Kalb mit Gipshaxe
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Manchmal gehen schlimme Dinge gut aus, jedenfalls bisher. Im Telegrammstil:
Am Wochenende kam eine schöne, große Färse mit der Geburt nicht weiter, Bauer greift rein, merkt, Kalb liegt falsch, will die Zughilfe zur Geburtshilfe holen, in der Zeit wirft sich das arme Tier vor Schmerzen so gegen die Wand, dass mein Freund nicht mehr richtig rankam und nur die Wahl hatte, dass sich das Kalb im Mutterleib stranguliert oder er versucht, das Riesenbaby quasi um die Ecke herauszuziehen.
Bis der Tierarzt für einen Kaiserschnitt dagewesen wäre, wäre das Kalb wahrscheinlich tot gewesen, und wer weiß, wie es der Mutter gegangen wäre, denn wenn das Riesentier im Geburtskanal ein Gefäß verletzt hätte, wäre die Wahrscheinlichkeit, dass sie verblutet wäre, durchaus gegeben gewesen; erst im Sommer geschehen, Bauer und Tierarzt, der vorher das bereits tote Kalb herausgeholt hatte, standen daneben und konnten nichts mehr tun.
Beim Ziehen brach ein Bein, was er erst nicht bemerkte, weil er sich um die Mutter kümmern musste.
Das Kalb war erstaunlich vital und versuchte relativ schnell aufzustehen.
Erst nach einigen Stunden - in der Zwischenzeit lag das Kalb mal hier und mal da in der Box - fiel ihm auf, dass mit einem Vorderbeim was nicht stimmte.
Kalb mit Flasche gefüttert, es soff prächtig, Tierarzt angerufen, evtl. kann man gipsen...
Es kam eine junge Ärztin vom Notdienst, die glücklicherweise Erfahrung im Gipsen von Ziegenbeinchen hatte, und jetzt hat das Riesenbaby einen Gips bis zur Schulter... und steht schon wieder!
Es war zum Glück ein glatter Bruch an der Wachstumsfuge, und auch die Mutter hat sich wieder berappelt.
Manchmal gibt es einfach schöne Sachen!
Caterina
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Komme gerade aus dem Kälberstall, dem Gipshaxenkalb geht es weiterhin gut. Am Montag wird es noch mal in Narkose gelegt, weil wegen des schnellen Wachstums neu eingegipst werden muss.
Der Senior poltert zwar, dass sich das überhaupt nicht lohnt - wegen der unterirdisch schlechten Milchpreise bekommt man Kälber aus Betriebsauflösungen praktisch nachgeworfen, teilweise für unter 30 Euro -, aber mein Freund sagt, das Kalb wollte leben, er konnte nicht anders, selber das Bolzenschussgerät setzen, ging schon mal gar nicht, und das Tier für den Tierarzt festhalten und beim Spritzensetzen zusehen, konnte er ebenso wenig.
Der Vater ist übrigens der Bulle, der ihn im November angegriffen hat...
Ich schätze mal, für das Geld, was die Behandlung kosten wird, hätte er 10 Kälber kaufen können.
Aber ich finde es immer gut, bei Nutztieren auch auf Vitalität zu achten, und hier sind einige Kühe im Stall, die man rein betriebswirtschaftlich betrachtet eigentlich schon längst hätte schlachten lassen sollen, doch sie bringen gut gebaute, vitale Kälber.
Caterina
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Die Einstellung finde ich klasse - toll dass das Kälbchen eine Chance bekommen hat.
Weiterhin gute Besserung!
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Ich mag den Bauern!
Ich kann seine Einstellung sehr gut verstehen. Behandlungskosten hin oder her, ein Tierchen, das leben WILL und so gute Chancen hat, könnte ich auch nicht töten
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Twiggy - wegen der langen Haxen und weil sie bei der Geburt so groß und schlaksig war - hat nun schon die 2. Kontrolluntersuchung hinter sich und Gips Nr. 3, und gestern war ein Tierarzt da, der sagte, wirtschaftlich gesehen hätten sicherlich nicht viele Bauern dieses Kalb am Leben gelassen.
Bauer: "Och, das hat mehr so emotionale Gründe..."
