Ein Fotoabend mit Hundemotiv

  • Eine Einladung zu einem Foto-Abend ist ja generell schon ein Grund
    panisch nach wichtigen, unaufschiebbaren Terminen zu suchen,
    wie Streichen des Kellers oder Neu-Katalogisierung der Bierdeckel-
    Sammlung, aber eine Einladung zu Arianes Dia-Show lässt einen
    grübeln, ob sich nicht auf die Schnelle ein kleiner Unfall mit kurzem
    Krankenhausaufenthalt organisieren lassen könnte.


    Ich saß also am Rechner und erstellte eine Liste mit Ausflüchten,
    auch für spätere Gelegenheiten, als mich eine höhere Gewalt dazu
    zwang die furchtbare Pein vollständiger, nie dagewesener Langeweile
    ertragen zu müssen.
    Diese höhere Gewalt wiegt nur 53 Kilo, sehr hübsch verteilt,
    heißt Ulrike und ich bin mit ihr verheiratet.
    „Du kommst mit, keine Widerrede, ich seh’ mir auch alle möglichen
    lärmenden Spinner mit Dir an.“
    Zack, kurz noch einen präzisen Tritt in den Unterleib meines
    Musik-Geschmacks platziert
    bevor wir aufbrechen und schon ist die Holde zufrieden und es geht los.


    Bei Ariane haben sich alle Gäste um den Rechner versammelt und
    mir wurde zu meinem Verdruss der beste Platz,
    absolut ohne Chance auf ein kleines Schläfchen zugewiesen.
    Im Schreibtischstuhl, in der ersten Reihe. Ariane macht sich immer
    Gedanken, dass ich auch gut sitze, weil ich ziemlich groß bin.
    Obwohl sie mehr wiegt als ich, sitzt sie auf einem Ding das
    ich als kaputten Melkschemel bezeichnen würde.
    So gesehen könnte ich natürlich froh über meinen bequemen Sitz platz sein,
    wenn er nicht direkt neben meiner Frau stünde.
    Die, das muss man neidlos anerkennen, auch eine erfolgreiche Karriere
    im Justizvollzug gemacht hätte.


    Es ging endlich los. Nur die besten 160 Aufnahmen.
    Obwohl es ein Leichtes sein müsste Fotos auf dem Computer
    zu betrachten, dauert es genauso lange bis man das erste Bild zu sehen bekommt,
    wie früher zu Zeiten von Leinwand und Projektor.
    Wie sie das anstellt, begreife ich nicht.
    Das Thema dieses Abends war der Urlaub in Frankreich.
    Hauptmotiv ist der Hund der Familie.
    Eine hübsche Bearded Collie Hündin, die aber auch jedes Foto ziert.
    Immer ungünstig von oben herab fotografiert, so dass ihr Kopf geradezu
    monströs riesig wirkt.
    Natürlich wurden die Bilder mit viel „Das war in, auf oder bei“ kommentiert
    und passend vom notorisch besser wissenden Partner richtig gestellt.
    “Nein das war in…“
    Wobei die Rollen, Erzähler und lästiger Klugscheißer,
    ohne Probleme zwischen den beiden hin und her wechselten.


    Nach geraumer Zeit, gefühlten Stunden, dachte ich,
    dass die Pein nun bald überstanden sein müsse und suchte
    auf dem Bildschirm die Anzeige für die gezeigten Fotos und entdeckte die Zahl:
    31.
    Unmöglich. Ein Fehler im Programm. Das zählt sicher rückwärts.
    Aber nein, tatsächlich erschien nach dem Umblättern die 32.
    Nach 10 weiteren Schnappschüssen hatte ich das Gefühl Charles Darwins
    Begriff der „Allmählichkeit“, den er bei der Entstehung der Arten
    benutzt hatte, zum ersten Mal wirklich verstanden zu haben.
    Weshalb diese Bilderabende nie ein Thema der internationalen Gerichtshöfe
    wurden, kann nur bedeuten dass die Richter selbst begeisterte
    Fotografen und Vorzeiger sind.
    Bei Bild 70 entschloss ich mich aufs Klo zu gehen.
    Ich ließ mir Zeit, betrachtete mich ausgiebig im Spiegel, um zu erkennen
    ob ich dank ausgiebiger Allmählichkeit schon zu einer neuen Art
    geworden war und erschrak. Augenscheinlich war das tatsächlich der Fall.
    Ich hatte eindeutig mehr graue Haare an den Schläfen und meine
    Augen sahen leblos und übermüdet aus. Ich war zweifellos auf dem Weg zu
    einer betulicheren, kraftloseren, melancholischeren Lebensform.
    Irgendwo eingeordnet zwischen Faultier, Koboldmaki und Einsiedlerkrebs.
    Als ich erschüttert an den Rechner zurückkehrte,
    empfing mich Ariane mit den Worten: „Wo warst Du denn solange?
    Na macht ja nichts, wir haben extra auf Dich gewartet.“


    Es ist schön echte Freunde zu haben.

  • Huhu,


    eine schöne Geschichte, ich stelle mir grad Dein begeistertes Gesicht vor, als Du gehört hast, dass sie auf Dich gewartet haben :-))


    Bei uns war es ähnlich als vor 2 Jahren der Bruder meines Mannes geheiratet hat, ich muss dazu sagen, seine Frau und ich mögen uns nicht, wir "dulden" uns - ist halt Familie - gute Miene zum bösen Spiel.


    Jedenfalls luden sie uns ein paar Wochen nach der Hochzeit zum Kaffee trinken ein, samt Schwiegereltern, Omas.....
    Ok, wir können leider nicht immer Ausreden erfinden also sind wir dorthin, haben gemütlich Kaffee getrunken, aber danach kam die Hölle.....


    1500 Hochzeitsfotos in Alben eingeklebt und alle durften Fotos anschauen und gefühlte 500mal Geschichten von der Hochzeit, vom Heiratsantrag usw. anhören.
    Ich wusste gar nicht, dass ich so gut lügen kann: Auf dem Foto siehst Du aber hübsch aus... :hust:


    Der Hammer war aber als sie dann zum Schluss meinten, wir sollten unser Lieblingsfoto aussuchen, das bekommt jeder aus der Familie gerahmt, damit wir es zu Hause aufstellen können.
    Da ist mir alles aus dem Gesicht gefallen, ich hatte eine Woche später immer noch einen blauen Fleck am Schienbein vom Tritt meines Mannes, der mich ermahnen wollte die Klappe zu halten.

  • Lebt Ariane noch?


    Wenn ja: wann wird sie das nächste Mal in den Urlaub fahren?
    Du könntest akute Blindheit vortäuschen und Dir die Bilder auf CD
    brennen lassen.
    Ob es hilft, weiß ich nicht.


    Du bedauernswerter Mann.


    Mitfühlende Grüße, Sanny




    @Finie: Und? Wo hat das Hochzeitsbild seinen Ehrenplatz erhalten?
    Zeig mal. :hust:

  • Guten Morgen,


    redborder: :ops: Es liegt im Schrank, wir haben einfach noch nicht den passenden Platz gefunden... :hust:


    Liebe Grüße Ina

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