Ich geb dich dann mal zurück

  • Zitat


    Manchmal denke ich, man muss es auch wollen, die guten Seiten eines Hundes zu sehen, statt sich bildlich "über eine nicht zugeschraubte Zahnpastatube" aufzuregen.


    Nur mit Wollen alleine ist es aber manchmal nicht getan.


    Bluey hat Schilddrüsenunterfunktion. Ich habe den Verdacht, daß dies nicht sein einziges Problem ist. Nächsten Monat wird auch noch auf Borreliose und MDR1 getestet. Cerebral-Allergie ist auch ein Thema, aber find das mal raus.


    Er war als Junghund der absolute Sonnenschein. Absolut perfekt. Er hätte überall hingepaßt, hatte seine Macken, aber war im großen und ganzen sehr problemlos. Also nahm ich nen 2. Hund dazu. Jabba. Anfangs alles super. Jabba war (und ist) nicht ganz so einfach, aber ok.
    Dann begann Bluey mit seinen "Problemchen". Unprovozierte Aggressionen gegen Jabba. Aus dem Nichts. Ich lief von TA zu TA, zu Hause trennte ich inzwischen die Hunde, weil Bluey nicht mehr einzuschätzen war. Zu seinen Aggros gegen Jabba kamen Aggros gegen mich hinzu, er konnte nicht mehr alleine bleiben, er hatte manchmal Panikattacken wegen irgendnem Geräusch (gekipptes Fenster z.B.), er wurde zusehends gestreßter wegen jedem Scheiß, er hatte Anfälle, er bildete "Ticks" aus, leider teilweise im Aggro-Bereich.
    Seit ca. 5 Monaten steht nun zumindest der Befund mit SDU und er bekommt die Medis, es wird schleichend mit immer wieder Einbrüchen besser. Jede Woche nur mini-mini...


    So traurig es wäre und so schlimm es wäre, aber wenn ich nicht so leben könnte, wie ich es kann, dann könnte ich diesen Hund nicht halten. Stellt Euch nur vor, ein solcher Hund wäre in einer Familie. Oder bei Menschen, die ihr Leben nicht so sehr an den Hund anpassen können? Ich kann dies und ich mache es gerne. Ich komme damit klar, daß ich die Hunde zu Hause großteils trenne und ich kann dies so tun wegen Wohnung und Halbtagsarbeit, daß keiner der Hunde zu kurz kommt. Ich habe ein sehr ruhiges Leben, so daß Bluey genug entspannen kann. Ich kann damit leben, daß er "anfallsweise" fletschend vor mir steht. Ich kann auch mit der Angst leben, daß er mich vielleicht irgendwann sogar anfällt, weil ich weiß, daß er krank ist und daß das nicht "mein Bluey" tun würde, sondern Mr. Hyde.
    Es gibt eine Krankheit beim Cattle Dog, NCL, ich lebe mit der Angst, daß es vielleicht sogar so etwas sein könnte.


    Wieviele Menschen könnten dies so leisten? Psychisch? Zeitlich? Finanziell? Management? Räumlich? Moralisch? Körperlich? Emotional? ....


    Nein, ich bin kein besserer Mensch oder Hundehalter. Ich kann es einfach leisten, weil ich die Gegebenheiten habe, weil ich mentale Unterstützung habe, weil ich keine Familie habe, weil ich die Räumlichkeiten habe, weil ich die Zeit habe, weil ich die Erfahrung habe, weil..... weil es einfach einigermaßen paßt.... Aber würde man diesem Hund in einem "normalen" Umfeld selbst mit größtem Wollen gerecht werden können?
    Und glaubt mir, ich hatte schon verdammt oft den Gedanken: Wenn ich wüßte, da ist jemand, der diesem Hund noch besser gerecht werden könnte, weil noch ruhigeres Leben, weil eventuell kein Zweithund, weil .... , dann würde ich diesen Hund sofort zu seinem eigenen Wohl dorthin geben. Denn auch wenn ich vieles nach Bluey richten kann, alles kann ich nicht für ihn tun. Ich muß täglich arbeiten gehen, auch wenn nur wenige Stunden.
    Ich lebe in einer eigenen Wohnung, aber in einem Haus mit den Eltern, die sich darin bewegen und Geräusche machen, die Bluey an einem schlechten Tag enorm stressen. Ich lebe zwar nicht städtisch, aber auch nicht ganz ruhig. Ich bin ein sehr emotionaler Mensch, was je nachdem Bluey auch sehr mitnimmt...


    Ich liebe diesen Hund abgöttisch und genau deshalb würde ich ihn woanders hingeben, wenn ich wüßte, daß es ihm dort noch besser geht...

  • Ich denke das was Du beschreibst ist ein Menschenproblem. Bluey hat das wohl nicht.


    Es gibt Menschen, die könnte man ins Paradies setzen und irgendwas würden sie doch finden, was nicht passt.
    Die fahren mit ihrem Partner an ein Traumziel und können es nicht genießen, weils nicht passt.


    Ist schwer zu beschreiben, aber das, was Du für Bluey tust, kommt von Herzen. Wieviel ist das wert im Vergleich zum vielleicht besseren Umfeld? Kein Zweithund, noch mehr Ruhe. Was ist mit dem Rest?


    Es bestreitet ja niemand, dass es tatsächlich Abgabegründe geben kann, aber dieses Gewährleistungsanspruchsdenken, Sachendenken im Allgemeinen, das Vergessen, dass man nicht nur über ein Ding, sondern über ein Lebewesen und sein Leben entscheidet - damit hab ich ein Problem.


    Ein Hund aus vierter Hand klingt nunmal genauso besch*** wie ein Auto aus vierter Hand.


