Brechen/ Erziehen - wo sind die Übergänge?

  • Hallo ihr Lieben!


    Angeregt durch die Diskussion zum Thema unerwünschtes Jagdverhalten würde ich gerne von euch wissen, wo eurer Meinung nach die Erziehung aufhört und man beginnt den Hund zu brechen.


    Ich muss sagen, ich komme aus einer Familie, die seit jeher sehr antiautoritär eingestellt war. Kinder sollten bei uns Kinder sein dürfen und Hunde eben Hunde. Seitdem ich mich aber verstärkt auch theoretisch mit Hundeerziehung auseinander setze und auch eine Trainerin besuche, nehme ich bewusst mehr und mehr Einfluss auf das Verhalten meiner Hunde. Spielzeug und Kauartikel liegen nicht mehr zur freien Verfügung überall herum, ich führe meine Hunde draußen mehr an der Leine (sie sind wahre Adrenalinjunkies geworden und ich muss sie runterfahren) - und ja, ich habe mir sogar eine Schleppleine zugelegt!, im Haus ist spielen inzwischen genauso verboten wie die stürmischen Begrüßungen, Leinenkontakte sind tabu und der Höhepunkt der "Grausamkeiten": ich besitze inzwischen für jeden Hund eine Box, in die sie gesteckt werden, wenn sie runter kommen müssen.


    Nun darf ich mir inzwischen fast täglich von meiner Mutter anhören, ich würde unfair mit meinen Hunden umgehen, ihnen zuviele Regeln aufdrücken und sie brechen wollen. Mich nerven diese ständigen Vorwürfe inzwischen sehr, vorallem wenn es um die Boxen geht (das bezeichnet meine Mutter sogar als "Tierquälerei").


    Hunde sind doch nunmal Lebewesen, die eine liebevolle Führung benötigen, da sind Grenzen doch einfach lebensnotwendig - oder nicht? Gewalt oder Einschüchterung käme für mich nie in Frage, aber ich halte zB die Box für eine enorme Erleichterung (keine 2 Minuten nachdem ich Maja dort reingeschickt habe, ist immer schon ein schnarchen zu vernehmen ;) ).


    Wie steht ihr zu dem Thema? Wo beginnt der Mensch eurer Meinung nach den Hund zu brechen und was ist hingegen notwendig?


    Bin sehr gespannt auf eure Antworten! =)

  • Brechen ist es für mich dann, wenn ohne Rücksicht auf Verluste und mit Druck (und Schmerz) der Hund gefügig gemacht wird. Normale Erziehung (Lob, Tadel, Leckerlie etc) fällt für mich nicht darunter.

  • Zitat

    Wie steht ihr zu dem Thema? Wo beginnt der Mensch eurer Meinung nach den Hund zu brechen und was ist hingegen notwendig?


    Das ist ne sehr interessante, aber auch schwierige Frage...


    Ich erziehe meine Hunde sehr autoritär mit einer klaren Linie...und ja...da gibt es auch mal negative Einwirkungen...die Grenze ist für mich aber definitiv da errreicht, wo diese negativen Einwirkungen so massiv und so allgegenwärtig sind, dass der Hund anfängt mich als Person zu meiden, wo er anfängt in alltäglichen Situationen strändig zu beschwichtigen etc.
    Aber der Weißheit letzter Schluss ist das auch noch nicht...ich muss da nochmal drüber nachdenken...

  • Zitat

    Hunde sind doch nunmal Lebewesen, die eine liebevolle Führung benötigen, da sind Grenzen doch einfach lebensnotwendig - oder nicht? Gewalt oder Einschüchterung käme für mich nie in Frage, aber ich halte zB die Box für eine enorme Erleichterung (keine 2 Minuten nachdem ich Maja dort reingeschickt habe, ist immer schon ein schnarchen zu vernehmen ;) ).


    Das sehe ich genauso. Vor allem musst du bedenken das ein Hund der Regeln und Grenzen kennt dafür auch mehr Freiheit haben darf. Meine Hündin darf sich z.B. im ganzen Haus frei bewegen, mit Kindern spielen, im Garten herumtoben, draußen ohne Leine laufen etc. Würde sie keine Regeln kennen und machen was sie will, wäre das alles nicht möglich.


