Schweres Eingeständnis: Mein Hund jagt - ich muss was tun

  • Hallo!


    Achtung, langer Text, der Schreck sitzt mir noch immer in den Knochen und ich musste das mal loswerden. :( :


    Ich kann es leider nicht mehr als „Versehen“ abtun, Lilly jagt. Nachdem in letzter Zeit alles recht gut lief fing es an: Madam machte sich hier und da mit ihrer Freundin im Wald mal eben in ein Gebüsch dünne. Nur so für ein paar Sekunden aber auf Rufen kam sie nicht. Hab dann wieder mehr mit ihr geübt und gedacht es ist halt ihr Übermut wenn die beiden zusammen sind (die Hoffnung stirbt zuletzt). Dann ist es passiert: Beide waren WEG. Lillys Freundin kam nach 10 Minuten wieder, Lilly nicht. Also alle wie blöde durch den Wald gelaufen in totaler Panik weil es hier doch recht viele Straßen gibt. Irgendwann fand ich sie dann. Sie kam auf mein Rufen nicht, ich also im Affentempo hinterher und sie sehr unsanft im Nacken zu packen bekommen. War ich sauer!!! Ich hatte mir solche Sorgen gemacht. Also erstmal wieder Leine/Schleppleine/Flexi.


    In den letzten Tagen habe ich dann angefangen sie an ungefährlichen Stellen wieder spielen zu lassen. Ist sie auf mein Rufen nicht SOFORT gekommen bin ich hinterhergestiefelt, angeleint und das wars. Lief ansich gut dachte ich.


    Gestern Abend dann das Desaster: Ich hatte sie schon an der Leine weil wir in die Nähe einer Abhau-Stelle kamen. 2 befreundete Hunde kamen auf Lilly zu und ich dachte „Ok, lass ich sie kurz noch laufen“. Sehr dumme Entscheidung. :verzweifelt: Sie drehten eine große Runde, die beiden drehten ab und kamen auf uns zu, Lilly düste ab ins Dickicht. Fazit: 30-40 Minuten Suche im bis dahin dunklen Wald. Soviele km bin ich in der Zeit noch nie gerannt! Als ich sie endlich im Gebüsch fand kam sie erst als ich auf ihrer Höhe war. Sie kam ganz klein angeschlichen und wollte sich auch erst nicht von mir anpacken lassen. Schien, dass sie eindeutig wußte, dass das wohl nicht nett war.


    Ich bin grad schon dabei mich was durch den Antijagd-Beitrag zu lesen, musste das jetzt hier aber mal loswerden. Ich hatte so Panik, dass ihr was passiert nur weil ich so naiv (und auch bequem) war zu glauben, dass es auch so wieder gehen wird.


    Jetzt will ich natürlich daran arbeiten, denn ich will keinen Hund der ein Leben lang an der Leine bleiben muss, aber ich bin mir noch nicht 100% sicher wie. Sieht sie einen Hasen oder riecht was, ist dabei in meiner Nähe und ich schrei „Nein!“ und dann „Hier“ hört sie eigentlich. Ist sie aber was weiter von mir weg klappt das nicht immer sondern es wirkt als ob sie dann erstrecht losdüst. Nur gerade wenn sie aus dem Spiel abhaut, seh ich vorher keine Anzeichen dafür. Ich denke auch, sie hat dann noch keine wirkliche Spur sondern ist so übermütig, dass sie durchstartet und findet dann irgendwann was im Gebüsch was sie verfolgen kann. Das macht es aber halt schwer diese Situationen an der Schleppleine zu provozieren, da sie da einfach nicht aufkommt.


