Hoffnungslos aggressiv?

  • Sorry - lang aber anders ging es nicht :ops:


    Piper
    Mini-Bullterrier
    Hündin
    6 Monate


    Über den folgenden Fall brauche ich dringend Austausch, eure Erfahrungswerte, Gedanken und muss einfach darüber reden. Die kleine Hündin (ich nenne sie hier Piper) hat von der 7 Woche an bei ihrer Besitzerin gewohnt, eine junge Frau um die Mitte 20, Studentin und viel unterwegs. Der Hund kam von einem (meiner Meinung nach) dubiosen Züchter, Piper war der einzige Welpe. Die Besitzerin hatte Piper nicht besucht und auch nicht den Züchter kennen gelernt, sondern den Welpen blind gekauft und ihn nach Hause geliefert bekommen. Es sollte unbedingt ein Mini-Bulli tricolor sein.


    Über die genaue Haltungsweise und den Umgang kann ich nur spekulieren, jedoch war die Hündin oft mit Frauchen unterwegs im Privatleben, musste allerdings ab ca. dem 3 Monat viel allein bleiben, da sie nicht mit in die Uni konnte. Ab und an wurde Piper von einem Hundeausführservice mit auf einen längeren Spaziergang genommen.


    Ich lernte Piper vor wenigen Wochen kennen: die Besitzerin war mit ihr völlig überfordert und eine Freundin von mir, die selbst Hundetrainerin und Besitzerin eines großen 2 Jahre alten Rüden ist, hat die Aufgabe der Pflegestelle übernommen. Der Grund für die Abgabe war nach Angaben der Besitzerin gesteigertes und grundloses aggressives Verhalten, das in mehreren Bissverletzungen ihr gegenüber zum Vorschein trat. Besonders bei Futter zeigte die kleine Piper Aggressionen.


    Mein erster Eindruck war ein vollkommen verstörter Hund der an der Leine extrem gedeckelt lief und sehr zurückhaltend war. Mir kamen die Tränen als ich sie zitternd im Auto meiner Freundin sitzen sah. Bei einem ersten Spaziergang mit meiner Hündin taute Piper langsam auf und machte sogar Spielaufforderungen. In den nächsten Tagen zeigte sich, dass Piper ein einwandfreies Sozialverhalten gegenüber Hunden hatte und wir konnten sie problemlos aus der Hand mit Leckerlies füttern und sie streicheln. Meine Freundin erzählte, dass die Besitzerin die Hündin quasi zurück geschlagen hatte wenn sie biss. Piper war in einem Zimmer eingesperrt als meine Freundin sie abholte und hatte kein Wasser zur Verfügung. Das würde sie einteilen damit sie nicht so oft pinkeln muss, war die Antwort der Besitzerin. Piper trank im Auto 0,8 Liter Wasser, hatte schuppige und trockene Haut.


    Der erste Vorfall bei meiner Freundin war ein dummer Fehler ihrerseits: zuviel gewollt und Pipers Zeichen missachtet: sie hielt beim Füttern den Napf fest, damit Piper quasi aus ihrer Hand fressen musste. Weil Piper gierig war stupste sie den Napf heftig an und er rutschte meiner Freundin aus der Hand. Sie griff aus Reflex nach und da schnappte Piper 1x zu.


    Nach 2 Tagen bei meiner Freundin gingen wir mit ihr zum TA um einen kleinen Gesundheitscheck zu machen. Der Hund sei einwandfrei und gesund, sie war freundlich und nahm viele Leckerlies in Empfang und bei der Untersuchung hielt sie still wie ein Profi.


    Auf den weiteren Spaziergängen (in der Regel mit 4-5 Hunden) war Piper fröhlich und zu Spielen aufgelegt, sie war ein typischer Junghund und verhielt sich einwandfrei. Die Besitzerin suchte eifrig nach einem neuen Besitzer, allerdings wollte sie den vollen Preis für Piper haben und bei einer 3-stelligen Summe, waren verständlicherweise nicht viele bereit sie zu übernehmen.


    Dann erzählte mir meine Freundin beim nächsten Spaziergang das Piper extrem hochdrehte, knurrte und bellte als im Hausflur laute und kreischende Kinderstimmen zu hören waren. Sie zeigte ähnliches Verhalten als meine Hündin auf einem Spaziergang besonders aufgeregt und etwas kreischig war: sie ging meine Hündin von der Seite an und wollte zwicken. Kurzerhand angeleint beruhigte sie sich erst als meine Hündin ruhig war. Danach liefen beide freudig miteinander spazieren.