    Der wesentliche Vorteil eines Hundes ist, dass er nicht drüber nachdenken kann, was noch alles besser, schöner, toller sein könnte.


    Und auch da ist es wie bei den Kindern: es gibt Eltern, die haben mehr Geld, da sind tollere Freizeitaktivitäten drin, jedes Jahr zweimal ein Individualurlaub, bessere Beziehungen zu super Lehrstellen, Privatschulen und und und..... aber ob da immer die glücklicheren Kids bei rauskommen????


    Das immer nach oben gucken, find ich allgemein nicht gut - man muss auch mal nach unten schauen können. Bluey im Tierheim, was hätte er wohl zu erwarten??? Mein Hund auf den Straßen von Rumänien, wie sieht es da aus?


    Es ist gut so wie es ist. Obwohl es immer noch besser sein könnte.... ein Leben ohne Träume wär schließlich auch langweilig.

  • lotuselise, ich glaube, Du kannst dies einfach so nicht verstehen. Wenn Du Bluey als Junghund gesehen hättest, mit diesem breiten Grinsem im Gesicht, diesen entspannten, ausgeglichenen fröhlichen Hund. Und wenn Du nun sehen müßtest, wie er beim Klackern einer Tür im Schloß in sich zusammenfällt, da sitzt, speichelt, Panik in den Augen, zittert, den Schwanz einklemmt.... dann würdest Du alles menschenmögliche dafür tun, daß es diesem Hund so nicht mehr gehen müßte. Und wenn es ihm helfen würde, wenn er woanders wäre, wo der Streß geringer ist, so daß er vielleicht auf solch kleine Dinge nicht mehr so heftig reagiert, wäre es dann nicht eine Sünde, ihn zu behalten nur um ihn eben zu behalten?


    Ich rede nicht davon, ob der Hund nun nen Garten hat oder nicht. Ob er 1 oder 2 Stunden Auslauf am Tag bekommt. Ob der Halter 4 oder 6 Stunden arbeiten geht. Ich rede von einer grundsätzlichen Befriedigung des Bedürfnisses nach Gesundheit, Wohlbefinden, Zufriedenheit und körperlicher Unversehrtheit.


    Ich kann es nach voll ziehen, wenn man wütend ist, weil Hunde unüberlegt angeschafft werden und dann aus reiner Bequemlichkeit wieder weggegeben werden. Dies macht mich auch wütend. Aber ich sehe es wie viele hier: Egal aus welchen Gründen: ob nicht mehr geliebt, ob Halter überfordert, oder oder oder.... lieber abgeben, damit der Hund eine Chance auf ein besseres oder glücklicheres Leben hat. Auch ich bin dann wütend und schimpfe und sage: vorher überlegen und scheiß-Gesellschaft und ätzend und asozial und überhaupt... Aber für die Hunde ist es oft besser, denn sie bekommen die Möglichkeit auf ein glücklicheres Leben.

  • Ja, fast hätte ich damals unsere Dicke Mucke zum Züchter zurück gebracht. Ich hatte mir eine Hündin geholt die später mal als Zuchthündin eingesetzt werden sollte, so sollte es sein. Abstammung usw. war toll. Nur bekam ich dann doch nicht "meine Hündin", die ich damals ausgesucht hatte und die ich alle 2 Wochen als Welpi besuchte. Grund war damals nach der Wurfabnahme ein leichter Rückbiss, nicht absehbar ob sich das noch zum Zahnwechsel gibt. so bekam ich eine andere kleine Maus, wo die Welpenkäufer kurzfristig abgesprungen waren. Irgendwie wurde sie die erste Zeit nie richtig "mein Hund", weil war ja auch nicht ausgesucht. hmmmm. Nun ja sie entwickelte sich soweit zwar gut war aber immer pflegeintensiv, weil das Fell halt nicht so dem Standard entsprach. Viele sagten damals, gib sie wieder zurück, sie entspricht nicht den Voraussetzungen. Damals war ich auch soweit und wollte sie wieder wegbringen. Aber mein Mann schimpfte, ne er tobte regelrecht: wie kannst Du nur, die kleine Maus ....die bleibt hier und er setzte sich durch.
    Lange Rede kurzer Sinn. Ich hab sie nicht zurück gebracht. Habe mich mit ihren "Macken" arangiert. Und sie wurde trotzdem Zuchthündin.
    Sie ist die tollste Hündin überhaupt. Vom Wesen und "Kopf" her perfekt und ausgeglichen, pflegeleicht im Umgang. Und das hat sie auch an alle ihre Welpen weiter gegeben.
    Sie wäre eigentlich der absolut perfekte "Oma"-Hund. hihi. Sie mag kein Wasser, wenns regnet geht sie nicht raus zum pischern, Sport oder HuPla ihhhh bääää, am Rad laufen - ach du schreck bloss nicht, usw. usw.
    Im Rudel hier bei uns ist sie der Boss und macht die Ansagen. Stundenlange Spaziergänge ja mit Begeisterung. Aufzucht und Erziehung der Welpen: vorbildlich. Schmuseinheiten stundenlang.
    Wir geben sie niiiiiiiiiiiiiiiieeeeeeeeeeeeeeeeemals her. Was besseres gibt es nicht.
    Manchmal, wenn ich diese Geschickte über sie erzähle, schäme ich mich über mein damaliges Vorhaben.
    In diesem Sinne Asche auf mein Haupt.


    Ach ja, sie schläft bei mir mit im Bett .....


    Dafür haben wir vor ein paar Wochen unseren Nachwuchsrüden abgegeben. Erzähe ich später, muss nun erst mal 2 Hundis baden, die mal wieder den Garten umgepflügt haben und entspr. aussehen.


    LG Silvia

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