Ungewöhnliche Farben, Fehlfarben & Co.

  • Es gibt beim Hund mindestens fünf verschiedene Varianten von "Weiß", die alle einen anderen genetischen Hintergrund und dadurch auch andere gesundheitliche Auswirkungen haben können. Zwei sind völlig harmlos, eine etwas kritisch und zwei fallen ganz klar unter "Qualzucht".


    Die beiden harmlosen Kandidaten:
    1. "Weiß" über den Agouti-Locus in Kombination mit Intense-Locus. Ein eigentlich sablefarbener, "roter" Hund bildet so wenig Phäomelanin, dass er fast weiß erscheint. Geboren werden diese Hunde graubraun, "matschfarben" und werden dann immer heller. Diese Farbe kommt vor bei z. B. Eurasier, Chihuahua und Saluki.


    2. Weiß über den Extension-Lokus bei z. B. BBS, Akita, oder, wo wir schonmal dabei sind: West Highland White Terrier, Samojede, weißer Zwergschnauzer, aber auch Golden und Labrador Retriever (klingt komisch, ist aber so ).


    Verursacht wird diese Fellfarbe durch das rezessive Allel der Extension-Serie, liegt es reinerbig vor, wir nur der Gelbe/rote farbstoff Phäomelanin in die Haare des Hundes eingelagert. Ein weiteres Gen (Intense) sorgt für die starke Aufhellung, so dass der eigentlich gelbe Hund "weiß" oder creme erscheint. In die Haut (zumindest die unbehaarte) jedoch wird ganz regulär das schwarze Pigment Eumelanin eingelagert, daher haben Hunde mit dieser Fellfarbe auch schwarze Points (Pfotenballen, Lefzen, Nasenspiegel und Augenlider) und dunkle Augen. Hör- und Sehsinn ist bei diesen Hunden völlig normal ausgebildet.


    Der kritische Kandidat:
    3. Scheckung, MITF-Lokus. Scheckung entsteht durch die Abwesenheit von Pigmentzellen in der Haut, dadurch kann logischerweise weder Eumelanin noch Phäomelanin ins Haar eingelagert werden, es bleibt farblos, als weiß. Streng genommen beginnt Scheckung schon mit winzigen weißen Abzeichen an den Pfoten oder der Schwanzspitze, gefährlich wird es dann, wenn die Pigmentzellen (nicht das Pigment ans sich) im Bereich der Sinnsorgane, besonders dem Innenohr fehlt. Das Ergebnis nennt sich sensorineurale Taubheit, betroffen sind hiervon klassischer Weise Hunde mit extrem ausgeprägter Scheckung (Weißanteil über 75%): Dalmatiner, Dogo Argentino, weißer Bullterrier oder Boxer, Parson Russel Terrier, aber auch Englischer Setter und Australian Cattle Dog. Das Aufkommen von ein- oder beidseitiger Taubheit variiert von Rasse zu Rasse. Über den Daumen gepeilt liegt das Risiko für einen vollständig weißen Hund, ein- oder beidseitig taub zu sein, bei knapp unter 30%.
    Dies ist übrigens einer der Gründe, weshalb bei vielen Rassen, bei denen Scheckung vorkommt (z.B. als weiße Abzeichen), im Standard die Ausdehnung des Weißanteils genau geregelt und beschränkt wird.


    Die Qualzucht-Kandidaten:
    4. Double Merle, M-Lokus. Ein Hund der reinerbig Merle trägt ist fast immer taub und/oder sehbehindert, zum Teil verursacht durch den Pigmentmangel, zum Teil aber auch als Folge von Pleiotropie, also direkt durch das Merle-Gen verursacht. Bei Deutschen Doggen gibt es noch eine "Extravariante" in Kombination mit Harlekin, diese Hunde sind tatsächlich fast vollständig weiß, so wie dieser hier.



    5. Albinismus. Hierbei befinden sich zwar genügend Pigmentzellen in der Haut, diese können jedoch keine (oder nur sehr wenig) Pigment herstellen. Es gibt verschiedene Formen von Albinismus, welche nun genau beim Hund auftritt, ist bisher unklar. Oft ist ein albinotischer Hund nicht reinweiß, sondern leicht cremefarben mit blauen Augen. Ein Beispiel hierfür wäre der weiße Dobermann.

  • Wow, super Erklärung - dankeschön! :gut: :gut:


    Jetzt weiss ich, warum mein Pudelchen als Welpi gelbliche Ohren hatte ;) Er ist Nummer 2, richtig?


    Weisst Du auch über die Farbe Silber so Bescheid? Vielleicht? =)

  • Ganz vielen Dank für die fachkundigen Erklärungen zu einem derart faszinierenden Thema!


