Notfall(straßen)hund, Aggressivität, erste Hitze, Hierarchie

  • Hallo nochmal.


    Da sich die Gemüter erst mal beruhigt haben, entscheiden wir heute Nachmittag, wie wir weiter vorgehen werden.
    Meine Tierärztin meinte, dass diese Wesensveränderung auf jeden Fall mit der ersten Hitze zu tun haben würde. Rein logisch betrachtet sehe ich das auch so.


    Sie war vor der ersten Läufigkeit vielleicht nicht die bravste und hatte generell etwas mehr Aggressionspotenzial als meine Große, aber sie hätte nie ernsthaft gezwickt. (Beim Zahnwechsel hat sie natürlich etwas auf einem herumgekaut, aber mit einem langgezogenen "Auuuuuuuuuu" hat sie doch immer losgelassen und das ist doch natürlich)


    Für mich ist die ganze Situation grausam. Ich durfte sie immer streicheln, sie schlief von Anfang an in meinem Bett, kuschelte sich an mich, suchte immer meine Nähe. Wir sind Spielkameraden, freuen uns beide, wenn sie im Garten ein verstecktes Leckerli findet, oder einen Ball zurückbringt ...


    Zu Gestern:


    Es war Abend, ich saß erst auf der Couch und sah einen Film. Dann wollte ich wissen wie spät es ist, durchquerte den Raum (da kam ich an ihr vorbei, beachtete sie aber nicht und unser Wohnzimmer ist groß genug). Als ich bei der Uhr war (da hab ich das Licht angeknipst) knurrte sie plötzlich.


    Gut, jetzt kommt der Knackpunkt (wie gesagt, ich gehe scharf mit mir selbst ins Gericht). Uns wurde gesagt, man dürfe ihr solches Verhalten auf gar keinen Fall durchgehen lassen, denn wenn sie einmal gewinnt, dann würde es ungleich schwieriger ihr das Verhalten wieder abzugewöhnen.


    Sie knurrt und bellt, also spreche ich sie erst mal ruhig an. Es gibt nach wie vor keinen direkten Blickkontakt, ich will sie ja nicht provozieren. Das Knurren und Bellen geht unablässig weiter, sie beruhigt sich nicht.


    Und jetzt kommt die Sache an der sich die Geister scheiden werden: Ich gehe auf sie zu, nehme sie hoch (weil dort doch wenig Platz ist und ich mich nicht auf irgendwelche Verfolgungsjagden oder dergleichen einlassen möchte) und zack -> Biss. Und diesmal richtig :(


    Warum ich mich verhielt, wie ich mich verhielt? Nun ja... obwohl ich mich bemühe ausführlich zu Beschreiben ging wiederum alles recht schnell vonstatten und in mir ist einfach diese Primatenerbmasse. In einer solchen Situation konnte ich nicht anders und tat vielleicht genau das Falsche. Andererseits, hätte ich sie "gewinnen lassen", was wäre dann? Es liegt ganz sicher an ihrer Größe. Hätte ich einen Rotweiler, ich wäre wohl in den nächsten Raum geflüchtet, hätte mich verbarrikadiert und die Polizei gerufen *dezent übertreibt*.


    Ich bin stinksauer, stinksauer auf mich selbst und die ganze Situation. Sie ist nicht mein erster Hund, vor allem nicht mein erster potenzieller Problemhund und ich tue alles was in meiner Macht steht. Es ist schwierig genug sich einen Fehler einzugestehen ... mir ist klar, dass kein Hund von Natur aus Böse ist, aber ich bin mit meinem Latein endgültig am Ende.


    Wir werden sehen, ob ich am Nachmittag die Tierschutzorga anrufe und wir gemeinsam schauen, ob sie anderswo einen besseren Platz bekommen kann (mit einem erfahreneren Hundehalter), oder ob wir uns dazu durchringen können, ihr noch eine Chance zu geben.


    Für mich ist das Traurige einfach, dass dieser Hormoncocktail (so er denn der Schuldige ist), eine derartige Wesensveränderung herbeiführen kann und das so blitzschnell. Jetzt ist sie wieder ganz zärtlich, sieht mich schwänzelnd an, doch bei jedem Beller, jedem kleinen "Gurren" zucke ich innerlich zusammen. Mittlerweile habe ich "Furcht". Nicht wegen der Hand, sondern einfach, weil ich nicht weiß, was ich falsch mache.


