Echte Wölfe und blöde Fragen
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"Alle" kann man da leider auch nicht sagen - aber immerhin doch einige. Die Info-Veranstaltung war vom Fleischrinderverband organisiert - wo viele der Mutterkuhhalter, also grad die, die Tiere mit Kälbern extensiv halten, drin sind. Und die Leute, die zu solchen Veranstaltungen gehen, sind halt die, die sich möglichst frühzeitig informieren wollen. Da gibt es sicher noch genug andere, die erst mal abwarten und erst dann reagieren werden, wenn etwas passiert ist.
Es ist aber auch schwierig - bisher hat mich unsere Zaunergänzung ca. € 650,- gekostet. Da kommt noch einiges hinzu, denn zahlreiche "mobile" Pfosten müssen noch durch stabile Pfosten ersetzt werden.
Erst lag noch Schnee, da konnten wir die untersten Reihen nicht montieren, dann brauchts behördliche Genehmigungen, das darf man auch nicht vergessen und wir zählen lediglich als Hobby-Halter ohne Privilegien im Aussenbereich. Da darf man - auch wenns dringend ist - nicht einfach Zäune bauen, wie man möchte.
Sturm und Regen haben es auch nicht einfacher gemacht.
Stallungen, um die Tiere nachts sicher aufzustallen haben wir nicht und bekommen wir auch gar nicht genehmigt. Wir haben die extensive Haltung mit mobiler Weideschutzhütte genehmigt, mehr nicht. Und man muss nun nicht glauben, dass das Baurecht nun superschnell und womöglich sogar noch flexibel auf die Situation reagiert - das Baurecht ist auf grosse Beutegreifer noch gar nicht eingestellt. Das sagen die Behörden übrigens selbst.
Mutterkuhhalter sind häufig kleine Nebenerwerbslandwirte, denen fast allen die Priveligierung (= unkompliziertes Bauen im Aussenbereich) fehlt - das gibts erst ab einer bestimmten Betriebsgröße.Und wir sind noch nicht mit der ganzen Fläche fertig. Das muss ja alles nebenher im laufenden Betrieb gemacht werden, Poststreiks mit ewigen Paket-Laufzeiten machen es da nicht einfacher und einen Zaun, der in Betrieb ist, umzubauen, ist ein gewisser logistischer Akt - die Tiere sind ja auf der Fläche, während man da rumbaut. Und man muss vieles, was sich bisher bewährt hat, ummodeln, wir haben z. B. viele schräge Stützpfosten ausserhalb der Umzäunung, damit sie für die maschinelle Bearbeitung der Flächen nicht im Weg sind - das sind aber prima Kletterhilfen. Man muss also sehr umdenken. Auch das E-Zaun-Material, das bereits vorhanden war, muss in Teilen ausgetauscht werden, weil die Zaunlänge sich durch 4 zusätzliche Reihen ja drastisch verlängert und die meisten E-Zaun-Seile aus der Pferdehaltung gar nicht auf solche Strecken ausgelegt sind. Es gibt E-Seile, die einen Widerstand von 11 Ohm haben - damit kann man einen Vorgarten einzäunen, aber nicht mehrere Hektar. Auch das Netzgerät muss auf die Länge des Zauns passen - und die Dinger in der richtigen Größe sind auch kein Schnäppchen.
Es ist also viel zu tun und im Vorfeld viel zu bedenken und zu planen.
