Aversiv absichern

  • @flying-paws: nee, ich rechtfertige mich nicht für meinen Umgang mit den Hunden oder meiner Einstellung zu den Tieren, warum auch...? Ich versuche nach bestem Wissen und Gewissen verantwortungsvoll zu handeln.
    das Einzige, was mir eben Sorgen macht, ist nur, dass es vielleicht etwas unmissverständlich ankommt, wenn ich versuche, meine Gedankengänge zu erklären... Ich muss sie auch nicht objektiv betrachten, da ich kein Trainer bin und GsD mir darüber keine Gedanken machen muss, ob das, was ich denke, wirklich beweisbar ist... So bleibt auch etwas Raum für eigene Schlussfolgerungen. (Das soll nicht heißen, dass Trainer keine eigenen Gedanken hätten, bitte nicht falsch verstehen :) ...)
    Ich bin mir durchaus bewusst, dass meine Sicht der Dinge mitunter etwas unkonventionell ist, aber ich bin auch froh, dass mich viele Erklärungen von außen einfach nicht wirklich befriedigen.
    So bleib ich neugierig ;)



    Du meinst, wenn eine Strafe aus dem sozialen Bereich kommt, dann ist es keine oder wie? Sorry, ich muss nachfragen, weil Deine Definitionen eben Deine eigenen sind und ich nicht weiß was du meinst.

    Definiere "Strafe aus dem sozialen Bereich"?


    für mich verhält es sich folgendermaßen: Strafe, die ein Sozialpartner erteilt, kann alles sein, was Verhalten seltener auftreten lässt. Für mich ist Strafe wirklich nur und ausschließlich an das Ergebnis(!) geknüpft... nicht daran, ob sie angenehme oder unangenehme Emotionen verursacht (auch wenn man die klassische nie ganz wegdenken kann)


    Bsp.:
    Wenn Hund X an mein Essen auf dem Tisch will und ich gucke ihn böse an und er würdigt daraufhin meinem Essen auf dem Tisch in Zukunft keines einzigen Blickes mehr (vielleicht probiert er es noch ein zweites Mal und dann ist Schluss mit Stibitzen), dann war es lerntheoretisch gesehen eine Strafe.


    Wenn ein anderer Hund Y an mein Essen will und ich muss ihn von den Beinen hebeln und verscheuche ihn aus dem Zimmer und der klaut mir beim Zurückkommen trotzdem mein Essen unter den Fingern weg, obwohl ich ihn erneut ausheble, dann war das keine Strafe, auch wenn die unangenehme Einwirkung vielleicht sogar deutlich mehr negative Emotionen und Frust beim Hund verursacht hat, als der böse Blick es bei diesem Hund Y tun würde.


    Deshalb sage ich, Kommunikation ist (pauschal betrachtet) keine Strafe oder Verstärkung ...Der Hund Z oder auch Hund Y will an mein Essen, ich blockiere ihn zB mit meinem Arm und der Hund akzeptiert das, legt sich hin und beobachtet mich weiter und wünscht vllt sogar Feedback, ob sein Verhalten jetzt so in Ordnung ist.
    Bei jeder weiteren meiner nächsten Mahlzeiten versucht er mir aber wieder mein Essen zu klauen...
    dann war das Blockieren keine Strafe, sondern ich habe dem Hund mitgeteilt, welches Verhalten ich jetzt in dieser einen Situation eben nicht wünsche. Ich habe ihm mitgeteilt, dass ich mehr Individualdistanz vom Hund erwarte... Womit ich aber weder das Essen stibitzen, noch das sich mir nähern in irgendeiner Weise gehemmt habe, da der Hund in einer neuen Situation sich mir trotzdem wieder konfliktfrei nähern wird, auch wenn da Essen aufm Tisch steht.
    Es gibt dazu ja mehrere Studien, dass Hunde zB viel besser Gesten des Menschen lesen können als zB Wölfe. Das setzt ne gute Sozialisierung voraus, damit sie Kommunikation erlernen, aber um diese erlernen zu können, benötigt es die Fähigkeit dazu und die wird vererbt...


    Kommunikation ist mMn auf das Ergebnis bezogen nichts Nachhaltiges im Verhalten (kann dazu aber werden), sie passt sich immer der jeweiligen Situation an und erlaubt deshalb Flexibilität und MUSS vorher nicht besonders lang trainiert werden. (KANN aber)
    Kommunikation kann Strafe oder Verstärkung sein, aber sie MUSS es nicht.
    Kommunikation schließt (natürlich!) das Geben von vorher erlernten Kommandos ein, welche über Strafe und Verstärkung aufgebaut sind und demnach mitunter, wenn mans genauer unter die Lupe nimmt auch strafend und verstärkend wirken KÖNNEN - und damit auch die Art, wie kommuniziert wird, ebenfalls zur Verstärkung oder Strafe werden KANN... Kommandos können als erlernte Kommunikationsform aber auch genutzt werden, so wie wir Menschen eine fremde Sprache erlernen können. Sowohl in die Eine, als auch in die andere Richtung... hab letztens von einem Kooperationssignal gelesen, das wäre dann quasi die Kommunikation vom Hund in Richtung Mensch mittels erlernter "Sprache"=Signal.


