Echte Wölfe und blöde Fragen

  • Gehegewölfe werden auch immer per Hand aufgezogen und vor einigen Jahren gab es mal eine Doku zu einem Film, der mit Filmwölfen und Rentieren gedreht wurde - die Wölfe waren natürlich auch alle per Hand aufgezogen.
    Der Trainer hatte 'ne sehr tiefe Bindung zu den Wölfen, gerade zum Leitwolf. Als der Leitwolf an einem Drehtag vom Trainer "ausgetrickst" und absichtlich über zu dünnes Eis gelotst wurde, so das er einbrach und schließlich vom Trainer nochmal in das Eisloch geworfen werden musste, durfte er sogar zur Entschuldigung mit im Bett des Trainers (und nicht mit dem restlichen Wolfsrudel draußen) schlafen.


    Ist also die Frage, ob man die Erkenntnisse, die die Forscher da gewinnen möchten, nicht auch anders - mit geringeren Mitteln - gewinnen könnte. Natürlich ist es nicht so publikumswirksam Filmtiertrainer zu befragen, wie ein eigenes "Rudel" Wölfe großzuziehen...

  • mWn gelten zahme Raubtiere aufgrund der fehlenden Scheu als gefährlicher als wilde, weshalb auch ausgebrochene Zootiere relativ schnell erschossen werden.

  • Käme mir total hirnrissig vor (was natürlich nichts heißt ).

    :lol: Ja, leider ist hirnrissig da durchaus das passende Wort.
    Aber ich weiß das man grad bei Gewässern, und seien sie auch noch so winzig, teils echt strange Sachen beachten muss. Kann also sein, müsstest du mal gucken ob es bei9 euch Infos dazu gibt.

  • In Bremen war es, soweit ich weiß, eine klassische Geschichte von Doofheit und Unverantwortlichkeit, die schrecklich endete: Ein Wolf, der privat als Haustier gehalten (und auch mal in der Innenstadt ausgeführt) wurde, dann eher zufällig als Wolf identifiziert, beschlagnahmt und mit einem Artgenossen vom gleichen Besitzer in einen Zoo verbracht werden sollte. Unterwegs brach dann einer der Wölfe aus und fiel das Kind an.

  • Die GzSdW ist seit letztem Jahr dabei, zwei angehende Herdenschutzhunde auszubilden (wurde bei bei dem Schäfer Swen Keller in S-H gemacht, vielleicht kennst du den ja). Wenn sie soweit sind, sollen sie irgendwann im Falle eines Falles so eine Art "schnelle Einsatztruppe" sein in Herden, in denen es einen Riss gegeben hat. Sie sollen sofort nach dem Riss in diese Herde gebracht werden und dort eine gewisse Zeit verbringen, um "in sehr problematischen Fällen rasch ein[en] funktionierende[n] Schutz vor Wolfsübergriffen" zu gewährleisten, bis der Tierhalter andere Schutzmaßnahmen ergreifen kann (dass das relativ schnell passiert, ist aber das Ziel).


    Findest du das realistisch?
    Ich meine mich zu erinnern, dass oft eine Tragik darin liegt, dass es irgendwo einen Riss gibt und daraufhin die Tiere nicht ausreichend geschützt werden, so dass es ganz kurze Zeit später erneut zum Riss kommt.
    Allerdings werden diese mobilen Truppen von HSH nicht zu unrecht kritisiert, finde ich; die Hunde sehen ja nicht einfach jede fremde Herde als ihre 'Familie' an, bis sie sich mal zu Hause fühlen und etwas beschützenswert finden, wird ja etwas Zeit vergehen?

    Ich sehe das auch absolut kritisch - es ist ein absoluter Verzweiflungsherdenschutz auf Kosten von Hunden und Schafen, der nicht viel mit dem wirklichen Herdenschutzhundwesen zu tun hat.
    Erfahrene Hunde packen das schon irgendwie - leicht wird es ihnen da aber nicht gemacht. Hinter sich die panische Herde, die bei jedem Zauneinsatz der Hunde Herzklabaster bekommt und ins Flüchten verfällt, vor sich besonders, weil erfolg-gewöhnte, druckvolle Wölfe, das ist wirklich heftig. Oft brechen die Schafe bei sowas aus, wenn die Wölfe am Zaun stehen, weil die Schafe vor agierenden Hunden und den Wölfen gleichzeitig Angst haben.


    Ein erwachsener, also wirklich erwachsener, kein 2-jähriger, erfahrener HSH kann so ein notfallmäßiges Umsetzen einmal schaffen, der kennt Schafe dann grundsätzlich und hat auch im Alltag das Potential, so mit den Schafen umzugehen (auf Abstand bleiben, sich betont langsam und beschwichtigend bewegen), dass diese lernen können, dass dieser Hund nun zu ihnen gehört. Aber und das ist ein dickes ABER: bis zu einer völligen Integration von HSH in die Herden können bis zu 3 Jahren vergehen.


    Rasch eingesetzte HSH schützen durch eine Art Territorial-Verhalten. Das wirkliche Schutzverhalten entwickelt sich aber erst durch die zunehmende Bindung an die Herde und funktioniert nochmal anders, weil die Tierarten da schon gelernt haben, wer sich wann wie verhalten muss.