Das nur mal so am Rande, weil so oft so lapidar geschrieben wird, dann sollten die Landwirte doch einfach die Zäune anpassen - wir haben es wegen der Pferde sogar noch recht gut, weil unsere Pfosten schon eine gewisse Höhe haben und nur an einigen Stellen durch 40-cm-Abstandsisolatoren in die Höhe verlängert werden müssen. Hat ein Landwirt nur knapp hüfthohe Pfosten, muss er auch die komplett ersetzen. Und viele Zäune kann man gar nicht als Festzaun planen, sondern muss sie im Herbst wieder abbauen, damit das "Volk" auch ja bloss seine Loipen bekommt. Das geht mit einem 1 - 2-reihigem Zaun, bei dem es nur darum geht, die Rinder auf der Fläche zu halten, natürlich noch, aber bei einem Zaun, bei dem es darum geht, andere Vierbeiner draussen zu halten, ist das ein Tagwerk.Wenn wir soweit fertig sind, kommt die Beraterin, um sich unsere Anlage anzusehen und auf gedankliche und reale Schwachstellen zu prüfen. Über solche Angebote bin ich sehr froh - denn ich habe bereits einiges gefunden, wo ich gedankliche Schwachstellen hatte. Es ist eine sehr große Umstellung in Sachen Zaunbau, das darf man nicht unterschätzen.
Selbst, wenn der Zaun steht, hört die Arbeit nicht auf - man muss täglich die Funktion des Zaunes überprüfen (was man eh tut, aber nicht unbedingt täglich) und dokumentieren, wehe, man dokumentiert es nicht richtig, dann gibt es im Fall X keine Entschädigung. Neben der Kontrolle des Zaunes auf Funktionstüchtigkeit, gehört auch die Kontrolle auf Untergrabung dazu. Mach das mal täglich auf einer 20 ha-Fläche, wenn man eine größere Herde hat. Dann kann man auch gleich bei seinen Kühen campen, denn auch das ist ein Tagwerk, denn man muss jeden Meter des Zaunes ablaufen. Und das Dokumentieren bitte nicht vergessen, sonst gibt es im Fall X keine Entschädigung.
Nebenbei hält man immer Ausschau nach verwertbaren Spuren und hält Kontakt zum Jagdpächter und zu anderen Tierhaltern. Dazu informiert man sich, so gut es geht, allerdings gibt es doch extrem unterschiedliche Aussagen zu vielen wichtigen Belangen.
Was mich persönlich beunruhigt, ist, dass ich immer wieder Aufnahmen sehe, wo sich Wölfe ruhig und neugierig den Weidetieren nähern. Wenn hier Tut-Nixe auf den Zaun zupreschen oder bellend daran entlang rennen, sind die Kühe in Alarmbereitschaft, beobachten die Hunde, bis diese ausser Sicht sind und rufen ihre Kälber bei Fuss.
Aber ich weiss nicht, wie sie sich verhalten, wenn ein "hundeartiges" Tier sich ruhig und langsam annähert und dann ggf. recht plötzlich zuschlägt.Selbst meine eigenen Hunde - die bisher noch keinen unmittelbaren Kontakt zu den Kühen hatten und andersrum, ich wollte da keine "Gewöhnung" ins Spiel bringen, werden genauestens beobachtet. Allerdings bin ich dann immer dabei natürlich und die Kühe kennen mich ja sehr gut und wissen, dass ihnen von mir keine Gefahr droht.
Es ist eine schwierige Situation, es ist anstrengend und es ist teuer - dass es da viele Landwirte gibt, die auf blossen dringlichen Verdacht hin, noch ohne sicheren Nachweis, weder die Zeit, noch die Kosten, noch die Arbeitskraft aufbringen können und erst mal beobachtend abwarten, kann ich zumindest nachvollziehen, auch wenn mir als Hobby-Tierhalter natürlich die Tiere auch persönlich so wichtig sind, dass ich das halt in Kauf nehme.
Es gibt genug Bildmaterial von gerissenen Kälbern in D im Netz - ich möchte meine drei jungen Wilden nicht so auffinden müssen.
Und deshalb würde Mr. Isegrim, so er sich denn mal blicken läßt, hier kurz als Fotomodell herhalten müssen, um endlich einen Nachweis zu haben und dann einen wohlplatzierten Stein (nicht zu groß, klar) auf den Allerwertesten geworfen kriegen, damit er sich verpieselt. Denn bei den Kälbern hat er nix zu suchen. Wir können nebeneinander her leben, aber wir werden nicht aufeinanderhocken.
