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Ich versuche mir im Moment eine Meinung zu bilden. Ich weiß einfach zu wenig, bin nicht tief genug in der Materie.
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Ich finde die Idee eigentlich total interessant. Wäre das nicht eine Möglichkeit das Problem mit dem kleinen Genpool des Tollers anzugehen?
Die Frage, die man sich da zuerst stellen sollte ist: Wie klein ist der Genpool tatsächlich und inwiefern bringt das Probleme mit sich? Sprich: Der Toller ist eine noch sehr junge Rasse, entsprechend einfach ist es bis zu den Gründertieren zurück zu rechnen. Bei anderen, älteren Rassen ist es nicht mehr möglich so weit zurück rechnen, während es keine belastbare Angabe zur Zahl der Gründertiere gibt. Entsprechend ist der IK beim Toller deutlich größer als bei anderen Rassen, da die anfangs enge Zuchtbasis noch mit eingerechnet wird bzw. nicht zurückverfolgt werden kann.
Natürlich ist der Start mit vermeintlichen neun Gründertieren sehr, sehr wenig gewesen. Man vermutet aber, dass die Ahnentafeln der ersten Generationen fehlerhaft sind und es mehr Gründertiere gab. Dazu sei mal dahingestellt wie ingezüchtet eine Rasse ist, die in Aussehen und Wesen so vergleichsweise heterogen ist.
Ich zitiere mich mal aus dem Qualzuchten-Thread, die Frage war warum das damals diskutierte Einkreuzungsprojekt nicht zu stande kam:
Dazu muss man sagen, dass das nicht auf dem Mist des DRC gewachsen ist. Es gab zu der Zeit sowohl den DRC, als auch den TCD die unter dem Dachverband Toller gezüchtet haben. Der TCD hat das go für das Einkreuzungsprojekt bekommen, war aber mit den gestellten Bedingungen nicht zufrieden. Ich meine es wurde unter anderem disktutiert amerikanische Golden-Arbeitslinien einzukreuzen, das aber wegen deren Anfälligkeit für Krebs und Hautproblemen(?) verworfen. Der TCD hat sich daraufhin aufgelöst und einige Züchter kochen jetzt in der Dissidenz ihr eigenes Süppchen, weitesgehend unkontrolliert ohne Zuchtordnung oder ähnliches.
Der DRC hat sich soweit ich weiß immer gegen das Projekt ausgesprochen, es lag also nicht an den Züchtern, die heute noch im VDH aktiv sind. Ich kenne nun einige Toller und empfinde die Rasse als rein subjektiv nicht kränker als viele andere. Und damit meine ich nicht Möpse, Bulldoggen und Co. Die allermeisten Toller können ihrer Aufgabe nachgehen, ob als Jagdbegleiter, im Dummytraining, bei der Rettungshundearbeit oder ähnlichem. Auch die Lebenserwartung ist für eine mittelgroße Rasse normal. So krank wie gerne dargestellt wird ist die Rasse also nicht, obwohl sie natürlich ihre Baustellen wie zum Beispiel SRMA hat. Ich habe schätze die Offenheit der Toller-Gemeinde sehr und die Züchter, die ich kenne informieren offen und ehrlich über Erkrankungen ihrer Linien bzw. ihrer Nachzucht. Ich kann also verstehen, dass der DRC dem Einkreuzungsprojekt gegenüber eingestellt war/ist.
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Ich muss ja gestehen ich hab mich mit dem Thema noch gar nicht weiter auseinandergesetzt. Das war jetzt einfach mal "laut gedacht" von mir. Ich wusste auch nicht, dass es wirklich schon Überlegungen zu Einkreuzungen gab. Super wie gut du dich damit auskennst.
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Ich habe mich damals, genau wie Chestergirl damit auseinandersetzen müssen wie ich zu Dissidenzzucht beim Toller stehe. Sobald man sich irgendwie über die Rasser informieren will, kommt man da ja nicht drum herum.
Wer mag kann auf dieser Züchterhompage die damalige Stellungnahme der DRC-Züchter zum seitens des TCD geplanten Einkreuzungsprojektes nachlesen.