Ja, Bauer, ich erinnere Dich daran, wenn Dir mal wieder der Geduldsfaden reißt, wenn eine frisch abgekalbte Färse im Melkstand nach dem Melkgeschirr tritt... JJ
Caterina
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Schöne Grüße an den Bauern, ich mag ihn!
Viele haben sich eine mechanistische Sichtweise auf ihre Nutztiere antrainiert, das muß ich als "studierter Landwirt und beruflicher Bauernversteher" leider zugeben. Deshalb freut es mich, wenn ich von solchen Beispielen lese!
Alles Gute dem Kalb und berichte bitte weiter!
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EIn schöner Bericht
Gibt's ein Foto von dem Tierchen? fänd ich mal spannend, wie ein Kalb mit Gips aussieht
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Weißt Du, ich fände es ganz toll, wenn der Bauer unsere positve Stimmen auch hören/lesen könnte.
Ich finde es richtig nett, dass auch mal Tierfreundlichkeit in der Landwirtschaft sich über die Nutzwirtschaflichkeit stellt.
Ein dickes Lob an den Bauern!
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Habe mal versucht, Twiggy mit dem Handy abzulichten, ist aber nix geworden, weil das Kaspertier nicht stehen bleibt. Es springt mit der Gipshaxe wie ein Floh, wenn jemand kommt, leckt sich das Maul und wackelt mit Ohren und Schwanz, weil es was zu schlabbern haben will.
So nudelig, wie sie geworden ist, habe ich auch den Senior in Verdacht, dass Twiggy den ein oder anderen Nachschlag an Milch bekommt JJJ
Aber mal im Ernst: Hier ist beileibe nicht die Insel der Glückseligkeit für Rinder, weit gefehlt.
Oder um es mal diplomatisch auszudrücken: Mein Freund wäre besser Landmaschinenmechaniker geworden, das liegt ihm mehr, ihm fehlen in letzter Konsequenz Verständnis und Einfühlungsvermögen für die Tiere. Hinzu kommen im Moment auch handfeste Existenzsorgen wegen des unterirdisch schlechten Milchpreises; Quarus kennt das sicher - Du bist Berater?
Der Praktikant, den wir einmal die Woche hier haben (und der sich hoffentlich in der Schule wieder fängt, so dass er als Lehrling anfangen kann), ein Junge von gerade mal 14 Jahren, macht sich immer einen Spaß daraus, dass er sich nach Möglichkeit die frisch abgekalbten Färsen auf seine Seite des Melkstandes holt, denn er hat so eine ruhige, freundliche Art, streichelt ihnen das Euter, redet nett mit ihnen, so dass es ihm eigentlich immer im ersten Anlauf gelingt, das Melkzeug anzusetzen.
Der Bauer holt sich schon mal den ein oder anderen blauen Fleck...
Oder wenn Kühe wegen irgendeiner Behandlung, zum Nachknipsen verloren gegangener Ohrmarken oder für Blutproben im Fressgitter gefangen werden, geht er immer erst mit einer Ladung Schrot hin und wartet, bis die Tiere ruhig sind, so dass Tierarzt oder Bauer viel sicherer und bequemer hantieren können.
Umso schöner finde ich, wenn sich der Bauer dann frei nach Udo Lindenberg - "Eigentlich bin ich ganz anders, ich komm' nur viel zu selten dazu" - doch mal so richtig fürsorglich für die Tiere zeigt und sie nicht nur nach Schema F versorgt.
Und wie man sieht, es lohnt sich; bin schon gespannt auf Twiggys erstes Kalb. Einige Familien habe ich im Laufe der Jahre ja bereits kennengelernt, und es ist immer interessant, was sich vererbt.
Caterina
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Perfektion gibt nicht. Und Milchkühe werden nun mal für den Lebensunterhalt gemolken. Trotzdem gibt es durchaus Unterschiede in der Einstellung zum Tier, die nicht mal gross aus Emotionalität herrühren muss, manchmal einfach nur aus der Berufsethik. Es freut mich immer, auch mal von solchen Beispielen zu lesen.
Berater bin ich nicht, hatte und habe über das Landwirtschaftsamt und die Landschaftspflege aber viel Kontakt mit Landwirten.
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