Konditionierung bedeutet, ein Hund darf nicht Hund sein

  • Manchmal finde ich es doch irgendwie schade, dass viele Hundehalter immer nur an einer Lerntheorie/Modell festhalten.


    Klar ganz ohne klassische Konditionierung geht es nicht. Aber ich finde man sollte auch die soziale Lerntheorie nicht ganz aussen vor lassen.


    Stichwort Nachahmung und Lernen durch Einsicht.


    Und wenn ich meine Hunde mal genau beobachte gibt es bei ihnen keine klassische Konditionierung. Sie brauchen sie nicht. Sie verstehen sich untereinander. Koennen kommunizieren.
    Unsere Sprache muss der Hund erst lernen und "Sitz", "Platz" und co. geht natuerlich nur mit Hilfe der klassischen Konditionierung.


    Und natuerlich sind diese Grundkommandos wichtig.


    Aber die Basis, das wirklich wichtige ist tatsaechlich auch fuer mich die Beziehung/sozialer Austausch, Lernen auf auf einer huendischen Grundlage!
    Und nein man braucht dazu nicht zu knurren und auf allen vieren zu laufen. Unsere Koerpersprache lernt der Hund so ganz nebenbei. Versucht doch mal ein Kommando nur zu denken, dabei aber darauf zu achten was der eigene Koerper normalerweise fuer Signale setzt. Und dann versucht mal ein Kommando zu geben und ein koerperliches Verhalten an den Tag zu legen, das damit gar nichts zu tun hat.


    Soziales Lernen ist meiner Meinung nach etwas viel grundlegenderes und etwas was viel mehr Basis hat als die Konditionierung.


    Und wieso ist man unberechenbar? Wieso lernt man seinen Hunden keine Regeln? Nur weil man die Konditionierung nicht als Schwerpunkt hat? Wenn man einfach mal versucht das Leben mit seinen Hunden mit etwas weniger Kommandos zu gestalten und dem Hund die Moeglichkeit gibt auch mal aus Erfahrung zu lernen und sich mehr auf koerperliche Signale konzentriert, hat man meiner Meinung nach eine viel bessere Basis.
    Hunde machen das den ganzen Tag. Und nein nochmal wir brauchen nicht zu bellen.


    Korrektur, Meideverhalten und Beschwichtigung sind mittlerweile "boese" Worte, aber noch kein einziger Welpe, der in ein Rudel hineingeboren wurde, hat davon einen Schaden genommen! Ich kanns mir jedenfalls nicht wirklich vorstellen!


    Heutzutage duerfen Hunde NICHTS mehr alleine untereinander regeln (manchmal natuerlich verstaendlich!). Es wird IMMER eingegriffen. Der gewuenschte Hund von heute: knurrt nie, rauft nie, spielt mit jedem, geht auf jeden freundlich zu.
    Sorry, aber fuer mich ist das nicht normal. Dieses Streben nach diesem "perfekten" Hund und die damit verbundenen neuen (oder alten?) Erziehungsmethoden bringen meiner Meinung nach Hunde hervor, die tatsaechlich entweder immer kontrolliert werden muessen, denn wenn sie in eine unbekannte Situation kommen (wo der HH mal nicht schnell genug ist), Dramen ausloesen oder total frustrierte Hunde, die ihre komplette Freiheit verlieren, weil sie eben nicht so funktionieren wie gewuenscht.

  • Zitat


    Aber ist es nicht gerade das, was den Respekt des Hund bringt? Wenn ich mich immer berechenbar verhalte, weiß der Hund ja aus Gewohnheit was er darf und was nicht.
    Das Ziel sollte doch aber sein, dass DU der Mensch bist, der immer Recht hat. Dass der Hund deine Meinung (egal wie schwachsinnig sie vielleicht auch ist) respektiert. Ich glaube hier soll es um das Prinzip gehen....


    Der Schuss kann nach hinten losgehen. Normalerweise würde ich mich einem Hund gegenüber so gut es geht, berechenbar zeigen.


    Was gut funktioniert, bei meinem, ist der Überraschungsmoment, wenn sich ein schlechtes Verhalten eingeschliffen hat - ist aber kein Allheilmittel für alle Hunde. ;)


    Das ist aber wie mit Salz in der Suppe: eine Prise davon ist super - aber nicht bis zum Suppeversalzen. Der Hund kann sich auch daran gewöhnen, dass Du unberechenbar ist.


    Dieses wäre dann der Worst-Case, und bedeutet, dass der Hund sich mal so menschlich übersetzt denkt: "Na, der ist eh irre und weiss nicht, was er will!". Dann läuft er entweder geduckt und in dauernder Angst vor einem drohenden "Gewitter" durch die Gegend - oder bei selbstbewussteren Naturen zeigt er dir den Mittelfinger und zieht sein Ding durch.