Der Begründer der Dissidenzzucht, der damals auch sehr viel Stimmung gegen die Tollerzüchter im DRC gemacht hat, ist ziemlich weg vom Fenster. An dessen Stelle ist einer getreten, der große Werbung mit seinem Einkreuzungsprojekt macht, aber als "Züchter" von Jagdgebrauchshunden der Jagd vollkommen ablehenend gegenübersteht. Keine verpflichtende Arbeitsprüfung, in der "Zuchtordnung" steht, dass in Zukunft sowohl Kooiker als auch Aussie eingekreuzt werden sollen. Da würde ich mich schon fragen, auf was für Qualitäten geachtet wird
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Schaut man sich Ahnentafeln an, kann man versuchen, gewisse Schlüsse über eine Rasse, über die Anzahl der Gründertiere, zum IK und zum AVK zu ziehen. Versuchen.
Etwas (Lies: sehr viel) aufschlussreicher, zuverlässiger und moderner ist da die genetische Analyse. Diese zeigt, im Gegensatz zur Ahnentafelinterpretation nämlich, wie schäbig es tatsächlich um den Genpool des Tollers steht. So ist jeder Toller auf dieser Welt - egal ob in Japan, Europa oder Kanada - mit jedem anderen (reinrassigen) Toller genau so nah verwandt wie Vollgeschwister. Egal, was die Ahnentafel suggeriert oder irgendwelche 'Experten' behaupten.
Das kann man nun anzweifeln, diskretitieren und das Gegenteil behaupten. Der Witz an wissenschaftlich haltbaren Datenerhebungen und Studien ist ja nun aber eben gerade, dass sie sich aufgrund der international gültigen Standards, auf die man sich in der Akademie geeinigt hat, immer und immer wieder mit demselben Resultat reproduzieren lassen - ob man jetzt daran glaubt oder nicht.
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Dass die Zuchtbasis klein ist, bestreitet ja auch niemand. Ich nehme an du beziehst dich auf die Studie von Mäki aus 2010? Wir sprechen also über den genomischen Inzuchtkoeffizienten, nicht über das, was sich aus Ahnentafel ableiten ließe. Und ja, ich finde auch dass 26% sehr, sehr viel ist. An dieser Stelle ergeben sich für mich zwei Fragenkomplexe:
Erstens: Die Hüft- und Ellembogengesundheit ist gut. 2018 wurden im DRC insgesamt 101 Toller ausgewertet. 71,3% davon mit A-Hüften, 13,9% mit B-Hüften, 12,9% mit C-Hüften. 96% waren ED-frei, 2% Grenzfall, 2% Grad II.
Wenn wir weiter gucken, ist/war die progressive Retina-Atrophie ein Problem. Der Erbgang ist monogen, heißt er wird nur durch ein Gen bestimmt. Entsprechend werden Zuchthunde vorm Einsatz darauf getestet. Da PRA rezessiv vererbt wird, dürfen auch Träger in die Zucht, sie dürfen nur nicht mit einem weiteren Träger verpaart werden.
Zur Collie Eye Anomaly kann ich nichts sagen, dazu kenne ich beim Toller keine Zahlen. Ich persönlich kenne keinen betroffenen Toller, aber eben auch nicht so viele als dass meine Eimschätzung einen statistischen Nutzen hätte. Wenn es dazu eine vernichtende Statistik gibt, gerne her damit. Ich freue mich auch über kritische Quellen, sofern denn die Stichprobe ausreichend groß ist.
Sehr bekannt ist beim Toller die SRMA. Dazu gibt es eine Studie, in der eine Population von norwegischen Tollern (Geburtsjahre 1994-2003) ausgewertet wurde. Demnach erkranken 2,5% der Toller an SRMA. SRMA scheint laut TiHo Hannover genetisch bedingt zu sein. Darauf haben viele Züchter bereits reagiert und nehmen die Verwandten von SRMA-erkrankten Hunden aus der Zucht. Ich habe im Kopf, dass etwa 80% der erkrankten Hunde keinen Rückfall erleiden und nach der Behandlung ein einschränkungsfreies Leben haben. Bei Bedarf suche ich gerne meine Quelle dafür raus.
An dieser Stelle meine Frage an dich Wandelroeschen wo siehst du die riesigen gesundheitlichen Probleme des Tollers, die ein Einkreuzungsprojekt unungänglich machen? Inwiefern (und mit der Einkreuzung welcher Rasse) könnte man deiner Meinung nach den Toller gesünder züchten, ohne sich die Prädisposition für andere Krankheiten zu erhöhen?
