Ziehen an der Leine , Begegnungen an der Leine mit anderen Hunden

  • Hallo Ihr Lieben,
    ich bin neu hier und wahrscheinlich gibt es schon viele Foren über dieses Thema, aber bevor ich mich hier durch die ganze Forenwelt gewuselt habe, versuche ich mal mein Problem zu schildern.
    Louis kommt zwar von einem "angeblichen Züchter" jedoch hatte er super viele Baustellen, als er mit 6 Monaten zu uns kam. Er war/ zum Teil ist er noch ein sehr ängstlicher Hund, der vor
    allem Neuen den Schwanz einzieht und auf Abstand geht, er kannte nichts und hatte einfach vor allem Angst. ( Autos, Radfahrer, Menschen mit Hut, usw) Auch ging er uns durch keine Tür!
    Naja, all das ist nun erträglich und auch im Alltag so integriert, das es nur noch selten zu Problemen führt. Vor allem dann nicht, wenn er in einer gewohnten Umgebung ist.


    Das was nun wirklich ein riesiges Problem ist, bleibt das Leinen ziehen und die Begegnungen mit Hunden an der Leine. Ich habe mit Louis 2 Hundeschulen durchlaufen , einige Dinge ausprobiert, jedoch ohne große Fortschritte. Im Vorfeld muss ich
    wahrscheinlich noch dazu sagen, das ihn jeglicher Außenreiz ablenkt. Egal ob es ein Jogger, Wild ein anderer Hund oder der Specht am Baum ist.
    Wir haben es mit Stop and go über ein halbes Jahr versucht, keine Ergebnisse außer das er gelernt hat zu mir zurückzukommen wenn ich stehe. Im gleichen Atemzug, wenn wir weiter gehen, rennt er wieder in
    die Leine. Wie man sich vorstellen kann, ist dann ein Spaziergang eher nervig wie spaßerfüllt. Leckerlis sind prima, wenn es keine anderen Reize gibt........ no chance, sollte uns ein Hund entgegenkommen. Lieblingsspielzeug..... alles gut und schön, erblickt er z.B. in weiter Ferne den anderen Hund oder einen Hasen,
    ist das Spielzeug Nebensache. Lob beim lockeren Leinenlaufen........... ja super, im nächsten Schritt hängt er wieder in der Leine auf dem Weg nach vorne.
    Ich habe eine 2,5 m Leine, die ich je nach Bedarf auch kleiner stellen kann, sodass wir im Straßenverkehr sicher laufen können, bis das ein anderer Hund in Sicht ist. Dann zieht mich Louis mit seinen 35 kg schon
    den ein oder anderen Schritt mit.
    Im Freilauf reagiert er sehr sozial mit anderen Hunden. Er ist wild ( ja auch noch jung )was nicht jeder Hund oder Besitzer mag, aber auch unterwürfig oder auffordernd.


    Es hört sich jetzt so an, als wenn er nur zieht, wenn ein Außenreiz wie z.B. ein anderer Hund da ist. Für Ihn ist es aber auch ein Reiz, wenn wir in einer neuen Umgebung spazieren gehen. Ich wünsche mir so sehr
    schöne entspannte Spaziergänge zu unternehmen, wo alle Spaß haben, jedoch sind wir da weit von entfernt. Ich denke noch nicht mal das Louis so unbedingt die Fehler macht, sondern ich irgend etwas falsch mache.


    Vielleicht habt Ihr den ein oder anderen Tipp für mich? Vielleicht kennt Ihr einen guten Hundetrainer, der einfach mal mit spazieren gehen könnte und sich die Lage ansieht? Auch das habe ich schon einmal mit
    einem Trainer versucht, der auch einen tollen Tipp hatte. Positives Verstärken auf die Entfernung wo mein Hund noch entspannt ist. Gelingt auch aus der Entfernung........ jedoch ist es nicht möglich die Entfernung zu reduzieren, ohne das
    Louis ausflippt. Das schlimme ist, nach jeder Begegnung hat er wahrscheinlich gelernt, dass es nicht schön ist anderen Hunden an der Leine zu begegnen. Frauchen schimpft und Louis kann sich nur weh tun, wenn er so
    in das Geschirr springt.
    Wenn man nun versucht, "auch ein Tipp gewesen", meinen eigenen Hund an einem Kurzführer an einem anderen Hund vorbei zu führen ?!? tolle Idee aber nicht ausführbar...... Louis zieht mich einfach mit, er entwickelt so viel
    Kraft, trotz Kurzführers, das ich nicht vorbeigehen kann.


    Wie Ihr merkt, brauche ich unbedingt Hilfe in dieser Richtung. Nicht nur das Louis wahrscheinlich nach Hundebegegnungen an der Leine alles weh tut, auch an mir gehen solche Begegnungen nicht ohne Schmerzen vorbei.


    Ich würde mich über Ratschläge oder Hilfe sehr freuen.