  • Also berechenbar mache ich mich, wenn ich eine mögliche Strafe ankündige
    die Ankündigung lässt dem Hund die Chance, sich umzuorierentieren
    der Hund weiß, er wird nie bestraft, wenn nicht diese Chance kam (ich finde da die Ampel (nicht speziell das sogenannte Ampelsystem und was sich dahinter genau verbirgt) gut


    ja, der Hund darf etwas


    nein, der Hund darf es nun nicht


    und dazwischen ist aber immer noch etwas, was das Verbot ankündigt



    heißt nicht, dass ich ihn jedes Mal auf der Couch lassen muss
    ich kann ihm auch sagen, dass er runter soll (vorausgesetzt natürlich er kennt es und weiß, was ich von ihm will)
    wenn er das grün nett gemeint nicht mag, wechselt meine Laune auf gelb = höchste Eisenbahn, es doch zu tun)

  • Zitat

    Heutzutage duerfen Hunde NICHTS mehr alleine untereinander regeln (manchmal natuerlich verstaendlich!). Es wird IMMER eingegriffen. Der gewuenschte Hund von heute: knurrt nie, rauft nie, spielt mit jedem, geht auf jeden freundlich zu.
    Sorry, aber fuer mich ist das nicht normal. Dieses Streben nach diesem "perfekten" Hund und die damit verbundenen neuen (oder alten?) Erziehungsmethoden bringen meiner Meinung nach Hunde hervor, die tatsaechlich entweder immer kontrolliert werden muessen, denn wenn sie in eine unbekannte Situation kommen (wo der HH mal nicht schnell genug ist), Dramen ausloesen oder total frustrierte Hunde, die ihre komplette Freiheit verlieren, weil sie eben nicht so funktionieren wie gewuenscht.


    Danke, Bianca, für deinen ganzen Beitrag und besonders für die zitierten Zeilen.


    Ich vermisse mitunter sehr den gut erzogenen, voller Freude agierenden Hund und sehe stattdessen gefrustete Halter mit mehr oder weniger schlecht dressierten Hunden.


    Hunde und ihre Halter, die ohne Clicker so hilflos sind, wie Zirkustiere und ihre Dresseure ohne Peitschenknall.


    Gaby, ihre schweren JUngs und Finn

  • Zitat


    Und wenn ich meine Hunde mal genau beobachte gibt es bei ihnen keine klassische Konditionierung. Sie brauchen sie nicht. Sie verstehen sich untereinander. Koennen kommunizieren.
    Unsere Sprache muss der Hund erst lernen und "Sitz", "Platz" und co. geht natuerlich nur mit Hilfe der klassischen Konditionierung.


    Ich würde empfehlen hier noch mal die Bücher zu wälzen....
    Sitz und Co wird kein Hund durch klassische Konditionierung lernen, höchstens durch operante.


    Und genau das stört mich an der Diskussion, es wird mit einem dutzend Begriffen um sich geworfen und je weiter man darüber spricht, desto mehr merkt man, dass das Gegenüber die Bedeutung des Begriffes nicht kennt.


    Bei der klassischen Konditionierung wird einem natürlichen (unbedingten) Reflex ein bedingter Reflex durch Lernen hinzugefügt. Das hat nichts mit Sitz etc zu tun.


    Niemand bestreitet, dass es noch andere Lernformen gibt, aber der besagte Herr aus dem Eingangspost hat einfach bewiesen, dass er keine Ahnung von den Grundlagen der Lerntheorie zu haben scheint, denn selbst wenn ich etwas ablehne, muss ich es erst mal verstanden haben.

  • Na ja, wenn ich einen Hund Hund sein lasse darf ich ja streng genommen gar keinen haben. Eine gewisse Konditionierung auf verschiedene Kommandos oder Verhaltensweisen ist in einem gemischten Verband Hund/Mensch unerläßlich um ein harmonisches Miteinander im menschlich geprägten Alltag zu gewährleisten.
    Wie ein Hund letztlich erzogen wird ist eine rein menschliche Entscheidung. Die Methoden wählen wir aus Erfahrung, eigener Überzeugung, persönlichen Anspruch und Beeinflussung des einen oder anderen “Experten“. Dem Hund ist es schnuppe, er macht da mehr oder weniger mit um sich einzufügen oder Vorteile für sich zu finden. Ob es gut oder schlecht ist sieht man eh immer erst langfristig.
    Ob der Hund mir vertraut, hängt davon ab ob ich ehrlich mit ihm umgehe, ihm Strukturen und Sicherheit biete und Entscheidungen treffen kann. Hunde lesen nämlich keine Lehrbücher und besuchen auch keine Seminare.

