Wer hält einen nicht jagdlich geführten Weimaraner?

  • Als begeisterter Jagdhundehalter dehnke ich schon, dass es allgemein möglich ist, einen Jagdhund auch jagdalternativ zu beschäftigen.


    Wenn die Besitzerin weiß, was sie sich da für eine Rasse geholt hat, wird sie zwar viel Arbeit haben, aber machbar ist das schon.


    Beim Weimaraner sehe ich den Schutztrieb/Mannschärfe als das größte Problem, dass man handhaben können muss und was von den Besitzern oft unterschätzt wird.


    Ansonsten würde ich sagen, ist ein Weimaraner ein Hund wie andere Jagdhunde auch. Wichtig ist, so einen Hund nicht zu überdrehen, das erste Jahr recht ruhig zu halten, gute Impulskontrolle, gute Frustrationstoleranz, gutes Abbruchsignal und bei der Erziehung muss man sehr auf Details achten und darf sich keine größeren Fehler erlauben.


    Ist der Hund gut erzogen, führig und kontrollierbar, kann man auch einen Jagdhund ableinen. Der Weimaraner ist ein Vorstehhund, der auf Kooperation mit dem Menschen gezüchtet wurde.


    Bei Jagdhunden ist es ja nicht so, dass, wenn man die ableint,die alle im Wald verschwinden und jagen gehen. Jede Jagdhundrasse ist für eine andere Aufgabe gezüchtet worden, darauf muss man eingehen können.


    Jetzt mit 5 Monaten kann man sicher noch gar nicht viel sagen, der Weimaraner ist eine Rasse, die sich sehr langsam entwickelt und spät erwachsen wird. Mannschärfe kommt bei vielen erst ab 2 bis 4 Jahren zum Vorschein.


    Mein erster Hund war ein Deutsch Kurzhaar aus jagdlicher Zucht und zudem auch noch ein Kopfhundtypus. Der konnte überall frei laufen, war gut zu erziehen, aber man musste schon sehr klar mit sich selbst sein und durfte sich nicht viele Fehler erlauben. Jagdalternativ konnte man einiges mit ihm machen, er war ein absoluter Workaholic, der Spaß daran hatte, schwierige Aufgaben zu lösen. Im Haus ein sehr angenehmer Mitbewohner und sehr ruhig. Recht zeitintensiv so eine Rasse, aber es macht ja auch Spaß, sich immer wieder schwere Arbeit zu überlegen.


    Wichtig bei den Jagdhunden, wie bei vielen anderen Rassen auch: keine Ballspiele, nichts werfen, nichts Aufpushendes, sondern erst mal muss der Hund lernen, einem bewegten Reiz NICHT hinter her zu gehen, die Impulskontrolle muss von Anfang aufgebaut werden, sonst hat man später an Wild keine Chance mehr, wenn der Hund gelernt hat, hinter einem bewegten Reiz hinterher zu rennen macht Spaß.


    Ich persönlich mag die großen Vorsteher gerne und wollte vor 15 Jahren immer gerne einen Weimaraner haben. Heute jedoch würde ich mich gegen diese Rasse entscheiden, zum einen, weil ich keinen Hund mit Mannschärfe in meinem Leben gebrauchen kann und zweitens, weil der Weimaraner heute ein Modehund ist und das ist nie gut für eine Rasse.

  • Moin,


    da widersprichst Du Dir ein bisschen, oder? Die Mannschärfe sehe ich, ebenso wie Du, als Problem und genau damit ist ein Weimaraner eben nicht wie andere Jagdhunde auch. Ihm fehlt nämlich etwas ganz existenzielles, die angewölfte Scheu vor "Menschen beißt man nicht."


    Natürlich wird das unterschätzt, denn was Mannschärfe wirklich bedeutet ist vielen gar nicht klar. Im Wald getroffen, Frau mit Weimaraner, noch jung und dann kamen wir ins Gespäch und sie erzählte mir nebenbei, sie wollte eigentlich einen Malinois haben, die möge sie so gern, aber die seien ja Schutzhunde und das wollte sie in gar keinem Fall..... ihr Hund war dann irgendwann plötzlich nicht mehr da, auf meine Nachfrage erzählte sie, er habe plötzlich und unerwartet den Nachbarn angefallen, aus heiterem Himmel, nur weil der aufs Grundstück gekommen ist. Ach was? Dabei war ihr Hund doch soooo ein schöner Hund. :mute:


    Und, mit 5 Monaten ist das alles noch easy, die meisten Weimaraner "erwachen" dann, wenn sie älter werden, manche erst so richtig ab dem 6. Feld, erwachsen, selbstbewusst und eben sehr wachsam. Die wenigsten Unfälle passieren mit Jagdhunden und ich hab so viele erlebt..... Weimaraner waren die einzigen die ich gesehen habe, die Kinder angehen - gut, dass der Hund zusätzlich angebunden war, aber wir waren alle äußerst erschreckt.


