Das Hundeschulen-Dilemma...

  • Noch als Ergänzung zu meinem Beitrag:


    Ich erziehe meine Hündin gar nicht mit Leckerlie. Damit habe ich gar nicht erst angefangen.


    Es gibt sicher auch Hunde, die deutlich schwieriger zu erziehen sind als meine Hündin (ich habe Glück gehabt) und daher auf diese Weise positiv bestärkt werden müssen, ich halte es aber für falsch, Leckerlies von vornherein als Ausgangsbasis für Erziehung anzusiedeln.

  • "Ich muss lernen, mir selbst zu vertrauen, jegliche Situation (zB Hundebegegnungen) händeln zu können - dann werden die Hunde es mir gleich tun. Nur wie ich das lernen kann, weiß ich noch nicht. Vielleicht, indem ich mir entsprechendes Verhalten bei einer guten Trainerin abschaue, vielleicht, indem sie mir einige grundlegende Dinge einfach erklärt. Aber gerade weil in solchen Punkten Faktoren wie Körpersprache, Stimmlage usw. eine riesige Rolle spielen, denke ich, dass ich mich hierbei nicht hinreichend selbst analysieren und bewerten kann."


    Das siehst du sicher richtig (können wir von hier aus ja nicht wirklich beurteilen!) - aber sei bitte nicht enttäuscht, wenn du eines Tages nach Ideal-Methode X alles "richtig" machst - und dein Hund bäckt sich immer noch ein Ei drauf.


    Der muß nämlich auch auf "richtig" nicht unbedingt richtig reagieren, sondern kann immer noch sagen "verstehe, aber leck mich, ich hab was Besseres vor". Ich nehme an, du reagierst auch nicht immer so, wie andere Menschen es von dir möchten - OBWOHL sie dich sogar perfekt in deiner eigenen Sprache ansprechen? Warum sollte ein Hund das anders halten?


    Und das ist der Punkt, an den du mit nahezu jedem halbwegs klugen Hund irgendwann kommst: Er möchte wissen, was genau von dir kommt, wenn er sich entschließt, auf Verstandenes nicht zu reagieren. Wie das aussieht, haben wir ja im Abruf-Ignorieren-Thread ausführlich diskutiert.


    Und ich fürchte, da liegt dein großes generelles Problem, jedenfalls sieht es von außen so aus: Du fürchtest dich dann vor unangenehmen Konsequenzen, weil du von ewiger Harmonie träumst und fürchtest, deine Hunde könnten dir auch einen Hauch von Strafe ewig übelnehmen.


    Gemeinerweise ist es aber umgekehrt: Sie nehmen es dir übel, wenn du nicht reagierst und zeigen das etwa mit Abhauen oder Leinenpöbeln. Zu der Führungs-Verantwortung, die deine Hunde von dir erwarten dürfen, gehören leider auch die unangenehmen "Chefgespräche" und die etwas härteren Konsequenzen - wenn du die mit dem richtigen Timing überbringst, gottseidank nicht oft.


    Harmonie kriegst du normalerweise erst, wenn du die Konflikte, die die Hunde dir testweise anbieten, nicht ignoriert, sondern ausgestanden und gelöst hast - dann kommst du nämlich verläßlich und nicht ewig ausweichend über.

  • Memake, das klingt schon ganz anders. Vielleicht werde ich mir Linda doch einmal ansehen, auch wenn sich irgendwas in mir dagegen sträubt :hilfe:


    SiyJeany, aufgrund der unendlichen Fülle an Informationen ist mir mein Bauchgefühl ein Stück weit verloren gegangen, das gebe ich zu. Seitdem Cleo eingezogen ist, habe ich mir hier im Forum Tipps geholt, Trainerinnen besucht und unzählige Bücher gelesen. Alle sagen was anderes und ich habe an allem ein bisschen rumprobiert. In der Animal Learn-Philosophie habe ich mich wiedergefunden. Leider kamen wir hiermit aber wie gesagt an Grenzen. Hmm, vielleicht mag das zum Teil auch daran liegen, dass meine Trainerin momentan selbst eine recht schwere Zeit durchmacht. Vielleicht ist sie deshalb nicht immer auf voller Höhe gewesen. Vielleicht habe ich die richtigen Methoden auch nur falsch umgesetzt...


