Deprivationsschäden

  • Ich möchte gerne einen allgemeinen Diskussionsthread starten zu diesem Thema, statt dass nur der "Angsthund extrem"-Thread dafür genutzt wird.


    Deprivationsschäden, siehe Knowledgebase -> https://www.dogforum.de/post10…onssch%C3%A4den#p10934967



    Ich hatte ein kleines Aha-Erlebnis als ich diesen Begriff und seine Bedeutung hörte, da ich viele Verhaltensweisen doch an meiner Hündin wiedererkenne. Im Gegensatz zu dem aktuellen Angsthunde-Thread ist sie jedoch kein Angsthund, aber ebenso "lerngestört" sowie und einer Verhaltenskette gefangen, die nicht üblich ist.


    Unfallwurf in Dachgeschosswohnung, Mutter und überwiegender Teil der Welpen während der Säugezeit verhungert, stark unterentwickelt und unterernährt mit 7 Wochen gerettet.
    Vorrangig auffällig ist einer immer noch sehr übertriebenes Junghunde-Verhalten, trotz der mittlerweile fast 4 Jahre. Verhaltensweisen sind sehr naiv und kindlich. Teilweise hochsensibel. Lernfähigkeit unter Druck oder nur leichtem Erregungszustand ist fast unmöglich. Maximal akute Verhaltenseinwirkung möglich, aber schwerlich dauerhafte Lernumsetzung. Gelerntes ist nur nach Schema F abrufbar.
    Umweltunsicherheiten konnte ich dank früherer Sozialisierung gut entgegenwirken, aber dennoch sehr merklich sind Aklimatisierungsprobleme bei neuen Situationen, insbesondere bei Hundebegegnungen. Hier fällt sie aber jedoch wirklich nur durch extremes Welpen-Beschwichtigungsverhalten auf, in keinster Weise durch Aggressionen. Forsches und distanzloses Angehen von Begegnungen. Insgesamt aber sehr sozial und freundlich.Trotzdem fällt auf, dass andere Hunde keinen Bezug zu ihr finden. Niemand spielt aktiv mit ihr oder sucht ihre Aufmerksamkeit. Bei Einzelbegegnungen sind andere Hunde eher genervt und gehen ihr aus dem Weg, bei Gruppenbegegnungen wird sie ignoriert, eher sogar gemieden und sie läuft nur so planlos mit in der Hoffnung dass jemand mit ihr spielt.
    Insgesamt kann man sagen dass sie geistig überwiegend auf dem Stand eines 6 Monate alten Junghunds stehen geblieben ist.


    Vielleicht können wir hier weitere Fälle und Fallbeispiele sammeln?

  • da ich endlich herausgefunden habe das ich auch solch einen Hund besitze finde ich es schade, das dieser Thread nicht weitergeführt wurde. Ich hatte auf mehr gehofft.


    Zur Vorgeschichte:
    Jordan ist von einem Züchter von dem wir schon mal einen Welpen hatten. Als wir damals Angar holten hatte die Dame noch ein extra Zimmer in dem die Welpen aufwuchsen und wurden mit den Alltäglichkeiten bekannt gemacht. Aus dieser Erfahrung heraus wollten wir auch wieder einen Hund von ihr.
    Leider hat sie die Haltungsbedingungen rigoros geändert. Wir haben Jordan in einem Zwinger mit seinen zwei Schwestern vorgefunden, abseits der eigentlichen Zwingeranlage. Jordan war da bereits 4,5 Monate alt. Er sollte nicht abgegeben werden, weil er zur Zucht anvisiert war, doch plötzlich konnten wir ihn doch haben.


    Leider war uns zu diesem Zeitpunkt nicht bewußt, das Jordan leider schon geschädigt war. Er kam vertrauensvoll auf uns zu, setzte sich ins Auto, schmiegt sich an und war zuhause.


    Mit sieben Monaten hatte er ein schlimmes Erlebnis mit einem Hundesitter. Er wurde geschlagen und getreten und im Schlafzimmer eingesperrt. Jordan wollt nur Gassi gehen...mehr nicht. Er hat sich dann im Schlafzimmer lösen müssen und saß mittendrin als ich ihn befreite.


    Das war der Augenblick an dem er entschieden hat, das alle Menschen blöd, unberechenbar und grausam sind und man sich besser seiner Haut erwehren muss bevor was Schlimmes passiert.


