Ein sonniges Schwarzwaldwochenende
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Zum diesjährigen Geburtstag schenkt mir mein Mann ein verlängertes Wochenende im Schwarzwald. Nach einer internen Terminabstimmung bucht er eine Ferienwohnung in Hinterzarten für die Zeit vom 14. bis 17. Oktober 2011.
Freitags nehme ich die beiden Hunde mit ins Büro, da wir uns direkt von der Arbeit aus in den Stau auf der A5 begeben. Für die „wenigen“ Kilometer von Darmstadt nach Hinterzarten benötigen wir mehr als fünf Stunden. Die A5 besteht überwiegend aus Baustellen, und dazu noch der übliche Freitagnachmittagsverkehr - da geht es nur langsam voran. In Freiburg dann der letzte Stau, und durchs Höllental nur noch dichter, aber fließender Verkehr. Das Wetter zeigt sich von seiner besten Seite: Sonne satt! Und so soll es auch bis Montag bleiben, behauptet der Wetterbericht.In Hinterzarten angekommen, werden wir gleich von der Vermieterin begrüßt. Sie sieht die beiden Hunde, und bietet uns eine größere Wohnung an - zum gleichen Preis wie die gemietete kleine Dachwohnung. Da sagen wir natürlich nicht nein! Die Wohnung ist wirklich geräumig, sauber, und zweckmäßig eingerichtet. Eher im Ikea-Stil als mit Nippes überfrachtet.
Nachdem wir im „Imbery“ einen Tisch reserviert haben, gehen wir noch mit den Hunden spazieren. Dann ist es auch schon Essenszeit. Im Imbery sind Hunde willkommen. Wir bekommen einen großen Ecktisch. Ein Blick in die Speisekarte lässt mich verzweifeln. Was soll ich denn nun essen? Ein Gericht hört sich so lecker an wie das andere. Dann die Saisonseite: Wildspezialitäten. In Gedenken an die Hirsche, die mir erst vor zwei Wochen in Schottland mit ihrem Röhren die Nachtruhe geraubt haben, bestelle ich mir ein Hirschgulasch. Mit hausgemachten Spätzle. Lecker! So ein wenig Schadenfreude ist schon dabei, gebe ich zu. Wie oft habe ich die Geweihträger verflucht, nachts im Zelt, wenn sie nur wenige Meter entfernt ihre Brunftschreie von sich gaben. Oder auch tagsüber, wenn ich mich über Boulderfields tastete, und diese Tierchen mich scheinbar auslachten. Diese Vorstellungen noch im Kopf, schmeckt das Gulasch noch mal so lecker …
Kalt ist es hier oben. Und sternklar noch dazu. Gibt bestimmt Nachtfrost.
Am Samstag wecken die Hunde mich gewohnt früh. Wir drehen unsere Runde durch Wiesen, die von Raureif bedeckt sind. Blätter rascheln im Dunkeln, und außer uns scheint noch niemand unterwegs zu sein.
Zurück in der Wohnung, drehe ich zuerst die Heizung auf. Es ist richtig kalt geworden. Später bekommen wir unsere Brötchen an die Wohnungstür geliefert und frühstücken ausgiebig.Dann geht es zu Fuß los.
Die Ravennaschlucht ist hier gleich in der Nähe, und wir laufen zunächst zum Hofgut „Sternen“ (einer typischen Touristenfalle, direkt an der B31),
und dann unter dem Viadukt hindurch in die Schlucht.
Draußen ist blauer Himmel, und die Sonne scheint, aber hier unten in der Schlucht ist es noch ganz schön schattig. Und kalt. Die Sonnenstrahlen dringen noch nicht durch bis zu uns. Trotz der gut angelegten Wege und Brücken hat die Schlucht etwas Urtümliches. Felsen, Moos, Baumstämme, Äste, Laub, Wasserfälle - das alles gibt ein in sich stimmiges Bild und schafft eine sehr natürliche Stimmung. Nur bei den Brücken und den an den Fels gebauten Stegen muss ich mich immer wieder fragen, wie das denn in Schottland gelöst worden wäre. Antwort: Gar nicht. Ab in den Bach, und am anderen Ufer weiterlaufen. Oder so ähnlich. Aber der Vergleich passt nicht. Die Ravennaschlucht ist ein gut besuchter Ort, da laufen jährlich viele, viele Touristen durch, und es ist nur verständlich, dass für deren Sicherheit gesorgt wird. Richtig „schwierige“ Pfade soll es auch im Schwarzwald geben - nur muss ich die erst noch entdecken.