    Der nächste Zwischenfall ereignete sich für meine Freundin vollkommen unerklärlich. Piper hatte sich freiwillig neben sie gekuschelt und lag dort schon eine Weile während meine Freundin sie kraulte. Aus dem Nichts heraus schnellt sie plötzlich hoch und biss in Hände und Arme, als sie von meiner Freundin abgewehrt wurde weiter in die Füße. Als sie Piper endlich festgehalten bekam steckte sie sie in ihre Box. Piper hatte weder geknurrt noch geguckt oder irgendwelche Anzeichen gezeigt, die ein Innehalten den Kraulens oder Distanz signalisiert hätten. Sekunden vorher hatte sie noch selig gekuschelt. Woher nur rührte diese Aggression? Meine Freundin ist Trainerin und nicht unerfahren, allerdings hatte sie noch nie so einen Fall von Aggressionen erlebt. Weder Futter, noch Spielzeug o.ä. waren in der Nähe, der andere Hund weit weg im anderen Zimmer usw.


    Normalerweise ist doch immer ein Hauch von Auslöser für so ein Verhalten zu erkennen, nicht so hier. Piper hat gelernt das Knurren als Drohgebärde zwecklos ist (da ihre Besitzerin das Knurren oft ignoriert oder mit Schlägen gemaßregelt hatte) und nur Zubeißen hilft. Doch aus welchem Grund biss sie zu?


    Meine Freundin kaufte ein gut passendes Maulkorb und verhielt sich ansonsten ganz normal. Auf Spaziergängen war weiterhin alles in Ordnung mit ihr, sie lief im Auslaufgebiet immer frei, war gut abrufbar und freundlich.


    Eine weitere Situation ergab sich ein paar Tage später. Piper fing an den großen Rüden meiner Freundin wegzuknurren sobald er sich frei in der Wohnung bewegte. Sie versperrte Wege und wollte ihn aus dem Zimmer raus haben. Der Rüde, ein sehr sozialer Hund der gelernt hat Frauchen entscheiden zu lassen, traute sich nicht mehr ins Zimmer und blieb im Flur.


    Spätestens zu diesem Zeitpunkt war für meine Freundin klar, dass sie nicht mehr lange als Pflegestelle zur Verfügung stehen konnte, denn sie wollte unter keinen Umständen, dass ihr Rüde darunter leiden muss. Als Piper wieder anfing Stunk zu machen und meine Freundin sie in ihre Box brachte, die sie sonst sehr gerne als Schlafplatz (mit vorheriger Gewöhnung) nutzte und sich hineintragen ließ, fing sie an in die Box zu beißen.


    Der Rüde meiner Freundin war weiterhin verstört, angespannt und total gestresst. Am folgenden Tag ging Piper zurück zur Besitzerin, die für 2 Tage später einen neuen erfahrenen Besitzer gefunden hatte. Am Tag darauf rief die Besitzerin sie heulend an, das Piper auf der Straße eine Mutter mit schreiendem Kind auf dem Arm gebissen hatte. Dem Kind sei nichts passiert, da es auf dem Arm war, aber Piper war hochgesprungen um es zu erreichen. So war "nur" die Mutter verletzt worden.


    Die Besitzerin, die vor ca. 2 Monaten schon mal ein MRT von Piper hatte machen lassen, um zu klären ob eine neurologische Erklärung für ihre Aggressionen vorlägen (dabei kam kein Befund heraus), erzählte meiner Freundin dann noch, dass sie mit dem TA gesprochen hätte und er würde ihr raten den Hund einzuschläfern.


    Wir waren geschockt über diese Aussage, Pipers Verhalten war zwar schwerwiegend und bedenklich, sie hätte immer ein Maulkorb und extrem fachkundige Neubesitzer gebraucht, aber einschläfern? Die Hoffnung, dass es irgendjemand geben würde, der sie wieder hinbekommt und/oder spezielle Situationen meidet, war natürlich noch immer da. Und außerdem war da doch auch diese kleine Junghunddame Piper, die mit unseren Hunden tobte, sich bei uns versteckte und Schutz suchte wenn ein Hund sie zu grob zum Spielen aufforderte, die sich streicheln ließ und Sitz für ihr Leckerlie machte.


