Einsatz von Therapiehund in Jugendwohngruppe??

  • Hallo ihr Lieben,


    ich wollte mich mal nach euren Erfahrungen über den Einsatz von Therapiebegleithunden bei Jugendlichen erkundigen.
    Mit meinem Bolonka Balu werde ich im März eine Ausbildung zur tiergetützten Intervention mit Hunden machen. Momentan hätte ich ein Jobangebot in einer heilpädagogisch - therapeutischen Jugendwohngruppe mit aktuell 13 Jugendlichen. Die Arbeit in der Einrichtung selbt würde mich sehr interessieren. Allerdings besteht natürlich immer wieder aufgrund der unterschiedlichen Schicksale dieser junge Menschen die Gefahr, dass es zu konflikten, teilweise auch mit leicht agressivem Verhalten, kommt. Da ein Bolonka nicht sonderlich groß ist, ist eventuell die Hemmschwelle auch größer als bei einem größeren Hund, einfach mal nach ihm zu treten oder ähnliches.
    Welche eRfahrungen habt ihr in diesem Bereich gemacht? Was für Möglichkeitenhabt ihr, denn Hund auch mal eine Pause zu gönnen?
    Ich hätte die Möglichkeit eine Hundebox ins Büro zu stellen, wo Balu sich ausruhen und zurück ziehen kann. Allerdings müsste ich ihn an diese erst noch gewöhnen.


    Natürlich steht bei mir der Hund im Vordergrund! Sollte die Gefahr für ihn zu groß sein, kommt dieser Job nicht in Frage. Mein potentieller Arbeitgeber hatte zwar schon angefragt, ob ich den Hund, falls es hart auf hart kommen sollte, auch weg geben würde. Aber das kommt für mich nicht in Frage! Schließlich habe ich Balu zuerst gehabt und die verantwortung für ihn übernommen. (Und ein Leben ohne ihn würd sowieso gar nicht mehr gehen :smile: ) Aber abgesehen davon, mache ich ja nun diese Ausbildung und möchte natürlich dann auch in diesem Bereich dann auch arbeiten.


    Wie seht ihr die Situation? Ich weiß, dass man das nie 100 % vorher sagen kann, aber vielleicht konntet ihr ja schon ähnliche Erfahrungen sammeln?


    Wäre um eure Antworten sehr dankbar!!


    Liebe Grüße

  • Hallo,
    ich arbeite in einer Kinder- und Jugendwohngruppe aus dem Intensivbereich. Mein Hund ist erst ein halbes Jahr alt und kommt eher selten mit zur Arbeit, er muss erst noch lernen. Aber ich habe eine Kollegin, die ihren kleinen Hund schon lange mitbringt. Es handelt sich nicht um einen ausgebildeten Therapiehund.
    Die Hunde können sich im Büro zurückziehen, in das die Kids nicht rein dürfen. Dies wird auch von den Hunden genutzt, wenn es stressig in der Gruppe ist. Allgemein ist aber die Erfahrung, dass die Kids Rücksicht auf die Hunde nehmen. Wenn sie laut werden und du sagst "Erschreck doch nicht den armen Hund", dann fahren sie oft schnell wieder runter. Die meisten Kids wünschen sich die Aufmerksamkeit von den Hunden. Die Hündin meiner Kollegin ist recht sensibel. Wir hatten mal eine sehr aufbrausende 14jährige. Die Hündin wollte erstmal keinen Kontakt mehr zu dem Mädchen und das hat mehr gesessen als alles was wir sagen könnten. Wir hatten auch schon Kinder und Jugendliche hier, die nicht den nettesten Umgang mit Tieren haben. Die Hunde bleiben immer im Sichtbereich ihrer Besitzer oder im Büro und sie sollten lernen mit einem Fingerzeig sofort auf ihren Platz zu gehen. Dann kannst du sie in Konfliktsituationen schnell aus der Gefahrenzone befördern und trotzdem deinen Job machen.
    LG, Marike

  • Hallo Marike,


    das klingt ja gut! Herzlichen dank für deinen Erfahrungsbericht! Ich habe jetzt auch noch bei meiner Ausbildungsstätte angefragt und diese meinten auch, dass es kein Problem wäre, solange der Hund eine Rückzugsmöglichkeit hat.
    Leider werde ich aber wohl oder übel aufgrund der Rahmenbedingungen (weite Anfahrt, Arbeitszeiten immer bis in den Abend hinein, einabreitungszeit ohne Hund etc.) wohl leider doch die Stelle absagen müssen. :( :


    Liebe Grüße und noch einen schönen Abend,


    Andrea

  • Ich habe mit meiner vorigen Hündin eine Weile überwiegend mit psychisch kranken Erwachsenen gearbeitet.
    Ich habe die Erfahrung gemacht, dass in diesem Bereich Menschen gibt, die ziemlich unberechbar sind. Wenn sie stark ausgeprägte emotionale Störungen haben, kann es unter Umständen für den Hund auch einmal unangenehm bis gefährlich werden.
    In den meisten Fällen überwiegt natürlich die positive und beruhigende Wirkung.
    Ich würde allerdings meinen Hund NIEMALS alleine mit Patienten lassen, aus sicherheitstechnischen Gründen für BEIDE Seiten.
    Und dann kommt es natürlich auf den Hund an und wieviel er verkraftet, wie hoch seine Reizschwelle ist usw.