    Hier mal was ich bisher so mit ihr gemacht hab und was sie kann:
    - Sie kann super apportieren, gehen auch 1x die Woche zu einem Training
    - Sie bleibt brav sitzen während Dummies durch die Gegend fliegen, ich kann sie auch in eine bestimmte Richtung schicken
    - Im riesigen Garten von meinen Eltern kann ich verschiedene Dummies/Futterbeutel verstecken und sie suchen schicken; sie findet alles und ist voll dabei
    - Auf dem Platz (!) kann sie alle Grundkommandos perfekt und ist total auf mich konzentriert (Sitz, Platz, Bleib, Stopp, Fuß, Such, Bring, Guck, Halten, Nein, Hier). Im Wald werden diese Kommandos nicht immer direkt beim 1. Mal ausgeführt, da waren wir anfangs wohl nicht konsequent genug, da wir damals noch soviele andere Problemchen mit ihr hatten. Aus dem Spiel mit anderen Hunden lässt sie sich recht gut abrufen, wenn sie aber an nem Mäuseloch hängt kann das mal dauern.
    - Ich kann sie ablegen, mit der Reizangel vor ihr rumwedeln und sie schießt erst los wenn ich ihr das Kommando geb. Dann wieder davon abrufen habe ich bisher nicht geübt.
    - Sie kann sich nicht lange mit einem Spielzeug beschäftigen. Ich kann also nicht „das Superspielzeug“ mit in den Wald nehmen und hoffen dadurch ihre Aufmerksamkeit zu kriegen.
    - Zuhause ist sie kein bisschen aufmüpfig oder unverschämt; sie wartet brav auf ihr Essen und muss dafür 1-2 Übungen machen und ist auch sonst total unkompliziert.


    Irgendwie weiß ich jetzt aber noch nicht was ich nun genau tun soll. Sie kriegt ihr Futter jetzt erstmal wieder nur durch Erarbeiten aus dem Futterbeutel. Das haben wir sonst nur zwischendurch gemacht. Und sie bleibt natürlich an einer Leine.


    Der Tipp meiner damaligen Trainerin war so:
    Auf eine Wiese mit vielen Hasen gehen und warten, dass Lilly diese sieht. Dann wird sie wohl in die Leine springen und versuchen hinzukommen. Sobald sie sich ansatzweise zu mir dreht loben und den Futterbeutel werfen. Was sagt ihr dazu? Das würde dann kein Abbruchsignal beinhalten. Ich bin mir da grad echt unsicher was der beste Weg ist und ich will nicht alle paar Tage eine neue Strategie anfangen. Zudem frag ich mich wie diese Strategie helfen soll, dass sie nicht mehr aus dem Spiel ins Gebüsch abhaut. :???: Weil wenn sie das macht, hat sie, glaube ich, ja noch garnix gesehen.


    Ich brauche einfach eine gute Strategie bei der ich mir sicher bin und die ich dann durchziehen kann. Also wenn jemand Ideen hat, immer her damit! Werde mich auch weiter durch den Antijagd-Beitrag wühlen. Jetzt gibt es erstmal Apportierarbeit und Spaziergänge an der Leine bis ich einen guten Plan hab wie es weiter geht.


    Wir sind dann mal unterwegs...

  • Willkommen im Club. Ich würde sagen, du wechselst bald in den Jagdhunde-Thread ;)


    Ok, du weisst nun, dass du was tun muss. Du weisst auch, dass dein Hund in nächster Zeit nicht ohne Leine raus geht! Weil: es dürfen jetzt wirklich keine Erfolge mehr kommen. Das waren bereits zu viele. Erfolg ist auch, sich ins Gebüsch zu verdrücken um dort zu stöbern.


    Arbeite am "raus da" oder ähnlichem, damit der Hund gar nicht erst ins Gebüsch geht. Arbeite am Abbruchkommando. Arbeite an der Umorientierung zu dir in ablenkungsstarken Situationen. Umorientierung ist auch schon, wenn der Hund nur die Ohren zu dir dreht. Dann loben. Immer wieder, solange die Umorientierung anhält. Nicht nur einmal. Ich klickere, aber man kann das auch ohne Klicker machen. Dass sich der Hund als Umorientierung zu dir dreht ist bereist hohe Schule, fang mit den kleinen Schritten an.
    Rückruf bis zum abwinken festigen. Aus allen erdenklichen Situationen. Gesichert mit Schleppleine. Und aus Erfahrung kann ich dir sagen:
    Wenn der Hund an einer Stelle weg war, wird er sich diese und sehr ähnliche Stellen Monate lang merken !! Das heisst Leine, ohne wenn und aber.
    Das alles dauert - stell dich auf viele Monate Arbeit ein. Damit du nicht enttäuscht bist ;) wenn's dann schneller geht ist ja auch gut. :)

