Unsicherer Hund, was tun?

  • Hallo,


    ich möchte euch gerne mal unser Problem mit Chicco schildern:


    Chicco ist wahnsinnig unsicher und ängstlich.


    Wir haben Chicco (ca. 2 Jahre alt) vor ca. 3 Monaten aus dem TH geholt. Am Anfang hat er uns seine Unsicherheit noch nicht so gezeigt, aber jetzt, wo er Vertrauen zu uns gefasst hat, kommt es immer mehr zum Vorschein. Passanten und Autos werden angebellt. Wobei es bei den Passanten egal ist, ob männlich oder weiblich. Es gibt aber auch welche, da geht er direkt hin und lässt sich streicheln. Dass sind dann aber meist die, die selber Hunde haben. Unsere Trainerin in der HuSchu meint, wir sollten beides nach Möglichkeit erst mal meiden. Wir gehen jetzt keine Hauptstraße mehr lang und möglichst Wege, wo uns nicht so viele Leute begegnen.


    Leider ist er auch sehr schreckhaft, jedes laute Geräusch lässt ihn erstmal zusammenzucken. Leider kann ich zu seiner Vorgeschichte gar nichts erzählen, weil er als Fundhund ins TH kam. Soweit ich weiß, soll er zwischen Mülleimern angebunden gewesen sein.


    Habt ihr eventuell Tipps, wie ich Chicco helfen kann, seine Unsicherheit abzulegen?


    Vielen Dank für eure Hilfe, Brinchen!

  • ich würde die gegenden an deiner stelle nicht meiden, damit erreichst du wahrschinlich nur das gegenteil. es ist sicherlich ratsam große menschenmengen oder wirklich starkbefahrene strassen zu meiden, aber jetzt den hund zu schonen, wäre schon sehr verkehrt. finde heraus, wo, wann und wie weit du in situationen gehen kannst, trainiere diese situationen.


    vielmehr braucht er mal ein bisschen selbstbewusstsein. spiel mit deinem hund, laß ihn mal gewinnen. suchspiele sind sehr hilfreich, dein hund braucht erfolg.


    versuche mit deiner leinenhaltung den hund so zu führen das er merkt, du hast alles im griff. sofort wenn es eine situation gibt in der du merkst dein hund fängt an zu bellen, ganz cool umdrehen und ein paar schritte zurück. nehme deinen hund aber nicht zurück, oder kürze im vorfeld die leine nicht. du entscheidest wo es lang geht.


    zur unterstützung helfen dir eventuell homöopathische mittel oder ähnliches, frag mal deinen tierarzt.

  • Hallo Brinchen!


    Ersteinmal müßt Ihr Geduld haben, Geduld und nochmal Geduld.
    Solche Probleme lassen sich (leider) nicht von heute auf morgen lösen.


    Wahrscheinlich werdet Ihr auf viele "Hundekenner" stoßen, die Euch mich Sätzen begegnen wie: "Das bleibt drin." oder: "Das bekommt man nie ganz weg." Das stimmt nicht ganz.
    Dass Euer Hund Interesse an bestimmten Personen zeigt, zeigt auch, dass er seine Neugier nicht verloren hat > das ist schonmal sehr positiv.
    Ob er seine Scheu ganz und gar ablegen wird, hängt sehr von Euch ab, von seinem Charakter und seinen Erfahrungen.


    Was Ihr tun könnt ist eine ganze Menge!


    1.Ignorieren!
    Bei ängstlichen Hunden sollte man auf gar keinen Fall versuchen den Hund mit sanfter Stimme zu beruhigen, da dies dem Hund eher in seinen Ängsten bestätigt und ihm vermittelt, dass es tatsächlich etwas gibt, wovor er Angst haben müßte. Situationen in denen er Angst zeigt, solltet ihr wahrnehmen, aber ganz normal scheinen. Den Hund also nicht betüddeln, sondern so tun, als sei überhaupt nichts los. Also mit gutem Beispiel voran! (An Euch orientiert sich der Hund!)


