Schönfüttern vs. Meideverhalten - Zwischenweg?

  • Hey Ihr,


    nachdem ich schonmal auf einen Beitrag bzgl. meines 1 jährigen Boxer-Rüdens und sein aggressives Verhalten gegenüber Kindern geantwortet habe, muss ich jetzt doch nochmal was fragen.


    Nochmal kurz zum Problem:
    Knightley mag keine Kinder, ums kurz zu sagen. Er spring in die Leine, kläfft, knurrt, hat alles aufgestellt. Er findet sie wirklich doof. Was allerdings in diesem Ausmaß nicht geht. Nicht nur dass man immer wieder beim spazieren Kinder trifft, mir gegenüber wohnt eine Familie mit drei kleinen Kindern und der Wohnungsflur ist klein... zumal keine 50meter von der Wohnung eine Grundschule ist. Es muss sich also was ändern.


    Nachdem ich ihm auf den ersten Rat eines Fachmannes die Kinder quasi Schöngefüttert habe und Knightley zwar abgelenkt an Kindern die ruhig sind vorbei geht, aber ohne Futter immer mal wieder ausrastet, habe ich mich nach gut 3 Monaten Übungs- und Überzeugungszeit an einen anderen Trainer gewandt, zumal dieser selber Kinder hat und ein ähnliches Problem mit seinem damaligen Hund beseitigt hatte.


    Nach zwei langen Terminen beim neuen Trainer stand fest dass ich die Methode ändern sollte. Erstmal, kein Futter mehr in der Nähe von Kindern. Und wenn er Kinder angeht wird ihm mit einer kleinen Wasserpistole klar gemacht, so nicht. Grundlegend nicht schlecht - immerhin geht es hier um Kinder! Und er legt ein solch deutliches Verhalten an den Tag, dass er bereits zeitweise zum Maulkorbträger geworden ist - natürlich über einen Monat und mehr positiv angelernt.


    Natürlich trainiere ich anfangs mit viel Abstand zu den Kindern. Das klappt auch ganz gut. Eigentlich brauch ich die Pistole da garnicht, und setze sie dann natürlich nicht ein. Auch wenn sie immer in der Tasche dabei ist. Kommt aber ein Kind näher und vor allem schaut es oder rennt es, gibts Krawall an der Leine. Dann kommt eine kurze Korrektur mit der Wasserpistole und dann ist gut. Das Ganze ist auch erst exakt drei Mal notwendig gewesen! Geht er brav an Kindern vorbei, dann lob ich ihn ausgiebig mit der Stimme. Das war öfter der Fall.


    Alles gut soweit - dachte ich.


    Nur heute war die Reaktion des kleinen Mannes etwas zu heftig, genauer gesagt sein Meideverhalten.
    Wir sind ganz normal vom Spaziergang zurück gekommen und auf unserer Straße kommen uns zwei Kinder ruhig schwatzend entgegen. Ich hatte die kleine Pistole schon rausgenommen, weil ich sie immer mal wieder ohne dass was passiert in die Hand nehme. Wir sind uns entgegengekommen und als wir fast auf gleicher Höhe sind bieg ich ruhig ab in die Gasse zu unserem Haus. Ich habe nix getan, der Hund auch nicht, außer dass er sich extrem weggeduckt hat - also den Kopf quasi aufm Boden, zu mir schauend. Und das ist nicht das was ich wollte! Er soll keine Angst vor Kindern und schon garnicht vor mir haben, aber anmachen soll er sie natürlich auch nicht. Aber so geht das nicht.


    Jetzt meine Frage, hat jemand einen Zwischenweg? Nur Schönfüttern funktioniert nicht, aber Angst soll Knightley nicht vor Kindern bekommen.


    a) Schönfüttern geht nur mir viel Futter, niemals ohne.
    b) Wasserpistole produziert augenscheinlich heftiges Meideverhalten und Angst - noch schlechter!
    (Laut manchem Trainer sollte es einmal zu so einem heftigen Verhalten kommen, aber stimmt das wirklich?)


