hat ein paar mehr Baustellen, er ist kein extremer Angsthund, hat nicht auf der Strasse gelebt, war aber wohl als Welpe in einer Perrera, also auf der einen Seite zu wenig Aussenreize und auf der anderen Seite einige Traumata im Bezug auf die Leine ( evtl damit geschlagen), Angst vor erwachsenen Männern, Angst vor Bewegungen von stehenden Menschen, zu fressen, wenn jemand neben ihm steht…


    Auf der anderen Seite ist er extrem neugierig und hat die tolle Eigenschaft, sich alles, was ihm Angst macht, gleich nochmal wieder anzuschauen.


    Dazu hat er unseren 2 Jährige Bretonin, Spitzname „Hundeflummi“ ,als Vorbild, die fröhlich durch den Alltag hüpft und alles toll findet – sie ist da genial, um ihm vieles leichter zu machen. Er hat in der Zeit bei uns schon gelernt, entspannt Auto zu fahren, die Treppen zu bewältigen, mit Menschen zu kuscheln, auf der Couch zu pennen, auch wenn um ihn herum Bewegung ist… ist super schön, wie er jeden Tag was dazu lernt.



    Im Moment hab ich das Problem, dass wir so ganz langsam mal mit ein bisschen Erziehung anfangen müssen.
    Positiv bestärken klappt gut, er hat damit schon toll gelernt, an durchhängender Leine zu laufen. Aber es gibt ja auch Momente, wo zuerst das Nein kommt. Wenn er gerade das Hühnchen vom Küchentresen klauen möchte oder die Fernbedienung fressen oder meine Brille vom Couchtisch mitnehmen :roll:


    …. Bei meinen „Nicht-Angsthunden“ hab ich da bisher ein kurzes „ Ksch… Nein“ etabliert und danach ein stückweise ein „Ab“ für alles, was sie nicht haben dürfen.
    Das geht bei ihm auch – aber danach fällt er sofort in ein Angstverhalten zurück, will sich nicht anfassen lassen, weicht aus. Im schlimmsten Falle kann ich ihn , wenn wir danach raus wollen, kaum noch anleinen. Er steigert sich dann in ein „ sie sind doch böse und gleich passiert was schlimmes“ rein.
    Natürlich will ich das nicht, aber ihm alles durchgehen lassen ist nach meiner Meinung auch keine gute Idee, er ist sehr schnell im Lernen und idealerweise würde ich ihm auch jetzt schon auf sanfte Weise Grenzen zeigen, damit sich da keine zusätzlichen Baustellen bilden.
    Aber da bin noch ein bisschen ratlos.


    Vielleicht gibt es hier ja noch mehr Leute mit traumatisierten Hunden, ich würde mich über einen netten Erfahrungsaustauch und Tipps freuen.



    Lg , Elzbeth


    PS: Das ist der kleine Kerl irgendwo zwischen Angst und "ich erobere die Welt" :D


  • Ich lasse solche Neins und so einen Kram einfach weg. Man kann einfach ranrufen oder Sitz machen lassen oder ein "Nein" aufbauen, das den Hund nicht einschüchtert.

  • Könnte es vllt. sein, dass du zu "heftig" tadelst?
    Ich würde es mal um einiges ruhiger probieren, sowohl verbal als auch von deiner Körperhaltung her. Kann auch sein, dass deine Körperhaltung, während du etwas verbietest", ihm zuviel Stress/Angst macht.

  • Ich habe jetzt nicht viel Zeit. Mein Hund hatte ähnliche Voraussetzungen, 10 Monate ohne großen Menschenkontakt in einer Hundegruppe in Spanien gelebt. Er kam als Panikhund.


    Wobei wenn ich lese das Dein Hund erst 1,5 Wochen da ist und was er schon alles kann .... nein das ist kein echter Angsthund. Nur für dich als Vergleich : Mein Hasenfuß hat die ersten 3 Wochen nichts gefressen, hat geschrien wenn er Menschen auf 100 m Entfernung gesehen hat, hatte Angst vor jeder Bewegung, vor Husten, Niesen , räuspern, winken, vor der Kaffeemaschine, dem Toaster, Auto, Fahrrädern, hat unter sich gemacht, Analdrüsen entleert ........ und noch 100 andere Dinge. Nur Hunde fand er toll und zum Glück mich :). Bei ihm haben wir erst nach einem Jahr mit Erziehung angefangen, vorher hat er eh keine Leckerlies genommen. Viel wichtiger war einfach die Umweltgewöhnung. Im Haus eine leichte Leine dran und ich kann ihn wegnehmen ohne ihn zu bedrängen. Da deiner Leckerlies nimmt übe seinen Namen und das Abrufen, dann brauchst du kein Nein, das kommt später.


    Lass ihm Zeit, meiner Erfahrungen nach machen solche Hunde, wie Du sie beschreibst, nach ca. 4 Wochen einen gewaltigen Entwicklungssprung und legen nach und nach ihre Ängste ab.


    Meine Schissbuxe hat sich auch super toll entwickelt.

  • Wir haben auch so einen Schisser aus Spanien, der wohl unter ähnlichen Voraussetzungen gelebt hat, wie Dein Hund.
    In meinem Fotothread habe ich einiges dazu geschrieben

    …. Bei meinen „Nicht-Angsthunden“ hab ich da bisher ein kurzes „ Ksch… Nein“ etabliert und danach ein stückweise ein „Ab“ für alles, was sie nicht haben dürfen.