    Wir waren mit der Entwicklung wirklich überfordert und haben erst mal ein paar Monate gebraucht um die Veränderungen einzusortieren.
    Dann fing das Management an. Das Alleinebleibtraining ging voll in die Hose. Ein Zwinger wurde angeschafft, damit unsere Wohnungseinrichtung wenigstens eine kleine Chance hatte zu überleben.
    Den hat er dankend angenommen und ist bis heute sein liebster Aufenthaltsort. Wir hatten ein großes Problem gelöst und konnten uns endlich um die Verhaltensweisen von Jordan kümmern.


    Jordan biss erst meinen Schwiegersohn dann meine Tochter, ging meinen Sohn extremst an......also, Trainer gerufen. Der war eine einzige Katastrophe.
    Noch einen Trainer gerufen. Der kam mit Spritzpistole und Schleppleine....und hat Jordan Todesangst eingejagt. Der Hund war nur noch ein Jammertal. Ich konnte das nicht mit an sehen und als dann noch der Spruch vom Trainer kam, nachdem Jordan sich hinter mich versteckt hat, sie dürfen dem keinen Schutz geben, war es vorbei mit meiner Geduld. Ich hab den Mann rausgeschmissen.


    Gott sei Dank hat Jordan das alles gut verkraftet und keine weiteren Schaden genommen.


    Charakter von Jordan:


    Jordan ist neugierig mit Rückwärtsgang und wenn es eng wird mit aggressivem Vorwärtsgehen. Er läßt keinen Menschen an sich rankommen wobei ich die Distanzen immer regeln muss damit wir Gassi gehen können.
    Er kriegt immer wenn einer von uns das Grundstück verläßt nen Kreiselkoller. Da er sich bei der Aktion schon mehrfach verletzt hat, tun wir ihn in den Zwinger für ein paar Minuten.
    Er kommt mit den kleinsten Veränderung nicht klar. Da reicht es schon einen Strauch zu schneiden. Er geht mindestens für 2-3 Stunden nicht mehr in die Nähe des Busches...und so pflanzt sich das fort.


    Wir haben im Juli unseren Gartenweg mit Platten ausgelegt.....er geht nicht drauf sondern läuft daneben.

  • Ein wichtiges Thema, hoffentlich verläuft es nicht wieder im Sand.
    Besonders, weil man sonst so wenig darüber hört. Ich wurde nicht einmal von - ansonsten recht guten - Trainern über die Möglichkeit eines Deprivationsschadens informiert.


    Mit der Entscheidung einen Tierschutzhund aufzunehmen, habe ich mir natürlich Gedanken über die Dinge gemacht, die er möglicherweise erlebt hat und welche Schäden er davongetragen hat. Nie bin ich auf die Idee gekommen, dass das Problem genau die Dinge sein würden, die er NICHT erlebt hat.


    Zum Glück ist Mimo kein Extremfall und wir haben uns mittlerweile - in nur 2 Jahren :D - gut zusammengerauft. Trotzdem bringen ihn kleinste Änderungen immer noch schnell aus dem Konzept. Sein Stresslevel ist permanent sehr hoch, er ist immer in Bewegung. Obwohl er eigentlich sehr klug ist, muss man beim Üben sehr vorsichtig und vor allem ruhig sein, damit er sich konzentrieren kann.


    Ich würde mich freuen, von Euren Erfahrungen zu lesen. Insbesondere, wie Ihr mit den besonderen Eigenheiten Eurer Hunde umgeht.

  • Für den Fall, dass der Thread nicht wieder einschläft, reihe ich mich hier mal ein.
    Zwei meiner Pflegehunde haben mMn Deprivationsschäden erlitten.
    Bei der Hündin bin ich mir nach dem, was ich gelesen habe, sehr sicher, der Rüde kratzt mindestens dran.


    Die Hündin wurde vor etlichen Jahren von einem Vermehrer in der Gegend beschlagnahmt, mit ca. 100 ihrer Rassegenossen. Die Hunde wurden bundesweit auf Tierheime verteilt, und so lernte ich meinen Schattenhund kennen.
    Sie ist ein wundervolles, sanftes Tier, allerdings kann sie Veränderungen gar nicht ertragen. Vor einigen Jahren wurde in ihrem Auslauf der alte Kirschbaum gefällt - sie kam mehrere Tage nicht mehr aus dem Innenraum des Zwingers heraus.
    Auch ist sie eine Angsthündin, die, sobald Fremde auf den Hof und in die Nähe des Zwingers kommen, auf Nimmerwiedersehen in ihrer Hütte verschwindet. Menschen, die sie lange und intensiv kennt, werden gemocht, mir vertraut sie sogar so sehr, dass ich Fremde mit zu ihr bringen kann, ohne dass sie in Panik gerät. Manchmal streckt sie dann sogar noch die Nase aus dem Innenbereich raus und holt sich von mir ein Leckerchen.