    Knithley kann einen Maulkorb tragen, aber er ist ein 60cm/30kg Boxerrüde, der sowieso schon leicht Angst bei Menschen hervorruft, mit einem Maulkorb bleiben uns Hundekontakte & Menschenkontakte schnell ganz verwehrt. Er hat ansonsten keine Probleme mit Menschen und Hunden, außer in der Dunkelheit (da aber unspezifisch bei allen hell hervorgehobenen ggf. bewegten Gegenständen, er ist vmtl. wie viele Boxer nachtblind und eben erst 1 Jahr alt). Alles aber sehr gut händelbar und in einer ganz anderen Intensität! Also nicht schlimm.


    Ich möchte, dass das Problem behoben wird und ich glaube auch, dass es behoben werden kann. Was ich nicht will, ist dass mein Hund Angst vor Kindern / einer Bestrafung hat. Das nimmt ja nicht die negative Spannung aus der Situation! (Oder sehe ich das einfach viel zu eng und wir müssen dadurch?) Er soll wissen, dass er Kinder nicht angehen darf und dass ein ruhiges vorbeigehen in jedem Falle förderlich und für ihn absolut positiv ist. Aber rein mit Futter geht es absolut und gar nicht.


    Knightley wird bisher nicht geclickert, er ist nie (und ich meine auch: nie) alleine mit Kindern, ich habe keine Kinder in der Verwandtschaft und auch nicht im Freundeskreis, er geht seit jeher in die Hundeschule und jetzt auch auf den Hundeplatz, wir wollen die Begleithundeprüfung machen. Er ist leinenführig, kennt alle Grundkommandos, die Scheppleine, apportiert und wir üben Impulskontrolle (Absitzen beim Suchen oder Apportieren) ... tja, ich bin ratlos.


    Natürlich werde ich mich auch weiterhin mit meinem Trainer auseinander setzen und darüberhinaus weitere Meinungen hinzuziehen, mein Trainer macht bisher auch einen sehr kompetenten Eindruck! Das hier dient meiner zusätzlichen Information und hoffentlich auch der Anregung neuer Trainingswege.


    Daher seid jetzt ihr gefragt:
    Kennt von euch jemand dieses Problem und wenn ja, wie habt ihr es behoben?
    Falls ihr es nicht selber kennt - hättet ihr einen Ratschlag für mich?

  • Tach,


    m.M.n. ist das Schönfüttern ein Bestandteil des sinnvolleren Weges - allerdings reicht es nicht, den Hund "nur mit Futter abzulenken". Besser geeignet, da der Hund lernt, sich mit dem Reiz auseinander zu setzen, ist in meinen Augen "Zeigen und Benennen" - gib das mal hier oben in die SuFu ein und lies dich ein. Du müsstest dafür eben vorher den Clicker konditionieren, aber das geht innerhalb kürzester Zeit. ;)
    Lass dir evtl. auch von nem Trainer zeigen, wie man das richtig aufbaut. Wichtig hierbei ist auch die Motivation des Hundes.


    Dein Hund ist ein Beispiel dafür, warum man an solchen Baustellen tunlichst NICHT mit pos. Strafe - und nichts anderes ist die Wasserpistole in einem solchen Moment - arbeitet. Das ist nicht böse gemeint, mir aber wichtig zu erwähnen, da es so häufig verharmlost wird im Sinne von "Das tut dem Hund ja nicht weh." :( :
    Gut, dass du selbst gemerkt hast, dass das bei euch zu einem weniger wünschenswerten Ergebnis führt.


    Viele Grüße und viel Erfolg!
    Anni

  • Was passiert denn wenn du ihm deine blosse Anwesenheit als Schutz bietest, ganz ohne Hilfsmittel...
    Irgendwie ist mir nicht klar, welche Art der Beziehung ihr habt, vertraut er dir überhaupt?

  • Titus war schneller :D


    Zitat

    Nachdem ich ihm auf den ersten Rat eines Fachmannes die Kinder quasi Schöngefüttert habe und Knightley zwar abgelenkt an Kindern die ruhig sind vorbei geht, aber ohne Futter immer mal wieder ausrastet,


    auch ich würde den Weg über Futter wählen - aber nicht mit Abenkung sondern eben die Belohnung für das Auseinandersetzen mit dem Reiz. Der Hund DARF ausrasten - ohne dass er jemanden gefährdet - doch sollte danach Ruhe einkehren und das immer früher, immer eine Sekunde eher sollte der Hund runterkommen und IN der Aufregung überhaupt keine Aufmerksamkeit bekommen. Die Belohnung müsste dennoch höher ausfallen, damit sie langsam das Fehlverhalten einschränkt und das richtige Verhalten, und sei es auch "nur" noch Drohverhalten bis hin zum Abwenden, überbezahlt.