    Ich liebe Jagdhunde und hätte am liebsten wieder einen, aber ein Weimaraner käme mir nicht ins Haus, never..... klar kann man sie auslasten, sie brauchen eine weiche und sehr konsequente Hand, dürfen nicht auf die Idee kommen, sie hätten selbst etwas zu regeln - denn das tun sie ansonsten auch problemlos. Aber alle Jagdhunde sind auch darauf gezogen, in manchen Situationen allein zu agieren und zu handeln, auf der Fährte etwa oder auf Nachsuche, mir wäre das Risiko einfach zu groß.


    Die Weimaraner in Tierheimen sind dementsprechend eben auch alle schon etwas älter. Eine Mode die mich besorgt macht.


    Sundri

  • Zitat


    Ich dachte immer seriöse Züchter geben ihre Weimaraner nur in Jägerhände ab?!


    Dank der "Muss ich haben, sieht soo hübsch aus" Mentalität vieler Leute, wachsen eben auch die Produzenten inzwischen auf Bäumen denen egal ist was aus dem Hund wird.
    Ich kannte einen Weimi, der war sogar in Jägerhand, war dann aber auch plötzlich "weg" weil er 2x das eigene Kind gestellt und gebissen hat.

  • Früher in der Hundeschule war auch einer mit einem nicht jagdlich geführten Weimaraner. Der war nicht auffällig, aber das lag sicherlich auch daran, dass der Besitzer genau wusste, was er sich holt, hat sich vor der Anschaffung nach einem Trainer mit entsprechender Erfahrung gesucht und hat dann mit dem Hund auch jagdalternativ gearbeitet, Trailen, ZOS usw. Wobei es trotzdem ohne Leine nicht ganz einfach war und sie sehr vorausschauend sein mussten, immer schneller als der Hund. In solchen Fällen kann das gut gehen, aber eher nicht, wenn ein Hund angeschafft wird, weil er so gut zum grauen Sofa passt.


    Ansonsten hatte meine ehem. Reitlehrerin auch 2 Weimaraner, die waren immer auf dem Hof dabei, haben sich kein Stück für Pferde oder Besucher interessiert. Allerdings weiß ich da nicht, was sie in der übrigen Zeit noch mit den Hunden gemacht hat, es ging da ja eher um die Pferde als um die Hunde.

  • Dem Beitrag von Gorgeous2000 kann ich mich nur anschließen, ganau so ist es! Und Sundri muss ich auch voll und ganz zustimmen! :gut:


    Ich hab zwar keien Weimaraner, sondern nen Deutsch Drahthaar, aber bis auf die Männschärfe (und die ist dann nochmal ein ganz eigenes Theme, wie Sundri treffen schrieb!!) lassen sich da schon Vergleiche ziehen und gerade die jagdliche Verwendung wäre in etwa die gleiche.


    Wie Gorgeous schon schrieb, von klein auf Impulskontrolle, Frustrationstoleranz (Geduld) und Alternativverhalten bei Tiersichtungen halte ich für unabdingbar. Dazu fliegt ein Jahr lang nichts und wenn, dann darf der Hund erst los, wenn es liegt, dafür muss man mit der Impulskontrolle natürlich aber so weit sein. Und dann lernt er noch, auch im vollen Lauf zu stoppen, sich lenken zu lassen und evtl auch umzudrehen (auch ohne richtig gut gelernte Impulskontrolle gar nicht möglich).
    Ja, das ist schon recht aufwändig und das bekommt auch nicht jeder hin, deswegen rate ich persönlich den meisten von einem solchen Hund ab.


    Dann gibts noch nen ordentlichen Jagdersatz regelmäßig und der Hund kann ein glücklicher, zurfriedener und gut zu führender Zeitgenosse werden. Klingt eifach, ist aber anspruchsvoll! Fehler nutzen sie schamlos aus, Inkonsequenz auch. Sie sind pfiffig, das liebe ich an ihnen, aber das ist nichts für jeden! Unangemessene Härte legen sie einem glaube ich als persönliche Schwäche aus und machen dann dicht, man muss also schon wissen was man tut und fair bleiben, dem Hund sinnvolle Aufgaben bieten, sonst zeigen die einem fix nen Vogel. Auch sympatisch, aber nicht immer einfach....


    Meiner wird zum Ernstfall-Mantrailer ausgebildet, was ihn in Verbindung mit regelmäßigen (nicht täglichen, dann würde man sich fix nen Junkie ranziehen) Such-, Differenzierungs- und Stöberaufgaben gut auslastet. So kann er auch gut mal zwei Tage einfach nur rumhägen und Sofahund sein.


