Schottland - mal wieder

  • Bitte, gerne geschehen! Wandern in Schottland ist toll, egal ob mit oder ohne Hund. Im Oktober kommt der Spitz mit. Und Töchterchens Kooiker. Eine Wanderung mit Übernachtung in Zelten ist geplant; mein Mann wird zwar nicht mitmachen, aber Tochter und Schwiegersohn sind dabei. Deren Zelt ist groß genug für zwei Erwachsene und zwei Hunde; in meine Dackelgarage passt außer mir höchstens ein Zwergspitz, aber Shira nicht. Sie darf dann im Nachbarzelt pennen...


    Der Reisebericht über meine Maitour "Eiskalt dem Sommer entgegen" geht demnächst weiter. Ich muss momentan die Computermaus mit links bedienen (Entzündung im rechten Schultergelenk und dazu eine Bizepssehnenentzündung, man gönnt sich ja sonst nichts), und dabei tue ich mich ein wenig schwer... :ops:

  • So, es geht weiter mit dem Reisebericht:



    Die Sache mit der Orientierung



    Morgens drizzelt es ein wenig. Aussichten gibt es nicht; alles ist grau und trübe, und die Wolken haben engen Kontakt mit dem Boden aufgenommen. Nun denn, ich bin in Schottland, da soll das ja vorkommen.


    Ich frühstücke und packe danach gemütlich meine Sachen. Das geht schon etwas routinierter als gestern Abend! Da das Außenzelt klatschnass ist, trenne ich das Innenzelt ab und verpacke die beiden getrennt.

    So - alles ist eingepackt und sicher verstaut, jetzt noch Gamaschen anziehen, Kapuze aufsetzen, dann ein letzter kontrollierender Blick auf meinen Lagerplatz, und ich bin startklar.






    Menno, geht das genauso weiter wie gestern? Bergauf? Mit einem resignierten Seufzer stapfe ich den Pfad bergauf. Irgendwann wird diese Steigung schon ein Ende haben…

    Hat sie auch, nach einer gefühlten Ewigkeit. An dem namenlosen See zwischen Coire Làir und Coire Grannda mache ich eine kurze Fotografierpause. Bei diesem trüben und ruhigen Wetter herrscht hier eine ganz besondere Stimmung.






    Dann gehe ich runter ins Coire Grannda. Der Pfad ist gut ausgebaut, aber es gibt ein paar Abschnitte, die nicht für Wanderer mit kurzen Beinen und großen Rucksäcken gemacht sind. Als kleiner Stoppelhopser bewege ich mich hier wenig elegant vorwärts.

    Die sonst so großartige Aussicht auf die Berge Torridons ist heute eher trübe.



    Endlich ist der steile Abstieg zu Ende, und ich komme ein wenig schneller voran. Wobei - schnell bin ich an keinem einzigen Tag unterwegs. Wozu auch? Ich habe jede Menge Zeit.
    Es geht wieder bergauf, zum Bealach Bàn, dann wieder bergab, wie das halt so ist hier oben.

    Aha, da ist ja auch schon der Abzweig mit Cairn, an dem ich mich rechts halten muss. Der linke Pfad führt ins Coire Fionnaraich und weiter nach Strathcarron, da will ich nicht hin. Die Sicht ist nach wie vor nicht vorhanden; ich laufe in einer dichten Wolke herum. Nachdem ich auf den rechten Pfad eingebogen bin, mache ich eine kurze Pause.



    Hm. Den Pfad habe ich aber anders in Erinnerung, irgendwie besser ausgebaut. Das hier ist nach ein paar Metern nur noch eine getrampelte Spur zwischen Felsen, Grünzeug und Matsch. Aber ich muss hier richtig sein: Da vorne ist der See, der auf der Karte eingezeichnet ist. Wer weiß, was ich in meiner Erinnerung so alles verdrängt habe. Wie auch immer, ich stolpere eine Weile durch die Gegend, auf der Suche nach etwas, was wie ein Pfad aussieht. Abdrücke von Stiefeln und von Fahrradreifen, alles ist da, nur kein Pfad. Es sieht nur ein wenig „pathy“ (ein Wort, das ich später in diesem Urlaub noch lernen sollte) aus. Der See kommt mir auch ein wenig zu klein vor.