  • Zitat

    Also berechenbar mache ich mich, wenn ich eine mögliche Strafe ankündige
    die Ankündigung lässt dem Hund die Chance, sich umzuorierentieren
    der Hund weiß, er wird nie bestraft, wenn nicht diese Chance kam (ich finde da die Ampel (nicht speziell das sogenannte Ampelsystem und was sich dahinter genau verbirgt) gut


    Ich glaube Du musst mir nochmal auf die Spruenge helfen :roll:


    Wenn mein Welpe mir ins Bein hackt und er kennt das Kommando "nein" noch nicht und ich schubse ihn weg, dann bin ich unberechenbar? Das Schupsen ist eine Strafe?


    Ich hab ein leckeres Broetchen in der Hand und der Hund denkt es ist fuer ihn (weil es manchmal ein Broetchen gibt) und er schnappt danach, dann muss ich die Strafe ankuendigen?


    Ansonsten ist bei mir in brenzligen Situationen, wo der Hund sofort reagieren muss und es nach dem ersten Aufruf nicht tut, sofort Schluss mit lustig. Manchmal auch schon davor.


    Und nein ich verhaue meine Hunde nicht und ich tue ihnen auch nicht weh. Nein ich schmeisse sie auch nicht zu Boden. Aber wenn ich mich koerperlich einsetze, dann "bau ich mich halt dementsprechend auf".

  • Halli Hallooo, :winken:


    ich bin echt sehr begeistert über so viele schnelle Antworten. Diskussionsrunden sind immer gut und weil es jetzt mehr war, als erwartet, muss ich mich leider allgemein fassen, obwohl mit dem einen oder anderen HH mit Sicherheit ein interessantes Gespräch entstanden wäre.


    Vielleicht erstmal zu den wichtigsten Sachen:
    Ich bin mir sehr wohl dessen bewusst, dass mein Hund ein Welpe ist und somit Geduld und Empathie benötigt. Genau das kriegt er auch. Vielleicht haben es einige falsch verstanden, aber ich habe meinen Hund noch NIE geschlagen, getreten oder sonstiges. Wird auch nie passieren. Bei ihm reicht es einfach, energisch auf ihn zuzugehen. Je nach Situation, wenn ich ihn rufe und er nicht kommt, gehe ich auch mal weg und er trottet mir dann treudoof nach. :lol: Das ist mal so, mal so. Wie bereits geschrieben, mache ich die Dinge nach Gefühl und versuche meinen Hund zu verstehen und mich in gewissen Situationen entsprechend zu verhalten.


    Zum Titel dieses Themas: Ich habe es bewusst so überspitzt formuliert, weil das wieder mit Psychologie zutun hat. Der Mensch liest das und denkt: Ist ja totaler Schwachsinn, was ist das denn für ein Geisteskranker? , ein anderer liest das und denkt sich: Interessant, mal gucken worum es genau geht. In jedem Fall ist der Mensch neugierig und liest sich das Thema durch...somit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass viele Beiträge zustande kommen und Meinungen ausgetauscht werden. Das war ja mein Ziel...einfach ein Austausch von Ansichten und nicht "Richtig oder Falsch". :smile:


    Selbstverständlich konditioniert der Trainer seine Hunde auch bis zu einem gewissen Grad. Ist ja auch gut so, denn der Hund KANN ja gar nicht anders "komm" u.ä. lernen. Das ist auch alles richtig und wichtig.
    Es geht ihm vielmehr darum, dass manche Menschen ihre Hunde zu einer Kommandomaschine erziehen, anstatt das Tier, Tier sein zu lassen.
    Es ging ihm vielmehr darum, dass die Beziehung und soziale Interaktion (auch mit anderen Hunden) im Vordergrund stehen sollte, wenn man sich einen Hund angeschafft hat. Und nicht, dass der Hund alle möglichen Kommandos beherrscht und man sich selber dann auf die Schulter klopft und sagt: Ha, das hab alles ich gemacht!!! Weil mein Hund tausend Kommandos kann, ist es offensichtlich, dass ich was von Hundeerziehung verstehe.
    Darum geht es eher...und das ist, wie ich finde, ein sehr trauriger Gedanke.


    Und ich gebe denjenigen recht, die sie sagen, dass jeder Hund eine individuelle Erziehung genießen sollte, weil jeder Hund nun mal ein Individuum ist. Völlig logisch, dem schließe ich mich an.
    Genauso ist es auch mit geistiger Auslastung. Mein Rüde würde mir nen Vogel zeigen, wenn ich mit ihm Rolle und sowas üben wollen würde. Halte ich bei einem Berner Sennenhund auch nicht unbedingt für gesund. ^^ Dafür mag er sehr gerne Suchspiele.