    Ich konnte die beiden Hunde alleine lassen. Das war nie für lange, meist zwei-drei Minuten, in den letzten Wochen bin ich aber auch zweimal mit dem Rad unterwegs gewesen, eine größere Tour, da waren sie schon mal 2 Stunden alleine. Nie war etwas. Jetzt kann ich ihr nicht mehr trauen, ich muss die Hunde getrennt halten, fühle mich wie ein Gefangener in den eigenen vier Wänden.


    Diese plötzlichen Stimmungsschwankungen sind unerträglich. Meine Hand schmerzt ein ganz klein bisschen, aber mein Inneres ist ein tobendes Meer an Gefühlen. Ich liebe sie, ich liebe sie so sehr, aber vielleicht bin ich einfach der Falsche für sie.


    BieBoss: Meine Mitbewohnerin war mit in der Hundeschule, es ist auch nicht ihr erster Hund.
    Rückzugsorte gibt es nur in dem Sinne, dass in beinahe jedem Raum eine Decke/ein Teppich liegt, auf dem sie sich entspannen können. Die gab es schon immer. Vielleicht verstehen wir unter "Rückzugsort aber auch etwas anderes?!


    Du sagst jetzt wieder, wir sollten nicht eingreifen. Gestern die Situation zwischen den beiden war nicht mehr lustig. Es lag ein einzelnes Trockenfutterbröckchen (diese kleinen Dinger) in der Mitte des Raumes, über einen Meter weg von den Hunden. Zuerst haben sie gekuschelt wie sie es immer tun und plötzlich knurrt und bellt die Kleine, diesmal aber ganz anders als zuvor. Sie hat nicht auffordernd gebellt ("Spiel mit mir!" oder "Gib das her!"), sondern richtig aggressiv. Auch da durfte sie eine Auszeit nehmen.


    Die Große hat definitiv Angst vor ihr. Sie lässt alles sofort fallen, wenn die Kleine kommt, außer es ist etwas zum Fressen (sie ist leider auf Dauerkortison, d.h. sie hat immer Hunger), dann schluckt sie es eben als Ganzer.


    Und so schnell kann man oft gar nicht reagieren, wo die Hunde wieder irgendetwas hervorkramen und einen alten Kauknochen gefunden haben etc. Die Kleine nimmt ihr sonst alles rigoros weg. Sobald die Große irgendein Spielzeug hat -> hinlaufen -> die Große lässt es fallen -> wegnehmen.


    Seitdem mir in diesem Thread gesagt wurde, ich solle eingreifen, tue ich das auch konsequent.


    Mitbewohnerin: Es ist nicht ihr erster Hund (ja, ich wiederhole mich), sie wurde letztes Jahr allerdings von einem ihr bekannten Hund gebissen. Wir haben unterschiedliche Kommandos (trotz gemeinsamer Hundeschule) und logischerweise eine andere Körpersprache. An den Kommandos haben wir gearbeitet (also am Abstimmen), aber die Kleine folgt meist brav.
    Mir ist egal, ob man mir das glaubt oder nicht, es ist so.


    Nur wenn die Große etwas hat und wir im Garten sind, dann tänzelt sie um sie herum und gibt keine Ruhe. Sei es nun ein Spielzeug oder ein Kauknochen. (Sie hatten beide einen Kauknochen und nein, ich wollte das nicht zulassen, aber "Wir haben ihnen doch immer Kauknochen gegeben, das ging doch schon bei [bitte Namen eines verstorbenen Hundes einfügen]" und zack, haben beide einen Knochen im Maul und sind im Garten verschwunden.


    Ansonsten gibt es nur diese Aussetzer, von denen gestern Abend der Vierte blutig geendet hat. Bin mir auch nicht sicher, wie mir ein Trainer dabei helfen soll. Ich lese immer wieder von Leuten, die einen Trainer bei sich hatten und währenddessen war alles super und danach wieder dieselben Probleme. Klar muss ich generell an meinem Auftreten mit der Kleinen arbeiten - da kann er mir helfen - nur wie soll er diese Situationen aus reinen Erzählungen einschätzen?


    Es wäre so schön, wenn sich alles mit einer Kastration lösen ließe, so gemein das jetzt klingen mag :(
    Die Geräusche die gestern Abend aus dem Wohnzimmer kamen, waren laut Mitbewohnerin auf jeden Fall wie aus einem Horrorfilm entnommen.

  • Zitat

    .....Wenn ein Hund einem sich annähernden anderen Hund oder Mensch geradeweg entgegensieht, möglichst noch mit Blick in die Augen, dann heisst das nie und nimmer "streichle mich" sondern bedeutet nichts anderes als "BLEIB WEG". Und Du bist nicht weggeblieben, sondern hast sie dann sogar noch angefasst! In Hundesprache ein grober und unanständiger Fehler! Sie kündigt ihr "Beissen und Anfallen" also ganz klar an!....