    Irgendetwas stimmt hier nicht.

    Stirnrunzelnd packe ich das Garmin aus und warte ungeduldig, bis es meine Position anzeigt. Hm. Die von mir gespeicherte Route verläuft eindeutig nicht dort, wo ich gerade bin. Im Zweifel hat das Garmin recht, also laufe ich in Richtung Route. Da hier sowieso kein Weg ist (Warum eigentlich nicht? Gefühlt bin ich hier doch richtig?!), stapfe ich durchs Heidekraut, bis ich den Pfad erreiche. Diesem folge ich in die Richtung, die das Garmin anzeigt - und stehe vor dem Cairn, an dem ich vorhin abgebogen bin. Was soll denn das jetzt?

    Ich schaue mich um und stelle fest, dass die Wolken sich mittlerweile vom Boden gelöst haben und die Sicht besser ist als vorhin. Aha - jetzt macht das Sinn. Hier geht es nicht runter ins Coire Fionnaraich, das habe ich noch gar nicht erreicht. Der wenig pathy aussehende Pfad, dessen Beginn hier mit einem Cairn markiert ist, ist nicht in der Karte eingezeichnet.


    Ich folge dem richtigen Pfad und bald sehe ich das Coire Fionnaraich. Es ist noch dort, wo es hingehört.

    Den ersten Wanderer auf dieser Tour sehe ich jetzt auch. Er ist auf dem Cape Wrath Trail unterwegs, bepackt mit einem Rucksack, der mein blaues Monster klein erscheinen lässt.

    Und weiter geht es. Ich erreiche den Cairn, der den Abzweig zum Coire Fionnaraich markiert, halte mich rechts, und schon bald kommt der Loch an Eòin in Sicht. Ja, das sieht schon mehr aus wie das Bild, das ich in Erinnerung habe!



    Wieder fällt mir auf, wie trocken alles ist. Den Wasserlauf zwischen dem Lochan Domhain und dem Loch an Uillt-bheithe, bei dem ich damals eine Stelle, an der ich trockenen Fußes rüberkomme, suchen musste, kann ich bequem neben den stepping stones durchqueren.



    Kurz danach, bei ein paar Felsen, mache ich eine Pause. Das bietet sich hier einfach an! Die Sonne scheint, die Aussicht ist toll, es ist so ruhig und friedlich. Lediglich der Wind ist ein wenig frisch, sonst würde ich die Jacke auf den Rucksack packen.




    Ich folge dem Pfad weiter bis ans Loch Torridon, und unterwegs findet die Jacke ihren Platz auf dem Rucksack. Es ist doch recht warm geworden, T-shirt-Wetter sozusagen.




    Heute brauche ich mir über einen Zeltplatz keine Gedanken zu machen; ein paar Tage vor der Abreise beschloss ich, dass ich mir ein wenig Komfort verdient habe und buchte ein Zimmer im Torridon Inn. Ein Zimmer mit allem drum und dran erwartet mich, und auch den Gaskocher brauche ich heute nicht mehr. Für das leibliche Wohl wird hier gut gesorgt.

  • ich finde es weiterhin beeindruckend, welche sachen du so allein durchziehst. und erfreue mich an den wunderschönen fotos davon. ich freue mich auf die fortsetzung

  • Es wird höchste Zeit, dass ich hier weiter von meiner Tour im Mai berichte. In gut 40 Tagen bin ich ja schon wieder unterwegs...

    Also dann: Die Reise geht weiter!


    Ein Wunsch geht in Erfüllung

    Morgens genieße ich, ausgeschlafen und frisch geduscht, ein ausgiebiges Frühstück. Danach gehe ich gemütlich los, immer schön der Straße entlang. Zwei Angebote, per Anhalter mitzufahren, lehne ich ab. Es ist ein schöner Morgen, da genieße ich sogar das Gehen auf einer Straße.