  • Mit dem Clicker hab ich auch schon gearbeiter. Hab eine zeitlang immer geklickert wenn sie mich angeguckt hat im Wald. Das Hauptproblem im Wald ist: Man trifft IMMER Leute, die man kennt und schafft es kaum alleine zu gehen. Und zack, labert man nurnoch und hat kaum "Zeit" richtig auf den Hund zu achten.

  • Das liegt nicht drin. Entweder konzentriert arbeiten, oder den Hund an die ca. 2m Leine und schnüffeln lassen. Dann ist es ein Leinenspaziergang. Alles Andere ist kontraproduktiv!

  • Ich hänge mich hier mal an. So schlimm wie bei dir ists bei uns leider noch nicht. Aber ich will auch garnicht das es soweit kommt.
    An eine Reizangel hab ich auch schon gedacht, um dann das Abbruchsignal mit ner Schleppleine aufzubauen. Aber ob das so Sinnvoll ist? Meine Hündin fällt sehr schnell ins Meideverhalten und daher denke ich, dass sie das dann eben auch mit der Reizangel machen würde.


    Ich bin mal gespannt wie es bei euch weiter geht.

  • Meine Güte, da hast Du aber einen Streifen mitgemacht! :verzweifelt:
    Jagdtrieb Ist ein Mistkerl, wir haben uns damit abgefunden, dass mit Hund selbstvergessen durch den Wald flanieren zu Nosys Lebzeiten einfach nicht mehr drin ist.
    Das Gute ist aber: man ist gezwungen wirklich richtig mit dem Hund spazieren zu gehen und das macht, hat man sich erst mal drauf eingelassen auch richtig viel Spaß und schweißt zusammen.
    Wir haben, aufgrund anderer Baustellen noch nicht so richtig mit dem Antijagdtraining angefangen -erst mal einfach Schleppi dran und los (wobei wir aber schon Schleppleinentraining gemacht haben), deshalb kann ich keine weiterführenden Tipps geben. Aber ich wollte Dir trotzdem ein bisschen Mut machen, dass die Spaziergänge, hat man sich damit erstmal abgefunden, auch auf eine andere Art Spaß bringen können.

  • Hallo


    Ich kann mich grundsätzlich Wildsurf anschliessen.
    Ergänzend möchte ich noch anmerken, dass das Training mit 4 Monaten eher knapp bemessen ist, bei einem Hund der schon ein paarmal das selbstbelohnende "Erfolgserlebnis" des Stöbern/Hetzen hatte. Ich habe mit Kimba sicher einen Aufbau von gut einem Jahr hinter mir. Der jetzt funktioniert, wenn ich achtsam bin. Bin ich abgelenkt, kommt der Hund an die Leine! Ich versaue mir nicht diese Jahr intensiver Arbeit mit Nachlässigkeit.


    Zudem beschäftige ich mich viel mit dem Hund in wald und Flur. Wir machen kleine Geschicklichkeitspacours, Verlorensuche, Fährten, Dummy- Suche und Apport, sowie auch Reizangeltraining(dieses aber mit einem systematischen Aufbau, nix einfach mal dem Dummy nachhetzen) und ja, zwischendrin auch ganz stinknormale Gehorsamsübungen.
    Damit die Konzentration auf mich jederzeit abrufbar ist. Rumsaussen im Wald mit anderen Hunden ist garnicht. Nada!
    Und mein Hund war nur(?) 2x ein paar Minuten weg. Aber das ist genau 2x zuviel! Einmal auf den Geschmack gekommen, gibts Arbeit und viel Leinelaufen.


