Abgang aus einem Pool

  • Liebe Fories,


    mitunter kommt es vor, dass der Hund aus einem total kontaminierten Gelände bzw. einem Pool, also einem Gebiet, in dem sich die gesuchte Person länger aufgehalten hat, starten muss. Welche Tricks und Tipps habt ihr für eine solche Situation ?


    Freundliche Grüße


    Geronimo

  • Hallo Geronimo,


    du sprichst hier wohl den klassischen Mantrailer an geh ich mal von aus (nur für diejenigen, die Pool vielleicht in diesem Zusammenhang (noch) nicht kennen).


    Nun.....ein Pool ist immer eine große Schwierigkeit für einen Hund, eben weil hier sich viele Geruchspartikel der vermissten Person angesammelt haben und eine grössere Fläche damit "kontaminieren". Hier würde ich dringend dazu raten, zunächst mal nur den Hund arbeiten zu lassen.


    Soll heissen: ich reiche dem Hund den GA und gebe das Startkommando, bleibe selbst aber stehen und arbeite ausschliesslich über die Leine. Der Hund wird dann diesen Radius benutzen um sich zu sortieren und erst wenn er zielsicher in eine Richtung losgeht, würde ich langsam folgen.


    Häufig reagieren Hunde auf seinen Führer, geht dieser in Richtung XY los, dann trottet meist auch der Hund in diese Richtung los. Daher wäre meine Vorgehensweise die, dass ich am Start erstmal nur über die Leine arbeiten würde.

  • Zitat

    Soll heissen: ich reiche dem Hund den GA und gebe das Startkommando, bleibe selbst aber stehen und arbeite ausschliesslich über die Leine. Der Hund wird dann diesen Radius benutzen um sich zu sortieren und erst wenn er zielsicher in eine Richtung losgeht, würde ich langsam folgen.


    Machst du das nicht bei jedem Start sowieso?


    Geronimo, sprichst du von einem kleineren Pool, oder von einem grösseren kontaminierten Gelände? Hast du einen definierten PLS?

  • Liebe(r) Windi,


    genauso arbeite ich (am Start). Näheres später (am Freitag), da ein Taxi auf mich wartet, um mich zu einem Kunden zu bringen, für den ich morgen ein Seminar mache. Antwort muss ein wenig warten. Bitte nicht böse sein.


    Liebe(r) Najira,


    Gute Nachfrage ! Ich spreche einerseits von einem Abgangsort, z.B. einem Altenheim, Pflegeheim, Krankenhaus, gerontopsychatrischer Station, wo die vermisste Person sich bereits seit Tagen bis Monaten aufgehalten hat inklusive Spaziergänge im Ort, als auch von einem Pool, wo die VP nach ihrem Verschwinden, sagen wir mal 2 Stunden zwischendurch auf einer Bank gerastet hat, bevor sie weiter gegangen ist.


    Freundliche Grüße


    Geronimo

  • Hallo,


    also generell laufe ich vor jedem Start einen Perimeter. Man mag darüber streiten, ob das Sinn macht oder nicht, aber ich für mich setze es als "Ritual" ein.


    Ich mache mich meiner kommenden Aufgabe bewusst, sammle mich und mein Hund kann nochmal schnell das Beinchen heben und schonmal die Lage sondieren.


    Beim Start (ich spreche jetzt von meinem Hund) brauche ich nicht stehenbleiben, da er sofort loswetzt, als würde da jemand mit einem schönen leckeren, saftigen Schinken wedeln :D :D


    Durch den Perimeter hat mein Hund die Lage schon soweit sondiert, dass er den GA nur noch zum Abgleich benötigt.


    Bei einem Pool würde mein Hund wahrscheinlich einige Richtungen probieren wollen, ehe er nun wirklich den korrekten Abgang gefunden hat. Hierzu sollte man dem Hund ausreichend Zeit geben, damit man ihn nicht durch seine eigene Bewegung beeinflusst. Da nun die Antwort von Geronimo ebenfalls vorliegt, kann ich da ja konkreter darauf eingehen. Die von Geronimo beschriebenen Abgangsorte (Altenheim, Krankenhaus etc.) liefern ja meist nur eine begrenzte Angabe über den letzten Sichtungspunkt der Person. "vermisste Person wurde zuletzt in der Kaffeteria gesehn....". Okay....also wäre das mein Ansatzpunkt. Da niemand genau sagen kann, wo die vermisste Person wirklich zuletzt gewesen ist, würde ich den Startpunkt (hier die Kaffeteria) durch einen Perimeter absichern und den Hund dann ansetzen. Solche Orte sind natürlich richtig schwer für den Hund, da die Gebiete durch wochen- und monatelange Kontamination belastet sind.