    Ich transpiriere gut vor mich hin - es ist windstill und recht warm. Nur gut, dass die Midges noch nicht aktiv sind!
    In Torridon werde ich ein paarmal auf meine Pläne angesprochen. Zu meiner letzten Gesprächspartnerin sage ich, dass ich mir für die Wanderung kältere Temperaturen wünsche. „Are you sure?“ meint sie. Ja, bin ich.
    Man soll ja vorsichtig sein mit dem, was man sich wünscht. Manchmal geht ein Wunsch auch anders in Erfüllung als gedacht.
    Am Beinn Alligin Carpark biege ich ab ins Coire Mhic Nòbuil. Der Pfad ist sehr gut ausgebaut, die Sonne scheint ab und zu, ein leichter Wind weht - das Leben ist schön!



    Wieder fällt mir die Trockenheit auf. Erst in der Woche zuvor brannte es an der A832 unweit von Gairloch. Kurz geht mir der Gedanke durch den Kopf, wie ich mich in einem solchen Fall verhalten würde…
    Weiter geht es, immer wieder von Fotopausen unterbrochen. Der Pfad wird etwas, nun ja, weniger gut ausgebaut. Bei „normalen“ Bodenverhältnissen ist das hier sicher eine üble Schlammschlacht, denke ich mir. Heute jedoch nicht - ich komme gut voran.












    Auf einem Aussichtshügel mache ich Pause (mal wieder) und treffe den einzigen Wanderer für heute. Er läuft dieselbe Tour wie ich, nur in der entgegengesetzten Richtung, und gibt mir den Tipp, den erstbesten Platz zu nehmen, der sich zum Zelten eignet. Es könnte nämlich der einzige sein. „It’s kind of aquatic here“, meint er.

    Das hatte ich sowieso vor. Später, am Loch Grobaig, mache ich mich ernsthaft auf die Suche nach einem Lagerplatz. Zu hanglagig, zu felsig, zu was-auch-immer; es ist echt schwierig. Fündig werde ich direkt neben dem Weg. Eine auf drei Seiten geschützte, ebene Fläche, mit weichem Grünzeug als Untergrund, wird mein Zeltplatz. Normalerweise steht sie vermutlich unter Wasser, glaube ich. Heute bildet sie eine bequeme Unterlage.

    Ich hole Wasser, schaue noch ein wenig durch die Gegend, und erkläre den Wandertag für beendet. Es ist kühl geworden, und gerade als ich das Zelt hinter mir schließe, fängt es an zu regnen. Hoffentlich sumpft mein Platz nicht über Nacht ein.


  • Wir waren letzte Woche auch in Schottland, Glasgow fand ich einfach fürchterlich, die Isle of Skye war mal wieder unglaublich schön. Wir waren allerdings ohne Hunde.

  • Jetzt kommt die Sache mit dem Schnee im Mai....


    Nachts wird es kalt in meinem Drei-Jahreszeiten-Schlafsack, und ich ziehe den Fleecepulli und die dicken Wollsocken an.

    So gegen fünf Uhr früh wache ich wieder auf. Was war denn das? Ein seltsames Geräusch, das ich nicht zuordnen kann, hat mich geweckt. Es prasselt auf die Zeltplane, ok, das ist Regen. Aber da streifte doch etwas mein Zelt. Da - schon wieder! Irritiert schäle ich mich aus dem Schlafsack (ist das kalt!!), öffne das Zelt, schaue nach draußen - oh nein. Nein. Das will ich nicht. Es schneit in dicken, nassen Flocken. Schnee sammelt sich auf dem Zelt und rutscht daran herunter, das ist das störende Geräusch.

    Tür zu, Schlafsack zu, Augen zu, Frust an. Schnee. Was soll ich denn bitte schön damit? Es ist Mai! Ich mag dieses weiße Zeug nicht. Schon gar nicht mitten in den Bergen, ohne darauf eingestellt zu sein.





    Halb acht, der nächste Blick nach draußen. Es schneit unvermindert weiter.

    Was tun? Im Kopf gehe ich die Möglichkeiten durch.

    1) Wie geplant weglos zum Loch na h-Oidhche. Wo kein Weg ist, kann ich im Schnee auch keinen verlieren. Die Route ist auf dem Garmin gespeichert, also sollte die Orientierung auch klappen.

    2) Dem Weg folgen ins Coire Dubh Mòr, runter zur Straße ins Glen Torridon, stranden in Kinlochewe. Das hat etwas von „aufgeben“.

    3) Noch eine Stunde im Schlafsack dösen.