    In ihrer Angst legt sie auch nie den Vorwärtsgang ein, selbst wenn sie in die Ecke gedrängt wird (impfen geht z.B. nicht anders, weil sie die Tierärzte fürchtet, die zum Hof kommen), schnappt oder droht sie nie. Statt dessen fällt sie in sich zusammen, ich erlebe das als eine Art Schockstarre, sie rührt sich nicht mehr und verbleibt z.T. lange in diesem Zustand. Anfangs musste sie, wenn sie sich im Auslauf erschreckt und unter einem Busch verkrochen hatte, mit zwei Leuten zurück in ihren Zwinger getragen werden, weil sie den Weg von selbst nicht mehr gehen konnte.
    Mir kommt es vor, als habe sie z.T. autistische Züge. Wirklich gut geht es ihr, wenn ich bei ihr bin, ich kann auch neue Gegenstände mit in den Zwinger bringen, die sie dann sogar untersucht. Neuerdings verwende ich auch Spooky als Therapiehund, sie hat ihn sehr gern und spielt und interagiert viel mit ihm, und wenn ich mit ihm Dummyübungen mache, kann es passieren, dass sie einfach hinschleicht und den Dummy klaut, um ihn ein paar Meter weiter fallen zu lassen. Früher undenkbar, weil sie den Dummy nicht kannte und Angst gehabt hätte.
    Mich spielt sie auch an, springt heimlich von hinten gegen meinen Rücken (so weit man bei einer ausgewachsenen Kangalhündin von heimlich sprechen kann :hust: ), freut sich nen Keks, wenn ich komme.


    Bei allen Fortschritten, die sie macht, gibt es auch immer wieder Phasen, in denen sie gar nicht mit mir arbeiten kann. Dann kommt sie nicht mal aus ihrer Hütte raus, wenn ich sie rufe. Ich weiß das und lasse sie dann in Ruhe, lese ihr im Zwinger was vor oder quatsche mit ihr, das tut ihr dann gut.
    Ich liebe diesen Hund wahnsinnig, und es macht mich stinksauer, zu wissen, was für ein wundervolles Potential einfach weggeschmissen wurde durch ihre versaute Welpen- und Junghundzeit.




    Mein Pflegerüde, hier im Forum besser bekannt als die blonde Katastrophe, kam als ganz Junger mit einem Stachelhalsband an die Kette. Deshalb kennt er auch nichts, er kann überhaupt nicht mit Hunden kommunizieren, flippt regelmäßig aus, wenn er Dingen begegnet, die er nicht kennt oder die ihn kurzzeitig erschrecken, steht kreischend in der Leine, hat überhaupt keine Frustrationstoleranz und Impulskontrolle und ich ziemlich permanent reizüberflutet. Seine Eigenheiten wurden fälschlicherweise als Artgenossenaggression diagnostiziert, unserer Meinung nach steckt da einfach viel mehr dahinter. Nämlich die Unfähigkeit, sich auf neue Situationen einzustellen und mit fremden Reizen umzugehen. Da ist es egal, ob der Reiz ein Hund, ein Radfahrer oder, wie letzte Woche, eine Ponykutsche ist.
    Ich trainiere mit ihm in der Hinsicht, und es gibt Fortschritte, aber diese kommen sehr langsam. Immerhin schnappt er mittlerweile nur noch sehr selten in seinem Frust nach hinten rum, ich hab wesentlich weniger blaue Flecke als noch im April und Mai. :D
    Der Blonde ist sehr empfänglich für den Clicker und er arbeitet gern. Wenn er die richtigen Halter bekommt, wird das ein Traumhund. Aber einer, der ne Menge Schweiß und Nerven kostet.

  • Meine Zweithündin die Donna ist eine Angsthündin mit Deprivationsschaden....


    Ich habe sie eigentlich nur weil dringend eine Pflegestelle gesucht wurde durch Umwege kam sie zu mir als Pflegi...tja als ich das Häufchen elend sah war klar die bleibt egal wie....


    Ich habe am Anfang viel falsch gemacht weil ich gar nicht so richtig wusste was hat die den :???: durch umfassende Recherchen bin ich auf das Angsthundeforum gestossen...dort gibt es ganz tolle Tips und zum ersten Mal hörte ich auch von dem Deprivationsschaden....bekam auch jede Menge Bücher Tipps ...die mir mehr als geholfen haben...mein Lieblingsbuch ist ...Schreck lass nach...und meiner Meinung nach sollte das JEDER HUNDEBESITZER gelesen haben...


