Kooperationssignal- nutzt es jemand?

  • Nun, ich hatte mich hierauf bezogen:

    Es geht darum, dem Hund ein Signal beizubringen, was der Hund verwenden kann als "es ist zu viel"

    Und das ist in meiner Wahrnehmung eben etwas anderes als "ich weiß welche schwierige Situation jetzt kommt und stelle mich ihr aktiv". Daher meine Verwirrung.

  • Macht man manchmal vielleicht auch etwas zu viel Gewese um bestimmte Dinge?

    Das denke ich mir auch in vielen Fällen. Für die meisten Hunde werden bestimmte Dinge ein Problem, weil der Mensch es zum Problem macht.


    Hier denke ich aber eher an die ohnehin schon traumatisierten Hunde. Also Hunde, die schon ein Alternativverhalten gelernt haben. Zum Beispiel eben, nach Bürste oder Hand beim Bürsten zu beißen, weil der Hund eben nicht weiß, wie er anders eine ihm unangenehme Situation aufzulösen.
    Da kann ich mir dieses Signal echt gut vorstellen, damit der Hund lernt, dass er es nicht aushalten muss, sondern durchaus dann eine Pause eingelegt wird, wenn es ihm zu viel wird. Die Bereitschaft etwas auszuhalten steigt, wenn man weiß, dass man es jeder Zeit abbrechen kann.


    Ich könnte es mir auch vorstellen, so mit meinem Rüden gegen seine mittlerweile echt ausgeprägte Aversion gegen tierärztliche Untersuchungen einzusetzen. Denn er hat nichts gegen den Tierarzt an sich, sondern gegen das Festhalten und Fixieren. Und wenn man das durch das Signal ersetzen kann, wird es für ihn wieder eine leichtere Geschichte. :ka:

  • Macht man manchmal vielleicht auch etwas zu viel Gewese um bestimmte Dinge?

    Wenn die Hunde locker oder auch weniger locker so etwas mitmachen, klar, da muss man nicht unbedingt sowas aufbauen, außer man hat Spaß und genug Zeit.
    Ich denke hier auch eher an die schlecht sozialisierten Hunde, sie es eben nicht mögen, an bestimmten Stellen angefasst zu werden, und dann schnell mal schnappen oder Panik bekommen. Mit "da muss der durch" kommt man bei solchen Hunden nicht weiter, sondern macht es von Mal zu Mal ggf. schlimmer.

  • Mein Hund hat leider gelernt, auf "da muss der durch" mit 42 blitzweißen, messerscharfen Argumenten zu antworten. Und das ohne vorher großartig anzukündigen, was er gerade vor hat. Da kann es meiner Meinung nach auch nicht genug Gewese um gewisse Dinge sein ;)


    Ich gebs zu, ich bin Vollblut-Wattebauschwerferin und Keksausteilerin und mach deshalb auch gerne lange Umwege. Ja, jeder Hund, egal ob "Problemhund" oder "Happy-Bubble-Hund" muss zwar durch gewisse Dinge durch, aber was spricht dagegen, ihm das so angenehm wie möglich zu machen?


    Von Kooperationssignalen hab ich schon vorher viel gehört und gelesen, aber erstmal auch nicht so recht gewusst, wie mächtig die eigentlich sind. Unser erstes ist aus einer gewissen Not heraus entstanden. Wie schon geschrieben, müssen wir unserem Hund den Po nach jedem Spaziergang putzen - durch die ganzen schlechten Erfahrungen ist sein Hinterteil nicht gerade eine Stelle, die er jedem freudestrahlend ins Gesicht drücken möchte, ganz im Gegenteil :barbar:
    Zu zweit wars schnell einfacher, einer clickt und schiebt vorne Kekse rein, der andere kümmert sich um die Waschaktion. Aber wenn man dann mal alleine ist, ists gleich nicht mehr so einfach. Mit der einen Hand vorne bekeksen, mit der anderen säubern, dabei ein Auge auf den Erfolg der Säuberung gerichtet, das andere versucht den Hund im Blick zu halten, um im Fall des Falles schnell auszuweichen (ja, natürlich haben wir es auch mit Maulkorb gemacht, aber blaue Flecken gibt das ja auch).
    Irgendwann war mir das zu umständlich und mir sind die Kooperationssignale einer Freundin eingefallen. Also aus der Not heraus einen alten Strohhut platt gedrückt und als Target hingelegt (so schnell kommt der soziale Abstieg vom Festival-Hut zum Popo-putz-Hut :ugly: )
    Wenn die Pfote auf dem Hut gelandet ist, vorne Keks rein, andere Hand an den Hintern. Pfote runter, vorne Keks rein, andere Hand weg vom Hintern. Es hat vielleicht drei solche Durchgänge gebraucht und dem Herrn Hund war klar, dass er die Situation im Griff hatte.
    Er kann so viel mehr aushalten (es ziept manchmal schon sehr, wenn eingetrocknete Dinge aus dem Fell entfernt werden müssen), ist viiiiel entspannter und hat komplett aufgehört, nach hinten zu schnappen. So weit sind wir mit der normalen Clickerei nach Monaten nicht gewesen, wie mit dem Kooperationssignal nach drei Tagen.


    Aber ich ganz persönlich finde jetzt, die eine oder andere unangenehme Sache, geht kurz und knackig schneller vorbei als mit zig Unterbrechungen, wo sie noch unnötig aufgebauscht wird.