Nach einigen Fotostopps schwächelt der Akku. Ihm ist kalt. Gut, dass ich nie ohne geladenen Ersatzakku unterwegs bin!
Viel zu schnell liegt die Schlucht hinter uns, und wir erreichen wieder Hinterzarten. Es ist später Vormittag; Zeit für ein zweites Frühstück. Ich beschließe, dass wir später am Tag noch mal in die Schlucht gehen, wenn dort mehr Licht vorhanden ist. Ich hoffe auf ein paar Sonnenstrahlen, die sich durch das herbstlich verfärbte Laub stehlen und auf bemooste Steine direkt am Bach fallen.
Nachdem wir und die Hunde uns gestärkt haben, setzen wir uns in das inzwischen eisfreie Auto und fahren nach Todtnau. Die Strecke über Titisee und den Feldbergpass ist zwar gut ausgebaut und auch jetzt, außerhalb der Saison, gut besucht, aber landschaftlich durchaus sehenswert.
In Todtnau halten wir an dem Wasserfall-Parkplatz an und gehen zum Todtnauer Wasserfall, dem höchsten Naturwasserfall Deutschlands. Mir sagte vorher jemand: „Nehmt eure Stöcke mit, die werdet ihr auf dem Weg zum Wasserfall brauchen!“ Nun, das muss wohl ein anderer, interessanterer Weg gewesen sein. Wir sind jedenfalls auf dem breiten, kinderwagengeeigneten Weg unterwegs und gelangen schon nach kurzer Zeit an den Wasserfall. Beeindruckend ist er ja, das muss man ehrlich sagen. Nach vielen Fotos und einer sonnigen Pause machen wir uns auf den Rückweg.Da wir ohnehin an der Ravennaschlucht vorbeikommen, parken wir auf dem Parkplatz der Touristenfalle und gehen wieder unter dem Viadukt durch in die Schlucht. Jetzt sind die Lichtverhältnisse wesentlich besser. Zwar nicht ganz so, wie ich es mir vorgestellt hatte, aber deutlich besser als morgens. Allerdings ist jetzt auch mehr los. Morgens waren wir noch ganz alleine in der Schlucht, jetzt sind außer uns noch viele Spaziergänger unterwegs.
Später gehen wir denselben Weg zurück und fahren zur Ferienwohnung. Heute Abend gehen wir nicht mehr weg; wir bestellen uns eine leckere Pizza.
Sonntags ist wieder früh aufstehen angesagt. Die Hunde kennen da nichts.
Es ist kalt, die vor dem Haus parkenden Autos sind zugefroren. Der Spaziergang fällt nur kurz aus; es zieht mich in die warme Wohnung, zu einer Tasse Kaffee.Auch heute bekommen wir unsere Frühstücksbrötchen an die Wohnungstüre geliefert. Nach dem Frühstück machen wir uns mit dem Auto auf den Weg zum Feldberg. Eigentlich könnte man von Hinterzarten auch dorthin laufen; der „Westweg“ nimmt diese Route. Wir fahren gemütlich auf der noch fast leeren Straße, an Titisee vorbei, und immer höher hinaus in Richtung Feldberg. So etwa ab 900 m sind wir über den im Tal hängenden Nebelbänken, und vor uns liegt der Feldberg unter einem blauen Himmel.
