Echte Wölfe und blöde Fragen

  • Es gibt keinen Grund zur Panik, das ist richtig. Aber es gibt einen Grund, langfristige Strategien zu entwickeln, die über Verharmlosen, Abwiegeln und Achselzucken hinausgehen. Das "Spielen" der Wölfe ist Stufe 7 des Eskalationsmodells.

  • Ich würde denken, dass man die erschiessen sollte, die Weidetiere reißen plus .... joar, wie ist dass denn bei anderen? Da gibt es festgeschriebene Abschusszahlen. 100 pro Jahr müsste doch gut möglich sein.


    Wie viele Wölfe kommen denn jedes Jahr neu?

  • Bisher erfolgt jährlich eine Zunahme der Wolfspopulation um ca. 30 %. Abgänge durch Alter, Krankheit, überfahren, erschossen, abgewandert sind dabei berücksichtigt.


    Gegenwärtig (Ende 2021) schwankt die Zahl bestätigter Wölfe zwischen 403 und 429. Exponentiell wären wir in 10 Jahren bei 5555 Wölfen.


    Weiter so, wie in den vergangenen 20 Jahren: 76.580 Wölfe. Das zeigt, wie absurd die Hoffnung ist, einfach so wie gehabt weitermachen zu können. Und das es besser ist, exponentielles Wachstum FRÜH zu stoppen, durch die Entnahme einzelner Tiere, vorzugsweise natürlich den auffälligen! Sonst wird man später viel mehr Wölfe erlegen müssen. Davor graut mir.

  • Grundsätzlich werden die Abschusspläne bei Schalenwild, sofern vorhanden, durch Forst, Jägerschaft und diversen anderen Stellen gemeinsam festgelegt. Basis ist die Besatz/Bestanddichte in dem Gebiet und eine Einschätzung, wie viel Besatz/Bestand aushaltbar ist. Deswegen gibt es bei Rot und Dam so gut wie immer Begrenzungen (Durchzieher, geringe Zuwachsrate, je nachdem nur saisonal Schäden an der Flur), während zB Schwarzwild so scharf wie möglich bejagt wird (Zuwachsraten jenseits 300%, regional bis 400%, Seuchendruck, enorme Schäden).

    Beim Wolf müsste halt mal belastbar festgestellt bzw ein Weg gefunden werden den Bestand zu schätzen. Dann müsste regional geschaut werden was tragbar ist - stark zersiedelte Gebiete halten weniger Individuen aus als der Ostdeutsche Urwald. Danach müsste noch eine Risikoanalyse für die Viehbetriebe stattfinden + für vorhandene naturnahe Siedlungen. Danach noch die Fallwildzahlen mit einrechnen und man käme auf eine erste Zahl für einen Abschussplan.

    Dann müsste halt noch festgelegt werden ob mehr Fähen, Jährlinge oder Rüden geschossen werden, je nachdem welches Verhältnis nötig ist um die Population auch im Hinblick auf die Sozialstrukturen am Leben zu erhalten.

    Da aber der Großteil dieser Daten garnicht erhoben wird und eine Zusammenarbeit mit der Jägerschaft teilweise auch nicht erwünscht ist... :ka:

  • Eins fällt mir bei dieser Diskussion gerade auf, und ich wüßte gern, was ihr dazu denkt?


    Alle eher brisanten Wolfsbegegnungen hier in der Region - also die, bei denen am hellen Tag Wolf/Wölfe näherkommen und sich nicht verscheuchen lassen - waren erst zu Ende, als die Betroffenen Hilfe bekamen, sprich: per Auto von Dazugerufenen eingesammelt/verteidigt wurden.


    Bis dahin blieben der Wolf/ die Wölfe eisern und über längere Zeit dran, gingen mit, umkreisten und ließen sich nicht vertreiben - in einem Fall nicht mal mit Stein-Treffern eines kräftigen, wütenden Schäfers. Großmachen, Klatschen, Schreien und Namentanzen wirkten genau null, beim Rückzug kamen die Wölfe mit. Sieht man ja auf dem Video mit der panischen Frau sehr gut, die den Wolf am Ende auch erst loswurde, als sie in ein dazugerufenes Auto einsteigen konnte.


    OK, beim Schäfer ging's noch um Heidschnucken-Beute, aber sonst? Zweckfreie Neugier ist für mich keine Erklärung, noch weniger "er will doch nur spielen". Hier wächst kein Wolf auf, ohne Menschen, Hunde, Reiter kennenzulernen, und zweckfrei Spielen mit Fremden ist bei einem Wildtier nicht drin. Rivale im Revier dürfte bei Ponys auf Hauptweg auch entfallen.


