Echte Wölfe und blöde Fragen

  • Bei einem der Fälle von gerissenen Schafen bei uns in der Gegend haben die Hunde im Haus Theater gemacht, als der Wolf an den Schafen war (standen wohl dicht am Haus). Aber dummerweise hat der Besitzer wohl mit den Hunden geschimpft, statt nach dem Rechten zusehen.

  • Bei einem der Fälle von gerissenen Schafen bei uns in der Gegend haben die Hunde im Haus Theater gemacht, als der Wolf an den Schafen war (standen wohl dicht am Haus). Aber dummerweise hat der Besitzer wohl mit den Hunden geschimpft, statt nach dem Rechten zusehen.


    Das wird ihm bestimmt kein 2. Mal passieren. Ich hatte das mal mit Einbrechern bei Nachbarn. Hab ich auch nicht kapiert. Seither mach ich aber immer bei ungewöhnlichem Terror der Hunde sämtliche Außenbeleuchtung an und gehe wirklich gucken.


    Wie schon erwähnt, gab es gestern in unserer Tageszeitung eine ganze Seite zum Thema Wolf. Wir haben ja inzwischen 4 Rudel im Landkreis und da ist das Thema natürlich sehr präsent. Im Leitartikel ging es um Wolfsichtungen am hellichten Tage. Ein weiterer Artikel behandelte 4 gerissene Kamerun-Schafe vom Wochenende und dann wären da die 3 Meinungen. Nicht von 3 Jägern, sondern 2x Jäger, 1x Schafhalter (nicht der von den aktuellen Rissen betroffene).


    Der Schafhalter (hat bereits Tiere verloren, hat Wolfsschutzzäune, ist traditionell draußen unterwegs) findet, dass sich die Wölfe normal verhalten. Er sieht keine Problemwölfe, wenn diese sich nicht scheu dem Menschen gegenüber verhalten. Er meint, dass der Vergleich mit früher hinkt, weil die heutige Kulturlandschaft mit dichterer Besiedelung und stärkerer Nutztierhaltung nicht vergleichbar ist. Er fordert den Wolf ins Jagdrecht mit Quote.


    Ein Wolfsberater und Jäger ist der Meinung, dass sich auch in Zukunft Begegnungen zwischen Mensch und Wolf nicht verhindern lassen. Er ist nicht der Meinung, dass sich die Scheu des Wolfes durch Bejagung wiederherstellen läßt. Er zieht den Vergleich zu Greifvögeln, die früher bejagt wurden, heute aber nicht und trotzdem nicht "auffällig" würden.


    Unser Kreisjägermeister hingegen meint, dass sich die Scheu des Wolfes durch Bejagung wiederherstellen läßt. Er schlägt vor, z.B. einen Welpen aus jedem Wurf zu schießen. Er hat außerdem erwähnt, ihm wäre der Anblick eines Rotwild-Rudels von ca. 500 Tieren gemeldet worden. Eben weil sich die Tiere aufgrund der Anwesenheit des Wolfes zusammenschließen. Dies wäre nachteilig für den Forst und das Schießen sei erschwert. ER fragt sich momentan wohl, ob mit den Jagdscheingebühren nicht das Wolfsmonitoring bezahlt wird.


    Heute hatten wir einen weiteren Artikel zum Thema Wolf in der Zeitung, sogar auf der Titelseite. Der war nun leider ganz im Tenor der Wildeshausener Berichterstattung. Den just gestern morgen um 9 Uhr spazierte ein Wolf durch einen Ort im Landkreis, selbstverständlich in Nähe des Kindergartens.



    Nun, bei unserem werten Kreisjägermeister (von dem ich schon so einiges gehört habe, auch persönlich) läßt mich trotz seiner Beteuerungen, daß er nichts gegen den Wolf hat, das Gefühl nicht los, dass er die momentane Stimmung ganz bewußt nutzen will. Nutzen, um lieber heute als morgen eine Quote zu bekommen. Erst vor Kurzem wurden auch die hiesigen Jagdstrecken veröffentlicht und die lagen mit wenigen Ausnahmen höher als in 2013. Mein eigener Eindruck ist auch, dass das Wild nicht mehr so heimlich ist. Im vergangenen Jahr habe ich ja kaum noch Wild getroffen, vielleicht mal ein Reh in 6 Wochen. Letzte Woche habe ich an 3 Tagen Rehe getroffen. Das ist zwar noch nichts im Vergleich zu früher, aber doch eine deutliche Steigerung.
    Einerseits kann ich zwar verstehen, dass die Jägerschaft nicht das Wolfsmonitoring finanzieren will - das ist nicht ihre Aufgabe. Andrerseits hat die Jägerschaft das Wolfsmonitoring, weil sie ja keine Fremden in ihren Revieren wollten. Das war das kleinere Übel und nichts, wo sie sich drüber gefreut hätten.


    Ob man Wölfe mit Greifvögeln vergleichen kann, kann ich nicht beurteilen. Dass Wolfssichtungen nicht zu vermeiden sind, ist klar. Ich finde es auch nicht total ungwöhnlich, dass sie sich dabei mal in Ortschaften verirren. Ob das jeweils schon Grund sein kann, Anfütterung anzunehmen, weiß ich nicht. Aber die Kindergartendebatte ärgert mich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Wolf gezielt Kinder sucht. Anstatt den Wolf auf der Hauptstraße entrückt zu bewundern und Filmchen zu machen, könnte man den ja auch mal erschrecken und zu beeindrucken versuchen. Vielleicht würde er dann prompt umdrehen und sich den 2. Besuch besser überlegen.