    Donna ist jetzt 1 Jahr bei mir...und es hat sich einiges Verändert...


    Am Anfang hat sie sich nur an einer Stelle gelöst, wenn irgendetwas anderst war sei es ein Rascheln im Gebüsch, Stimmen irgendwas löste sie sich nicht....sondern machte mir wenn ich dann zur Arbeit ging auf den Teppich...
    Auch lag sie immer fast schon apathisch in ihrer Kudde....
    Usw. und so fort.


    Heute ein Jahr später, löst sie sich draussen...egal ob es raschelt :roll: ...liegt alle viere von sich gestreckt in ihrer Kudde....und wenn es klingelt bellt sie neuerdings mit der Jane zusammen...noch zaghaft aber sie bellt...


    Wenn sie vorher stehen geblieben ist weil sie Angst hatte bleibt sie jetzt stehen weil sich schnüffelt.....


    Donna hat immer noch jede Menge Ängste, sie wird sie wohl nie ganz verlieren....Aber ich kann jedem nur Raten bei so einem Hund ist weniger mehr....das heißt ich laufe in den frühen Morgenstunden wenn es noch ruhig ist kaum Menschen unterwegs immer und immer wieder eine Gassistrecke....voll laaaangweilig aber bei einem Hund mit Deprivationschaden ist das ideal...weil sie muss sowieso schon mit genug fertig werden...dann mache ich nur eine große Runde am Tag mit ihr...ansonsten gehen wir nur 4 mal am Tag raus zum lösen...in der Wohnung lasse ich sie in ihrer Kudde völlig in Ruhe ausser Leckerlie lege ich ihr rein oder mal ein Bauchknorpel usw. aber ich streichle sie nicht in der Kudde (weil sie vor Berührungen Angst hat)...


    Tja und der Erfolg gibt mir Recht....sie ist wie gesagt viel entspannter geworden ist weniger Stressanfällig und wenn ist sie schneller wieder runtergefahren

  • schön das sich noch mehr hier melden.


    Ich frage mich immer, bei dem Streßlevel, das wohl alle gemeinsam haben, verkürzt das nicht das Leben? Ich habe manchmal echt angst, Jordan kriegt mal einen Herzkasper. Das ist in manchen Situationen dermaßen schlimm wie der sich hochpusht....


    Wir haben wohl auch noch das Glück, das kein Anderer im Leben von Jordan rumgefuscht hat. Wir konnten doch viele Sachen in normale Bahnen lenken. Das haben wir wohl instinktiv gemacht und wie es aussieht auch noch richtig.


    Er wird nie eine normaler Hund sein. Seine Besonderheiten werden immer ein Augenmerk für uns sein und wir müssen immer in Hab-Acht-Stellung sein um sofort zu reagieren.


    Der schöne Nebeneffekt dabei ist, das wir Jordan fast perfekt lesen können. Übung macht den Meister.


    Aber trotzdem überrascht er uns immer wieder mit Situationen die wir wohl nicht richtig gesehen haben. Ist schon ganz schön anstrengend.

  • wir konnten mit unserer junghündin in den ersten 8 monaten schon grosse erfolge feiern (grosse erfolge in anbetracht ihrer frühen deprivativen haltung).


    wir können sogar schon menschen kreuzen, auf dem gehweg. absolut genial. (früher war schon eine distanz zu menschen von 20-30 metern total unerträglich für den hund).



    trotzdem bleibt ihre unfähigkeit des generalisierens. alles muss immer neu erlernt werden. wechseln wir einmal in einen anderen wald, oder gehen wir eine stunde später gassi, ist natürlich wieder alles beim alten. auch jeder besucher muss monatelang kennengelernt werden.


    Janepepe:
    ja stimmt, da muss man vieles neu lernen. mich hat das thema so gepackt und ich habe soviel literatur dazu gelesen dass ich mich entschieden hab die ausbildung zum hundetrainer zu machen.


    was mich aber immer noch nervt sind hundehalter mit perfekt sozialisierten und bereits im welpenalter an alle dinge unseres alltags gewohnte hunde welche dann sprüche klopfen wie "erziehen sie ihren hund doch mal" usw. ich muss mitlerweile laut lachen bei solchen gestalten.

  • oder solche Leute....ja wiiie die hat immer noch Angst....mmh da machste was falsch...


