Rückruftraining ohne Schleppleine

  • Ich habe einen Hund hier, der hat eine super Bindung zu mir und er bleibt NICHT in meiner Nähe. Das liegt schlicht an seinem Naturell. Immer dieses Bindungs-Argument.


    Soll der Hund gerne zu dir kommen - und das auch wirklich sein Leben lang? Dann rate ich dir dringend davon ab, irgendwas in Richtung Strafe zu verwenden. Ich habe damit sehr schlechte Erfahrungen gemacht, auch wenn es zunächst sehr gut funktioniert hat.






    Und weil ich es schon wieder lese:
    http://www.uni-due.de/edit/lp/behavior/pawlow.htm
    http://www.uni-due.de/edit/lp/behavior/opkond.htm

  • Bindung hat wirklich nichts mit inder Nähe bleiben zu tun - schon eher psychische Abhängigkeit oder Unsicherheit. Noch schöner ist der Spruch: "wenn der Hund eine gute Bindung hat, geht er nicht jagen!" :hust:


    Ein guter Rückruf funktioniert auch über grosse Distanzen. Wenn es nur klappt, solange der Hund nicht weiter als 10 m weg ist, sitzt er noch nicht gut genug. Drum arbeite ich auch lieber ohne SL. Ich kann nicht nur besser auf Distanz üben, sondern bin durch die fehlende Sicherung auf genaueres Beobachten und besseres Timing angewiesen. Und der beidseitige Vertrauenszuwachs ist ungleich viel grösser, wenn der Hund wirklich die Wahl hat und sich fürs Herkommen entscheidet. :smile:

  • Wir haben verschiedene Rückrufe:
    - ein lockeres "Komm mal eben her" -> das sehe ich nicht so eng, benutze es um mal eben das Geschirr gerade zu rücken, einen Ast aus dem Rutenfell zu entfernen, eine lahmende Pfote nachzusehen oder ähnliche Dinge.
    - einen speziellen, langgezogenen Pfiff -> dafür nehme ich die Büffelhornpfeife, die ist selbst bei Gegenwind schön laut. Ist unser "Rettungs-Notfall-Pfiff". Allerdings nehme ich es da wirklich SEHR genau - kommt der Hund nicht sofort und umgehend beim ersten Mal wird er geholt und bekommt 'nen deftigen Anschiss, inklusive Leinenknast für die nächsten 10 Minuten! Ich erwarte von den Omis kein heranrasen mehr, aber ein zügiges Herankommen nach sofortiger Unterbrechnung von wasauchimmer.
    - 2 verschiedene Pfiffe mit dem Mund -> der eine bedeutet "bleib stehen und warte", der andere "komm her". Schon was ernster, aber wir sind noch nicht ganz fertig mit dem Aufbau, daher sehe ich das noch was lockerer.
    - ein "Hier" -> Ich rufe zwei Mal, beim dritten Mal wird der Hund geholt und ich zeige mich verärgert.


    Müssen die Hunde sofort unbeweglich sein gibt es ein "Platz" oder "LieDown" (z.B. bei Radfahrern, Inlinskatern, o.ä.)


    Ich habe alles ohne SL gemacht, nur mit Leckerchen und teilweise Clicker (wenn ich daran gedacht habe ihn mitzunehmen).

  • Hallo,


    sorry dass es offensichtlich falsch verstanden wurde. Ich meinte natürlich mit Bindung eine gute Beziehung - das hat in der Tat nichts mit Nähe zu tun - meiner läuft selbst nur an der Leine neben mir (oder wenn ich es ihm ausdrücklich sage natürlich) - ansonsten mag er eher etwas mehr Distanz. Aber er sollte schon irgendetwas empfinden, dass ihn gerne zu DIR kommen lässt...(das richtige Wort dafür kannst du dir ja dann ausdenken ;) )
    Selbstverständlich sollte die Entfernung dafür keine Rolle spielen. Ich fände es nur seltsam jemandem, der ein Rückruf-Signal aufbauen möchte primär zu raten:"...versuche es erstmal mit reichlich Distanz....!" Das sollte doch eher das Ziel sein und nicht der Anfang.