    Eine Frage hätt ich noch, und zwar zu den Schecken: bei Russells dürfen ja, wie geschrieben, nur beidseitig zweifelsfrei hörende Hunde in die Zucht. Aber macht so ein Test genaugenommen Sinn, das heißt: liegt das Taubheits-Risiko nur an der Farbverteilung, oder muß da noch ein vererbbarer Faktor dazukommen, den man per Test zu eliminieren versuchen kann?


    Falls nicht, wäre das Testen ja eher sinnlos, weil ja auch zwei hörende Hunde jederzeit Nachzucht mit ungünstiger Farbverteilung produzieren können, die dann diesen Ausfall zeigen kann? Genauso wie zwei taube Hunde theoretisch hörende Nachkommen bringen müßten, sobald die nur "richtig" pigmentiert sind?

  • Zitat

    Ganz vielen Dank für die fachkundigen Erklärungen zu einem derart faszinierenden Thema!


    Eine Frage hätt ich noch, und zwar zu den Schecken: bei Russells dürfen ja, wie geschrieben, nur beidseitig zweifelsfrei hörende Hunde in die Zucht. Aber macht so ein Test genaugenommen Sinn, das heißt: liegt das Taubheits-Risiko nur an der Farbverteilung, oder muß da noch ein vererbbarer Faktor dazukommen, den man per Test zu eliminieren versuchen kann?


    Falls nicht, wäre das Testen ja eher sinnlos, weil ja auch zwei hörende Hunde jederzeit Nachzucht mit ungünstiger Farbverteilung produzieren können, die dann diesen Ausfall zeigen kann? Genauso wie zwei taube Hunde theoretisch hörende Nachkommen bringen müßten, sobald die nur "richtig" pigmentiert sind?


    Gefährliche Frage... :D


    Hundertprozentig kann man das im Moment noch nicht sagen, aber genau so sieht es wohl aus. Der einzige halbwegs(!) sichere "Schutz" gegen Taubheit ist eine möglichst vollständige Pigmentierung im Bereich der Ohren, je größer, desto besser. Platten beim Dalmatiner, farbige Köpfe bei weißen Collies etc. Darauf kann man selektieren, auf garantierte Hörfähigkeit nicht.


    Bei rein weißen Hunde oder auch Splitfaces wird das Hörvermögen quasi bei jedem Welpen neu ausgewürfelt, er kann Glück oder Pech haben. Als Züchter hat man darauf nicht den geringsten Einfluss.

  • Zitat


    Jetzt weiss ich, warum mein Pudelchen als Welpi gelbliche Ohren hatte ;) Er ist Nummer 2, richtig?


    Weisst Du auch über die Farbe Silber so Bescheid? Vielleicht? =)


    Nr. 2 dürfte wohl stimmen ;) , über Silber kann ich nicht mehr beisteuern, als hier schon gesagt wurde.

  • dann fallen die eb auch unter die 2 kategorie.
    danke für die erklärung, so ist man bischen schlauer. :gut:

  • Zitat

    2. Weiß über den Extension-Lokus bei z. B. BBS, Akita, oder, wo wir schonmal dabei sind: West Highland White Terrier, Samojede, weißer Zwergschnauzer, aber auch Golden und Labrador Retriever (klingt komisch, ist aber so ).


    Du kannst hier auch den Pudel dazu zählen.

  • Zitat

    Nr. 2 dürfte wohl stimmen ;) , über Silber kann ich nicht mehr beisteuern, als hier schon gesagt wurde.


    Was mir nicht einleuchtet und deshalb verstehe ich das mit dem B&T nicht.... kleine silberne Pudel sind wesentlich öfter einheitlich, als Grosse. Bei den Kleinen Silbernen bekommt man das Einheitliche hin - bei den Grossen kaum. Warum? :???:


    Zum Weiss nochmal: manche weisse Pudel haben braune Nasen (aufgehellt) - meine nicht. Gehören die auch zu 2? Meine hat auch anthrazitfarbene Haut, meistenteils, aber auch rosane Flecken. Warum?


  • Interessensfrage - du hast das so ähnlich schonmal gepostet und ich habs mir direkt abgespeichert, weil die Erklärung wirklich gut zusammengefasst ist ;) Damals hast du aber noch nicht zwischen 1 und 2 unterschieden.


    Von daher auch meine Frage. So wie ich das jetzt verstehe, ist der Unterschied zwischen 1 und 2 schlicht, dass ein Hund vom Typ 1 wenig pigmentiert, dafür aber nicht aufgehellt ist, einer vom Typ zwei stark pigmentiert, allerdings aufgehellt. Richtig?
    Allerdings hat der HUnd auf deinem Bild zu Typ 1 ja eindeutlich dunkles Pigment im Bereich der Nase und Augen. Dürfte das dann nicht eigentlich nicht sein?

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!