    Nur wenn der Hund gar nicht starten will oder sich total verheddert, würde ich ihn dahingehend unterstützen, dass ich ihm einen Abgang vorschlagen würde. Ob dies dann der richtige ist, weiss halt nur mein Backup.


    Aber ja...im Grunde hast du Recht, man sollte eigentlich immer so starten.

  • Bei der Bank würde ich ganz normal ansetzen, wie immer mit Prescent und ohne Perimeter. Falls der Hund sich schwertut und klebt, würde ich mit ihm einen Kreis gehen, damit er sich von der Bank löst. Mit solchen lokalisierten Pools hat Rhian bisher nie Probleme gehabt - ich hatte aber noch nie die Chance, bei einem über Stunden etablierten Pool zu üben.


    Bei Krankenhaus, Altersheim o.Ä. würde ich höchstens einen auf solche Situationen spezialisierten Hund drinnen ansetzen am Zimmer. Mir fehlt da die Erfahrung, um zu beurteilen, wie realistisch die Chancen sind. Sonst würde ich aussen rundum Abgangskontrollen machen - auch da nur mit einem darin geübten Team. Sonst bleibt es reine Glückssache, welche der vielen vorhandenen Spuren der Hund sich nimmt. Soweit bin ich noch lange nicht mit meinen Hunden - wir üben Spurdifferenzierung alt-neu noch an einem einzigen Abgangspunkt. Ist aber eine super spannende Fragestellung!

  • Liebe(r) Windi, liebe(r) Naijra,


    zunächst mal ein Beispiel zum Pool auf dem Trail aus einem Realeinsatz:


    Schizophrene Person entfernt sich aus einer psychiatrischen Einrichtung, läuft ca. 1 km bis zu einer ehemaligen Kieskuhle mit kleinem See und rastet dort mehrere Stunden, geht dann weiter ca. 2 Km bis zu einer Bahnstation, fährt dann 10 km mit der Bahn, wird später dort in der Nähe aufgegriffen.


    Als wir am Einsatzort eintreffen, sind bereits 4 Mantrailer samt Hunden in der Kieskuhle "verreckt" und haben dort die Spur verloren. Nach der Einsatzbesprechung führe ich Google in die Kieskuhle, weil ich weiß, seine Nase hat eine große Reichweite und er kann mir einen Hinweis auf den möglichen Ausgang liefern. Tatsächlich geht er auf einen Trampelpfad, geht diesen bis 5 m vor der Kante der Kuhle und wieder zurück. Das Ganze zwei Mal. Alle Trailer bestätigen mir auf Nachfrage, ihre Hunde hätten auch an anderen Stellen der Kieskuhle dieses Verhalten gezeigt.


    Zum Glück hatte ich einen Workshop bei Jörg Weiß von Mantrailing Quality besucht, wo ein ähnliches Beispiel im Bereich Pool und Geruchsabriss genannt und beschrieben wurde. Also: Hund kurz umgeschnallt, in Verlängerung des Trampelpfades aus der Senke über die Kuppe geführt, wieder umgeschnallt, Kommando "Such weiter !", ohne ihn in die Senke zurück zu lassen.


    Ergebnis: Der Hund verlässt die Grube und verfolgt die Spur einen Trampelpfad entlang auf eine Straße bis zum Bahnhof (was im nachhinein richtig war).


    Fortsetzung folgt.


    Grüße


    Geronimo

  • Liebe(r) Windi, liebe(r) Naijra,


    zum Start aus einem total kontaminierten Bereich erst mal was Grundsätzliches:


    80 % der Einsätze, die ich gelaufen bin, waren die Suche nach dementen, verwirrten älteren oder alten Personen. Von diesen Einsätzen haben bestimmt 90 % ihren Ausgangspunkt im Altenheim, Pflegeheim oder der Psychiatrie oder im Zuhause der Person gehabt, wo die Person sich schon Tage bis Monate oder Jahre aufgehalten hat.


    Schaut man sich die Prüfungsordnungen der Organisationen mit Rettungshundestaffeln, z.B. DRK oder ASB an, wird sehr viel Wert darauf gelegt, dass der Bereich, aus dem die VP der Prüfung abgängig ist, nicht kontaminiert sein darf.