    Tschüss
    Ralf

  • Was ich noch wichtig finde: Nicht so oft rufen!


    Wenns nicht um Leben und Tod geht, es aber besser wäre, wenn der Hund bei mir wäre (Fahrradfahrer) gebe ich nur ein lockeres Aufmerksamkeitssignal ("Hey Jil!") und lasse sie kurz absitzen oder gebe ihr eine lustige kleine Aufgabe und eine lustige kleine Belohnung. Das Aufmerksamkeitssignal wird hier zu ca. 75% ignoriert, zum Beispiel, wenn sie in einem Mauseloch festhängt. Aber dann kommt sie auch keinem in die Quere und niemand regt sich auf.


    Mein "Hier" rufe ich nur, wenn es wichtig ist (Auto). Das wird hoch belohnt und hat eine Trefferquote von ca. 95%. Dabei achte ich drauf, dass sie möglichst oft hinterher wieder machen darf, was sie will. Damit das nicht zum Schluss-mit-lustig-Signal wird.


    Dazu habe ich vor ein paar Wochen noch eine Pfeife eingeführt, die wirklich nur ganzganz selten benutzt wird, bestens belohnt wird und die bis jetzt noch 100% Trefferquote hat. Ich habe es aber auch erst einmal riskiert, sie damit von einem flüchtenden Hasen abzupfeifen.


    Für weniger wichtige Dinge wie "aus dem Spiel abrufen" wäre mir die Pfeife z.B. viel zu kostbar. Da rufe ich Hey und rudere mit den Armen oder mach mich sonstwie zum Horst. Dann kommt sie schon nachsehen...


    Aber ich kann nicht erwarten, dass der Hund 30mal beim Spaziergang freudig angerannt kommt, weil ich ständig mein Rückrufsignal jodele. Da hat sie draußen besseres zu tun.

  • Ich benutze weder Schleppleine noch Leckerli noch feier ich irgendwelche Partys wenn der Hund auf mich hört.
    ich habe bei uns in einer Sackgasse angefangen sie irgendwo sitz machen zu lassen bin weggegangen und habe sie mit meiner Pfeife zu mir gerufen. Wenn sie da war habe ich mich nur gefreut und gelobt...
    Anfangs beim Spaziergang habe ich sie ohne Leine nur Bei Fußlaufen lassen. Wenn sie dann mal ein paar Meter zu weit vorne war bin ich wortlos umgedreht und hab gelobt sobald sie wieder neben mir lief. Später wenn sie einen größeren Radius ohne leine nutzen durfte und sie hat auf meinen Pfiff nicht reagiert bin ich entweder (wenn ich sehen konnte es kann nichts passieren) wortlos umgedreht und weggegangen und habe sie dann gelobt und mich gefreut sobald sie von alleine zu mir kam. Wenn z.B. ein Auto kam, Kaninchen über den Weg lief etc. hab ich gepfiffen, laut gerufen und bin dann LAUT TRAMPELND in die andere Richtung gerannt... Dadurch war sie so verwirrt, dass sie mir hinterher kam. Dann wurde sich gefreut und gelobt.
    Inzwischen klappt es super, 1 Pfiff heißt sie muss gucken was passiert (meistens Richtungswechsel), Doppelpfiff heißt SOFORT hier her und bei mir bleiben! Wenn ich sie einfach ruf weiß sie, sie ist zu weit weg und soll in meine Richtung kommen, dann läuft sie meistens einmal hinter mir lang und bleibt dann in der Nähe...
    Vielleicht war es Zufall, dass es funktioniert aber ich habe keine Lust immer einen Sack Futter dabei zu haben auf die Gefahr hin, dass ich öfter mal ein Kommando gebe und sie bestechen muss.
    Achja, ich habe sie nicht von Welpen an sondern so habe ich es ihr mit 3,5 Jahren beigebracht nachdem sie beim ersten Ableinversuch 2 Stunden "jagen" war -,-

  • Zitat

    Aber ich kann nicht erwarten, dass der Hund 30mal beim Spaziergang freudig angerannt kommt, weil ich ständig mein Rückrufsignal jodele. Da hat sie draußen besseres zu tun.