    Kommunikation ist also so ein Ding alá "Alles Kann, aber nix Muss" und aufgrund dessen grenze ich das für mich von dieser klar definierten Lerntheorie ab, weil da einfach zu viel übereinanderfällt und die Erklärung über Lerntheorien eben für meinen Geschmack in der Praxis etwas zu sehr an die eigene Grenze kommt.


    Wenn man sich Mühe gibt, könnte man bestimmt auch Kommunikationssequenzen hinsichtlich der langfristigen strafenden und verstärkenden Wirkung auseinandernehmen.... aber ich halte das ehrlich gesagt für zu mühsam und zu wenig aufschlussreich und am Ende verunsichert das Einen nur selber, wenn man sich schlussendlich garnicht mehr traut, dem Hund eine Grenze zu setzen, weil man befürchtet, man könne durch die Anwendung von Strafe die Beziehung zu seinem Hund gefährden. (Ja, dieses Argument hab ich wirklich schon mehr als einmal gelesen und gehört)

    • Neu

    Hi


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    • Für mich ist Strafe wirklich nur und ausschließlich an das Ergebnis(!) geknüpft...

      Das, finde ich, ist mir etwas zu komplizert gedacht :???:



      Nur, weil ich das gewünschte Ergebnis am Ende, aus welchen Grund auch immer, nicht erhalten habe, kann doch das, was ich auch immer als Aktion am / beim Hund angewandt habe, trotzdem eine Strafe sein.




      Verwirrte Grüße
      SheltiePower

    • Spannend ist das hier - wat ist denn nun eigentlich Strafe oder besser ein "aversiver Verhaltensunterbrecher" ? :D Wo fängt es an und wo hört es auf?
      Ich bin fast geneigt zu sagen, dass man das niemals abschließend beantworten kann (genau so nicht für Verstärker). Fraglich ist dann wann man jemand für moralisch fragwürdiges Verhalten in Zusammenhang mit aversiven Verhaltensunterbrechern tadeln darf und wann nicht.


      Zumal bei der Bewertung ob nun aversiv oder verstärkend wirkend auch noch viele Variablen und Einflüsse mit reinspielen die man beachten sollte wie z.B. eine soziale Komponente und auch der Kontext bzw die Situation als auch der Charakter des Tieres.

    • Das Ding mit der Strafe ist mMn ziemlich einfach und nüchtern zu beantworten, siehe rechte Spalte in folgender Tabelle.



      Verstärkung Strafe
      positive (+)Zufügen von etwas AngenehmenZufügen von etwas Unangenehmen
      negative (-)Wegnahme von etwas UnangenehmenWegnahme von etwas Angenehmen
      Ergebnis:-> das Verhalten tritt in Zukunft öfter auf-> das Verhalten tritt in Zukunft seltener auf


      und welche Reize nun Angenehm und was Unangenehm ist, ist für das Individuum absolut individuell und von Tier zu Tier verschieden.
      fertig.
      alles weitere ist in meinen Augen schon zu viel Interpretation und eine Vorgabe, wie diese Erkenntnisse denn nun moralisch zu werten sind, war auch nicht im Sinne des "Entdeckers"... ich denke auch, dass man bei diesen ganzen Interpretationsversuchen auch nie auf einen gemeinsamen Nenner kommen wird.



      @Honig: Strafe ist für mich zB auch nicht dasselbe wie ein aversiver Verhaltensunterbrecher, da das Ergebnis fehlt ;) Aber wenn die Bezeichnung "Aversiver Verhaltensunterbrecher" zu lang sein sollte, kann man genausogut die neue Bezeichnung des "Aufmerksamkeitsteilers" nutzen, was in meinen Augen diese ganze Diskussion um "gewaltfreies Training" schon wieder ad absurdum führt :D

    • Lernthoeretisch betrachtet ist Strafe aber wirklich komplett nur aus dem Ergebnis her zu definieren, und zwar vollkommen subjektiv aus Sicht des Empfängers.


      Alles, und nur, was ein bestimmtes Verhalten in Zukunft seltener auftreten lässt, ist eine Strafe.