    Warum also? Warum werden diese speziellen Kombinationen plötzlich eines derart aufdringlichen Interesses gewürdigt, warum kommt das scheue Tier dafür sogar am hellichten Tag aus der Deckung? Was würde passieren, wenn keine Hilfe käme?

  • Das "Spielen" der Wölfe ist Stufe 7 des Eskalationsmodells.

    Es macht aber absolut Sinn, da zwischen Jungwölfen und erwachsenen Tieren zu unterscheiden.

    Grad in der Phase, in der junge Wölfe das Ziehen anfangen, sind sie bei Begegnungen auch überfordert und kaschieren das durch Übersprungshandlungen. Da muss ein einzelnes Anspielen gar nichts bedeuten. Die sind allein unterwegs und das ist für ein noch junges Tier, das nun auf sich allein gestellt ist, eine ziemliche Nummer.


    Bei residenten Wölfen und erwachsenen Tieren, die sich im Lauf der Zeit immer mehr annähern und dabei immer "testender" werden, ists was anderes, aber da wurde (Kurti, Räudewölfe) und wird doch auch reagiert. Nur eben nicht aufgrund einer einzelnen Begegnung.

    Der Wolf in der Begegnung mit Frau und Hund scheint danach nicht weiter in Erscheinung getreten zu sein - irgendwelche Berichte, dass es dort vermehrt solche Begegnungen gab, gibt es nicht, das wäre unter Garantie medial erfasst worden.


    Nicht EU - aber ein Abschuss eines sich zunehmend den Menschen annähernden Wolfes, den ich auch für absolut richtig halte und wie ich es mir für hier in D auch vorstelle, dass es so gehandhabt wird, wenn es dazu käme. Dafür brauchts aber, wie in der Schweiz auch, mehrere auffällige Begegnungen, die zeigen, dass das kein einmaliges, situatives, zufälliges Verhalten war. Auch wurde vorher versucht, das mildest-mögliche Mittel "Vergrämung" einzusetzen.

    Grad, wenn man sich auf die Eskalationsstufen bezieht, weiß man auch, dass man diese Zeit für weitere Beobachtung tatsächlich auch hat:

    Wolf in Surselva erschossen: Tier hatte sich zu fest an Menschen gewöhnt
    In der Nacht auf Donnerstag ist in der oberen Surselva ein Wolf erlegt worden. In den vergangenen Wochen war es zu mehreren besorgniserregenden Begegnungen…
    www.fm1today.ch
  • Das zeigt, wie absurd die Hoffnung ist, einfach so wie gehabt weitermachen zu können.

    Das zeigt in erster Linie, dass du keine Ahnung von Populationsökologie hast. Ich meine das wirklich nicht böse, aber so funktioniert Bestandsentwicklung einfach nicht. Es gibt viele, viele Möglichkeiten, wie sich ein anfangs exponentielles Wachstum weiterentwickeln kann und unendliches exponentielles Vermehren ist (in Bezug auf Populationen) keine davon.

  • Neugier und Austesten was geht? Ist ja nicht nur beim Wolf so.

    Wir hatten im Dorf mal ein Problem mit einem neugierigen Rehbock, der erst von den Leuten total süß gefunden wurde bis er angefangen hat Kinder anzugreifen. Gleiches auch schon mit Füchsen, die ganz lieb mit der Katze spielen wollten bis die Katze tot war.

    Wildtiere sind da unberechenbar. Das geht aber vielen nicht in den Kopf. Und so scheu sind die nicht. Meistens nur schlau genug sich da zu zeigen wo keine Gefahr droht.

    Ich versteh auch nicht wie man darauf gekommen ist, das klatschen und großmachen beim Wolf helfen soll. Das hilft ja nichtmal bei Rotwild.

  • Das Interessante an dem Jungwolf in dem Video ist seine "Familiengeschichte": Man nimmt an, dass er aus dem Bispinger Rudel stammt. Dann wäre sein Vater der große Rüde, der am hellichten Tag die Schnucke in der behirteten Herde gerissen hat und wiederholt tagsüber völlig enspannt auf Höfen/in Gärten/an Ställen gefilmt wurde.


    Das Verhalten des Jungtieres könnte also durchaus ein Hinweis sein, dass hier in einer Wolfsgruppe Scheu verlorenzugehen beginnt - aber zum Glück scheint da wirklich noch nicht mehr passiert zu sein. Vielleicht hat er ja gespeichert "Beute lohnt sich nicht, wird in eine Blechbüchse verpackt".

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