    Richtig. Ich hole die Hunde bei manchen Spaziergängen auch gar nicht ran, weil es einfach keinen Grund dazu gibt. Manchmal aber auch 5-6 Mal, weil soviel los ist.
    Unser Schäfer fährt z.B. auch an manchen Tagen mehrmals zu seinen Schafen und muss dabei an uns vorbei, da lege ich die Hunde sehr gern eben etwas früher ab und löse später auf, aber Hauptsache sie liegen (wir hatten uns eh schon mal mächtig in der Wolle).

  • Vielen vielen Dank für die zahlreichen, ausführlichen und hilfreichen Antworten! =)
    Ich muss mir alles nochmal genau durchlesen und werde dann ein System für Henry und mich raussuchen. Im Groben machen wir schon Ähnliches wie hier beschrieben.


    Kleine Frage noch: Wenn ich in die Küche gehe und Henrys Fressen zubereite nehme ich ihn mit, lass ihn in einer beliebigen Ecke sitzen oder liegen und da muss er bleiben. Ich mache alles in Seelenruhe fertig, stelle seinen Napf hin, wasche dann den Löffel ab, stell die Dose zurück in Kühlschrank und irgendwann wenn er mich anguckt gibts ein "Und nimms" mit Fingerschnippen in Richtung Napf. Das klappt mittlerweile ausgesprochen gut (ich kann sogar außer Sichtweite gehen und er geht nicht ans Futter) und auch draußen kann er gut bleiben bis ich auflöse. Kann ich mir dieses Fütterritual irgendwie zu Nutzen machen? Mich z.B neben den Futternapf stellen und "Zu mir" sagen und er verknüpft "Zu mir"=super toll?

  • Zitat

    VMich z.B neben den Futternapf stellen und "Zu mir" sagen und er verknüpft "Zu mir"=super toll?


    Klar geht das, ist letztlich sogar hochwertiger als mit Leckerlies, vom Napf hängt ja sein Leben ab. Was sehr hilfreich sein kann, ist, dass du jede Kontaktaufnahme von seiten des Hundes belohnst (wie auch immer). Für einen Blick zu dir, jede Bewegung in deine Richtung etc. Zu dir kommen und Kontakt aufnehmen lohnt sich.


    Einen Rückruf kannst du auch ohne Schleppleine aufbauen, eben erst zuhause und dann in sehr reizarmer Umgebung und auf kurze Distanzen. Langsam steigern.


    Trotzdem finde ich den Tipp, einfach Leine ab und laufen lassen, sehr, sehr gewagt, wenn nicht gefährlich. Wäre nicht der erste Hund, der dann auf ner Straße landet und überfahren wird. Oder vom Jäger erschossen. Es hat mit Bindung überhaupt nichts zu tun, ob ein Hund einem Reh hinterher geht oder ne Hasenspur verfolgt. Hunde sind Raubtiere und die jagen nun mal, wenn sie die Gelegenheit haben. Dann braucht es einfach einen funktionierenden Rückruf oder Abbruch und ohne das wäre es mir ohne Absicherung einfach zu riskant.

  • Zitat

    Mich z.B neben den Futternapf stellen und "Zu mir" sagen und er verknüpft "Zu mir"=super toll?


    Na klar, das kannst Du. Damit das " zu mir" aber nicht nur in Deiner Küche funktioniert, würde ich allerdings den Futternapf zu Hause leer lassen und das Futter einfach für unterwegs mitnehmen. Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, bei der Belohnung nicht zu kleckern, sondern zu klotzen. Du rufst, er kommt, Du machst 'ne Tupperdose auf und dann darf reingehauen werden.


    Der Trick ist auch, sich nicht neben den vollen Napf zu stellen, sondern die Belohnung erst rauszuholen, wenn das Verhalten gezeigt wurde. Sonst klappt's später nicht, wenn kein Napf vor Dir steht ;-)

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