    Schafhalter kann ich immer noch am ehesten verstehen. Es sind ihre Tiere, die gerissen werden. Das würde mich ja auch treffen. Und bei vielen hängt eben auch das Einkommen zum Leben daran.

  • Eine Theorie, die ich gestern gehört habe und zu der ich gerne Meinungen hören würde:
    Die Wölfe sind unnatürlich "zutraulich". Das ist niemals in der kurzen Zeit "natürlich. (Anmerkung: Seit 15 Jahren gibt es Wolfswelpen in Deutschland. Die Wölfe kommen aus Polen, was auch kein menschenleeres Vakuum ist. Für den Zweck der Diskussion sind wir dann einfach mal von 7 Generationen ausgegangen.)
    Man kann/muß das einer Fehlprägung der Wölfe zuschreiben was nur daran liegen kann, daß es sich um ehemalige Gehegewölfe handelt. Es gibt soviele Gehegewölfe und die haben immer alle Welpen - wo bleiben die Welpen?


    Ich fand das sehr abstrus. Aber auch abgesehen von dem Begriff Fehlprägung klingt es für mich nach "Schönreden": "Der Wolf ist edel und gut. Der ist scheu. Den bekommt man niiiieee zu Gesicht. Diese Behauptungen sind noch genauso gültig wie vor Jahren. Man muß hier gar nix revidieren. Wenn das nicht so ist, dann sind das ausgesetzte Gehegewölfe!"


    Meiner Meinung nach ist der Wolf ja immer noch scheu. Nach einigen Generationen in Deutschland und vielen (auch tradierten) Lernerfahrungen ist er jetzt weniger scheu. Zu behaupten, daß gewisse Dinge niemals nicht passieren werden, birgt einfach das Risiko, daß man eines Besseren belehrt wird.


    Wer "man" in diesen Szenarien ist, kann ich gar nicht so richtig sagen. Diese "Dinge", die nun passieren, sind ja auch keine Horrorszenarien sondern so was wie "ein Wolf wurde am hellichten Tag gesehen" / "verirrt sich in eine Siedlung und guckt sich da auch um".


    Ich kann mir das gut als ganz natürlich Entwicklung vorstellen. Ist das wirklich unvorstellbar, daß sie das Verhalten des Wolfes in (angenommenen) 7 Generationen so verändert?

  • ich versteh gar nicht, wieso das so ein riesen Problem ist, wenn man den Wolf mal sieht - vorausgesetzt es ist im Wald oder irgendwo abgelegen. Da gibts doch das eine Video, wie ein Wolf am Auto vorbeihuscht und dann erzählen die Kinder in die Kamera, sie hätten ja solche Angst gehabt.


    Ich war als Kind in Afrika auf einer Safari und da sind Löwen und Elefanten direkt neben dem Jeep vorbeigelaufen, völlig unbeeindruckt. Und die machen da so ein Ding draus, weil da ein vergleichsweise kleiner und vorsichtiger Wolf am Auto vorbeiläuft.


    Das ist doch nicht mehr rational...


    ..ohne Auto wäre das auch bisschen was anderes gewesen, wäre ich Spaziergänger würde ichs wohl auch weniger locker nehmen aber was die Leute da teils denken von wegen sie haben Angst um ihre Kinder oä. find ich schon bisschen weit hergeholt und übertrieben, zumindest vom jetzigen Zeitpunkt ausgehend.


    Die Schäfer versteh ich allerdings sehr gut, es sind ihre Tiere die sie hegen und pflegen. Dazu steht ihre Existenz auf dem Spiel.

  • Also ich finde das Interview Klasse. Alles gesagt, was relevant ist.
    Vor allem das mit den A+B-Typen. Früher wurden die A - Wölfe sofort ein Opfer der Jagd, so dass über viele Jahrtausende bei uns in Europa eigentlich nur die scheuen B-Typen zur Fortpflanzung kamen - wer nicht scheu genug War, hatte schon verloren.
    Dass jetzt ohne Jagddruck auch andere Charaktere erscheinen, ist doch einfache Genetik. Welches Variationspotential in Canis lupus steckt, sehen wir doch an unseren Hunden.
    LG


    seren Hunden.

  • Ich finde, er faßt das sehr gut zusammen, unaufgeregt, aber auch nicht verharmlosend. Gefällt mir sehr gut.


    Nicht schlecht, wenn man die Ansicht teilt, dass die Bedürfnisse von Nutztieren nach artgerechter Haltng zweitrangig sind, und dem Bedürfnis des Wolfes nach leichtem Fastfood unterzuordnen sind. Die Äusserungen über die Wirksamkeit von Lama, Esel & Co finde ich etwas gar salopp, da scheint er das Lernvermögen der Wölfe zu unterschätzen.


    Dass es in den nutztierfreien USA-Nationalparks keine Probleme gibt, glaube ich gerne. Europäische Viehalter, die ihre Herden mit den von ihm genannten Massnahmen schützen, und trotzdem wiederholt wüst dezimiert sehen, dürften die Lage etwas anders einschätzen. Von so nebensächlichen Dingen wie die Kosten von kilometerlangen, wofssicheren E-Zäunen und deren regelmässiger Kontrolle mal ganz abgesehen - nicht jeder Schäfer kann eben so 6stellige Beträge lockermachen

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