Der "Hunde arbeiten am Vieh" - Quatsch-Thread

  • Als ich mich dafür entschieden hatte, dass ein kleines Borderchen bei mir einziehen soll, fing die Planung und Überlegungen richtig an und so kamen auch Fragen auf.
    Eine dieser Fragen war, wie handhabe ich einen Welpen/Junghund zwischen den Kühen...
    Ich las viel - in Büchern, in Foren, auf Websides - und immer wieder stieß ich auf die Aussage, dass man den jungen Hund am besten nicht vor dem ersten Lebensjahr mit dem Vieh in Kontakt bringen soll...doch wie stellt man das an, wenn der Alltag sich ausschließlich zwischen den Kühen abspielt, den jungen Hund irgendwo 10 Std. am Tag weg sperren? Nein, das macht doch keiner.
    So fragte ich mich, ob mein Unterfangen überhaupt möglich war und genau mit dieser Frage trat ich an meinen Züchter.
    Zu meiner Überraschung sagte der mir etwas ganz anderes.
    Ich solle den Welpen vom ersten Tag an mit zu den Kühen nehmen, aber ganz große Obacht geben, dass sich kein Fehlverhalten einschleicht, ihn gegebenenfalls auch mal irgendwo anbinden und warten lassen.
    So kam also eine XXL Gitterbox auf die Diele, zum warten und Pause machen (gerade in der Welpenzeit, heute stecke ich ihn da nur noch rein, wenn wir Jungtiere umhüten) und er lernte eine ganz wichtige Sache...warten und er musste viel warten und sich beherrschen lernen.


    Der erste Morgen, nach dem ich ihn abgeholt hatte, warten während Frauchen einstreut...


    Auf dem Schäffer warten, während Frauchen Strohbütten weg bringt und Tore zu macht...



    Warten während wir Stroh abladen (hier ausnahmsweise im nicht genutzen Zwinger, damit er nicht doch mal in das laufende Förderband springt)


    warten während Frauchen die letzten Kühe in den Melkstand hütet...



    So wuchs er also inmitten der Kühe und der alltäglichen Arbeit auf, ich aber immer darauf achtete, dass sich kein unerwünschtes Verhalten einschleicht.
    Mittlerweile habe ich hier einen Border laufen, der sich nicht nur in unmittelbarer Nähe zu den Kühen und auch bei den Schafen total beherrschen sondern auch entspannen kann




    der "Schalter" im Kopf aber sofort umswitscht sobald es für ihn an die Arbeit geht.

  • @Antoni


    Entspannt sieht das bei Euch aus!


    Bei solchen Aussagen wundere ich mich jeweils, wie das Leute machen sollen, die tatsächlich Schafsbauern sind und nicht einfach mal den Familienhund um ein paar Schafe kreisen lassen. So wie ich das kenne, wachsen die Welpen ganz normal auf dem Hof auf. Die Junghunde werden dann ab und an spielerisch angetestet, wenn sie mit einem Jahr dann immer noch kein Interesse zeigen, kommen sie eben weg. Aber man achtet in diesen frühen Phasen eben sehr darauf, dass sich - genau wie Du sagst - kein Fehlverhalten einschleicht.


    Wer nun zwischen Fehl- und erwünschtem Verhalten nicht unterscheiden kann, der lässt seinen Hund vielleicht tatsächlich lieber erst mit einem Jahr (und unter guter Anleitung...) ans Vieh.

  • Neben möglichem Fehlverhalten passe ich bei meinem Welpen zur Zeit vor allem auf, dass sie keine negative Verknüpfung aufbaut. Ich stelle es mir sehr problematisch vor, wenn Welpe unbedarft auf die Schafe zutappst und dann vom E-Zaun eine übergebraten bekommt oder sie zwischen Muttern mit jungen Lämern gerät und von einer Mutter in den Boden gerammt wird.


    Aber Gedanken habe ich ir da zu Anfang auch viele gemacht. Glücklicherweise ist es einfacher als gedacht der kleinen Sumi klarzumachen, dass sie nicht ohne Erlaubnis unterm Zaun durchschlüpfen darf. Für sie ist der tägliche Gang zur Weide inzwischen völlig normal, spannend wird es, wenn ich sie eng stelle und Tiere rausfange, ansonsten wartet sie sehr brav.

  • Das hatte/hat oberste Priorität.
    Phelan lief nie ohne Aufsicht bei den Kühen rum, viel zu groß war die Gefahr, dass mal eine (auch durchs Fressgitter durch ) stoßen könnte, von treten wollen wir gar nicht erst sprechen.


    Beim Training ist Strom immer aus, ansonsten lege ich ihn im Abstand ab und lasse ihn dort warten, er weiß aber auch, dass die Weiden ohne meine Erlaubnis absolut tabu sind.