    Ich entscheide mich für die dritte Möglichkeit.

    So gegen neun Uhr wache ich wieder auf, ignoriere das Wetter, und gehe zur morgendlichen Routine über. Beim Zähneputzen entscheide ich mich für die erste Variante. Wird schon werden!
    Ich packe ein, gehe los, und stelle fest, dass sich das Wetter bessert. Der kalte Wind (wie war das mit meinem Wunsch?) vertreibt die dichten Schneewolken, und die Sonne lässt sich gelegentlich blicken. Heute sind außer der üblichen Kombi aus Wanderhose, Wollshirt und Hardshell auch Fleecepulli, Regenhose (als Windschutz), Handschuhe und Mütze angesagt.




    Ich folge dem Pfad noch ein wenig, und an einer mir geeignet erscheinenden Stelle verlasse ich ihn und biege ab nach Norden, dem Flowerdale Forest entgegen. Das Gelände ist zunächst hügelig und unübersichtlich, also gewinne ich erst einmal an Höhe, um mir einen Überblick zu verschaffen. Ich habe die Route zwar im Garmin gespeichert, will es aber ohne die Technik probieren. Wäre ja gelacht.
    Oha. Ich bin zu weit westlich vom Pfad abgebogen und stehe jetzt oberhalb des Loch nan Cabar. Macht nichts, es ist ein schöner See und ein toller Ausblick.


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    Ich gehe weiter bergauf, am Loch nan Cabar vorbei. Hier oben ist es gut laufen - es ist trocken, keine Pfützen, kein Sumpf, keine Felsbrocken oder ähnliches stören das Vorankommen.





    Ich bleibe zunächst auf dieser Höhe, auch als große Felsbrocken einen Zickzackkurs erzwingen. Da vorne, im Norden, kommt eine dunkle Wolke angebraust. Und schon ist sie da, mit starkem Wind und Hagel quer von vorne. Ich setze mich in den Windschatten eines großen Felsens und warte, bis das Wetterchen weiter gezogen ist. Das wiederholt sich noch ein paarmal.






    Ich sehe es ein - so langsam muss ich die Höhe verlassen, der Carn na Feòla wird ein wenig zu steil, um einen bequemen Abstieg zu ermöglichen. Jetzt treffe ich auf die Reste von sumpfigem Land, auf mehr oder weniger ausgetrocknete Bogholes. Manche sind immer noch boggy, ein paar kleinere Seen sind auch dabei, aber hier freue ich mich über die Trockenheit.



    Ich behalte Beinn an Eòin im Blick und steuere auf ihn zu, so direkt wie möglich. Als bald darauf auch Baosbheinn zu sehen ist, halte ich auf die Lücke zwischen den beiden Bergen zu. Dort liegt mein heutiges Ziel, Loch na h-Oidhche und die kleineren Seen davor.

    Immer wieder muss ich kleineren oder größeren sumpfigen Stellen ausweichen, es geht bergauf, bergab und wieder bergauf, bis ich endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, den Gorm-loch na Beinne unter mir sehe.



    Der Abstieg ist einfach, und ich gehe weiter zum Gorm-loch Fada. Eigentlich wollte ich hier zelten, aber ich fühle mich wie in einem Windkanal. Der eisig kalte Nordwind weht ungehindert über den Loch na h-Oidhche hinweg. Ich könnte die Hilleburg hier zwar aufbauen, und sie würde das auch aushalten, aber es wäre nicht mal ansatzweise gemütlich.

    Ich gehe weiter. Auf dem Weg zur Poca Buidhe komme ich an zwei gut geeigneten Zeltplätzen vorbei - beide grasig, eben und nach Norden hin geschützt - aber ich habe mir in den Kopf gesetzt, am anderen Ende des Loch na h-Oidhche zu zelten. Im Windschatten der Bootshütte sollte das möglich sein.

    Poca Buidhe war einmal eine Bothy. An der Tür hängt ein Schild auf dem steht, dass sie aufgrund wiederholter Verstöße gegen den Bothy Code geschlossen wurde.