    Ich hat hier einmal so ne Hundetrainerin...ich sag euch die labberte was von ich nehme den Hund jetzt mal 14 Tage mit und dann baue ich sie von Grund auf....dann noch zusammen Training labber labber blubb blubb...die Tante bekam meine Donna nicht mit und von mir auch keinen neunen Termin :D ....


    Was mich auch ankekst sind die Hundebesitzer der tut nix....ist ja okay aber meine Donna ist an der Leine die kann nicht weg!


    Jane macht dann als wie ab und stellt sich vor Donna....voll große Schwester... :roll: ...ich sag Herr schmeiss Hirn oder Steine....aber triff....


    Ich meine es sollte doch der Wunsch des Hundehalters respektiert werden ohne das sich dieser erklären muss...


    Ich gebe Donna auch zur Nervenstärkung Canipur Relax Forte....finde das hat ihr auch geholfen...mit vielem besser fertig zu werden....auch füttere ich Roh ....habe beobachtet das sie, es gibt halt auch Kehlköpfe usw....da am knorkseln ist danach viel entspannter ist irgendwie wirkt das Stressabbauend.....

  • Ich reihe mich auch mal ein mit meinem lernbehinderten Sockenmonster :D
    Finn kam mit 8-12 Wochen zu uns (jedes seiner Geschwister hat ein anderes Geburtsdatum mitbekommen, also weiß niemand nix genaues), anscheinend hat das schon gereicht, den armen Kerl fürs Leben zu verderben. Klar, wir hätten bestimmt vieles besser machen können, aber das Grundproblem, dass in Finns hübschem Köpfchen einfach nix hängen bleibt und er die Welt auf eine sehr besondere Weise sieht ("alle sind meine Feinde und ich muss sie leider töten, auch wenn mich das zu Tode ängstigt"), lässt sich nicht betreiten. Zumal der ganze Wurf so drauf war. Sie konnten allesamt nicht alleine bleiben und hatten überhaupt keine Nerven. Ein Stuhl, der anders stand als erwartet, war ein Drama und Grund genug am Rad zu drehen. Und wenn dann auch noch ein Auto in der Straße anderst geparkt hatte, ojemineojemine. Von "plötzlich" auftauchenden Menschen, Hunden, Autos etc mal ganz zu schweigen :headbash:
    Das soziale Miteinander mit Menschen war ihnen völlig fremd, Finn hat fast zwei Jahre gebraucht, bis er akteptieren konnte, dass außer ihm noch jemand in diesem Haus wohnen will. Spielen oder gar kuscheln kam erst sehr viel später dazu.
    Und bei allen dreien ist das mit Eintritt in die Pubertät von ängstlich-passivem Verhalten in Agression und nach-vorne-gehen umgeschlagen :| mit dem Ergebnis, dass der eine Bruder erschossen wurde und Finns Schwester nach Jahren im Tierheim jetzt in einem "Experimentalrudel" irgendwo am Ende der Welt ganz ohne direkten Kontakt zu Menschen lebt. Mit anderen Hunden kommt sie zum Glück super aus.
    Bei Finn merkt man jetzt mit seinen sechs Jahren so langsam, dass von all dem Training endlich was hängen bleibt - an guten Tagen. Tagelang benimmt er sich ganz passabel, und auf einmal bringt ihn ein unerwartet auftretender Mensch völlig aus dem Konzept. Wegen dieser "Unberechenbarkeit" ist Finn immer gesichert, wenn uns jemand begegnen könnte. Er kann zwar eigentlich mit den meisten Reizen umgehen, aber halt nicht zuverlässig bzw zeigt er mir nicht früh genug an, dass ihn was überfordert, also dann lieber ganz an der Leine bleiben.


    Gesundheitlich ist er ein Wrack. Schwere HD, ED, Athrose, Herzinsuffizienz, eine bisher nicht wirklich greifbare Erkrankung, die seine Nerven angreifft...ob zuerst der Deprivationsschaden und aus dem daraus resultierenden Stress die Erkrankungen kommen oder Finn eh eine gesundheitliche Dauerbaustelle geworden wäre, kann glaub ich keiner so genau sagen. Auf jeden Fall sieht er körperlich sehr viel älter als seine 6,5 Jahre aus.


    Das "schöne" mit so einem Hund ist, dass einen irgendwie nix mehr schreckt :roll: wir hatten jetzt glaub ich alles durch, was ein Hund so an "unerwünschtem" Verhalten zeigen kann. Der nächste darf gerne jagen, Leine pöblen, aus Stress Socken fressen, nicht alleine bleiben können, Autos jagen etc pp, solange er nur tief in seinem Herzen positiv was mit Menschen anfangen kann und lernen kann.

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