    Meine Hündin war selbstsicher auf der einen Seite, aber sehr sensibel und zurückhaltend auf der anderen. Das war eine günstige Mischung. Sie spürte, wenn etwas im Argen war, ohne Angst zu bekommen und hielt sich dann stets in einer gewissen Distanz zum Patienten auf.
    Einmal kam ein Jugendlicher (Hebephrene Schizophrenie) zur Therapie und war deutlich schlechter drauf als sonst. Sonst hat sie ihn immer begrüßt, diesmal nicht. Er war motorisch sehr unruhig, lachte wirr vor sich hin (hörte Stimmen). Erst als er sich irgendwann von selbst in die Hängematte legte und beruhigte, ging sie zu ihm hin und liess sich streicheln...


    Wichtig ist auch, dass die Hunde in diesem Bereich ruhig sind und nicht gleich zu jedem hinrennen, denn es gibt viele, die unter massiven Ängsten leiden, die sich mitunter auch auf Hunde verlagern können.


    LG

  • Hallo Tanzwichtel,
    ich finde deine bericht sehr interessant! Grundsätzlich käme für mich der Bereich auch in Frage (ich habe während des studiums auch ein Praktikum in einem Gemeindepsychiatrischen Zentrum mit WfbM gemacht), aber Balu ist, zumindest jetzt im Welpenalter, sehr zutraulich und läuft auf jeden zu um ihn zu begrüßen. Daher wäre dies wohl eher erstmal noch nichts für uns zwei. Aber mich würde trotzdem sehr interessieren, wie du deinen Hund in diesem Bereich gezielt eingesetzt hast und wie sich das auf die Klienten ausgewirkt hat. Vielleicht hast du Lust ein wenig darüber zu erzählen? Ich habe nch nicht so viel Erfahrung im Einsatz und finde die Berichte anderer immer sehr spannend! Ich würde mich jedenfalls sehr freuen!! :smile:


    Liebe Grüße


    P.S.: Allein würde ich Balu auch niemals mit Klienten lassen. Zum einen will ich weder Klient noch Hund gefährden und zum anderen natürlich den Hund nicht durch dauernden Einsatz überlasten. Daher gewöhne ich Balu auch gerade an eine Box, wo er sich immer zurück ziehen kann, bzw. auch mal bleiben muss, wenn ich ihn gerade nicht mitnehmen kann.

  • Bei mir war es so, dass ich ein ausbildungsbedingtes Praktikum in einer Ergotherapie-Praxis mit Anschluss an eine arbeitstherapeutische Abteilung mit primär psychiatrischen Klientel gemacht habe und es sich dort einfach ergeben hat, dass ich versuchsweise meine Hündin mitnahm. Diese kam so gut bei Patienten, Kollegen und Vorgesetzten an, dass sie dann immer mitkam.


    Bei vielen Patienten war sie einfach nur dabei und bewirkte allein dadurch schon viel Positives. Die Patienten waren viel mehr im Hier und Jetzt, viel ausgeglichener usw.
    Bei einigen hab ich sie aktiv eingesetzt, so sollte sie Kommandos der Patienten ausführen (Durchsetzung, Selbstbewusstsein etc.) oder wurde von ihnen ein Stück an der Leine geführt, für andere war es wichtig die taktilen Reize beim Streicheln ihres Fells wahrzunehmen, bei wieder anderen ging um um den Abbau von Ängsten und behutsame Kontaktaufnahme... Es gab wirklich viele rührende und überraschende Momente. :)


    Aber sie war auch wirklich (m)ein kleiner Engel auf vier Pfoten, wenn es um so etwas ging, konnte ich mich zu 100% auf sie verlassen. Ich hab sie mit 5 Monaten aus Spanien kommen lassen und von Anfang an mit ihr Solche Sachen gemacht, wie Besuche in einer Demenz-WG etc.
    Leider wurde sie nur 3 Jahre alt. :(


    Mit ihrer Nachfolgerin könnte ich sowas nie-nie-niemals machen. Vielleicht wenn sie älter ist mal mitnehmen, aber ich müsste immer aufpassen, dass die Patienten sich nicht ungünstig dem Hund gegenüber verhalten, denn sie würde im Zweifelsfall nach vorne gehen, anstatt sich zurückzuziehen und ist generell von ihrer gesamten Art nicht geeignet.


    Da wo ich grad arbeite, ist ein Goldie mit Ausbildung zum Therapiebegleithund ("Steinfurter Methode") und ich muss sagen, dass ich für das, was er kann, niemals soviel Geld gezahlt hätte. Das Hintergrundwissen für den Halter ist wichtig, so musst Du z.B. wirklich Deinen Hund lesen können (wann hat er Stress, wann fühlt er sich bedroht etc.), solltest fit sein in erster Hilfe, Hygiene, gesetzlichen Regelungen, Versicherungsfragen usw.
    Meine Chefin meinte auch, dass sie diese Ausbildung kein 2. Mal machen würde und sie für sie nur den Vorteil bringt, dass sie es so auf dem Papier stehen hat und im Fall der Fälle ihr niemand etwas kann.
    Er ist freundlich zu jedem (Goldie halt) und kann bestimmte Dinge, die man nem Hund auch locker selbst beibringen kann (z.B. Leckerlies nur auf Kommando fressen, Liegen bleiben, wenn sich ein (kleines) Kind auf ihn legt, Suchspiele...). Für die Arbeit mit Kindern ist er wirklich super, denn die können auf ihm herumturnen etc. und das macht ihm gar nix, aber für den psychischen Bereich halte ich Hunde, die etwas distanzierter sind, für tauglicher. Kinder haben auch selten Angst, wenn ein Hund schanzwedelnd auf sie zu getrottet kommt, Erwachsene dagegen öfter...


    Wenn Du konkretere Fragen zum Einsatz hast, frag einfach. Ich habe mit der Hündin soviel erlebt, dass ich ein Buch schreiben könnte. ;)


    LG

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