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    Ich folge dem Track zum Ende des Lochs. Von Sonnenschein ist nichts mehr zu sehen; ein Graupelschauer jagt den nächsten vor sich her. Am Ziel angekommen, muss ich feststellen, dass der Platz im Windschatten des Bootsschuppens bereits dauerhaft belegt ist, und zwar durch einen riesigen Felsen. Umpf. Egal, nicht zu ändern.

    Die Tür zum Schuppen ist nicht verschlossen, so dass ich den nächsten Schauer dort drinnen abwarten kann. Zwei Boote liegen dort; daher ist kein Platz, das Zelt aufzustellen. Auf dem Boden will ich aber nicht schlafen, also baue ich das Zelt draußen auf. Trotz der Handschuhe sind meine Fingerspitzen nahezu gefühllos in der Kälte. Das Innenzelt einzuhängen ist eine Quälerei; vor allem die Befestigungen am Boden erweisen sich als widerspenstig. Matratze aufblasen, Rucksack ausräumen, Schlafsack raus, warme Socken anziehen, und rein in den warmen Schlafsack. Ich bin so erledigt, dass ich sogar aufs Abendessen verzichten will. Die heutige Strecke war nicht lang, auch nicht besonders anstrengend, aber die beiden letzten Stunden im kalten Wind haben mich fertig gemacht. Ich muss erst einmal auftauen…

    Später sehe ich es ein: Ein warmes Essen muss her. Und eine heiße Schokolade. Dazu muss ich zwar nochmal raus in die Kälte, um Wasser zu holen, aber das macht nichts. Und siehe da: Mir geht es danach besser.

  • Sturm, Eis und der unbekannte Schnarcher



    Regen, Schnee, Hagel - es prasselt nur so auf das Zelt ein. Die Plane wird von den Sturmböen regelrecht durchgeprügelt. Trotz des Getöses schlafe ich irgendwann ein, im Vertrauen darauf, dass mein Sturmbunker, meine Hilleburg, das aushält.

    Als ich daheim die Ausrüstung aus der Trekkingkiste holte, spielte ich mit dem Gedanken, die schwere Hilleburg daheim zu lassen und dem LaserComp frische Luft zu gönnen. Anderthalb Kilo Zelt weniger, dazu der kleinere Rucksack - das wären 2,5 kg weniger zu schleppen. In dieser Nacht bin ich froh, das Soulo zu haben. Es geht doch nichts über ein Zelt, auf das ich mich verlassen kann.

    Mitten in der Nacht wache ich auf. Da schnarcht jemand. Noch im Halbschlaf murmele ich: „He, Roland, hör auf zu schnarchen.“, woraufhin ich schlagartig völlig wach bin. Ich bin hier im Zelt, mein Mann ist daheim. Ich lausche weiter; die Geräusche sind eindeutig: Ein lautes, ausdauerndes Schnarchen. Nun, vermutlich ist irgendwann abends jemand hier angekommen und hat sein Zelt in der Nähe aufgebaut. Das hätte ich auch in wachem Zustand nicht gehört, weil ich mich komplett im Schlafsack verkrochen habe.

    Genau das mache ich jetzt wieder. Ich verkrieche mich in meinen Schlafsack, ziehe Wärmekragen und Kapuze zu, und verwende die Primaloftjacke als zusätzliche Isolierung.

    So gegen halb fünf hilft alles nichts, ich muss raus. Draußen fallen mir zwei Dinge auf: Mein Zelt ist mit einer Schicht Eis bedeckt, und außer meinem Zelt steht hier kein anderes. Sollte ich das mit dem Schnarchen nur geträumt haben.


    Ich liege wieder im Schlafsack, als das Schnarchen erneut einsetzt. Da scheint jemand im Bootsschuppen zu schlafen. Wer es ist, werde ich wohl nie erfahren.

    Morgens stelle ich fest, dass das Zelt immer noch mit Eis und Schnee bedeckt ist. Ich hatte es zwar nachts vom Schnee befreit, aber bei diesem Wetter…




















    Außerdem ist das Fußteil meines Schlafsacks nass. Die Windböen haben das Kondenswasser von der Innenseite des Außenzelts in das Innenzelt geweht. Ich schiebe die Primaloftjacke ins Fußteil des Schlafsacks, damit die Füße warm werden, und warte auf besseres Wetter.

