Erfahrungsaustausch Tierschutzhund

  • Mein Rüde Gio stammt aus dem Tierschutz, genauer gesagt von der Straße in Rumänien. Das ist einer der tollsten Hunde, die ich kenne. Der ist super sozialisiert mit Hunden, hat keine Ängste. Unbekanntes verunsichert ihn natürlich mal, aber das ist kein Ding. Ich zeige ihm, dass alles gut ist und dann ist es für ihn auch so. Dieser Hund will mir alles recht machen - das, was viele Will-To-Please nennen. Er ist so ein lieber Kerl.


    Und meine Eltern haben ebenfalls 2 Rumänen bei sich. Beides supertolle Hunde. Gut, Ebby hatte anfangs Angst vor der Hauptstraße, weil sie das einfach nicht kannte. Aber sie ist ansonsten total entspannt und will ebenfalls alles recht machen. Auch beides 2 ganz ganz tolle Hunde.


    Meine Sookie stammt aus Deutschland, wurde dort auf der Straße gefunden. Gut, sie war erst 13 Wochen, als sie zu uns kam. Aber sie ist superlieb und total einfach.


    Und das krasse Gegenbeispiel: Unsere Pia. Stammt (leider) vom Vermehrer. Sie haben wir mit 8 Wochen bekommen. Sie ist jetzt 4,5 Jahre alt und hat eine Menge Probleme. Vieles stresst sie, vieles macht ihr Angst. Sie hat einfach bis zur 8. Woche nichts außer der Wohnung gesehen, in der sie geboren wurde. Und auch wir haben leider einiges falsch gemacht in der Welpen- und Junghundzeit.

  • Wenn also Menschen davon berichten daß TS Hunde so unglaublich schwierig sind laste ich das größtenteils den Orgas an. Viele Hunde gehören, so Leid es mir tut, einfach nicht in die Vermittlung.
    Das würde dann auch insgesamt ein besseres Bild für den TS Hund abgeben.

    Ja, das, aber meiner Meinung nach spielen auch noch zwei andere Punkte eine Rolle: Einmal falsche Erwartungen und falsche Selbsteinschätzung seitens der Interessenten, zum anderen aber auch Pech. Manches kann man einfach nicht vorhersehen.
    Aber schlechte Vermittlungen sind schon das Hauptübel, das denke ich auch.


    Aber auch bei den "Guten" sind unterschiedliche Erfahrungshorizonte ein Problem. So können zwei ganz unterschiedliche Dinge gemeint sein, wenn ein erfahrener Vermittler oder ein jagdhundunerfahrener Interessent von "Jagdtrieb" sprechen.


    Mein Eindruck ist: Zu oft steht das "Haben Wollen" im Vordergrund und weniger, dass der Hund wirklich gut zu einem passt!
    Abstriche bzg. Haarkleid, Größe, Alter etc. werden so gut wie nie gemacht, das sieht man hier im Forum doch auch immer wieder bei diversen Suchanfragen!

  • Lange nicht mehr so viel Mist gelesen!


    Genauso könnte ich dir meine Erfahrungen mit der Rasse RR schildern, da bleibt leider auch kein gutes Haar an der Rasse, denn bis jetzt bin ich nur schlecht sozialisierten, extrem jagenden & aggressiven Hunden mit unfähigen Haltern begegnet.


    Ich habe hier 2 Tierschutzhunde sitzen, beide direkt aus dem Ausland, weder kastriert, noch schlecht sozialisiert noch ängstlich (aber Rassebedingt fremden Menschen gegenüber zurückhalten, was ich SEHR gut finde).


    Seit ich die zwei Mädels habe ist unser Kontakt zu anderen Tierschutz Hunden und Menschen riesig, ich kann hier keinerlei Unterschied zu "Züchterhunden" erkenne. Es gibt Solche und Solche, sowohl bei den Rassehunden als auch bei den Tierschutzhunden.

  • Ja, das, aber meiner Meinung nach spielen auch noch zwei andere Punkte eine Rolle: Einmal falsche Erwartungen und falsche Selbsteinschätzung seitens der Interessenten

    Nach meinen Erfahrungen der Hunde hier in der Gegend, ist das ein wichtiger Punkt. Ich habe doch schon einige Leute kennengelernt, die sich nach einem einfachen, leicht erziehbaren Hund für Profis halten. Da wird dann gerne mal müde darüber gelächelt, wenn TH-Mitarbeiter auf diverse Baustellen hinweisen, weil man kennt sich ja aus. Und wenn der Hund dann nach der Vermittlung die vorher bekannten Macken zeigt, dann heißt es ganz schnell, das TH habe einem einen verkorksten Hund angedreht... :ka:


    Und Vieles kann man natürlich auch wirklich nur schlecht einschätzen, wenn man es noch nie erlebt hat. Ich denke da gern an die Shelties vom Hundeplatz, deren Halter sich immer über den furchtbaren Jagdtrieb ihres Rüden beschwert haben... Weil der ab und zu mal ein Eichhörnchen auf einen Baum gescheucht hat, wenn es ihm vor die Füße gehüpft ist ;)
    Und gerade, wenn es um Angsthunde geht, kommt einem sicher schnell der Gedanke, dass "viel Liebe" völlig ausreichend ist, damit der Hund auftaut.