Zweitens: Wir sind uns einig, dass die Zuchtbasis beim Toller sehr eng war/ist. Das hat die Studie von Mäki gezeigt. Untersucht wurde der genomische Inzuchtkoeffizient, der beim Toller sehr hoch liegt. Für mich wäre der Vergleich zu anderen Rassen spannend. Kennst du da Studien zu? Denn der genomische Inzuchtkoeffizient lässt sich ja eben nicht mit der Ahnentafelanalyse vergleichen, wie sie bei den meisten Rassen üblich ist. Natürlich macht das die Situaton beim Toller nicht besser, allerdings fände ich persönlich das Verhältnis zu anderen Rassen für eine Einordnung spannender als die allein stehenden 26%.
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Einen kleinen Genpool haben auch etliche sehr viel zahlreicher vertretene Rassen - das liegt nur weiter zurück und fällt daher heute weniger auf.
Aber die Frage ging doch nicht um inoffizielle und unbewilligte Einkreuzungsprojekte, sondern um Tolling Prüfungen? Habe selber nie einen Toller geführt, aber eine Bekannte hat es gemacht und zwr nicht die Prüfung, aber eine Demoversion auch videodokumentiert. Ich hab jetzt nicht mehr alles im Kopf, aber es sah nicht zu schwierig aus, und könnte, denke ich, auch von anderen spielfreudigen Rassen mit losem Maul gemeistert werden.
Wie nah diese gestellten Situationen der (evt. nur noch historischen) Realität waren, konnte ich nicht beurteilen.
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Danke für Deine sehr ausführliche und sachliche Antwort, @Schnappschildkroete. Das ist - gerade hier im Forum - leider ganz und gar nicht selbstverständlich und freut mich gerade sehr.
Auch wenn mir aufgrund meiner Äusserungen diesbezüglich gerne vorgeworfen wird, ich wäre gegen die Rassehundezucht, stimmt das in dieser absoluten Form sicher nicht. ich mag die Toller sehr, finde sie eine gelungene Rasse. Ich kenne sie als fröhliche, aktive, arbeitsame Hunde in einer angenehmen Grösse und wirklich ansprechender Optik. Unter anderen Umständen käme ein Toller für mich durchaus einmal infrage. Es liegt mir fern, die Rasse schlechtmachen zu wollen oder ihr ihre Existenzberechtigung abzuerkennen. Ich halte Rassehunde für ein Kulturgut, das - unter gewissen Voraussetzungen allerdings nur - schützens- und bewahrenswert ist.
Dazu gehört aber, dass man sich deswegen nicht von irgendwelchen - in anderen Bereichen längst überholten - Rasseideologien von 'Blutreinheit' blenden lässt, sondern auch das langfristige Wohlergehen der Tierpopulation im Auge behält. Dass man eben gerade das, was man eigentlich zu bewahren sucht, nicht mit dem Festhalten an alten Zöpfen zerstört, sondern eben erhält und in eine neue, moderne Form bringt, die sowohl den Bedürfnissen der Tiere, aber auch der Menschen, in deren unmittelbaren Umgebung sie ja schlussendlich leben sollen, gerecht werden.
Seit im 19. Jahrhundert die ersten modernen Rassestandards entstanden sind, hat sich unser Wissen über den Hund, über die Tiermedizin, aber auch unsere Umwelt in so kurzer Zeit so stark verändert wie bisher wohl noch nie. Ich denke nicht, dass man es die Lösung des Problems sein kann, an der gängigen Zuchtpraxis festzuhalten, aber dann mit modernster Medizin hinter jeglichem neuen Problem, das die Rasse befällt, hinterherzurennen, nur um das Ursprungsproblem, die auf Gedeih oder (in dieser Angelegenheit doch wohl eher) Verderb geschlossenen Zuchtbücher auf keinen Fall angehen zu müssen.
Es geht dabei - und damit komme ich auf Deinen ersten Punkt zu sprechen - eigentlich gar nicht so sehr um jedes einzelne, bisher bekannte Gesundheitsproblem, das eine Rasse befallen kann, sondern darum, dass - egal wieviel man testet, egal wie weit die Medizin noch fortschreitet - es sich nichts ändern kann, wenn das Inzuchtproblem nicht von der Basis her angegangen wird. Solange der Genpool immer kleiner, anstatt grösser wird (und das wird er mit der gängigen Zuchtpraxis unweigerlich tun), werden immer neue Krankheiten, Anfälligkeiten und Schwächen auftauchen werden, bis eine Rasse eben praktisch unrettbar verloren ist.