    Nach einem Tag der Unerreichbarkeit der Besitzerin erfuhren wir, dass Piper eingeschläfert wurde. Nicht nur, dass es doch nach meinen Informationen das Gutachten eines Amtstierarztes bedurft hätte um die Einschläferung zu rechtfertigen, auch der Gedanke daran, dass Piper zu helfen gewesen wäre bleibt.


    Hoffen wir, dass sie im menschenleeren Hundehimmel ihren Spaß hat. So, nun schreibt doch bitte was ihr von Pipers Verhalten denkt, kennt ihr das in der Art, wie geht man damit um, wie ist das Verhalten motiviert usw.. Machs gut kleine Piper!

  • Tja....was soll man dazu sagen? Der Hund wurde hin und her geschoben, viele Pseudo-Experten doktorten daran herum und dann wurde er getoetet. In Anbetracht der Rasse, der Herkunft und der Beschreibung der Aggressiven Reaktion aus dem Schlaf heraus ist es sehr gut moeglich das der Hund an rassetypischen neurologischen Stoerungen litt....aber der Hund wurde entsorgt, wem hilft jetzt noch Raetselraten?

  • So oft gehört, so oft der letzte Anker gewesen, so viele mehr konnte ich nicht nehmen und sie mussten gehen aber einige Pseudeexperten dürften noch ihr Ego dran reiben
    Nu einer mehr ...
    Tut mir Leid für die Kleene, evtl isses erschreckend aber : Herzlich Willkommen in der täglichen Realität

  • Zitat

    In Anbetracht der Rasse, der Herkunft und der Beschreibung der Aggressiven Reaktion aus dem Schlaf heraus ist es sehr gut moeglich das der Hund an rassetypischen neurologischen Stoerungen litt....


    Das Rätselraten hilft z.B. mir: zu verstehen, zu lernen, zu bewältigen. Aber was wären denn hier rassetypische neurologische Störungen??? Kannst Du mir das genauer benennen oder erklären?


    Lieben Gruß

  • Zitat

    Das Rätselraten hilft z.B. mir: zu verstehen, zu lernen, zu bewältigen. Aber was wären denn hier rassetypische neurologische Störungen??? Kannst Du mir das genauer benennen oder erklären?


    Lieben Gruß



    Nuja Bulliwut
    Hab mich damit noch nicht so genau befasst da is die da zuständig *zu Tanja hochzeig :D *
    http://www.btneuro.org/ war, meine ich ne ganz informative Seite zumindest hab ich sie unter Bully Neurologische Störung auf der todo Liste gespeichert ^^

  • Rein rational betrachtet geht der Schutz von Menschen vor dem Tierschutz und nachdem ja auch die fachkundige Pflegestelle, Deine Freundin, am Verhalten des Hundes / evtl. einem Krankheitsbild gescheitert ist: Was wäre denn die Alternative gewesen? Wer nimmt denn schon so einen Hund gerne bei sich auf?

  • Zitat

    Was wäre denn die Alternative gewesen? Wer nimmt denn schon so einen Hund gerne bei sich auf?



    Die Giessener Uni hat ein Pflegeprogramm fuer genau solche Faelle. Mit ein wenig Angagement haette man das ergoogeln koennen.

  • Hab auf die Schnelle das Giessener Programm nicht gefunden, hast Du den Link parat? Würde mich interessieren. Ich bin selbst Bulli-Laie und kannte auch die Bulli-Wut nicht. Aber es wurde ja eben deshalb eine Untersuchung beim Neurologen gemacht und da kam nix raus, ich weiß nur von einem MRT.


    Mit was für Untersuchungen testet man denn ob die Bulli-Wut vorliegt?


    Und wie kann man mit so einem Hund umgehen, leben usw.?

  • Danke für die Links. Habs mir gerade durchgelesen und es kommt mir sehr bekannt vor.


    Ich weiß, dass ein MRT in Berlin gemacht wurde, aber ob die Schilddrüse untersucht wurde und eine Zyste gefunden wurde bzw. danach gesucht wurde weiß ich bisher nicht. Um so schlimmer, wenn es so etwas war und sie einfach getötet wurde. Sie war wirklich so ein süßer Pups.

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