    Überlegt man sich dann, dass solche Hunde immer wieder aus ihrem Sozialverband gerissen werden, kann man sich in etwa vorstellen, was das aus ihnen macht. Auch, wenn die in grossen Herden nicht Schaf Erna und Schaf Bella besonders kennen, ist eine Herde immer eine soziale Einheit, die als Ganzes funktioniert - ähnlich wie bei einem Bienenstock.
    Es wird soviel von der Hüttengeschichte in der Tierschutzhundeverordnung geschrieben in Sachen Tierschutz für HSH - die ständige, dauerhafte Überforderung durch solche Einsätze wäre für mich da ein weit schwerwiegenderer Tierschutzverstoss.


    Das Problem ist halt: es wird nicht wahrgenommen, was das für ein Stress und was das für eine Zumutung für die Hunde und auch die Schafe ist. Die wenigsten da draussen, sind Hundefreaks und selbst die, die Hundetrainer sind, wollen manches gar nicht sehen oder aber sie haben, weil sie selbst erst kürzere Zeit mit den Hunden arbeiten, noch nie einen HSH gesehen, der WIRKLICH ein Teil seiner Herde ist.
    Bis zu 3 Jahre dauert das - ich habs schon geschrieben.


    Für mich sind diese Schnell-Einsatz-Hunde ganz, ganz unverstandene arme Socken, die gar nicht die Möglichkeit haben, ihr Potential zu entfalten.

    Nunja, ich finde - ohne Ahnung von HSH und Schafen zu haben - den Gedanken sehr unrealistisch. Die angegriffene Herde wird ja bei Anblick von wolfsähnlichen Hunden austicken. Wie will man denen den im Schnellverfahren begreiflich machen dass die HSH Freunde und Beschützer sind und nicht das nächste Dutzend von ihnen killen will?

    Ja, genau so ist es.

    Zumal HSH ja, glaube ich, nicht das Schaf/Rind als Tiergattung schützt, sondern seine ganz individuelle Herde in die sie langsam integriert wurden und das sie als ihr Rudel betrachten, inkl. jedes individuelle Schaf/Rind innerhalb dieser Herde. Oder @Chris2406 ?

    Je nach Herdengröße gehts da wohl mehr mittels des speziellen Herdengeruchs, an dem man sich gegenseitig erkennt, aber Schafherde A ist für den Hund nicht dasselbe wie Schafherde B. Weil er grundsätzlich Schafe kennt und grad seinen Sozialverband verloren hat, wird er sich auch Schafherde B anschliessen, aber bis zur echten Bindung dauert es.

    es gibt nicht nur das Problem, dass die Bindung der Hunde zur Herde nicht vorhanden ist, es gibt auch noch das Problem, dass die Herde nach einem Wolfsübergriff vermutlich alle hundeartige erstmal höchstgradig beängstigend findet.
    Aus Sicht der Herde stehen da keine Beschützer mit auf der Weide sondern Feinde.

    Ja, den Schafen wird da die ganz persönliche Hölle zugemutet.
    Es ist auch schon mindestens 1 junger Kaukase bei sowas - HSH direkt nach Riss in die Herde - ums Leben gekommen, weil seine panische, neue Schafherde ihn tot getrampelt hat, als die Wölfe wiedergekommen sind - der war 6 Monate alt, also kein SEG-Hund


    Ich könnte mir höchstens vorstellen, das solche Hunde als schnelle Verstärkung bestehender HSH-Teams sinnvoll sein könnten oder direkt bei Wolfsichtung (also noch VOR einem Riss).

    Die Hunde untereinander brauchen auch ein wenig Zeit, um wirklich als verlässliches Team zu agieren, deshalb ist das auch keine wirklich ideale Lösung.
    Einen Team-Verstärkungshund nimmt man lieber aus dem eigenen Bestand, wo die Hunde sich grundsätzlich schon kennen.



    Herdenschutzhunde werden leider viel zu häufig erst eingesetzt, wenn andere Herdenschutzmaßnahmen versagt haben - dadurch passiert unglaublich viel Mist auf Kosten beider Tierarten.
    Auf der einen Seite ists verständlich - man will den Leuten helfen und HSH sind definitv effizienter Herdenschutz, aber auf der anderen Seite ists furchtbar, wenn man die Arbeitsweise dieser Hunde kennenlernen durfte und sieht, was ihnen und den Herden da zugemutet wird. Nur - was will man machen?


    Wenn SEG-Hunde - dann so, dass sie dann fest in der Herde bleiben, in der sie notfallmäßig eingesetzt wurden. Und nicht als SEG-Hund alle paar Wochen woanders hinmüssen - so macht man diese Hunde einfach nur kaputt.


    LG, Chris

  • Ja, es ist ein Dilemma - ich versteh die Intention dahinter absolut, wie schon geschrieben, es ist eine Art Verzweiflungs-Herdenschutz. Weil Viele einfach noch nicht so weit sind, vor dem ersten Riss wegen der noch unklaren Rechtslage und auch wegen der Kosten noch keine Hunde einsetzen wollen und eben nicht viele Tierhalter, so wie die, mit denen ich überwiegend zu tun habe, wirklich präventiv mit HSH angefangen haben, so dass Hunde und Herde als soziale Gemeinschaft zusammenwachsen konnten. Dabei ist letzteres oft schon anstrengend und schwierig genug.


    Nach einem Riss muss halt notfallmäßig irgendwas passieren. Und wenn Zäune versagt haben, bleiben nur noch die Hunde.


    Das Denken müsste weg von HSH als Notnagel hin zu HSH als sorgfältig aufgebauter Herdenschutz - aber das spiegelt sich ja noch nicht mal in den Förderungen wieder.


    LG, Chris

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