    2.Desensibilisieren!
    Ihr müßt den Hund langsam an alles gewöhnen wovor er Angst hat. Dass heißt nicht, dass Ihr solche Situationen suchen sollt - es heiß auch nicht, dass Ihr sie meiden sollt > z.B. Straßenseite wechseln weil ein großer Mann entgegenkommt ist falsch, da der Hund dies merken würde und es ihm wieder suggerieren würde, dass es etwas gibt wovor man lieber ausweicht. Also ganz normal Gassigehen, aber nicht unbedingt jeden Tag in der Fußgängerzone. Ich würde auch davon absehen, den Hund mit Gewalt an fremde Personen zu gewöhnen: sowas wie: fremde Leute dem Hund Leckerchen geben lassen > nimmt ihm nicht die Angst, sondern er duldet es nur. Mit der Zeit kommt das von ganz alleine.
    Besonders ängstliche Hunde ziehen magisch interessierte Leute an. Dabei würde ich sie daraufhinweisen "Drohgesten" zu unterlassen: anstarren oder fixieren, über den Hund beugen, frontal auf ihn zugehen usw. (Dies gilt übrigens auch für Euch! :wink: )
    Zu den Geräuschen: viel klappern und viele verschiedene Geräusche machen. Z.B. Schlüsselbund fallen lassen, Geschirr klappern...aber natürlich in Maßen und nicht in Massen.


    3. Beziehung aufbauen!
    Anscheinend habt Ihr den Hund noch nicht so lange. Gib ihm Zeit, dass er Vertrauen zu Euch aufbauen kann > dann wird er sich etwas entspannen.


    4. Selbstvertrauen stärken!
    Hundeschule, Hundespielstunden...den Hund geistig fordern: all das stärkt das Selbstvertrauen des Hundes und macht ihn sicherer. Außerdem kann es in angsteinflößenden Situationen ablenken.


    Ich wünsche Euch viel Erfolg und Spaß mit Eurem Wauz und hoffe, dass er bald ein wenig sicherer wird!
    Manchmal sind es nur einige Kleinigkeiten, die eine ganz große Wirkung beim Hund haben > besonders ängstliche Hunde sind sensibel.
    Zusätzlich könntet Ihr übrigens noch Bachblüten oder Kräuter (in Absprach mit einer Tierhomöopathin) geben.


    Man kann auf jeden Fall vieeeel tun! :freude:


    LG Maxi :juggle:

  • Hallo Brinchen!


    Mein Ben war ein Angsthund als er zu uns kam (17. Januar diesen Jahres), er kam von einem Gnadenhof, die ihn ein Jahr zuvor aus der Tötung geholt hatten. Ben kannte nichts, hatte vor fremden Menschen Angst, Panik vor lauten Geräuschen (Autos, Motorräder etc), schnellen Bewegungen und und und.


    Ich kann nur empfehlen es mal mit Bachblüten zu versuchen.


    Wir haben zuerst mit der reinen Rescue Remedy (Notfalltroßfen) gearbeitet, diese über zwei Wochen 3x täglich. Hier war schon direkt nach sehr kurzer Zeit eine Verbesserung eingetreten.


    Dann sind wir gezielt auf die Ängste eingegangen:
    Mimulus ----> Angst vor bestimmten Dingen
    Aspen ----> Angst vor unbekannten Dingen
    Star of Bethlehem ----> Auflösung alter Traumen


    Schon nach ein bis zwei Wochen machte er drastische Fortschritte!


    Wir wollten dann an seinem Selbstbewußtsein arbeiten, nachdem er auch schon ein gutes Vertrauensverhältnis aufgebaut hatte. Ich dachte jetzt wäre es an der Zeit die anderen Blüten zu verwenden:


    Clematis ---> weil er sich immer "wegträumte" und nicht wirklich HIER war
    Walnut ----> für den Neuanfang (neues Leben bei uns)
    Mustard ----> gegen seine Neigung immer wieder in ein schwarzes Loch zu fallen und sich nicht zu trauen wirklich fröhlich zu sein
    Larch---> für mehr Selbstvertrauen


    Als ich die Blüten wechselte, mußte ich feststellen, dass er die Angstblüten noch benötigte und habe diese noch eine Weile (in kleinerer Dosierung) weitergegeben.


    Nach insgesamt 3 Monaten, in welchen er sich unheimlich zum Positiven verändert hatte (Leute die ihn noch vom Anfang kannten und ihn eine Weile nicht gesehen haben, meinten er hätte sich ja komplett verändert), verweigerte er plötzlich die Einnahme, vorher hatte er sie nach den ersten malen immer freiwillig von der Pipette geleckt. Hier wollte er mir sagen dass er sie nicht mehr benötigt!


    Von diesem Tag an gab es keine nennenswerten Rückfälle mehr! Wenn man ihn mal (ein wenig und ich bin da vorsichtig) schmipfen mußte oder etwas ihm doch Angst machte weil er es noch nicht kannte, war er innerhalb kürzester Zeit wieder zugänglich und ließ sich sogar bei einem Anflug von Panik zu mir rufen, dass ich ihm Schutz gewären konnte.