  • Erstmal danke, danke für die schnellen antworten^^


    Vielleicht fang ich erstmal mit meiner Mensch-Hund-Beziehung an. Tatsächlich sucht Knightley nicht großartig Schutz bei mir, in dem Sinne das er bei 'Gefahr' zu mir rennt und sich versteckt. Ich denk aber, und das mit Bestätigung von drei Trainern, das er auch nicht unbedingt der Hundetyp dafür ist, also fürs Verstecken. Er macht sich lieber mal groß, bzw. pirscht sich vorsichtig an Unbekanntes ran. Das unsere Beziehung dennoch in Ordnung ist, schlussfolgere ich daraus, dass er immer erstmal einen prüfenden Blick auf Frauchen wirft und schaut was macht die den, okay mach ich auch. Bis auf die Sache mit Kindern funktioniert das prima. Er orientiert sich prima an mir. Ich kann ihn an allem, naja fast eben, ranführen und wenn ich ihm was zeige (z.B. ein 'zu' heller Stein im Dunklen, raschelnde Sachen, Pferde etc.) dann geht er schnuppern und dann ist auch schon sehr schnell wieder alles gut, und er beachtet die Scahen auch in Zukunft nicht mehr. Wenn ich ruhig bleibe, bleibt er in der Regel eben, auch ruhig. Auch wenn andere Hunde vorbei kommen und beschließen Knightley ist doof, dann schaut er zu mir auf und wenn ich nicht reagiere und ruhig weiter gehe, dann bleibt er auch ruhig. Danach gibts ab und zu, kommt auf die Heftigkeit des anderen Hundes an, Futter und ein Prima.
    Sollte dennoch was an unserer Beziehung nicht stimmen, bin ich für Rat und Tat natürlich offen^^


    Das Zeigen und Bennen werde ich mir auf jeden Fall einmal raussuchen und anlesen. Auch das Clickern. Das hatte ich mir für Tricks mal angelesen, aber da die auch prima ohne aufzutrainieren sind, hab ichs schnell wieder sein gelassen. Werde ich aber definitiv nochmal angehen, bzw erstmal anlesen und dann angehen.


    Was das Aussitzen seines Verhaltens und das Belohnen dafür angeht, so ist das meistens etwas schlecht umzusetzen. Tatsache ist, das er Kinder totstarrt (was allein schon ein Erfolg wäre, aber laut Trainern auch nicht akzeptabel ist), und solange aggressiv 'verfolgt' bis sie außer Sichtweite sind. Sollten sie noch in Riech- oder Hörweite sein, geht das fast immer solange weiter bis sie weg sind.

    Bei meiner Schönfütter-Aktion habe ich ihn mit einem Bei (fast Fuß) zu mir genommen und an den Kindern vorbei geführt, mit Futter in der Faust, und am Ende wenn er brav war gabs dann auch was, sonst wanderte das Futter wieder in die Tasche. Ist es aber nicht eher so, dass wenn ich ihn belohne wenn er vorher Krawall macht, dass er das zusehr damit in Verbindung bringt und sich für sein Fehlverhalten belohnt sieht?
    Sobald er mitbekommt das ich kein Futter mehr habe, dann läuft er auch nicht mehr ruhig an Kindern vorbei. Und genau das will ich ja grundlegend ändern. Andere Befehle, wie Sitz, Platz, Bleib macht er allerdings auch ohne Futter. Er wird ja auch in allen Fällen verbal belohnt, bzw. mit belohnt.

  • Sehr schönes Beispiel für den Unterschied zwischen Konditionieren und Ablenken.


    Wenn sein Verhalten ohne Futter 1zu1 das ist vor Beginn der Übungen, dann hat er nix gelernt. Er war halt mit Fressen beschäftigt und konnte deshalb kein Theater machen.


    Das klingt alles nach ner ziemlich spezifischen Fehlverknüpfung die bestenfalls unverändert geblieben ist oder sogar noch verstärkt wurde.


    Und nach Überforderung. Du trainierst da ständig in Akutsituationen in denen für dich komplett unkontrollierbare Kinder recht nah an euch rankommen. Das wär für mich keine Trainingsbasis. Du kannst den Reiz ja gar nicht wirklich steuern.