    Was mich total fasziniert ist, wie schnell man den Hunden im Grunde etwas beibringen kann. Sie haben sich nämlich vor ein paar Wochen innerhalb von wenigen Stunden etwas selber beigebracht. Maja hat irgendwann ihren Kopf auf eine Bettkannte/ Bein oder irgendwas anderes gelegt und alle waren entzückt. Cleo hat das mitbekommen. Ein paar Minuten später zeigte sie dasselbe Verhalten. Seitdem machen die beiden das mehrmals täglich und erhaschen dafür auch immer wieder ein entzücktes: "Oooh!" :liebhab: Sie haben also gelernt, dass dieses Verhalten zu Erfolg führt und wenden es nun eigenständig an. (Ob ich es auch abfragen könnte weiß ich nicht, wir haben es mit keinem Kommando belegt.)


    terriers4me, das stimmt, ich fühle mich schlecht, wenn ich meine Hunde getadelt habe... Es ist ja nicht so, als würde das bei uns nie vorkommen. Nur es kommt eben nicht kontrolliert, vorsätzlich vor. Ich versuche immer ruhig zu bleiben, doch irgendwann platzt auch mir der Kragen. Dann mecker ich rum und schick die Hunde in ihre Boxen (auf ihre Plätze). Und danach fühle ich mich dann schlecht, weil meine Hunde Wutausbrüche ja gar nicht einordnen können. Deshalb würde ich eben gerne verhindern, dass es überhaupt dazu kommt - die Frage ist nur mit welchen Mitteln.

  • Zitat

    :???:


    flying-paws, aber sämtliche Verhaltensweisen (egal ob erwünscht oder unerwünscht) schlagen doch irgendwann in Gewohnheiten um. Ich muss keine Party mehr feiern, wenn meine Hunde draußen Pipi machen. Das tun sie, weil es für sie selbstverständlich ist.


    Ein klassisches Beispiel. Da es sich hier um einen Vorgang handelt, der beim Hund Wohlgefühl auslöst (kennt man ja auch von sich selbst, wenn man mal muss ;) ), kann man diese Verknüpfung auch ganz ohne Party beim Hund schnell hervorrufen. Das Pinkeln belohnt sich quasi immer von selber.


    Meine Hunde haben das alle ohne zusätzliche Belohnung gelernt ;) Das ist übrigens die einfachste Art von Signalverknüpfung.


    Zitat

    Ich muss ihnen nicht mehr sagen, dass sie sich im Auto hinlegen sollen - sie kennen es nur so und hinterfragen das gar nicht mehr.


    Hier greift in der Regel das selbe System wie beim Pinkeln. Wobei man oft beobachten kann, dass die Hundebesitzer forsch werden mit dem Kommando, wenn der Hund es nicht tut... damit wären wir wieder bei den Lerngesetzen.


    Zitat

    Ich muss nicht auf der Lauer sein, wenn auf dem Tisch etwas essbares liegt - weil sie diese Grenzen gar nicht mehr austesten würden.


    Wie lange schon :D


    Zitat

    Das alles wird doch irgendwann Normalität. Das Zusammenleben spielt sich ein und Dinge müssen nicht mehr jeden Tag aufs Neue hinterfragt werden.


    Nichts Gegenteiliges hab ich je behauptet.


    Zitat

    Wenn ich draußen Mensch-Hund-Teams erlebe, die schon mehrere gemeinsame Jahre hinter sich haben, dann wird doch auch weder mit Strafe noch mit Leckerchen gearbeitet - es sitzt einfach.


    Das ist Quatsch. Jeder Hund muss sporadisch für das Verhalten belohnt werden oder es folgt Strafe... Nur, weil die Hundebesitzer das nicht in dem Augenblick tun, in dem Du daneben stehst, bedeutet das nicht, dass sie es niemals tun.


    Ich gehe z.B. auch mit meinen häufiger mal spazieren und ich habe gar nix zum Belohnen dabei. Belohne oder bestrafe ich aber nie mehr, dann stellen meine Hunde das Verhalten ein.


    Es gibt ja schließlich verschiedene Phasen beim Erlernen eines Verhaltens. Wenn man immer in der ersten hängen bleibt, dann kommt man eben nicht davon los... das ändert aber nix an den simplen Gesetzmäßigkeiten, die dahinter stehen :ka:


    Zitat

    Und wird hier im Forum nicht immer geschrieben, wenn man permanent auf Verstärker angewiesen ist ... hat man etwas falsch gemacht?


    Hier im Forum wird so einiges geschrieben...

  • Zitat

    terriers4me, das stimmt, ich fühle mich schlecht, wenn ich meine Hunde getadelt habe... Es ist ja nicht so, als würde das bei uns nie vorkommen. Nur es kommt eben nicht kontrolliert, vorsätzlich vor. Ich versuche immer ruhig zu bleiben, doch irgendwann platzt auch mir der Kragen. Dann mecker ich rum und schick die Hunde in ihre Boxen (auf ihre Plätze). Und danach fühle ich mich dann schlecht, weil meine Hunde Wutausbrüche ja gar nicht einordnen können. Deshalb würde ich eben gerne verhindern, dass es überhaupt dazu kommt - die Frage ist nur mit welchen Mitteln.


    Und dann willst Du zu einem HTS-Trainer?