    Das geht bei Angsthunden gar nicht

    Ich lasse solche Neins und so einen Kram einfach weg. Man kann einfach ranrufen oder Sitz machen lassen oder ein "Nein" aufbauen, das den Hund nicht einschüchtert.

    So haben wir das auch gemacht und heute, 1 1/2 Jahre später, kann Faro mit einem Nein gut umgehen, allerdings brauche ich es nur, wenn er meint, einem Reh folgen zu müssen

  • Entweder bin ich zu blöd oder der Thread ist zu wenig aktiv... ich find ihn über die Suchfunktion einfach nicht. Wenn da noch aktiv geschrieben wird, könnt ihr mir einen Link schicken??


    Positiv bestärken ist uns auch schon eingefallen, gibt jetzt kein
    " kschh" mehr, sondern nur noch " Hiieeerherr" mit Lob und ggfs. Leckerlie .


    So schnell wie er lernt werden wir da aber nach meiner Befürchtung schnell ein Opfer von Fehl verknüpfungen werden - im Sinne von
    " ich klaue die Fernbedienung, apportiere sie zu meinen Menschen und bekomme ein Leckerlie".. mal schauen. :roll:


    Und stimmt, er ist kein 100%iger Angsthund. Gibt Situationen, die ihn wirklich in Panik versetzen, wo er auch schwer ansprechbar ist. Aber z B die Stallkatzen hat er beim ersten Mal offensiv angegriffen, musste ich an der Leine einfach mit festhalten verhindern. Beim zweiten Mal haben die Katzen ihm von erhöhter Stellung nur durch Anwesenheit, gab keinen Kampf, irgendwie vermittelt, dass das nicht gut für ihn ausgeht.... und jetzt ignoriert er sie einfach komplett. Ohne Angst, ganz gelassen. Und möchte von mir eine Belohnung fürs ignorieren haben. Er schwankt so zwischen "ich hab Angst" und " Ich erobere die Welt".


    Das finde ich nicht ganz einfach, bleibt spannend.


    Lg, Elzbeth

  • Ich finde 1,5 Wochen definitiv zu kurz, um davon auszugehen, dass er eine sichere Bindung zu euch hat und es Zeit ist "mit der Erziehung" zu beginnen!


    Ich würde ihm dafür deutlich mehr Zeit geben, Priorität auf Entwicklung der Bindung legen und ansonsten positives Verhalten bestätigen und negatives ignorieren, oder erstmal ablenken, oder Ersatzhandlung machen.


    Priorität bei Südhunden ist meiner Erfahrung nach erstmal Aufbau der Bindung, erst dann kann alles andere folgen.

  • …. Bei meinen „Nicht-Angsthunden“ hab ich da bisher ein kurzes „ Ksch… Nein“ etabliert und danach ein stückweise ein „Ab“ für alles, was sie nicht haben dürfen.
    Das geht bei ihm auch – aber danach fällt er sofort in ein Angstverhalten zurück, will sich nicht anfassen lassen, weicht aus. Im schlimmsten Falle kann ich ihn , wenn wir danach raus wollen, kaum noch anleinen. Er steigert sich dann in ein „ sie sind doch böse und gleich passiert was schlimmes“ rein.

    Bei Angsthunden ist jede Form von Druck gruselig für den Hund.


    Respekt vor der Angst des Hundes (der Hund hat aufgrund seiner Erfahrungen ein Recht drauf, ängstlich zu sein), hilft als Denkansatz vielleicht weiter.

  • Bloß kein ksch... bei einem Hund, der vor Menschen Angst hat. Zischlaute werden in den Herkunftsländern viel benutzt und zwar sehr häufig in Kombination mit Drohen, Wegjagen, Treten, Schlagen, etwas nach dem Hund werfen.
    Auch ein Nein, Hierher oder ähnliches muss nicht mit angehobener Stimme ausgesprochen werden - das könnte je nach Ausprägung der Angst auch schon zuviel sein, da muss man schauen, was der einzelne Hund erträgt.
    Ich spreche das Nein mit normaler Stimme oder sage kurz "Nö" und schüttle den Kopf oder schüttle auch nur den Kopf, wenn der Hund mich gerade ansieht. Reicht hier vollkommen aus.
    Man kann auch, wenn der Hund etwas macht, was er nicht soll, ihn einfach daran hindern. Ganz sachlich, also emotionslos und ruhig. Wenn das von einem Kopfschütteln oder leisen Nein begleitet wird, versteht der Hund sehr schnell, was das bedeutet.
    Wenn Euer Hund so reagiert, dann war es zuviel für ihn, er hat aufgrund der ersten Erziehungsversuche, die bedrohlich für ihn waren, die Verknüpfung zu seinen bisherigen Erfahrungen mit Menschen und schätzt Euch bei solcher Stimmlage, Körpersprache etc. ebenfalls als gefährlich ein. Da hilft nur ein anderes Verhalten in solchen Momenten, also rein sachlich und ruhig bleiben, nicht drohend einwirken in Tonfall und Körpersprache.
    Dann wird das schon. 1,5 Wochen sind nichts bei einem ängstlichen Hund mit schlechten Erfahrungen.

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