Austausch: Über Hunde mit Menschenproblemen

Jedenfalls haben wir uns gestern zusammen in den Park gesetzt, ich mit Frühstück, für ihn gabs ein Stück getrocknete Rinderkopfhaut. Ich war mit meinem fertig, habe mir mein Buch für die Uni genommen und gegen ihn gelehnt, weil ich noch schnell ein Foto für eine Kommilitonin machen wollte. Das hat Loki wohl falsch aufgefasst, ist mir ins Gesicht gegangen und hat mehrmals zugebissen. Wir haben uns dann noch über den Boden gewälzt, weil er nicht ablassen wollte und irgendwie hat er dann doch aufgehört. Ich hatte ihn vorher angeleint und in dem Moment bin ich einfach nur rückwärts aus dem Radius rausgestolpert und habe einen Moment inne gehalten, weil mir schon irre viel Blut aus dem Gesicht getropft ist. Dann habe ich versucht normal weiterzumachen, ich habe ihn angesprochen, er war wieder ganz der Alte, ich habe ihn abgesetzt und aus meiner Tasche Futter genommen. Davon habe ich etwas auf den Boden gelegt, erst als er mich angesehen hat, freigegeben und dann in Ruhe meine Sachen und die Kopfhaut zusammengepackt. Ich habe noch versucht mir mit Taschentüchern das Gesicht abzutupfen, aber die waren superschnell durchtränkt und ich bin direkt nach Hause. Dort habe ich Loki in mein Zimmer gepackt, mich umgezogen und bin ins Krankenhaus rübergelaufen, ich wohne nur vier Minuten zu Fuß davon weg. Ich war ja ziemlich blutüberströmt, vom Gesicht den Hals runter und mich hat ernsthaft weder auf dem Weg den Hund wegzubringen, noch auf dem Weg ins Krankenhaus, irgendjemand angesprochen, ob er mir helfen kann oder ob es mir gut geht. Das hat mich irgendwie schockiert, Karneval und Halloween sind ja weit weg und ja, ich war zwar noch auf den Beinen und so, aber lässt euch das kalt, wenn jemand so an euch vorbeiläuft? Ganz schön heftig..
Jedenfalls war ich erst hier im Krankenhaus und beim Säubern kam dann heraus, Glück im Unglück, zwei Cuts direkt unter beiden Augen, eine Wunde an der Stirn und eine am Kinn, ebenso hat er irgendwie meine Lippe erwischt. Die konnten/wollten das aber nicht nähen, weil die keine plastische Chirurgie haben. Also wurde ich noch woandershin transportiert, wo ich auch wieder ewig gewartet hab... da wurden dann die Cuts genäht, rechts fünf und links vier Stiche. Heute sehe ich aus wie Frankenstein, es wird langsam dick, aber es hätte viel schlimmer kommen können. Meine Augen blieben verschont.

Nun bin ich erstmal total verunsichert, ich hätte seinen "Futterneid" niemals als so schwerwiegendes Problem eingeschätzt, dass er so heftigst explodiert und mich angreift. Schließlich bekommt er ja auch immer (nur) von mir Futter, ich bin seine Bezugsperson und so.
Momentan trägt er seitdem viel Maulkorb drinnen, aber ich zweifele jetzt total an mir.
Ich hatte gestern einen Beitrag in einer FB-Gruppe mit dem Thema "Positives Hundetraining blablabla" eröffnet und da haben alle richtig gegen mich geschossen, was ich denn machen würde, wenn das nächste Mal ein Kind das Opfer wäre und ich solle sofort zu einem Trainer und so weiter. Wie ich ihn aufs Bett lassen könne, er dürfte niemals erhöht liegen und wie ich mit einem futteraggressiven Hund übers Tauschgeschäft arbeiten könne usw.
Mal davon abgesehen, dass ich um Kinder und fremde Menschen einen Bogen mache, bekommt er überall, wo es nötig ist, einen Maulkorb auf, wie Bus und Bahn. Er läuft seltenst frei, nur wo ichs überblicken kann. Ja, ich arbeite mit ihm übers Tauschen, aber ist das wirlich so schlimm? Was gibt es für Alternativen? Alle haben nur nach "Trainer, Trainer, Trainer" geschrien, aber hier kosten fast alle 60 Euro die Stunde und letztlich ist er im normalen Umgang problemlos, mit anderen Hunden wird es langsam besser und generell ist er super umgänglich. Ich kann ihn immer vom Bett und co runterschicken, wenn ich da bin geht er da auch nur drauf, wenn ich es ihm erlaube. Außerdem meinten sie, wie ich ihn in der Situation noch mit Futter bestätigen könne, obwohl er mich gebissen hat. Ich habe das so gesehen, dass das ja erstmal schon ein neuer Moment war und zweitens ... ich war ehrlich froh überhaupt einigermaßen klar denken zu können.

Ich frage mich langsam, ob ich ihn echt verharmlose, denn in den letzten Wochen ware ich so glücklich wie nie, ich hatte das Gefühl, dass er endlich angekommen ist, mir vertraut ect. Das Seltsame ist auch, dass ich ihn nach wie vor lieb habe, ihm das seltsamerweise nicht übel nehmen kann. Also klar, ich bin super sauer, aber das fast noch mehr auf mich selbst, als auf ihn. Ich fühle mich unwohl ihm hier drinnen durchweg einen Maulkorb draufzupacken, weil ich ihm irgendwie immer noch in so weit vertraue, dass er mich nicht einfach so beißt. Alles, was Futter angeht, gebe ich ihm seit gestern durch die Hand mit noch klareren Ansagen als sonst. Er durfte vorher nie alleine an den Napf, wenn er was zu kauen hatte, dann habe ich immer überlegt, ob ich nochmal dran muss, oder eben nicht. Erst dann habe ich ihm das gegeben. Wie gesagt, er bringt mir Kauknochen.. ach, das ist doch alles kacke.