    Die ersten Monate hatte ich auch immer Leckerchen bei mir und habe alles belohnt, was mir an seinem Verhalten gefallen hat.
    So hat sich vieles von alleine geformt und er ist mittlerweile einfach unproblematisch im Hofalltag (wobei er generell unproblematisch ist)

  • Früher Nachmittag, ordentlich Verkehr für hiesige Verhältnisse, nicht zu knapp Reiseverkehr Richtung Ostsee: Der Hof liegt ja am A7-Zubringer, vor der Straße verläuft noch ein Radweg. Ich sitze in Arbeit vertieft am PC, Bauer weiter weg aushäusig unterwegs, Praktikant und Angestellter irgendwo auf dem 2 1/2 ha großen Hofplatz, Senior auch weg.


    Heute morgen waren zwei frisch abgekalbte Kühe von ihren Kälbern getrennt und zum Melken in die Herde integriert worden, und je nachdem, wie der Wind steht, sammeln sich die Mütter an einer Stelle der Hauskoppel, von wo aus sie ihre Kälber nach ihnen rufen hören.


    Ich dachte noch, heute hört man die aber besonders laut...


    Plötzlich schlägt Schwarzi-Border Alarm, ich lasse ihn raus aufs eingezäunte Areal - und sehe zwei Kühe, schnurstracks auf dem Weg vom Hof Richtung Straße...!! An der Markierung mit Viehstift konnte ich sehen, dass es die beiden frisch Abgekalbten waren.


    Handy, Leine, Stock & Spockie geschnappt, auf der Straße mehrere Autos mit Warnblinkanlage, d.h. die Kühe müssen schon dort umhermäandert sein, Praktikant angerufen, zusammen mit einem beherzten Autofahrer Kühe von der Straße in Bauers Gerstenacker gejagt, wobei der Spock dem Ganzen durch einen Hackenbiss noch etwas mehr Nachdruck verlieh, Arbeiter & Praktikant kommen mit dem Betriebsfahrzeug angedieselt und kümmern sich um die Ausbrecher... uff...


    Ich stehe noch auf dem Fahrradweg und rede mit einer weinenden Frau, die sich zu Tode erschrocken hatte, als ihr die Kühe vors Auto liefen.


    Plötzlich denke ich, ich sehe nicht richtig:


    Da kommen bestimmt 10 Kühe im Gänsemarsch aus dem Melkstand* (!) herausspaziert, setzen sich in Trab und wollen ebenfalls vom Hof... ich war wie vor den Kopf geschlagen.


    Wäre dieses kleine, mickrige bisschen Hund, das den Schwanz einzieht und sich verschreckt trollt, wenn man die Fliegenklatsche in die Hand nimmt, nicht gewesen, hätten sie es evtl. sogar geschafft. Er schoss sofort breitbeinig kläffend, Bürste wie ein Drachen, vom Fahrradweg auf sie zu, biss in ein paar Flotzmäuler, den Rest machte mein Gebrüll, und sie kehrten um Richtung Stallungen, wo sie der Praktikant geistesgegenwärtig in einen Kälberstall sperrte, wo sie schon die Ausbrecher festgesetzt hatten.


    Ich muss gestehen, mein Bedarf an Adrenalin ist für die nächsten Tage gedeckt, denn das hätte genauso gut ganz gewaltig schief gehen können und ist mit Sicherheit nicht zur Nachahmung empfohlen, aber Kühe auf dem Autobahnzubringer sind auch nicht gerade hitverdächtig.


    Caterina (um Jahre gealtert)


    *Übeltäter war der Besamungstechniker, der den Stall immer durch den Melkstand betritt und verlässt und gleich zwei Gitter offen gelassen hatte.

  • (...)
    Heute morgen waren zwei frisch abgekalbte Kühe von ihren Kälbern getrennt und zum Melken in die Herde integriert worden, und je nachdem, wie der Wind steht, sammeln sich die Mütter an einer Stelle der Hauskoppel, von wo aus sie ihre Kälber nach ihnen rufen hören.


    Ich dachte noch, heute hört man die aber besonders laut...


    Plötzlich schlägt Schwarzi-Border Alarm, ich lasse ihn raus aufs eingezäunte Areal - und sehe zwei Kühe, schnurstracks auf dem Weg vom Hof Richtung Straße...!! An der Markierung mit Viehstift konnte ich sehen, dass es die beiden frisch Abgekalbten waren.(...)

    Braver Hund, aber ich bin für die Kühe. Unsere Betreuungsinder waren immer wie die Berserker, wenn die die Kälber dabei hatten, aber wenn eins "verloren" war, haben die uns alles absuchen lassen, bis wir es hatten. Ich hätte mir nicht vorstellen können, die schon so früh zu trennen. Die sind sich sehr nahe mit ihren Kälbchen. So nah, dass es selbst dann noch haarig zugeht, wenn man mit dem Hund die Färsen abtrennt, damit sie nicht zu früh gedeckt werden.

  • Stressig, aber zeigt mal wieder WAS ein solch mickriges Tierchen leisten kann und welchen Wert es hat. Ich freu mich schon auf Deine Berichte, wenn sich das weiterentwickelt. :smile:

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