    Eine Box die sinnvoll eingesetzt wird ist für den Hund ein Nest, eine sichere Burg, und ein Ruheort. Ich achte strikt darauf das mein Hund auf ihren Ruheplätzen nicht unnötig gestört wird. Wenn ein Hund aber stundenlang in der Box eingesperrt wird, ist das zweifelsohne Tierquälerei.

  • Zitat


    ich komme aus einer Familie, die seit jeher sehr antiautoritär eingestellt war. Kinder sollten bei uns Kinder sein dürfen und Hunde eben Hunde.
    Wie steht ihr zu dem Thema?


    Kinder sollen Kinder sein dürfen, und Hunde sollen Hunde sein, das sehe ich auch so.
    Meines Erachtens funktioniert das aber nur mit Führung und ganz klarer Abgrenzung.
    Weder ein Kind, noch ein Hund würde sich alleingelassen so zurechtfinden, dass es spezifisch "artgerecht" wäre.
    Ich persönlich halte daher gar nichts von grenzenloser Selbstständigkeit, weder beim Kind, noch beim Hund.
    Obwohl viele propagieren, doch Hund und Kind nicht miteinander zu vergleichen, so konnte ich bisher etliche Parallelen erkennen.


    Ich breche meinen Hund nicht, wenn ich ihn sanft zur Ruhe zwinge :smile: , findet er sie eigenmächtig nicht, ganz das Gegenteil ist meines Erachtens der Fall.
    Auch Kinder werden vergleichsweise oft unnatürlich lange wachgehalten, obwohl ihr eigener Rhytmus schon längst auf Schlafen eigestellt wäre...
    Sowohl ein Hund, als auch ein Kind, quittieren diesen Entzug mit "Quängeln bis zum Umfallen".
    Der Hund gehört in die Box/Körbchen etc., und das Kind ins Bett.


    Manche Kinder und Hunde die ich kenne, die tun mir leid, weil sie irgendwie aus falscher Liebe heraus missverstanden werden :/


    Ja, Grenzen und Regeln sind absolut lebenswichtig, würden sie auch so verstanden, wäre Vieles einfacher.

  • Keine einfache Frage, und man kommt unweigerlich in Grauzonen der Übergänge....


    Brechen ist für mich da erreicht, wo der eigene Wille des Hundes völlig ausgeschaltet wird, und der Hund in eine extreme Abhängigkeit vom HF kommt, keine selbständigen Handlungen mehr zeigen darf. Ein Hund, der ohne Erlaubnis nur noch gerade atmen darf, und dies nicht nur in einem kurzen Moment des "Zorn des Zeus", sondern über längere Zeit. Ein Hund, der dem Herrn völlig hörig ist, der gar nicht mehr auf eine andere Idee kommt, als ihm ständig zu Diensten zu sein. Ein Hund, für den das Universum nur noch im Herrchen besteht. Ein Hund, der nicht mehr das Verlangen hat, seinen natürlichen Anlagen nachzugehen.


    Mit Grenzen setzen hat dies kaum was zu tun, Grenzen belassen einen (wenn auch manchmal sehr engen) Spielraum. Auch Führung macht aus dem Hund noch keine willenlose Marionette, die keinen eigenen Antrieb mehr hat. Dem Hund mal eine Auszeit in der Box oder im Körbchen zu verordnen, hat auch nichts mit brechen zu tun.


  • Das sehe ich auch so, aber mal ganz von den Parallelen zwischen Hund und Kind abgesehen, Hunde leben normalerweise im Rudel mit Rangordnung.
    Ich denke wenn du deinen Hund antiautoritär erziehen würdest würde er meinen er wäre der Boss... Und das kann dann schlimme Folgen haben z.B. würde er bei Besuchern selbst darüber bestimmen, ob diese Freund oder Feind des Rudels darstellen. Stell dir nur mal vor dein Chef käme dann mal zum Essen oder sowas...
    Hunde brauchen Führung genauso wie Kinder auch Regeln lernen müssen, um im Täglichen Leben klar zu kommen (Sozialisation), muss ein Hund wissen was er darf und was er nicht darf. Schließlich lernen sie genau das ja auch von ihren Eltern im Rudel! Unter Hunden gibt es ja schließlich auch Streit wenn der eine Hund dem andern das Futter klaut, dann wird er gepackt und lernt eben: " Ok, das gehört ihm"
    So muss der Hund auch lernen was dir und was ihm gehört und was er darf.