    So gegen halb zehn taut es dann. Ich frühstücke, packe, und baue das Zelt ab. Vom unbekannten Schnarcher fehlt jede Spur.

    Eigentlich wollte ich den Track bis zur A832 laufen, und dann zu Fuß weiter nach Gairloch, wo ich am Old Inn wieder auf die Straße treffen würde.

    Aber mit spätem Start und nassem Schlafsack habe ich darauf so gar keine Lust. Noch dazu würde mich diese Route durch das Gebiet führen, in dem es letzte Woche brannte.












    Planänderung. Ich laufe auf dem Bad an Sgalaig Track zur A832, und fahre per Anhalter nach Gairloch. Gleich am ersten Parkplatz spreche ich Leute an, die kurz zuvor in Richtung Gairloch an mir vorbei gefahren sind. Klar, sie nehmen mich bis zum Hafen mit. Unterwegs sehe ich die Folgen des Wildfires der letzten Woche - der Berghang ist von der Straße bis weit hinauf vom Brand geschwärzt. Erschreckend.

    In Gairloch angekommen, beschließe ich, mir mit Hilfe der Tourist Information eine Unterkunft zu suchen. Es ist ein Bank Holiday Weekend, da wird das nicht so ganz einfach werden. Falls gar nichts geht: Auf der Campsite in Sands gibt es große Wäschetrockner, die meinen Schlafsack trocknen können.

    Als ich so vor mich in trotte, kommen mir zwei Personen entgegen, die mir vage bekannt vorkommen. Das beruht offenbar auf Gegenseitigkeit und ist schnell aufgeklärt: Zwei Mitglieder des outdoorseiten-Forums verbringen in Gairloch ein paar Pausentage. Wir verabreden uns für den nächsten Vormittag im Mountain Café und tauschen die Handynummern aus. Außerdem erfahre ich, dass das „Wayside B&B“ ein Vacancies-Schild im Fenster hat. Dann nichts wie hin; bei Shirley und Ian habe ich schon seit Jahren nicht mehr übernachtet. Ok, das war Fehlanzeige. Nur noch das große Familienzimmer ist frei. Aber Ian gibt mit den Tipp, es ein paar Meter bergauf, gegenüber des Campingplatzes, zu versuchen. Das wird ein Treffer. Das Zimmer hätte zwar eine grundlegende Renovierung nötig, aber es hat alles, was ich brauche: Bett, Dusche, zwei (!!) funktionierende Heizkörper, Handtücher. Dazu noch das übliche Kaffeegedeck und sogar wifi.

    Als ich zum ersten Mal seit ein paar Tagen wieder online bin, erfahre ich, dass eine Bekannte aus dem Schottland-Forum morgen Nachmittag nach Gairloch kommt und fragt, ob wir uns treffen können, falls ich in der Gegend sein sollte. Puh, das wird ja richtig anstrengend!

    Heißer Kaffee, heiße Dusche, warmes Zimmer - ich taue auf. Der Schlafsack liegt neben der einen Heizung, das Außenzelt tropft in der Dusche vor sich hin, und das feuchte Innenzelt hängt über der anderen Heizung.

    Eigentlich sollte ich etwas essen. Aber ich bin so müde! Die eiskalte Nacht in der Nachbarschaft des unbekannten Schnarchers steckt mir noch in den Knochen.

  • Pausentage in Gairloch

    Nun, viel gibt es nicht zu berichten.
    Der Sonntag ist angefüllt mit „Forumstreffen“, und am Montag laufe ich nach Sands, wo ich zwei weitere Übernachtungen habe. Die Laundry der Campsite gehört zu den ersten Orten, die ich dort aufsuche.

    Am Mittwoch geht die Tour weiter.























    Sturm am Fionn Loch

    Mittwochs laufe ich früh von der Campsite zur Bushaltestelle in Strath. Mit dem Bus fahre ich nach Poolewe und laufe von dort aus los zum Fionn Loch.




    Die Strecke kenne ich; von den fehlenden Pfützen abgesehen ist es hier wie immer, sogar genauso windig wie bei meinen bisherigen Besuchen. Dem eingesumpften Weg durch den Wald hinter der Kernsary Farm hat die Trockenheit allerdings nicht viel anhaben können.