    :gut:


    Wenn mich der Hund so angucken würde, würd ich ihn erstmal ansprechen und gucken, wie sie dann reagiert. Bleibt sie so stehen, evtl. runterlocken zu Dir mit nem Leckerli. Die braucht bloß bisserl schlecht zu sehen und Dich auf den Abstand nicht gleich zu erkennen und denkt, ein Fremder würd aufs Sofa wollen o.ä. - man kann doch ins Hirn nie wirklich reingucken. Wenn sie dann bei Dir ist/war, könnt Ihr Euch zusammen wieder raufsetzen.


    Wenn das mehrmals passiert, würd ich ne Hausleine dranmachen (ohne Schlaufe, nur damit Du sie runterkriegen kannst vom Sofa, ohne sie direkt anfassen zu müssen), und dann, wenn sie wieder so guckt, runterschicken, und wenn sie nicht geht, an der Hausleine ins Körbchen bringen.


    Das ist die Variante für ängstliche Mitbewohner.


    Als hartgesottener Terrierhalter hab ich ne andere Methode, die glaub ich Dir auch entsprechen würde, nach dem, was ich so bisher hier gelesen hab: ich würd meinen einfach mit einem harten "HEY!" oder "NEIN" oder "Du spinnst wohl!" (natürlich in bösem Tonfall) runterschubsen, wenn der auf dem Sofa spinnt, oder im Nacken packen und runtersetzen mit nem deftigen Kommentar *gg Aber dabei mußt halt schnell sein, damit die Hände nicht in die Nähe der Zähnchen kommen *gg Auch 10 Kilo können verdammt hart zubeißen, wenn sie in nem Terriermäulchen stecken! Allerdings: meine Terris tun es nicht, weil sie genau wissen, daß es ihnen nicht gut tun würde ;-) Spätestens an der Stelle würde sie der Übermut verlassen *gg Daher könnt ich sie gefahr- und problemlos packen. Mußt halt selbst einschätzen können.

  • Zitat

    ......
    Wenn die Kleine vom Sofa soll nicht runterheben, sondern runter schicken. Wenn sie nicht geht Hausleine dran.
    Finde das respektvoller und ich glaube die Hunde danken es einem.


    Respektvoll kriegt der Hund von mir, wenn er sich entsprechend benimmt..... ;-) Wenn er weiß, was er soll/nicht darf (!), und macht´s trotzdem, hat sich´s mit Respekt - dann setz ich mich da durch. Und ein Runterschicken birgt immer das Risiko, daß der Hund nicht gehorcht (wenn der da drauf steht und schon das Sofa gegen den Halter verteidigt, ist es in meinen Augen sehr wahrscheinlich, daß er dessen Kommando dann auch net gehorcht!). Dann lieber mit Hausleine "runterführen", aber auch da wird er nicht freiwillig runterspringen, muß man wahrscheinlich ziehen. Dann kann ich ihn auch gleich runterschubsen, find das jetzt keinen Unterschied....

  • Habe ich eigentlich das Alter überlesen?


    Während der Pubertät kommt es öfter zu den Angstphasen. Das heißt die Hunde sind plötzlich unsicher und haben vor bisher banalen Sachen Angst.


    Jetzt war es dunkel, sie hat evtl. Angst bekommen und was machst du- du hebst sie hoch. Fataler Fehler, wie du selber siehst. Stell dir vor du bist klein, bekommst Angst und wirst dann noch in die Luft gehoben. Nur um dir zu zeigen, dass es keine pure Aggression bzw. Begrenzung sein muss.


    Das kann sein, muss aber nicht, ich bin weiterhin für einen Trainer, der sich die Situation vor Ort anzuschauen. Ach warum ein Trainer? Wir können hier nur aus deiner Beschreibung entnehmen, wie sich der Hund verhält und wie du dich gegenüber ihm verhältst. Ein Trainer hingegen sieht die örtlichen Gegebenheiten und kann die Körpersprache des Hundes klar deuten. So kann man dir ein besseres 'Rezept' geben als wir hier.


    Konsequenz, die du wie du schreibst ja auch gut 'durchsetzt' ist meiner Meinung nach aber tatsächlich immer wichtig. Egal ob sie aus Unsicherheit oder Aggression nach vorne geht.


    Du musst dir unbedingt abgewöhnen sie als kleinen Hund zu sehen. Du muss wirklich immer den großen Hund sehen.