  • Zitat

    Brechen ist für mich da erreicht, wo der eigene Wille des Hundes völlig ausgeschaltet wird, und der Hund in eine extreme Abhängigkeit vom HF kommt, keine selbständigen Handlungen mehr zeigen darf. Ein Hund, der ohne Erlaubnis nur noch gerade atmen darf, und dies nicht nur in einem kurzen Moment des "Zorn des Zeus", sondern über längere Zeit. Ein Hund, der dem Herrn völlig hörig ist, der gar nicht mehr auf eine andere Idee kommt, als ihm ständig zu Diensten zu sein. Ein Hund, für den das Universum nur noch im Herrchen besteht. Ein Hund, der nicht mehr das Verlangen hat, seinen natürlichen Anlagen nachzugehen.


    Der Definition schließe ich mich an. :gut:


    Brechen hat für mich auch nicht immer unbedingt etwas mit körperlicher Gewalt zu tun ...

  • Erziehung mit postiver Bestärkung und setzen von Grenzen finde ich ok. Dem Hund vermitteln, was erwünscht ist und was nicht geduldet wird.


    Brechen fängt für mich dann an, wenn dem Hund der eigene Wille völlig entzogen wird. Wenn der Hund mit stumpfen Augen neben dem HH läuft und nur noch funktioniert. Wenn er bei der kleinsten hektischen Bewegung des HH ins Meiden geht.


    Ich habe vor Jahren eine zarte, kleine DSH Hündin gekannt. Eine süsse, freundliche Maus. Eines Tages hab ich die Hündin wieder gesehen und das war nicht mehr die Hündin, die ich kannte. Sie war schreckhaft und ängstlich. Auf meine Nachfrage, hab ich die (lapidare) Erklärung erhalten, jemand habe mit ihr Zwangsbringen gemacht. Wie weiß ich nicht, hab ich nicht gesehen und möchte ich auch nicht. Das da mit Starkzwang gearbeitet wurde, war aber nicht zu übersehen. Das ist in meinen Augen brechen. Die Hündin wurde kaputt gemacht und ihrer Lebensfreude beraubt.

  • Ich bin (als angehende Pädagogin ;) ) auch der Meinung antiautoritäre Erziehung ist nur da möglich, wo die Regeln und Grenzen klar sind. Sonst kommt man früher oder später an den Punkt an dem man keine andere Wahl mehr hat als autoritär zu werden.


    Das ist wirklich eine Frage, über die sich ewig diskutieren lässt und eine ganz klare Grenze wird sich vermutlich auch nicht finden lassen. Hätte auch noch viele Gedanken dazu, aber zu wenig Zeit, weil hier noch ein Text für die Uni auf mich wartet :D


    Aber zu dem "Boxproblem", auf dem deine Mutter ja scheinbar am meisten rumreitet möchte ich noch was schreiben: Ich finde, so lange ein Hund die Box als Ruhepunkt annimmt, dort entspannt, keine schlechten Verknüpfungen damit hat (das heißt z.B. sie nicht als Strafe zu empfinden) und keine Angst davor, also es ihm sogar gut tun kann, ist der Streitpunkt nicht wirklich haltbar (meine Meinung). Denn ob ich einen Hund nun ins Körbchen schicke (oder ein Kind ins Bett) oder in die Box... Ich verlange auch in dem Fall, dass er dort bleibt und zur Ruhe kommt oder jedenfalls uns für den Moment in Ruhe lässt. Sofern er das annimmt und ihm die Box einfach mehr hilft runterzufahren, kann ich da beim besten Willen keine Tierquälerei sehen.

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