    Bachblüten sind Blütenessenzen, die auf die Psyche der Tiere (und Menschen *grins*) einwirken und bei richtiger Auswahl die Balance wieder herstellen. Man kann sie in der Apotheke kaufen, sie sind nicht teuer und reichen sehr lange. Die Zubereitung und Verabrechung der Mischungen ist ziemlich einfach. Alles was man dazu benötigt, kann man in der Apotheke kaufen. Auch gibt es sehr gute Bücher über das Thema, speziell für Haustiere.


    Ich kann sie nur immer wieder empfehlen, ohne sie wäre mein Ben heute nicht die Persönlichkeit die er heute ist.


    Falls Du Fragen hast, kannst Du mich gerne anmailen, meine Addy ist freigeschaltet.


    Liebe Grüße
    Indi

  • Erst mal: Vielen Dank für eure schnellen netten Antworten. :streichel:


    Ich habe vergessen zu erwähnen, wir haben das Problem mittlerweile nur noch drausen. Will sagen, in der Wohnung war er am Anfang auch unsicher und ängstlich, wenn mal was runter gefallen ist oder sonstwie Krach gemacht worden ist, ist er schnell unter den Tisch usw.. Das hat sich aber mittlerweile fast komplett gelegt. Auch Besuch, wird akzeptiert, ohne sich zu verstecken bzw. zu bellen, um die Angst zu überspielen. In der Wohnung ist er mittlerweile unkompliziert und souverän. Ein richtiger Schatz halt.


    Auch in der Hundeschule haben wir keine Probleme mehr mit ihm. Weder in der Spiel- noch in der Trainingsgruppe.


    Aber wie gesagt, Autos Passanten sowie fremde laute Geräusche drausen, scheinen ihn wirklich in Stress zu versetzen. Ich hatte zeitweise angst, dass ich ihn durch irgendwelche unbedachten Handlungen von mir noch mehr verunsichern könnte, aber anscheinend habe ich es bisher richtig gemacht, ihn zu ignorieren, wie Maxi es vorgeschlagen hat.


    Indi:
    Die Bachblüten sind für alle Hunde leicht verträglich? Kann man da was falsch machen? Überdosieren etc.? Du schreibst, dass es gute Bücher gibt, welches kannst Du mir empfehlen? Ich weiß sehr viele Fragen an Dich, aber ich finde das mit den Bachblüten hört sich sehr interessant an!


    Wenn ich wüsste, was Chicco schon alles durch hat ... und wo er vorher gelebt hat. Schön kann es jedenfalls nicht gewesen sein, sonst wäre er wahrscheinlich nicht so ängstlich.

  • Hallo Brinchen!


    Die anderen Schreiber haben schon Recht was die Bindung angeht. Im Haus hatte Ben zwar anfangs auch Probleme, aber die meisten hatte er auch draußen. Es ist aber so, dass ein Hund der bereits schlechte Erfahrungen gemacht hat, meist nicht so schnell eine wirkliche Bindung mit 100% Vertrauen zuläßt.


    Handfütterung ist ein guter Weg.


    Zu den Büchern:
    Bachblüten für Hunde von Petra Stein ca. 8 Euro
    Das Bachblütenbuch für Hunde von Michaela Stark ca. 22,90 Euro


    Eine wirkliche Überdosierung ist fast nicht möglich. Bachblüten sind meist sehr gut verträglich. Es ist eine alkoholische Mischung mit den entsprechenden Auszügen. Falls Dein Hund den Alkohol nicht mag oder Du keinen geben möchtest, besteht die Möglichkeit die Mischungen mit Obstessig zu konservieren.


    LG Indi

  • Zitat

    Hallo Brinchen!
    Die anderen Schreiber haben schon Recht was die Bindung angeht. Im Haus hatte Ben zwar anfangs auch Probleme, aber die meisten hatte er auch draußen. Es ist aber so, dass ein Hund der bereits schlechte Erfahrungen gemacht hat, meist nicht so schnell eine wirkliche Bindung mit 100% Vertrauen zuläßt.


    Das stimmt schon, aber ich als Hundebesitzer rede ich mir schon mal gerne ein, dass der Hund mir schon 100 % vertraut und eine sehr feste Bindung besteht :freude: . Bin da schon mal ein wenig zu optimistisch. Bei unserem letzten Hund, Sammy, haben wir fast ein Jahr gebraucht, bis dass er angefangen hat uns zu vertrauen und zu akzeptieren. Da habe ich mir aber auch wider besseren Wissens eingeredet, dass das Gegenteil der Fall ist und er von Anfang an Vertrauen zu uns hatte. :wink: Nur bei ihm hatten wir nicht das Problem der Angst, sondern das des übermässig gesunden Selbstbewusstseins von Sammy.