  • flying-paws, dann hatte ich Dich falsch verstanden :smile:


    Ich hätte ja kein Problem damit, erwünschtes Verhalten zwischendurch immer mal wieder zu bestärken. Ich will nur nicht auf diese Verstärker angewiesen sein. Bei Cleo ist es zB so, dass sie in bestimmten Situationen zwar hört - aber nur solange, wie ich Leckerlies bereit halte. Sind die Leckerlies zB aufgefuttert, muss ich sie an die Leine nehmen, weil dann gar nichts mehr geht. Sobald sie merkt, dass ich nichts mehr dabei habe, sieht sie es gar nicht ein, bspw. auf Rückruf zu mir zu kommen. Das ist auch der Unterschied, den ich zwischen Bestechung und Bestärkung sehe =)

  • Zitat

    Und dann willst Du zu einem HTS-Trainer?


    Naja, ich finde, dass die HTS fair arbeiten und vorallem in einer Sprache, die der Hund versteht. Wenn schon Tadel, dann sollte er sinnvoll sein. Meine "Wutausbrüche" (klingt schlimmer als es ist, aber mir fällt gerade kein besseres Wort ein) sind das nicht, ein punktgenau gesetztes "rot" wäre es schon. Wenn ich meine Hunde einem negativen Reiz aussetze, dann würde ich mich vorher immer fragen: Ist er notwendig? Ist er sinnvoll? Wenn ich beides bejahen kann, dann fände ich auch eine Maßregelung okay - solange sie im Rahmen bleibt.

  • Vielleicht verhinderst du das am besten, indem du gefühlsmäßig sortierest?


    Ich fühl mich auch mies, wenn mir bei meinem halbstarken Leinenzerrer dann doch mal der Kragen geplatzt ist, weil es einfach blöd und unproduktiv war - auch wenn der Hund es gottseidank nicht weiter übelnimmt.


    Kein Stück mies habe ich mich allerdings gefühlt, als ich besagtem Hund beim ignorierten Abruf gezielt und mit einem Brüller die Leine hinterhergepfeffert habe, als er fröhlich grinsend in Richtung Kumpels vorbeiwetzte und wirklich nur noch die gezeigte Mittelkralle fehlte. Da war mir nämlich völlig klar, daß ich den jungen Flegel gerade vor den bösen Folgen bewahre, die Abhauen nun mal haben kann. Daß ich also das deutlich kleinere Übel gewählt und im besten Interesse des Hundes gehandelt habe.


    Ich denke, das ist der Punkt: daß man sich vorher klar macht, was absolut sein MUSS, und dann auch wirklich dahinterstehen kann, mal den bösen Chef geben zu müssen, um das durchzusetzen.

  • Zitat

    flying-paws, dann hatte ich Dich falsch verstanden :smile:


    Ich hätte ja kein Problem damit, erwünschtes Verhalten zwischendurch immer mal wieder zu bestärken. Ich will nur nicht auf diese Verstärker angewiesen sein. Bei Cleo ist es zB so, dass sie in bestimmten Situationen zwar hört - aber nur solange, wie ich Leckerlies bereit halte. Sind die Leckerlies zB aufgefuttert, muss ich sie an die Leine nehmen, weil dann gar nichts mehr geht. Sobald sie merkt, dass ich nichts mehr dabei habe, sieht sie es gar nicht ein, bspw. auf Rückruf zu mir zu kommen. Das ist auch der Unterschied, den ich zwischen Bestechung und Bestärkung sehe =)


    Naja, Du hast eben so traniert, dass das Vorhandensein von Futter als Signal vom Hund verknüpft wurde. Benutz doch einfach einen Clicker oder ein Markerwort, dann biste das Problem los.

  • Also ich denke das macht nur Sinn, wenn du offen an die Sache herangehst, also entweder machst du dich einfach nochmal frei von allem, und machst dann einen Termin, oder du machst einen Termin und weist gleich auf deine Bedenken hin oder du lässt es.


    Aber hingehen, sich alles anhören und dann mit schlechtem Gefühl wieder heimgehen bringt glaube ich gar nichts.


    Überlege dir in Ruhe, was du willst, was du von deinen Hunden willst, was die absoluten No-Go´s sind und mit welchen Macken du auch leben kannst.


    Das mal schwarz auf weiß zu lesen, hilft vllt schon über vieles hinweg.
    Und dann schaust du einfach mal, ich meine im allerschlimmsten Fall ist es 1x Geld zum Fenster rausgeworfen.


    Aber weiter "Zeit" verschenken, anstatt einfach mal den "Angriff" zu wagen, bringt euch ja auch nicht weiter.


    Und ich kann dir nur nochmal sagen, ich stand an genau der gleichen Stelle wie du, ähnliche Baustellen, ähnliche "unkontrollierte Wutausbrüche" und sonst alles toll gegenüber Merlin.


    Ich habe ihm nie die Chance gegeben es richtig zu machen! Erst jetzt versteht er wirklich was ich meine.

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