    Dies entspricht m.E. überhaupt nicht der Realität. Ich überspitze es mal: Der erfolgreiche Prüfling kommt in seinen ersten Realeinsatz und trifft dort auf eine Situation, die er vorher mit seinem Hund niemals kennen gelernt, geübt und gemeistert hat.


    Da kann ich nur konstatieren: Prüfungsfähigkeit ist nicht Einsatzfähigkeit.


    Grüße


    Geronimo


    Fortsetzung folgt.

  • Whow,
    das sind ja interessante Beiträge, geronimo. Ich kenne mich zwar nicht so in dem Sport bzw. der Ausbildung aus, hört sich aber sehr anspruchsvoll an.
    Schade, dass mein Nasenhund gleichzeitig ein Weichei ist, er würde auf Suche wahrscheinlich nichtmal durch höheres Gebüsch gehen.
    Da muss ich für ihn wohl was anderes suchen.
    Grüßle
    Silvia

  • Zitat


    Als wir am Einsatzort eintreffen, sind bereits 4 Mantrailer samt Hunden in der Kieskuhle "verreckt" und haben dort die Spur verloren. Nach der Einsatzbesprechung führe ich Google in die Kieskuhle, weil ich weiß, seine Nase hat eine große Reichweite und er kann mir einen Hinweis auf den möglichen Ausgang liefern. Tatsächlich geht er auf einen Trampelpfad, geht diesen bis 5 m vor der Kante der Kuhle und wieder zurück. Das Ganze zwei Mal. Alle Trailer bestätigen mir auf Nachfrage, ihre Hunde hätten auch an anderen Stellen der Kieskuhle dieses Verhalten gezeigt.


    Zum Glück hatte ich einen Workshop bei Jörg Weiß von Mantrailing Quality besucht, wo ein ähnliches Beispiel im Bereich Pool und Geruchsabriss genannt und beschrieben wurde. Also: Hund kurz umgeschnallt, in Verlängerung des Trampelpfades aus der Senke über die Kuppe geführt, wieder umgeschnallt, Kommando "Such weiter !", ohne ihn in die Senke zurück zu lassen.


    Ergebnis: Der Hund verlässt die Grube und verfolgt die Spur einen Trampelpfad entlang auf eine Straße bis zum Bahnhof (was im nachhinein richtig war).


    Hallo Geronimo


    Erst mal vorab zur Info: ich bin weiblich. ;)


    Was du beschreibst, hat weniger mit dem Abgang aus Pool zu tun, als mit dem, was mit Geruch an Steigungen/Gefällen passieren kann. Das Szenario ist schon fast ein Klassiker. Bei Rampen sollte man Negativs des Hundes nicht vorbehaltslos akzeptieren, sondern immer dran denken, dass man oben/unten kontrollieren muss, um sicher zu sein. Speziell, wenn der Hund in Schwierigkeiten ist, und nirgendwo sonst sicher positiv zeigt. Ich bin von Einsatzfähigkeit noch weit entfernt, aber ich kenne das Phänomen aus Theorie und Praxis. Trailen ist mehr, als den Hund machen lassen und ihm vertrauen. Der Hund hat die Nase, ja, aber der Mensch hat das Hirn. ;) Ich kann mir auch vorstellen, dass gerade so spurfixierte Hunde wie ein Bloodhound mit solchen Situationen mehr Mühe haben als solche, die zum spekulieren neigen. Auch das sollte in die Beurteilung der Situation einfliessen.


    Zitat

    Dies entspricht m.E. überhaupt nicht der Realität. Ich überspitze es mal: Der erfolgreiche Prüfling kommt in seinen ersten Realeinsatz und trifft dort auf eine Situation, die er vorher mit seinem Hund niemals kennen gelernt, geübt und gemeistert hat.


    Da kann ich nur konstatieren: Prüfungsfähigkeit ist nicht Einsatzfähigkeit.


    Dem kann man nur zustimmen. Und man kann nie alle Situationen üben, immer mal auf was neues treffen.


    Prüfungsordnungen sind nochmal so eine Sache. Es gibt ja keine verbindlichen, ob gut oder schlecht, jeder kocht sein eigenes Süppchen. Wir sind im Sommerseminar einen Übungstrail gelaufen, da meinte eine Teilnehmerin, den zu bestehen würde in ihrer Staffel Einsatzfähigkeit bedeuten. Ja Hallo? Der war grad etwas schwieriger als die erste und leichteste von drei "ernsthafteren" Prüfungsstufen bei dieser Ausbildungsorga! Aber wie immer man es anlegt, eine Prüfung, auch eine sehr schwierige, kann nie alle Situationen abdecken.

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