Wir parken an der Talstation der Feldbergbahn und kaufen Tickets für uns und für die Hunde. Hin und zurück - die Knie meines Mannes machen wieder Probleme, obwohl er gestern wirklich nicht viel laufen musste. Ein Fall für den Orthopäden; sowie wir wieder daheim sind, wird ein Termin ausgemacht. Aber jetzt hilft alles nichts, wir fahren Seilbahn. Noch ist es früh, es ist nichts los. Wir gehen zur Station, und als eine Gondel ankommt, macht Lovvy erschrocken einen Sprung nach hinten. Ich locke beide Hunde in die Gondel - Lovvy macht es sich gleich auf einer Bank bequem und schaut hinaus, während Lorcan verängstigt unter der Bank liegt. Das ist ihm gar nicht geheuer!
Die Fahrt dauert nicht lange, und schon können wir aussteigen. Es ist schön windig hier oben. Ab und zu ziehen Wolkenschleier über den Gipfel. Der Ausblick ist schon fantastisch. Gut, kein Vergleich zu dem Ausblick vom Ben Nevis, beispielsweise. Dafür gibt es hier einfach zu viele Straßen, Bauwerke, Menschen. Aber wie schon erwähnt, man sollte das einfach nicht vergleichen.
Wir genießen die Aussicht und das gute Wetter, und gehen dann auf einer Wanderautobahn zum eigentlichen Gipfel. Der Weg geht ein wenig bergab, dann wieder bergauf, durch überwiegend baumloses Gelände. Immer wieder ziehen Wolken durch, die uns kurzzeitig die Sicht nehmen.
Bald haben wir den „Gipfelkreisel“ erreicht.
Und kaum haben wir den Ausblick in alle Richtungen genossen, wird es plötzlich voll hier oben. Dagegen ist der Gipfel des Ben Nevis an einem sonnigen Sommersonntag geradezu verwaist! Und immer mehr Besucher kommen zum Gipfel. Wir bleiben noch ein paar Minuten in der Sonne sitzen, dann wird es mir zuviel. Rückzug!
Auf dem Rückweg fängt mein Mann an, ganz ordentlich zu hinken. Seine Knie streiken wieder. Wir schauen noch kurz beim Feldbergturm vorbei, und gehen dann wieder zur Seilbahn. An einen netten Spaziergang den Berg runter oder einfach nur zum Feldsee - auch dorthin geht es viel bergab - ist jetzt nicht mehr zu denken. Nun gut, es ist nicht zu ändern.Wir setzen uns in eines der Lokale in der Nähe der Talstation und trinken einen Kaffee. Was tun mit dem Rest des sonnigen Sonntags? Alles was irgendwie mit Wandern zu tun hat, scheidet aus. Ein Blick auf die Straßenkarte zeigt mir den Schluchsee. Dort war ich vor einigen Jahrzehnten mit meinen Eltern und meiner Schwester; irgendwo in einem Dorf in der Nähe machten wir mal Urlaub. Ohne Auto, dafür mit viel Wandern. Meine Schwester ist heute noch traumatisiert, und auch bei mir haben diese Urlaube meiner frühen Jugend bleibende Schäden hinterlassen. Nur eben andere als bei meiner Schwester …
Also gut, wir fahren an den Schluchsee. Auch dieser ist touristisch sehr gut „genutzt“; zwar nicht so extrem wie sein Nachbar, der Titisee, aber genug um mir nicht zu gefallen. Wir unternehmen nur einen kleinen Spaziergang am Ufer, dann packen wir ein und machen uns auf den Rückweg.
Abends räche ich mich wieder an den röhrenden Hirschen, und mein Mann hilft mir dabei.
Die Hunde sind hundemüde.Und am Montag ist schon wieder die Heimreise angesagt. Unsere Sachen sind schnell gepackt, und zeitig sind wir auf dem Weg nach Freiburg und zur A5. Hinterzarten hat uns nicht zum letzten Mal gesehen, so viel steht fest. Die Gegend hat was. In der Hauptsaison möchte ich nicht dort sein, aber so im Herbst ist es nett dort.