    Den ersten Abschnitt des Weges lege ich bei angenehmen Wetter zurück; die Jacke schnalle ich auf dem Rucksack fest, und im Fleecepulli ist es schon fast zu warn. Je näher ich den beiden Seen Fionn Loch und Dubh Loch komme, desto windiger und kälter wird es.





















    Ich halte es für eine gute Idee, das Zelt halbwegs windgeschützt aufzubauen. Hinter ein paar großen Felsen etwas abseits des Weges werde ich fündig. Auch hier steht vermutlich normalerweise das Wasser; heute habe ich einen trockenen und weichen Untergrund für mein Zelt.

    Es war die richtige Entscheidung. Kaum habe ich das Zelt aufgebaut und eingeräumt, fängt es an zu regnen. Um einem durch Kondens und Sturm durchnässten Schlafsack vorzubeugen, packe ich dessen Fußteil in den Packsack des Rucksacks ein.

    Nachts wache ich häufig auf. Es ist kalt, es regnet, es stürmt. Vielleicht schneit es auch, ich will es gar nicht wissen! Da drängt sich wieder die Frage auf, warum ich das hier überhaupt mache. Kann ich nicht einfach Urlaub machen wie die anderen Menschen in meinem Umfeld? AI-Hotel, Kreuzfahrt, Frühstückspension im Allgäu… Aber nein, ich liege hier irgendwo in Schottland in einem vom Wind gebeutelten Zelt herum und friere.

    Außerdem frage ich mich, ob es nicht sinnvoller gewesen wäre, in der Carnmore Bothy zu übernachten.

  • Warum macht man das alles?

    Ganz einfach: Um beim nächsten sunny spell oder bei der nächsten tollen Aussicht sagen zu können: „Wow, ist das schön!“

    Am nächsten Morgen hat sich das schlechte Wetter verzogen. Es ist nach wie vor kalt, aber die Sonne kommt zum Vorschein. Frühstücken, einpacken, beim Abbau des Zeltes eiskalte Finger holen - die übliche Morgenroutine. Ich laufe los und hoffe, dass es mir bald warm wird.

















    In der Nähe des Causeways zwischen den beiden Seen sehe ich ein anderes Zelt. Sein Bewohner läuft außen herum, die Zahnbürste im Mund. Bis ich seinen Zeltplatz erreicht habe, hat er das Zähneputzen beendet, und wir unterhalten uns über das heftige Wetter letzte Nacht. Ich klage über die Kälte, und er klagt über den Wind, der sein Zelt beinahe umgeweht hat. Gut, damit habe ich keine Probleme, sage ich ihm. Wir tauschen uns über Zelte aus, und er erzählt, dass es sein Zelt in den Cairngorms komplett zerlegt habe. Nach der letzten Nacht denkt er darüber nach, sich ein etwas stabileres Modell zuzulegen.

    Auf der anderen Seite des Causeways bestätigen mich zwei von der Bothy kommende Wanderer darin, dass es besser war, dort nicht zu übernachten. „It is not a nice bothy“, meine einer der beiden. Gut, das deckt sich mit dem, was ich schon darüber gelesen habe.

    Als der Zaun und das Tor nach Carnmore in Sicht kommen, staune ich nicht schlecht: Da kommen acht in Goretex verhüllte und mit großen Rucksäcken bepackte Leute raus. Das war dann wohl recht eng in der Scheune! Alles richtig gemacht - ich hatte meine Ruhe in meinem Zelt hinter den Felsen.

    Auch hier halte ich wieder einen kurzen Schwatz, dann setze ich mich in die Sonne und warte, bis die Gruppe gut unterwegs ist. Ruhe. Stille. Gutes Wetter. Hach, ist das schön! Jetzt weiß ich wieder, warum ich hier mit dem großen Rucksack herumlaufe, im Zelt schlafe, Tütenfutter esse, friere und nass werde…

    Aber das hilft alles nichts - ich will ja irgendwann irgendwo ankommen. Also Rucksack aufsetzen, weiter geht’s!