    Es ist für das Tier aber etwas komplett anderes. Ohne Koop-Signal weiß das Tier natürlich, dass es nachher gelobt wird und es schon vorbei geht, aber es ist der Situation absolut ausgeliefert. Mit Koop-Signal weiß das Tier, dass es die Kontrolle hat und abgebrochen wird, wenn es eine Pause braucht. Klar, der Weg dorthin kann manchmal etwas länger und umständlicher sein. Aber was ich so von all meinen Bekannten gehört habe, die mit diesen Signalen arbeiten: die Tiere haben das Prinzip alle viel, viel schneller verstanden als gedacht.
    Und das zweite, das mir alle bestätigt haben und was ich vorhin auch schon erwähnt habe: die Tiere können so viel mehr "aushalten". Nicht umsonst wird bei Zootieren sehr viel mit dieser Art von Signal gearbeitet.

  • Ich verstehe das Kooperationssignal als eine Hilfe für Vertrauen in die Menschen. Ein Hund, der noch keine schlechten Erfahrungen damit gemacht hat, braucht so etwas vielleicht nicht. Für Rider habe ich auch kein Kooperationssignal :ka: Da ist die Vertrauensbasis einfach da, weil er nicht wirklich schlimme Erfahrungen machen musste.
    Ich denke, das Kooperationssignal ist dann sinnvoll, wenn der Hund sich nur wegen Panik "wehrt", dass etwas ganz schlimmes passiert, ich aber eigentlich nur etwas harmloses machen möchte (Zecke ziehen oder sowas). Klar kann ein Hund das auch irgendwie anders kommunizieren, zb durch Knurren, Schnappen, etc, aber oft wurden diese Signale ja übergangen und der Hund weiß das. Für solche Hunde ist dann die Verknüpfung "wenn ich jetzt angefasst werde, tut es bestimmt ganz arg weh und ich kann nicht weg" und daher rührt schlichte Panik wenn man an ihnen rumfummelt, beim Tierarzt ist oder was auch immer verknüpft wurde.


    Wissen diese Hunde aber, dass sie jeder Zeit abbrechen können, steigt in ihnen gar nicht erst diese Hysterie auf (so die Theorie). Ist doch wie bei uns beim Zahnarzt. Es ist viel leichter eine Behandlung zu ertragen, wenn man weiß, dass man sie jeder Zeit abbrechen kann.


    Die meisten Hunde werden ein solches extra Signal nicht brauchen, insbesondere wenn die Menschen aufmerksam sind und sich mit hündischer Körpersprache auskennen. Ist das Kind aber in den Brunnen gefallen, macht es viele Leben entspannter.

  • Spannend! Kann ein Hund das Koop-Signal dann universell verstehen und nutzen - also z.b. sowohl beim Popoputzen als auch beim Bürsten?

  • Wissen diese Hunde aber, dass sie jeder Zeit abbrechen können, steigt in ihnen gar nicht erst diese Hysterie auf (so die Theorie). Ist doch wie bei uns beim Zahnarzt. Es ist viel leichter eine Behandlung zu ertragen, wenn man weiß, dass man sie jeder Zeit abbrechen kann.

    Ich meine, dass es dazu auch Studien gibt. Wenn man dem Patienten die Kontrolle gibt (ihm zum Beispiel einen Knopf in die Hand drückt, mit dem er jegliche Behandlung sofort stoppen kann), kann er die Behandlung stressfreier ertragen. Ich muss mal suchen gehen, ob ich die Paper dazu noch irgendwo finde.


    Spannend! Kann ein Hund das Koop-Signal dann universell verstehen und nutzen - also z.b. sowohl beim Popoputzen als auch beim Bürsten?

    Also zumindest Carlo scheint das sehr schnell generalisiert zu haben.
    Zumindest hat er es übertragen von Popoputzen mit Strohhuttarget im Flur auf Geschirranziehen mit Plastiksackerltarget im Wohnzimmer. Letzteres wollte ich nochmal sauber aufbauen mit einem praktischeren Target. Als Hausaufgabe für meinen Tiertrainings-Kurs soll ich mein Training auch filmen - wenn Interesse besteht, kann ich das Video dann ja auch hier verlinken :)

  • Wenn man dem Patienten die Kontrolle gibt (ihm zum Beispiel einen Knopf in die Hand drückt, mit dem er jegliche Behandlung sofort stoppen kann), kann er die Behandlung stressfreier ertragen.

    Das kann ich ohne jede Studie aus eigenem Empfinden beim Zahnarzt voll und ganz bestätigen. Ich hab nach jahrelangem Suchen irgendwann endlich einen Zahnarzt gefunden, der reagiert wenn ich signalisiere dass es genug ist. Vor allem aber, und das hat mir noch viel mehr geholfen und deshalb hab ich das auch bei Sandor so aufgebaut: Dieser Zahnarzt sagt mir immer vorher Bescheid, wenn es jetzt doof werden könnte. Und somit kann ich mich auch darauf verlassen, wenn er sagt das ist harmlos, dann muss ich auch nicht zittern.


    Deshalb habe ich auch für meinen Krümel, der sehr schnell hektisch und überfordert ist, für einzelne Manipulationen feste Signale eingeführt. Und das hat ihm enorm geholfen.

  • Als Hausaufgabe für meinen Tiertrainings-Kurs soll ich mein Training auch filmen - wenn Interesse besteht, kann ich das Video dann ja auch hier verlinken :)

    Au ja, das find ich super spannend.


    Und nun brauch ich noch eine Idee, wie das Koop-Signal bei einem Kurzbein-Hund beim Krallenschneiden aussehen könnte. Dazu liegt die Gute nämlich auf dem Rücken zwischen meinen Schenkeln und ich nehm mir Kralle für Kralle vor. Ich hab das ganz langsam aufgebaut und es ist kein riesen Drama, aber es wäre doch schön, wenn wir ein Koop-Signal zusätzlich hätten.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!