Wildtiere sind oft sehr pfiffig - als es neulich noch mal stark geschneit hat, konnte ich anhand von Fuchsspuren sehen, wie raffiniert da vorgegangen wird. Der Fuchs hat fast das ganze bereits eingezäunte Gelände umkreist und tatsächlich eine Schwachstelle gefunden, an der die Lücke zwischen 2 Reihen (noch, da wir dort den Pfosten austauschen mußten und einen Isolator nicht versetzt hatten) etwas größer war, als überall an den anderen Stellen. Da ist er dann durch. Und ein Tier im Sprung ist nicht geerdet, bekommt also entsprechend auch keine verputzt.
Der Pfosten ist dann sofort ausgetauscht worden.Eigentlich sollten unsere Flächen ja durchaus auch Lebensraum für Wildtiere bieten, halt die bis dato vorkommenden kleineren. Das ist jetzt im Grunde vorbei, denn auch die Rehe und vermutlich sogar die Hasen, die hier regelmäßig gekommen sind, passen jetzt nicht mehr durch den Zaun. Damit gehen ihnen Flächen verloren, an denen sie geschützt waren, ihre Ruhe hatten und auch ein gutes Futterangebot, sowie Überwinterungsplätze finden konnten.
Da hängt so vieles dran, man stößt immer wieder auf neue Probleme.
LG, Chris
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15 km von uns entfernt ist vor ein paar Wochen auch ein Wolf gesichtet worden und dann einer (der selbe?) überfahren worden.
Ich mache mir auch Gedanken, ob Wolfsrüden nicht auch in die Wohngebiete gelockt werden durch läufige Hündinnen?! Verpaarungen sind ja möglich und hat es ja auch wohl schon gegeben. Ob ein Wolf wohl immer noch so scheu, wenn eine Hündin läufig ist und der Besitzer dabei ist?!
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Danke, Chris, das hast Du sehr anschaulich erklärt und ich hoffe, daß es den einen oder anderen verklärten Blick auf den Wolf läutert.
Nein, ich bin keine Wolfgegnerin, im Gegenteil, aber ich bin der Meinung, Nutztierhalter dürfen mit der Problematik nicht allein gelassen werden.
LG Gaby
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Daß eine wolfssichere Umzäunung mit erheblichen Kosten und Arbeitsstunden verbunden ist, war mir schon klar. Aber an so viel Arbeit, auch gedankliche und immer wiederkehrende, hätte ich jetzt nicht gedacht.
Von mir also auch ein Danke für die ausführliche Beschreibung.
Und ich schätze, ich gehe dann demnächst mal wieder einen hohen Preis für Rindfleisch bezahlen. Wird mir nicht mehr so schwer fallen. Wir haben ums Eck eine kleine Kuhherde (Rasse hab ich vergessen), die ich immer gern begucke. Da stehen Mutterkühe und Kälbchen zusammen, manchmal auch der Bulle. Der Halter baut größtenteils Futter auf umliegenden Flächen selbst an. Und die Kühe sind gesichert wie Fort Knox. Verwertet wird das Fleisch mit einem ortsansässigen Metzger.
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Ich mache mir auch Gedanken, ob Wolfsrüden nicht auch in die Wohngebiete gelockt werden durch läufige Hündinnen?! Verpaarungen sind ja möglich und hat es ja auch wohl schon gegeben. Ob ein Wolf wohl immer noch so scheu, wenn eine Hündin läufig ist und der Besitzer dabei ist?!Nun, Wölfe haben ja nur einmal im Jahr Ranzzeit, auch die Rüden.
Und im Grunde ist es da, wie mit allen anderen Punkten auch: wir haben unsere Hunde zu sichern, damit so etwas nicht passieren kann. Da kann man sich keine unbeaufsichtigte läufige Hündin leisten und keinen Rüden, der spazierengeht.
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Nun, Wölfe haben ja nur einmal im Jahr Ranzzeit, auch die Rüden.