    Danke für die Buchtipps :freude: ! Werde mir die Bücher auf jeden Fall ansehen!

  • Hallo Brinchen,


    gegen die Angst vor Krach, insb. Stadtgeräuschen und Menschen haben wir damals klein angefangen. Wie ja schon gesagt wurde, sollte man die Stresssituationen nicht strikt meiden, es aber auch nicht übertreiben. Deshalb sind wir zu Anfang öfter mal auf den Parkplatz eines großen Supermarktes gefahren, und haben uns dort plaziert bzw. sind dort herumgelaufen, wo man den Tumult zwar mitbekommt, aber nicht zu stark mit Menschen, Autos und Einkaufswagen in Kontakt kommt. Wenn unsere Kleine ruhig war, wurde sie darin bestätigt. Die Distanz haben wir je nach Lage und Fortschritt dann geändert.


    Egal, wo man übt, gut ist es, wenn man abschätzen kann, was wo wann passiert und so gut dosieren kann. Da kamen uns die berechenbaren Wege vor dem Supermarkt gelegen.


    Wir haben dann auch kleine Gänge in die Stadt gemacht. Alles in Maßen.


    Als es dann schon ganz gut ging, haben wir einen 'Erziehung im Alltag - Kurs' gemacht. Die anderen Hunde waren alle ziemlich entspannt, weil schon von Welpe an an vieles gewöhnt. Das klappte vielleicht gerade wegen der anderen Hunde gut. Souveräne Hunde als Vorbilder sind also recht hilfreich.


    Gemeinsames Spielen und den Hund gewinnen lassen ist auch ein super Tipp von Justel99 für das Selbstbewusstsein des Hundes - und immer schön stolz sein ... Mööönsch, toll!! Und ruhig auch mal klettern lassen, über hindernisse springen, schwimmen usw. - alles, was dem Kleinen zeigt, was er tolles drauf hat.


    Alles Gute, viel Erfolg!
    Toki

  • Wir hatten mit Bonny anfangs ähnliche Probleme. Sie ist auch ein Fundhund, den wir von einer Tierhilfe bekommen haben.


    Eigentlich hat sie anfangs vor allem Angst gehabt. Andere Hunde beim spazieren gehen, laute plötzliche Geräusche, Autos und vor allem LKw, Busse etc., andere Leute, die auf sie zukamen... Selbst wenn wir sie nur leise angesprochen haben, kam sie sofort angekrochen und hat sich vor unseren Füssen auf den Rücken geworfen.
    Sie wär wahrscheinlich eher weggelaufen, als bei uns Schutz zu suchen.
    Damals hab ich schon Angst gehabt, dass wir das nie wegbekommen.


    Wir haben allerdings versucht, die Situationen nicht zu meiden und vor allem Bonny nicht zu bemitleiden, wenn sie mal einen Schreck bekommen hat.


    Nach und nach ist sie dann immer sicherer geworden, weil sie gemerkt hat, dass sie keine Angast haben muss, wenn wir die auch nicht haben.
    Und so sehr, wie sie sich vorher abgekapselt hat (man hatte immer das Gefühl, sie hatte Angst sich "aufzudrängen"), so anhänglich ist sie mittlerweile.
    Sachen, wie plötzliches knallen/krachen erschrecken sie zwar auch heut noch, aber alles andere wird neugierig, wenn auch vorsichtig, untersucht und bei anderen Hunden spielt sie nun mit Vorliebe Chef. :D


    Also ich würde sagen, die Situationen auf keinen Fall meiden, einfach ignorieren und positives Verhalten sofort belohnen.
    Aber eben in Maßen und nicht alle Stresssituationen auf einmal bewältigen. Aber ich denke, das weisst du auch so.
    Du hast ja schon gesagt, dass sich in bekannter Umgebung (zu Hause) schon gegeben hat und ich denke, wenn das geklappt hat, wird das draussen auch nnoch werden.
    :gut:

  • Danke :bussi: nochmal für eure Tipps.


    Dass es bei euch geklappt hat, gibt mir noch mehr Hoffnung, dass wir es bei Chicco auch hinbekommen. Er ist wirklich so ein toller Hund *schwärm*!


    Und ich bin - wie immer - sehr optimistisch, dass wir das mit viel Liebe und Geduld in den Griff bekommen. Ich habe Zeit. Ab jetzt werde ich die Stresssituationen nicht mehr komplett meiden, wie ich es bisher getan habe, sondern Chicco Schritt für Schritt zeigen, dass Autos und Spaziergänger nichts schlimmes sind.


    Manchmal wünsche ich mir, dass er erzählen könnte, warum ihm solche Situationen so einen Stress bereiten ...

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