Auf dem Rückweg unternehmen wir in Walldorf eine Ikea-Wanderung. Zwei neue Kommoden und etwas Kleinkram stehen auf der Einkaufsliste. Dabei muss ich feststellen, dass die meinen schönen großen Bilderrahmen nicht mehr im Programm haben. Schade. Mit einem voll gepackten Auto treten wir den Rest der Heimreise an.Inzwischen hat sich in meinen Gehirnwindungen der Plan festgesetzt, im nächsten Frühjahr den südlichen Teil des „Westwegs“ zu laufen, so etwa von Hausach bis Kandern. Zusammen mit einem der Hunde könnte das eine Alternative zu einer Trekkingtour in Schottland darstellen. Mal sehen, wie sich dieser Plan noch entwickelt.
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Wunderschöne Bilder und ein ganz toller Urlaubsbericht
Ich bin begeistert
Aber ein bisserl nachtragend biste schon oder? So eine späte Rache an röhrenden Hirschen
LG
Bine mit Puschkin -
Wirklich tolle Bilder und ein super Text
Aber, vllt habe ich es auch übersehen, wie habt ihr euch an den Hirschen gerächt?
LG
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Oh, danke fÜr die tolle Erzählung und die Fotos...
ich habe meine drei Lehrjahre in Hinterzarten und Titisee-Neustadt verbracht.
Da kamen gleich mal viele Erinnerungen wieder -
Ein toller Bericht aus meiner Heimat - Ihr hattet Deinem Bericht nach einen tollen Kurzurlaub!
Es ist schon wirklich schön hier! Ich bin in der Nähe von Todtnau aufgewachsen und arbeite jetzt in der Nähe von Kandern . Der Schwarzwald ist wunderschön und ich kann Dir auch sagen, dass es hier mehr einsame Flecken gibt als überlaufene - allerdings nicht in den Touristen-Hochburgen. Ich war im Juli übers WE auf dem Feldberg. Eine Freundin, unsere Partner und ich sind mit unseren 4 Hunden zum Sonnenaufgang auf den Gipfel gelaufen. Um diese Zeit haben wir noch niemanden oben angetroffen, aber lange hats leider nicht angehalten.
Allerdings reizt mich der Todtnauer Wasserfall nach meinem letztjährigen Norwegenurlaub nun nicht mehr .
Solltest Du nächstes Jahr die Tour hier im Schwarzwald/Markgräflerland machen...meld Dich...vielleicht laufe ich ein Stück mit meinen Beiden mit .
Viele liebe Grüsse,
Yvonne, Scully und Chumani
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Hihi :-)
Ich hatte früher durch meinen Ex-Mann Verwandte im Gschwend ;-)
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Danke für dei "Blumen"!
scully: Das war nicht unsere letzte Tour in den Schwarzwald - ich bin mir sicher, dass wir ein paar schöne Fleckchen entdecken werden. Wobei das für mich wiederum schwer ist, weil ich durch die schottischen Highlands so landschaftsverwöhnt bin. Aber ich gebe mir Mühe.
Wenn ich nächstes Jahr die Tour mache, melde ich mich. Klar doch. Es sei denn, ich vergesse es. In meinem Alter kann das schon mal vorkommen.Auf die Idee, in den Schwarzwald zu fahren, kamen wir, als unsere Tochter im Frühjahr 2010 ein Praktikum in Freiburg gemacht hat. Sie hat sich letztlich zwar gegen Freiburg und für Heidelberg entschieden, aber uns so lange vorgeschwärmt, dass wir uns Richtung Süden auf den Weg machten.
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Was für schöne Aufnahmen und Berichte von einem gelungenen Kurzurlaub, ich bin ganz begeistert
Eine wunderschöne Gegend dort, vor allem bei diesem hervorragenden Wetter.Ich weiss nicht, ob meine Hunde so entspannt in der Gondel wären , um dann rauszuschauen, so wie Lovvy
LG Britta
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Zitat
Wirklich tolle Bilder und ein super Text
Aber, vllt habe ich es auch übersehen, wie habt ihr euch an den Hirschen gerächt?
LG
Wir haben sie aufgegessen
Während meiner Schottland-Tour Anfang Oktober haben mich die Kerlchen so oft aufgeweckt oder "ausgelacht", da hatte ich unterwegs Appetit auf Venison Steak oder Hirschgulasch oder so... Diese Gedanken haben wir dann im Schwarzwald in die Tat umgesetzt.
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