    Der Pfad entlang des Dubh Loch zieht sich lange und steil nach oben. Mehr lange als steil, und gut ausgebaut, geht der Pfad bergauf, während die Aussicht immer besser wird. Es ist aber auch zu schön hier oben! Das Fehlen von Wasserfällen auf dem Weg tut sein übriges zum Wohlfühlprogramm dieses Tages! Nach viel Regen hätte mir der Weg sicherlich weniger Spaß gemacht. Die Gipfel sind schneebedeckt und häufig in den Wolken, und weitere Wolken ziehen schon heran, aber ich genieße das schöne Wetter, solange es anhält.




























    So. Nun ist aber mal genug mit bergauf. Pause!

    Danach geht es weiter. Bergauf natürlich. Hinter jeder Kurve hoffe ich auf ein Ende der Steigung, aber es dauert noch einige Zeit, bis sich diese Hoffnung erfüllt.



    Oben bei den drei Seen Lochan Fèith Mhic‘ -illean ist es wieder kalt. Wolken sind aufgezogen, und der Wind weht nach wie vor kalt aus dem Norden. A‘ Mhaighdean und sein Nachbar Ruadh Stac Mòr sind in Wolken gehüllt. Dieser Pfad hat Boghole-Potential bei nassem Wetter, denke ich mir.
















    Eine Pause später mache ich mich an den Abstieg ins Gleann na Muice Beag. Oha. Verkohltes Heidekraut, geschwärzter Boden rechts und links von mir. Ein leichter Brandgeruch hängt noch in der Luft. An den verkohlten Stellen kommt schon wieder Gras durch; der Brand scheint etwa zu der Zeit ausgebrochen zu sein wie der an der A832.


    Der Weg führt in zahlreichen Serpentinen hinunter bis zum Abzweig ins Gleann na Muice. Die Zeichen des wildfires sind unverkennbar. Ein wenig scary ist das schon…



























    Jetzt folgt der Weg dem Lauf des Abhainn Gleann na Muice. Normalerweise wohl matschig, heute eher trocken. Aber es drizzelt ein wenig vor sich hin.


    Ich beschließe, das Trio Inferno (Flussquerung - Sumpf - Flussquerung) vor Shenavall heute noch zu machen, und zwar bei Larachantivore. Es ist noch recht früh am Tag, der Wasserstand ist niedrig, die Uferböschungen auch, und der Sumpf kann bei der Trockenheit nicht so übel sein. Wer weiß, wie das morgen aussieht. Aber muss es ausgerechnet jetzt anfangen zu regnen?

    Ich schaue hinauf zu dem Gebäude mit Dachüberhang und denke kurz darüber nach, mich dort unterzustellen. Ach was! Ist doch nur Wasser! Gamaschen, Stiefel und Socken aus, Crocs an, Hosenbeine hochkrempeln, und schon wate ich durch den Abhainn Gleann na Muice. Na bitte, geht doch! Socken, Schuhe und Gamaschen wieder anziehen, Crocs außen am Rucksack befestigen, weitergehen. Eine platt getrampelte Spur sieht ein wenig „pathy“ aus und ich folge ihr. Mittlerweile hat es aufgehört zu regnen, und als ich nach einer erstaunlich trockenen „Sumpfwanderung“ am Ufer des Abhainn Srath na Sealga stehe, scheint sogar die Sonne. Nochmal das Schuhwechsel-Spiel, und dann habe ich diesen Abschnitt, der mir im Vorfeld schon ein wenig Kopfzerbrechen bereitet hat, geschafft.























    Die Shenavall Bothy lasse ich links liegen und laufe weiter.






    In der Nähe von Achneigie schlage ich mein Zelt auf - das wollte ich schon machen, seit ich zum ersten Mal dort war. Achneigie ist ein zweigeteiltes Gebäude. Die eine Hälfte ist eine Ruine, die andere ist hergerichtet, privat und verschlossen. Ein Schild an der Tür weist darauf hin, dass es sich nicht um eine Bothy handelt. Ein Schild an dem Ruinen-Teil warnt vor einem unsicheren Gebäude; der viele im Eingang herum liegende Schutt verleitet auch nicht dazu, sich das von innen anzuschauen.
    Einen hübschen kleinen Wasserfall gibt es gleich nebenan:



    Dann kommt eine schon gut bekannte Situation: Kaum habe ich das Zelt eingeräumt, fängt es an zu schütten.

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