Das Problem der Inzucht ist ja, dass sie - wie wir heute wissen - eine Population nicht 'reiner', 'purer' oder 'gesünder' macht, sondern eben, ganz im Gegenteil, kränker und anfälliger wird, weil unter anderem das Immunsystem, über welches wir heute immer noch viel zu wenig wissen, dadurch drastisch in Mitleidenschaft gezogen wird. Das bedeutet, dass die Tiere, trotz zahlloser Tests, immer anfälliger werden. Und zwar nicht nur für heute testbare genetisch vererbbare Krankheiten, sondern eben auch für andere Leiden, wie zum Beispiel Allergien, Futtermittelintoleranzen, Krebserkrankungen, etc. Häufig haben Vereine, Züchter und Rasseliebhaber eben leider nicht das Gesamtbild, sondern nur die Population im eigenen Land oder gar im eigenen Garten vor Augen und sehen damit eben nicht, dass es durchaus einen Zusammenhang geben kann, wenn zwei der Hunde derselben Rasse, die man kennt, früh an Krebs sterben, einer an Diabetes leidet, vier Allergien oder Futtermittelunverträglichkeiten haben und einer wesenstechnisch Probleme macht und z.B. furchtbar unsicher und ängstlich ist, obwohl er eigentlich aus einer vernünftigen Zucht kommt. Wichtig wäre es hier, die Gesamtpopulation im Auge zu behalten und sich zu überlegen, weshalb vielleicht der Altersdurchschnitt oder die Fruchtbarkeitsrate in der Rasse drastisch sinken, aber Wesens- und Gesundheitsprobleme vermehrt auftreten.Denn genau um die genetische Vielfalt nicht einzuschränken, sondern sie, ganz im Gegenteil, in einer Population weiter auszudehnen, hat die Natur die sexuelle Vermehrung erfunden.
Wir sind an einem Punkt, an dem es ehrlich gesagt keine grosse Rolle spielt, mit welcher Rasse man den Toller kreuzt um ihn zu retten. Wichtig wäre aber, dassman es tut. Welche die beste Rasse für ein Kreuzungsprojekt sein soll, kann ich sicher nicht kompetent genug beurteilen. Würde ich mich auf meine Intuition verlassen, würde ich mich einmal bei den wesens- und herkunftsmässig ähnlichsten Rassen mit vergleichbaren Anlagen wie dem Labrador und den Golden Retriever umsehen.Ich stütze mich bei der Bewertung der Situation übrigens, genau wie Du vermutest, einerseits auf die Studie von Mäki (2010), andererseits mag ich auch den Blog des Institute of Canine Biology. Artikel zum Toller gibt's zum Beispiel hier und hier.
Einen kleinen Genpool haben auch etliche sehr viel zahlreicher vertretene Rassen - das liegt nur weiter zurück und fällt daher heute weniger auf.
Das ist wohl richtig, macht die Sache deswegen doch aber noch lange nicht besser oder rechtfertigt sie gar. Vielleicht wolltest Du das damit auch gar nicht
Das ist ein klassisches Beispiel dafür, was man gemeinhin gerne Whataboutism nennt und ein bisschen, als ob man sagen würde 'ach so und so viele Rassen werden auf ein brachyzephales Erscheinungsbild hingezüchtet - das kann so schlimm doch gar nicht sein.' -
Einen kleinen Genpool haben auch etliche sehr viel zahlreicher vertretene Rassen - das liegt nur weiter zurück und fällt daher heute weniger auf.
Das ist wohl richtig, macht die Sache deswegen doch aber noch lange nicht besser oder rechtfertigt sie gar. Vielleicht wolltest Du das damit auch gar nicht
Das ist ein klassisches Beispiel dafür, was man gemeinhin gerne Whataboutism nennt und ein bisschen, als ob man sagen würde 'ach so und so viele Rassen werden auf ein brachyzephales Erscheinungsbild hingezüchtet - das kann so schlimm doch gar nicht sein.'Es war ein neutraler und sachlicher Hinweis, und keine Aussage zur Toller Reinzucht, oder wilden oder auch kontrollierten Einkreuzungen. Deutlich war nur mein Hinweis, dass das Thema (obwohl interessant, und wurde auch schon in eigenem Thread diskutiert) komplett OT ist.
Zur Erinnerung: es wurde nach Toller-Prüfungen gefragt.
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Ist das nicht einfach ein allgemeiner Thread zum Toller?
Sehr interessant jedenfalls und danke für eure sachlichen und fundierten Beiträge ich fand den Toller für mich früher auch mal interessant, daher finde ich die Ausführungen sehr spannend
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