  • Hm - dann achte mal auf Deine Körpersprache in diesem Momenten: beugst Du Dich vielleicht bedrohlich wirkend runter, um sie streicheln zu können? Manchmal denkt man an sowas nicht. Oder faßt sie wo an, wo sie´s ciht mag? Wie bewegt sie die Pfote? Ein Hochheben (wie zum Vorstehen beim Jagdhund!) könnte z.B. Beschwichtigung sein, weil ihr grad was unheimlich ist - und wenn man dann hinlangt, muß sie sich ja verteidigen.


    Und: hast Du schonmal dran gedacht, daß sie irgendwo Schmerzen haben könnte, wo Du hinlangst? Beobachte mal, wann sie austickt: schon bevor Du sie anfaßt, oder wenn Du bestimmt Stellen berührst. Wenn Letzteres: abchecken lassen, vielleicht ist damit schon die Ursache gefunden.....

  • Zitat

    Habe ich eigentlich das Alter überlesen?


    Während der Pubertät kommt es öfter zu den Angstphasen. Das heißt die Hunde sind plötzlich unsicher und haben vor bisher banalen Sachen Angst.


    Jetzt war es dunkel, sie hat evtl. Angst bekommen und was machst du- du hebst sie hoch. Fataler Fehler, wie du selber siehst. Stell dir vor du bist klein, bekommst Angst und wirst dann noch in die Luft gehoben. Nur um dir zu zeigen, dass es keine pure Aggression bzw. Begrenzung sein muss.


    Das Licht war dann an (und auch vorher lief der Fernseher, d.h. es war nicht ganz dunkel)

  • Zitat

    ......
    Davon abgesehen sehe ich es nicht als meine Pflicht an den Hund zu beschäftigen oder zu unterhalten, der findet sich schon selbst etwas.....


    *hust..... Ja - vor allem etwas, das Dir dann evtl. nicht gefallen könnte. Wie z.B., wenn sie draußen im Garten ist, selbigen gegen Passanten zu verteidigen, sodaß sie dann am Zaun alle Leute zu verbellen beginnt o.ä....... Oder Tapeten zu runinieren. Oder Katzen in der Nachbarschaft zu jagen - alles recht nette Freizeitbeschäfiotgungen für nen Terrier, der sich grad langweilt.....


    Paß also in der Hinsicht lieber auf, was Du Dir wünschst *gg

  • Zitat

    .....Außer sie sieht es jetzt als ihren Job an dich zu kontrollieren... (Wink mit dem Zaunpfahl ^^)....


    Hach, siehste, hab ich was vergessen aufzuzählen..... ;-) ;-)

  • Zitat


    Hm - dann achte mal auf Deine Körpersprache in diesem Momenten: beugst Du Dich vielleicht bedrohlich wirkend runter, um sie streicheln zu können? Manchmal denkt man an sowas nicht. Oder faßt sie wo an, wo sie´s ciht mag? Wie bewegt sie die Pfote? Ein Hochheben (wie zum Vorstehen beim Jagdhund!) könnte z.B. Beschwichtigung sein, weil ihr grad was unheimlich ist - und wenn man dann hinlangt, muß sie sich ja verteidigen.


    Und: hast Du schonmal dran gedacht, daß sie irgendwo Schmerzen haben könnte, wo Du hinlangst? Beobachte mal, wann sie austickt: schon bevor Du sie anfaßt, oder wenn Du bestimmt Stellen berührst. Wenn Letzteres: abchecken lassen, vielleicht ist damit schon die Ursache gefunden.....


    Ich habe sie, seitdem sie ganz klein war. Ich hab sie immer gleich gestreichelt und es vermieden mich über sie zu beugen, weil wir - auch wenn wir nie so einen kleinen Hund hatten - gleich gesagt bekamen, dass man bei so kleinen Hunden aufpassen müsse, weil sie das noch viel mehr als Bedrohung ansehen könnten, als die Großen.


    Sie bewegt ihr Pfötchen immer "auffordernd", wenn sie gestreichelt werden will. Und das mit den Schmerzen kann ich ausschließen. Wir waren erst letzte Woche beim Tierarzt und wollten bald wieder fahren, für eine weitere Impfung.

  • Zitat

    Hach, siehste, hab ich was vergessen aufzuzählen..... ;-) ;-)


    Das ist jetzt aber bald der Fall. Angst ist es nicht, aber Furcht habe ich jetzt auch. Ich mag gar nicht mehr an ihr vorbeigehen, sie könnte ja doch wieder durchdrehen. Ich gehe jetzt richtig verklemmt, eher wie eine Maschine :verzweifelt:

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