    LG Bine

  • Puh, das Problem kenne ich in abgeschwächter Form auch (mein Hund hat aber zum Glück nur 10 Kilo und ohne Ablenkung klappt es schon ganz gut). Einen wirklichen Tipp habe ich leider nicht, aber ich lese gerne mal mit! Vor allem, weil das auch meine Freundin betrifft, die einen großen Hund hat. Das schlaucht total, mit den beiden Spazierenzugehen. Am Ende ist man total kaputt und für die Hunde wars auch eher frustrierend.


    Alleine klappt es bei mir relativ gut, aber eben auch nur in bekanntem Gebiet und ohne Ablenkung. Was bin ich erst gestern auf ner relativ kurzen (und ruhigen) Runde stehen geblieben und immer wieder zurück gelaufen! Lernerfolg gleich null. Meiner weiß auch, dass er wieder zurück laufen muss, damit es weiter geht, rennt dann aber auch wieder rein. Ich denke, hier liegt irgendwo der Knackpunkt, da haben wir den Hunden vermutlich was falsches beigebracht. Ich weiß aber leider auch nicht, was. :ka:


    Was mir aufgefallen ist: Du sagst, du schimpfst bei Hundebegegnungen, wenn er dich hinzieht. Das würde ich lassen. Er denkt sonst, du feuerst ihn an.


    Wegen dem Hundetrainer: Bist du da am Ball geblieben? Ich habe auch einen Hundetrainer, unter anderem auch wegen diesem Problem, wir üben aber im Moment vor allem an Autos mit positiver Bestärkung auf Entfernung. Das funktioniert eigentlich ganz gut, weil Autos auch relativ berechenbar nur auf der Straße langfahren und man da ein bisschen planen kann. Nur mit anderen Hunden ist das schwierig, weil die einfach überall auftauchen, auch mal ohne Leine, und mal so mal so reagieren. Da wäre es bestimmt gut, die Situation anfangs mit dem Trainer und einem anderen, souveränen Hund die Situation zu stellen, damit man da überhaupt irgendwie vorwärts kommt. Und ganz wichtig: anfangs den Trainer öfter draufschauen lassen! Ich habe so viel nach den ersten Erklärungen im Alleingang geübt, dass sich da einige Fehler eingeschlichen haben, die aber ganz entscheidende Lernprozesse verhindert haben. Dabei war ich der festen Überzeugung, alles genau verstanden zu haben! Sogar, als ich meinte, die Fehler dann endlich ausgemerzt zu haben, gab es bei einer weiteren Stunde dann wieder Verbesserungsbedarf. Aber es ist schon wesentlich besser geworden. Sowohl mein Training als auch das Autoproblem! Aber es geht immer nur ganz langsam und dosiert und bis wir so weit sind, dass wir uns auf die gleiche Art an Hundebegegnungen ranwagen können, dauert es noch. Darum bin ich umso gespannter, ob das bei dir funktioniert. Ich drücke jedenfalls die Daumen!

  • Ich denke noch nicht mal das Louis so unbedingt die Fehler macht, sondern ich irgend etwas falsch mache.

    Es könnte evtl. sein, dass du beim Kauf einen Fehler gemacht hast. Könnte der Hund am Desprivationssyndrom leiden? Passt das zu seiner Vorgeschichte?


    Wie lange habt ihr ihn schon?


    Ich würde Leinenführigkeit über Belohnung aufbauen, man braucht da sehr gutes Timing und einen guten Plan für mit dem Clicker, vielleicht kann euch da auch ein_e Trainer_in helfen.


    Vielleicht kann dir jemand persönlich empfohlen werden, laut Karte wohnst du in Rheine?

  • Du sprichst mir aus der Seele :winken:


    Ich stimme voll und ganz mit meinen beiden Vorrednerinnen überein. Deprivation wäre gut möglich, wenn der Welpe zu früh von Mutter und Geschwistern getrennt wurde und/oder kaum Außenreize kennen gelernt hat.


    Mich interessiert ebenfalls, wie lange er schon bei euch ist.


    Und ich finde es ganz toll, dass du den Fehler bei dir suchst :-) Für mich steht grundsätzlich fest, dass der Fehler niemals beim Hund liegt. Verzapft hat das Problem allein der Mensch, der Hund reagiert für hündisches Verhalten erstmal nur logisch. Das gute daran ist, dass man den Hund nicht als "hoffnungslosen Fall" abstempeln kann.


    Schimpfen würde ich auch sein lassen. Wie schon gesagt wurde, kann der Hund sich bestätigt fühlen, weil du ja in sein aufgeregtes Verhalten einsteigst. Und wie du selbst erkannt hast, es könnte sein, dass der Hund gespeichert hat, dass du zu allem Überfluss auch noch motzig wirst, wenn etwas aufregendes draußen los ist. Also wieder noch mehr Grund aufgeregt zu sein.