      Es wäre klarer, wenn man statt "Strafe" das Wort "Verminderer" (analog zu Verstärker) einsetzen würde.


      Die moralische Bedeutung des Wortes Strafe ist komplett irreführend in dem Kontext.


      Umgekehrt ist es genauso: Ein Lob ist nicht zwangsläufig ein Verstärker - sondern nur, wenn es als Verstärker wirkt, weil der Empfänger es so einordnet.
      Futter ist nur Verstärker, wenn der Empfänger gerade Futter möchte. Spiel nur, wenn er gerne spielt. Streicheln nur, wenn er in diesem Moment das Streicheln angenehm findet.


      Für mich ist eine Tafel Schokolade ein Verstärker. Meistens. Wenn ich gerade schon 3 Tafeln gegessen habe und mir schon schlecht ist, ist dieselbe Tafel Schokolade - müsste ich sie essen - eine Strafe.


      Die Lerntheorie interessiert sich ja nicht dafür, was irgendein Trainer bewusst einsetzt (oder versucht), sondern, wie ein lernfähiger Organismus aus seiner Umwelt lernt.
      Der Schmerz durch eine heisse Herdplatte ist eine Strafe. Der Energieverlust durch eine erfolglose Jagd. Und eben auch der zeitweilige Ausschluss aus einem sozialen Verband.


      Wenn ein Trainer oder ein anderes Lebewesen bewusst handelt, um zu strafen, ist alles natürlich viel komplizerter.
      Da muss man erst mal die Strafe "raussortieren" aus alldem. Schließlich wirkt Aufmerksamkeit u.U. gleichzeitig als Verstärker, während das Brüllen als Strafe wirkt. Oder die Strafe wird überhaupt nicht wahrgenommen, weil sie von einem viel mächstigeren Verstärker (einer starken Ablenkung, Wild, andere Hunde..) völlig überdeckt wird.


      Für einen selbstständigen Hund, der mich noch gar nicht kennt, ist mein böser Blick keine Strafe sondern einfach nur weisses Rauschen, ein Hund, der mir vertraut und eine Bindung an mich hat und sehr sensibel ist, wird dagegen schon durch einen völlig unbeabsichtigten genervten Blick bestraft und mag nicht mehr in meine Nähe kommen.


      Als Trainer ist man lediglich Teil der Umwelt, man hat mitnichten alle Verstärker und Strafen, die gleichzeitig auf den Hund einwirken, in der Hand, und schon gar nicht deren Intensität und "Durchschlagskraft" - denn das hängt extrem davon ab, in welchem körperlichen und emotionalen Zustand sich der Empfänger gerade befindet.


      Die Intenition des Strafenden ist bei all dem ziemlich unwichtig.

    • Fraglich ist dann wann man jemand für moralisch fragwürdiges Verhalten in Zusammenhang mit aversiven Verhaltensunterbrechern tadeln darf und wann nicht.

      Das hängt vollkommen von den ethisch-moralischen Grundsätzen des Beobachters ab, und von nichts anderem.

    • Um es genau zu wissen, was für den Hund eine Belohnung oder auch Strafe ist müsste man die Hunde aber fragen können und das geht eben nicht. Und auch wenn man seine Hunde idR sehr gut kennt und einschätzt, alles werden wir nie über sie wissen.
      Interessant wäre z.B. ein hypothetischer, masochistisch veranlagter Hund, der würde evtl. das Gebrutzle mit nem ERG als Belohnung empfinden |)

    • Um es genau zu wissen, was für den Hund eine Belohnung oder auch Strafe ist müsste man die Hunde aber fragen können und das geht eben nicht. Und auch wenn man seine Hunde idR sehr gut kennt und einschätzt, alles werden wir nie über sie wissen.
      Interessant wäre z.B. ein hypothetischer, masochistisch veranlagter Hund, der würde evtl. das Gebrutzle mit nem ERG als Belohnung empfinden |)

      finde ich jetzt von sehr weit her geholt


      du siehst doch, ob der Hund das Verhalten öfter zeigt oder meidet nach deiner Aktion, sofern sie korrekt angewendet wird
      somit wirst du mit Lesen des Hundes feststellen, als was er es empfindet

    • Ich bestrafe einen Schüler für lautes Dazwischenrufen mit einer Zusatzarbeit.
      Das Verhalten tritt aber nicht seltener auf, weil der Verstärker (die Aufmerksamkeit der Klassenkameraden) stärker ist, als meine Strafe.
      Ist es deswegen keine Strafe mehr, obwohl ich definitiv etwas unangenehmes hinzugefügt habe? (Ich bin mir sicher, das sieht der Schüler genauso)


      Also Strafe nur über ihre Wirkung zu definieren ist mir zu einfach.

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