Und im Grunde ist es da, wie mit allen anderen Punkten auch: wir haben unsere Hunde zu sichern, damit so etwas nicht passieren kann. Da kann man sich keine unbeaufsichtigte läufige Hündin leisten und keinen Rüden, der spazierengeht.Joa, aber wenn der Isegrimm vor der Tür wartet oder mich in Wald oder Flur verfolgt?! Geht ja nicht darum die Hündin frei laufen zu lassen (was man ja eh nicht macht) oder unbeaufsichtigt zu lassen.
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Und im Grunde ist es da, wie mit allen anderen Punkten auch: wir haben unsere Hunde zu sichern, damit so etwas nicht passieren kann. Da kann man sich keine unbeaufsichtigte läufige Hündin leisten und keinen Rüden, der spazierengeht.
Joa, aber wenn der Isegrimm vor der Tür wartet oder mich in Wald oder Flur verfolgt?! Geht ja nicht darum die Hündin frei laufen zu lassen (was man ja eh nicht macht) oder unbeaufsichtigt zu lassen.[/quote]
Naja, was ich bisher habe lesen können, waren das eigentlich schon genau solche Umstände. Die typischen "Bauernhunde" in kleinen Dörfern, wo die quasi den ganzen Tag noch machen, was sie wollen.
Darüber hinaus finde ich es jetzt, wo es hier in Nds so vieles gibt, was nie einer geglaubt hat, schwierig, diese Frage zu beantworten.
Edit: irgendwas stimmt hier grad mit dem Zitat nicht...
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Jägerlatein, böswilliges? mensch braucht nur mal mit Verstand den Artickel zu lesen, was der "Jäger" alles getan haben will als ein Wolf in voller Fahrt kurz vor ihm auftauchte, also so mit 50 kmh... geschrien, Pistole aus der Manteltasche gefummelt, geschossen... ne reaktionsgeschwindigkeit hatte der, im Microdekundenbereich?
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Sehr schön geschrieben, Chris!
Zu diesem Punkt:Was mich persönlich beunruhigt, ist, dass ich immer wieder Aufnahmen sehe, wo sich Wölfe ruhig und neugierig den Weidetieren nähern. Wenn hier Tut-Nixe auf den Zaun zupreschen oder bellend daran entlang rennen, sind die Kühe in Alarmbereitschaft, beobachten die Hunde, bis diese ausser Sicht sind und rufen ihre Kälber bei Fuss.
Aber ich weiss nicht, wie sie sich verhalten, wenn ein "hundeartiges" Tier sich ruhig und langsam annähert und dann ggf. recht plötzlich zuschlägt.Meine Schafe unterscheiden sehr stark zwischen verschiedenen Hunden. Zu tut-nixen gehen sie hin. Wir treffen beim Umtrieb auch mal "möchtegern-Jäger" (also Hunde mit Jagdambition) und die werden durch Schafsneugier regelmäßig zu Tode erschreckt. Das ist oft ganz drollig, wie dem Hund dämmert, daß die Situation hier gar nicht so ist, wie in seiner Vorstellung! Die Schafe wissen sofort, daß hier keine echte Gefahr droht.
Aber es gibt einige wenige Hunde, die lösen einen Warnpfiff und "Obacht" aus bei den Schafen. Das sind wirkliche Jäger, die sich hochkonzentriert aber bedächtig nähern. Oder einfach nur gucken!
Meine Hunde sind sich ja optisch sehr ähnlich. Nur der "richtige" Border Collie löst durch bloße Anwesenheit Respekt aus. Katzen auf der Jagd werden von den Schafen auch erst mal ernst genommen!
Schafe sind ja extrem gut darin, Körpersprache und Stimmungen zu lesen aber ich glaube nicht, daß Kühe sich da täuschen lassen.
Ob es im Ernstfall etwas bringt, wenn die Kühe oder Schafe gewarnt sind, ist natürlich eine andere Frage. ... -
Vill sollte man den Tieren dann wieder "Angst" bei bringen
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