    Ich finde es wichtig, klar zu stellen, dass der Hund sich einfach nicht konzentrieren KANN. Er ignoriert dich nicht bewusst, er ist mit seinen Sinnen so überfordert, der kann gar nicht alles gleichzeitig wahrnehmen. Dadurch ist auch die Lernfähigkeit blockiert. Leinenführigkeit im klassischen Sinne kann hier nicht trainiert werden, so ist jedenfalls meine Erfahrung. Wir arbeiten da auch mit ganz viel Belohnung und Markerwort (was übrigens ganz oft wegen Reizüberflutung nicht wahrgenommen wird). Wahrscheinlich müsst auch ihr mehreres kombinieren. Wie ein Baum stehen zu bleiben, ist sicher eine Methode, auch wir wenden sie an. Das Problem ist nur, dass man es nie konsequent machen kann. Bei so viel Gewicht braucht man oft noch 1, 2 Schritte, bis man zum stehen kommt. Und auf der Straße kann man natürlich auch nicht stehen bleiben.
    Ich sage dir mal kurz, wie wir das ganze angehen. Wir können übrigens auch pro Runde nur so 10 Minuten gehen, weil die arme Maus sonst fix und fertig mit der Welt ist.


    1. sie sprintet vom ersten Schritt an in die Leine
    2. ich bleibe wie angewurzelt stehen
    3. irgendwann dreht sie sich um und läuft zu mir (je nach Aufregung kann das manchmal dauern)
    4. ich markere (bei uns ganz schnöde "click") und werfe das Leckerchen ein kleines Stück schräg hinter mich
    5. sie nimmt es und läuft wieder vor. Ich "clicke" in dem Moment, wo sie auf Höhe meines Körpers ist
    6. Leckerchen fliegt wieder ein Stückchen hinter mich


    Bewegt sie sich in einem Bereich vor oder hinter mir, ohne dass die Leine spannt, markere und belohne ich.
    Ich markere und belohne auch jede kleine Aufmerksamkeit, die sie auf mich richtet.
    Dafür muss das Markerwort natürlich vorher in reizarmer Umgebung trainiert werden und gefestigt sein.

  • Ich glaube, es ist schwierig bis unmöglich, Leinenführigkeit zu trainieren, wenn der Hund nicht ansprechbar ist (man also z.B. ständig stehen bleibt und der Hund sich nicht umorientieren kann.)
    Aber ich glaube, die TE hat die Möglichkeit, auf bekannten Strecken zu üben, wenn ich das richtig verstanden habe?

    Es hört sich jetzt so an, als wenn er nur zieht, wenn ein Außenreiz wie z.B. ein anderer Hund da ist. Für Ihn ist es aber auch ein Reiz, wenn wir in einer neuen Umgebung spazieren gehen.

    Demnach müsstet ihr ja "nur" erst mal unbekannte Strecken meiden und am besten zu Uhrzeiten raus gehen, zu denen wenig los ist.

  • Ich glaube, es ist schwierig bis unmöglich, Leinenführigkeit zu trainieren, wenn der Hund nicht ansprechbar ist (man also z.B. ständig stehen bleibt und der Hund sich nicht umorientieren kann.)

    Mit der Methode aus dem Video wird ja auch an der Aufmerksamkeit und somit Ansprechbarkeit gearbeitet.
    Ich habe in ganz reizarmer Umgebung angefangen und mit ganz kurzen Einheiten und eins von beidem dann langsam gesteigert.


    Manchmal war es auch verdammt schwierig für mich, weil ihm die Umorientierung lange schwer gefallen ist, aber jetzt macht er das oft von sich aus.
    Und er hat verknüpft: Halsband (ich habe am Halsband geübt, am Geschirr ziehen lassen) = entspannt und aufmerksam sein.

  • Ich hab deinen Beitrag erst nach dem Abschicken gesehen, hatte also nichts mit dem Video zu tun.
    Ich finde den Punkt mit der Ablenkung einfach sehr wichtig, aber du hast das besser erklärt als ich.

  • Ich habe in ganz reizarmer Umgebung angefangen und mit ganz kurzen Einheiten und eins von beidem dann langsam gesteigert.

    Reizarme Umgebung kann übrigens auch die Wohnung sein. Da musst du selbst einschätzen, ob es draußen einen Ort gibt, an dem die Konzentration ausreicht.

  • Reizarme Umgebung kann übrigens auch die Wohnung sein. Da musst du selbst einschätzen, ob es draußen einen Ort gibt, an dem die Konzentration ausreicht.

    Ja!
    Wir haben ganz alleine in der Wohnung angefangen, dann in Gegenwart anderer Leute (die normalerweise da sind und nichts spannendes gemacht haben), dann ging es in den Garten und vors Haus. Das ist eine Stichstraße mit vier Häusern wo fast nie einer vorbeikommt. Da haben wir uns stückchenweise rausgearbeitet, aber zuerst nur abends, wenn niemand unterwegs war.
    Zwischendurch sind wir auch nochmal eine Stufe zurückgegangen in den Garten, entweder um ein Erfolgsgefühl zu haben oder um die Zeit zu steigern.


    Angefangen habe ich mit 30-60 Sekunden 2-3mal täglich und im Minutentakt gesteigert, aber nur wenn es gut lief.



    Also ja, die Ablenkung zu beachten ist sehr wichtig. Da arbeiten wir immer noch dran.

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