    Es gibt wirklich nebst dem Training die unbedinge Auflage, dass der Hund solange nicht abgeleint wird, bis die Grundkommandos im hohen Ablenkungsreiz funktionieren. Und zwar umgehend. Geht der Hund dann frei, dann muss er konzentriert beobachtet werden, um ihn bereits im Ansatz (Körperspannung, Vorstehen, Scannen, Ansatz auf eine interessante Spur usw.) wieder auf einen zu beziehen.


    Zudem gibt es mehrer Ansatzpunkte. Dass der Hund bestätigt wird, wenn er sich einem zuwendet, ist eine Variante, die auch gut kombinierbar ist. Mein Hund kann z.B. bei Wildsichtung NICHT abgerufen werden. Jeglicher Abruf, das heisst der Hund kommt in Bewegung, ging in die falsche Richtung :shocked: . Da sie zuerst im Vorstehen für eine Sekunde erstarrt, habe ich das ausgebaut in ein absolut zuverlässiges Sitz. (Auch mit dem Clicker gearbeitet)


    Aber es gibt ja noch andere Möglichkeiten. Ich denke da muss man auch ein bisschen schauen, was für ein Jäger deine ist. Sichtjäger, Stöberhund, Fährtenläufer, welche Kombi hat sie.....


    Was ich aber nochmal sagen muss, bei allem individuellen Training für "Jäger" oder "Abhauer", den soliden Aufbau eines gut sitzenden Gehorsams in immer höheren Ablenkungsreizen und dafür zu sorgen, dass er keine Erfolge mehr hat mit dem unerwünschten Verhalten, ist für mich das A und O, egal was und wie man das trainiert.


    Ist man da nicht absolut konsequent, kann man sich jegliches Training ersparen.


    Gruss Eva


    ps. bitte schimpfe deinen Hund nicht, wenn er wieder zu dir kommt, oder sich von dir einfangen lässt. Er wird sonst überhaupt nicht mehr kommen, oder einen Tanz von 2 Meter um dich herum machen, wenn du ihn anhängen willst, weil er dich nicht mehr einschätzen kann. Er verknüpft deine Wut nicht mit dem Abhauen.


    Wenn du deinen Ärger irgendwo ablassen willst, dann nimm die flache Hand und haue....dir selbst 5 x auf deine Stirn mit den Worten: ich hab nicht aufgepasst, ich war zu langsam, ich habe die Situation falsch eingeschätzt.


    So kommst du besser voran.... :D

  • Ich musste beim Lesen schmunzeln... typische Entwicklung des Jagdinstinkts :D


    Zitat

    Auf eine Wiese mit vielen Hasen gehen und warten, dass Lilly diese sieht. Dann wird sie wohl in die Leine springen und versuchen hinzukommen. Sobald sie sich ansatzweise zu mir dreht loben und den Futterbeutel werfen. Was sagt ihr dazu?


    Du bringst Deinem Hund folgendes mit diesem Weg bei: Starte los und teste, ob die Leine dran ist. Der Ruck der Leine, die durch das Reinspringen entsteht, wird das Signal zum Umdrehen werden. (Taktile Signale sind die stärksten, wenn sie vorhanden sind - der Rest wird Hintergrundmusik.)


    Du wirst Deinem Hund auf diese Art also beibringen für alle Zeiten die Schleppleine zu brauchen. ;)

  • Mit meinem Hund (zum Glück nicht wirklich ein Jäger) habe ich auch ein Stoppkommando trainiert, eigentlich soll er sich dann hinsetzen, aber ich war am Anfang schon glücklich, wenn er bei Wildsichtung stehen geblieben ist und danach auf Zuruf kam.
    Und beim Einsammeln, nicht schimpfen und schon gar nicht beim Zurückkommen. Werd lieber ironisch dem Hund gegenüber, baut Ärger ab und Hundi bekommt keine Angst. ;)
    LG Nicole

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