    Mein Weg wäre große Distanz zu Kindern, Alternativverhalten, Lob, Spiel, positive Erfahrungen in der Nähe von Kindern, dann Feierabend. Distanz verkleinern, selbes Spiel. Sobald eine gewisse Distanz unterschritten wird, würde ich definitiv nicht mit fremden, zufällig vorbeikommenden Kindern arbeiten, sondern mir ein vernünftiges, etwas älteres Kind zum Üben bestellen.


    Das Risiko, dass das Kind/die Kinder sonst den kompletten Lernerfolg schrotten wär mir zu groß.

  • Zitat


    Bei meiner Schönfütter-Aktion habe ich ihn mit einem Bei (fast Fuß) zu mir genommen und an den Kindern vorbei geführt, mit Futter in der Faust, und am Ende wenn er brav war gabs dann auch was, sonst wanderte das Futter wieder in die Tasche. Ist es aber nicht eher so, dass wenn ich ihn belohne wenn er vorher Krawall macht, dass er das zusehr damit in Verbindung bringt und sich für sein Fehlverhalten belohnt sieht?
    Sobald er mitbekommt das ich kein Futter mehr habe, dann läuft er auch nicht mehr ruhig an Kindern vorbei..


    Wie du schon richtig erkannt hast, ist diese Art des Trainings nur eine Ablenkung vom 'Stein des Anstoßes'. Wenn er das Futter erst bekommt, wenn ihr an den Kindern vorbei seid, das hat es aber auch garnichts mehr mit den Kindern zu tun. Das heißt die Verknüpfung Kinder-Futter kommt auch nicht zustande. Aber das sollte optimalerweise das Ziel sein.
    Aus diesem Grund würde ich persönlich in dieser Sache auch nicht mit der Wasserflasche (also über Meideverhalten) trainieren. Dabei entsteht zu leicht die Verknüpfung Kinder-DOOF.
    Die Bestätigung kommt also prompt in der Sekunde, in der der Hund die Kinder ansieht (und so gut es anfangs eben geht) relaxt ist. Das klappt mit Clicker ( muß konditioniert sein) sicher am einfachsten.
    Wenn man ein sehr gutes Timing hat und der Hund das kennt, geht das natürlich auch über ein Markerwort.
    Du könntest auch über das Markerwort KINDER trainieren. :D


    Wie Fusselflitz schon schreibt, wäre ein Training auf größere Distanz zum Anfang, sehr empfehlenswert.

  • Mit der Fehlkonditionierung könntest du wohl recht haben. Deswegen kam ja der neue Trainingsansatz und das kein Futter bei Kindern.


    Was das langsame ranführen an die schwierige Situation angeht hast du natürlich auch recht. Ich bin mir durchaus bewusst das ich mit ihm nicht 'einfach' in die Situaion reingehen darf/kann, egal mit welcher Trainingsmethode. Ich habe zu den Kindern immer soviel Abstand wie es geht. Nur eben als ich in den Hauseingang bin nicht. Nur leider ist das nicht immer möglich, wie geschrieben ist mir gegenüber ne Grundschule an der ich vorbei muss. Und Kinder können ja immer mal kommen. Du würdest also ganz aus der Situation rausgehen, egal was er für ein Verhalten an den Tag legt? Also ihn einfach hinterherziehen? Und dann wirklich nur mit Kindern in ner Trainingsstunde arbeiten?


    also Konkret:
    Ich kann, und habe schon organisiert, einmal die Woche mit Hund zu ner Hundeerfahrenen Familie/Trainer zu gehen und mit ihnen im Wald und erstmal auf Abstand mit Kindern zu üben. Und je nachdem wies klappt immer näher ran, bis wir zusammen spazieren können. Natürlich in mehreren Stunden.
    Und du würdest jedem Kind außerhalb der Stunde aus dem Weg gehen? Ohne Korrektur?
    Du meinst nicht das er da auch was falsches in den Situationen versteht, weil die Situationen kommen sicher öfter vor als das eine Training (je nach dem wies läuft halt) in der Woche?
    Ich hätte jetzt das was ich im Training mache auch gleich auf der Straße bei zufälligen Begegnungen gemacht.

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