    Im Übrigen kann ich sagen, dass ich großes Glück mit meinem Hund habe. Er gehört eher zu den ruhigen Artgenossen, die sehr entspannt durch den Alltag gehen. (neben den welpischen Einfältigkeiten ^^)
    Und dennoch ist er ein wahnsinnig intelligenter Hund, der sehr schnell lernt. Er kennt das Kommando "Komm" sehr genau und führt es auch aus, wenn er Lust hat. Und dieses WENN ER LUST HAT, soll eines Tages wegfallen. Der Hund kommt, wenn ich es sage. Weil ich es sage. Ich merke aber deutlich, wie es in seinem Kopf rattert und wie er das hinterfragt, was ich sage. Grunsätzlich kann er seinen Kopf haben und denken so viel er will. Wenn ich ihn aber rufe, hat er zu kommen.
    Sinnlos würde ich meinen Hund auch nie irgendwelche Dinge machen lassen, allein weil ich mir selbst dabei lächerlich vorkommen würde. Aber wenn ich der Meinung bin, der Hund kommt jetzt, weil es jetzt angemessen ist, dann soll er das auch bitte tun.


    Mein Hund kann auch Sitz und Platz, eher aus praktischen Gründen. Aber nicht, weil die Kommandos im Vordergrund stehen. Es ist zwar ganz nett, dass er das kann....sind für mich aber keine unabdingaren Kommandos.


    Und gaaaaaaanz wichtig: Der eine Beitrag, den ich vor einer Weile geschrieben habe. Wie ich das jetzt sehe? Mein Hund soll erstmal ausprobieren, was er so kann. Erstmal soll er ruhig aufsteigen und wenn er eine Abreibung kassiert, dann werde ich zur Stelle sein und gucken, dass diese Abreibung nicht die Konsequenz "Gang zum TA" haben wird. Wenn er älter ist, wenn er wirklich rüpelig wird, werde ich sehen, ob ich es vielleicht doch lieber unterbinde. Ich will es ihm nur erstmal nicht verweigern.


    Und was das Prügeln mit anderen Hunden betrifft: Solange es spielen ist, ist es okay. Inzwischen ist er selbstbewusster geworden, qietscht aber trotzdem noch manchmal. Das ist weniger schlimm, allerdings beobachte ich die Art des Spielens. Wenn der andere Hund aggressiv auf meinen Hund losgeht und nicht ablässt, wenn er qietscht, gehe ich dazwischen. Oder anders: Wenn ein Hund meinen Hund nicht in Ruhe lässt, mein Hund kommt zu mir angerannt weil er Sicherheit sucht, dann beschütze ich ihn. Grundsätzlich denke ich aber, dass die Hunde das unter sich ausmachen sollten. Und was für mich noch nicht unerheblich ist: Kommunikation zwischen den HH.



    Der Trainer schüchtert seine Hunde auch nicht ein. Er unterstreicht nur seine Autorität und das finde ich nicht falsch. Ich habe den Trainer bisher nur ruhig aber bestimmt erlebt. Und dass er unberechenbar für sein Rudel ist, ist irgendwie seine Sache finde ich.
    Ich mache es nach Gefühl, weil es bisher so am besten klappt. Weil ich meinen Hund einfach am besten kenne.
    Und zu diesem Schlaumeier der geschrieben hat, mein Hund hat mit 4 Monaten keinen Respekt vor mir: Den hat er sehr wohl. Aber das kannst du kaum beurteilen, denke ich. ;)


    Klar war ich sehr fasziniert von den Methoden des Trainers, gehöre aber nicht zu den super naiven Menschen die alles befolgen, was ihnen aufgeschwatzt wird. Ich finde es kann auch eine gesunde Mischung aus Konditionierung und den Hund, Hund sein lassen geben.
    So machen wir es und es klappt ganz gut. Der Hund hält sich an gewisse Spielregeln, aber ich trainiere nicht verbissen irgendwelche Kommandos.


    Wünsche euch allen noch einen wunderschönen, sonnigen (Feier)Tag. :p

  • Zitat

    Ich glaube Du musst mir nochmal auf die Spruenge helfen :roll:


    nö, muss ich nicht
    wie man am Smiley erkennt, interessiert es dich ja eh nicht wirklich


    meine Hunde wissen übrigens auch, dass sie nach nichts zu schnappen haben, was ich in der Hand habe ;)
    doofe Erziehung, gelle?



  • :gut: :gut: :gut: :gut: :gut:

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