    Allerdings geht das nicht mit jedem Hund, wäre meiner damit nicht glücklich, hätte ich nen Jagdschein gemacht (direkt beim Züchter) und Alf wäre jagdlich geführt worden. Hängt also immer auch vom Individuum ab, ob sie andere Jobs annehmen oder eben nicht denke ich.


    Die Mannschärfe und die Modeerscheinung war auch bei mir der Grund, warum kein Weimaraner einzieht, sondern wieder ein Drahti.


    Solch einen Spezialisten so zu erziehen, dass man keine Probleme mit ihm bekommt, ist viel (sehr viel) Arbeit, erfordert Geduld, Konsequenz, Wissen und Verständnis für den Hund. Ob deine Bekannte das schafft kannst nur du wissen und erst wenn der HUnd ca 2 ist, kann man sich langsam seiner Sache sicher sein. Wenn man von vornherein was verkehrt macht, fällt das aber vermutlich auch schon vorher auf :headbash:


    Klingt schwierig, ist es auch, macht aber auch echt mega viel Spaß, wenn man der Mensch dafür ist (sonst hätte ich nicht den zweiten Drahti :)) Fazit also: Es kann super klappen auch ohne Jagd, muss aber nicht und wenn dann nur mit vielen Voraussetzungen. Naja und wenn man das alles geschafft hat, muss man beim Weimi nochmit der Mannschärfe zurecht kommen.... Mir wars trotz Erfahrung zu heavy, aber das muss jeder selbst wissen.


    Ich hoffe für den kleinen Mann, dass deine Bekannte weiß, wen sie sich da in der ach so schönen Verpackung in die Familie geholt hat!



    Zu den "seriösen" Züchtern: Ja richtig, die geben nur in Ausnahmefällen und unter strenger Prüfung an Nichtjäger ab, aber es gibt eben auch viele, die die Eurozeichen in den augen haben und da geht das bei so nem schicken Weimi eben auc mal fix...


    Nunkann es ja aber auch sein, dass die Bekannte Ahnung hat und "zu Recht" einen solchenHund von einemguten züchter bekommen hat! Darauf hoffe ich für alle Beteiligten! :)

  • Genau aus dem Grund der Mannschärfe ist der Weimaraner als Jagdhund bei mir aus der Liste. Mehr wollte ich gar nicht sagen.


    Ich glaube schon, dass es heutzutage einfach ist, auch bei einem Jäger einen Weimaraner zu kaufen. Ich habe hier eine Kundin, die hat zwei aus jagdlicher Leistungszucht und die macht gar nichts mit den Hunden. Die sind für Weimaraner sogar recht unauffällig, nur das Verbellen von Leuten im Garten stört sie ein bisschen:-)


    Ansonsten geben Jäger sicher nach wie vor auch untaugliche Hunde an Nichtjäger ab, der eine macht sich vielleicht mehr Gedanken und der andere ist froh, wenn er seine "ungewollten" Hunde los wird.


    Ansonsten gibt es hier bei uns Weimaraner (und Mixe) an jeder Ecke zu kaufen.


    Und wenn, dann würde ich schon einen aus jagdlicher Zucht nehmen, denn die Vermehrer-Weimaraner sind am Ende vielleicht sogar die im Verhalten auffälligeren.

  • Zum Thema Jagdhund :)


    Was zeichnet einen sog. "Jagdhund" aus?Seine Hemmschwelle was Hetzen/Jagen angeht, ist lediglich niedriger gezüchtet. Nicht mehr nicht weniger.


    Der Hund selbst weiß nicht, dass er eigentlich ein Jagdhund ist und ihm ist das auch völlig schnuppe.


    Durch die niedrigere Hemmschwelle sind sie lediglich besser als Jagdhunde geeignet, müssen aber nicht jagdlich geführt werden um ausgelastet zu sein. Das ist ein Ammenmärchen. Man kann auch Möpse jagdlich führen, nur ist es bei denen schwerer den Trieb zu nutzen, weil die Hemmschwelle viel höher liegt.


    LG

  • Zitat

    Dann kann ich ja demnächst vom BC auf den Mops umsteigen?


    Na klar, ist doch alles Erziehungssache, und es gibt keine Hunde, die wirklich jagen oder hüten wollen.... :p
    Den muss ich wohl vorsichtshalber noch anfügen :ironie:

  • Ich habe hier einen Jagdchihuahua, der sogar Wildschweinen hinterhergeht :mute: Allerdings konnte ich die Impulskontrolle erfolgreich installieren :D


    Ich kenne zwei Weimeraner, die allerdings bei der Jägerin leben. Die beiden sind sehr freundlich und ausgeglichen. Damals wusste ich noch nix von Mannschärfe und habe die Hunde bei betreten des Grundstückes erst einmal durchgeknuddelt - die beiden fanden das auch absolut okay, anstatt gegen uns zu sein :D Zwei sehr nette Hunde :gut:

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