  • Ich glaube auch das ist alles ein Frage des Vereins und auch des Halters. Wonach hat der seinen Hund ausgesucht, welche Fragen hat er gestellt und war er ehrlich zu sich selbst.


    Vielleicht kennst du gar nicht 20 TS Hunde aus dem Ausland, sondern 150 und die 20 sind nur die, die dir auffallen und da wäre interessant anhand welche Kriterien wurde der Hund ausgesucht, wie ehrlich war man zu sich selbst, war die Orga seriös und hat man kritisch hinterfragt. Wenn der Hund ruhig gestellt wurde, war das sicher keine seriöse Orga.


    Hier laufen eine Menge Auslandshunde rum, die sind alle völlig unproblematisch, sowas bekommt man nur im Gespräch mit. Es gibt hier genau einen den ich in die Kategorie Angsthund seit Monaten packen würde. Das ist ein Fall von gesehen, blind verliebt und einfach hier her gekarrt. Da Frage ich mich allerdings auch welche Orga so einen Hund nach Berlin vermittelt hat. Da liegt auf beiden Seiten ein Fehler.


    Ich klopfe mal auf Holz und sage "bis jetzt".


    Wir haben einen Hund gesucht:
    - nett zu Menschen
    - kommt mit der Stadt klar
    - wenn er mit Hunden kann super
    - Jagdtrieb händelbar
    - ruhig, entspannt
    - ...


    Monate haben wir die Tierheime, Anzeigen,... abgeklappert, haben uns Hunde angesehen und auch wenn der noch so unendlich niedlich war "nein" gesagt, weil es nicht in unser Leben gepasst hätte und das für den Hund einfach nur Stress wäre. Dann war sie da - unsere Hündin auf einer Tierheimseite. Im Wald mit ihr gelaufen, vor einem Kaufland abgeladen (jeder weiß wie laut das da ist), alles super. Ja ich habe das arme Tier auch getestet, bin an ihr vorbei gerannt, neben ihr gehüpft, habe mal gequiekt um zu schauen wie sie so drauf ist.


    Es passte perfekt. Einmal Treppe gelaufen danach kein Thema mehr; stubenrein; seit Anbeginn leinenführig; lässt sich durch nix aus der Ruhe bringen; döst im Park während Leute Ball spielen; Fahrradfahrer; Jogger; schreinende Kinder; pöbbelnde Hunde; laute Geräusche kein Thema; 1. Öffi fahrt gruselig, danach der Drops gelutscht; Geburtstagsfeier im Altenheim, 8 Erwachsene, 1 Krabbelkind, 1 Kleinkind = 10 Leute auf 30qm - Tier lässt sich kuscheln, legt sich dann hin und pennt; Fremdbetreuung bei Freunden mit 2 Hunden kein Thema, fremde Hunde/Menschen in der Wohnung kein Thema; kein Interesse an anderen Hunden, sie ist aber nett.
    Wenn uns Leute ansprechen wie toll sie ist können wir nur sagen "die war schon so".


    3 Wochen hier und unsere Auserwählte kommt ursprünglich aus Polen. Woher war uns egal, es musste einfach UNSERER Hund sein, der in UNSER Leben passt.


    Das kann sich alles noch ändern, aber das kann dir mit jedem anderen Hund auch passieren. Egal ob vom Züchter oder aus dem TS. Auch Zuchthunde lesen ihren Rassestandard nicht immer genau oder sind eben nicht so wesensfest wie man sich das gern gewünscht hätte. Oder man sucht nicht richtig aus und wundert sich warum der Terrier plötzlich so auf Bewegungsreize reagiert und keinen Rückwärtsgang kennt.


    Ich sehe hier auch Zuchthunde rumrennen und frage mich wie man einen Mali oder nen RR hier in unsere Gegend holen kann. Der Beagle der aus Frust alles zusammenbrüllt, weil er nur um den Block geführt wird und nicht mal schnüffeln darf,... Die Terrier die jeden Fahrradfahrer zusammenkreischen, aber sind ja vom Züchter, bringt nur nix wenn man nicht auch an Problemen arbeiten will und sich mit dem Hund beschäftigen will.

  • @SweetEmma
    Ich verstehe zwar nicht warum du gleich in Züchterhund/Tierschutzhund übergehst aber das ist nun mal meine Erfahrung mit sehr vielen Hunden aus dem Ausland und Tierschutz.
    Nicht mehr und nicht weniger...

  • Moin,


    es ist ja nicht so, dass es sie nicht gibt, die schwierigen Hunde aus dem Tierschutz.... und wie man an so einen gerät, führt über viele Wege. Über mangelhafte Informationen, falsche Erwartungen ebenso, wie über unseriöse Orgas und blindwütige Tierschützer, die meinen, man müsse alles retten, was 4 Pfoten hat, egal ob das dem betreffenden Lebewesen gut tut oder nicht.


    Dann muss der Hund noch süß aussehen oder ein schweres Schicksal hinter sich haben und es macht "puff" - alle blind, taub und Sternchen in den Augen.


    Funzt hier genau so, wie bei Wühltischwelpen oder Hunden die zu retten sind. Das ist doch nichts Neues.


    Über Orgas kann man sich informieren, über die Erfahrungen anderer mit Hunden von dieser einen speziellen Orga auch. Kommt da gleich ne komische Antwort - Finger weg.


    Und dann hab ich oft den Eindruck, das sich viele einfach nicht informieren, wie oft schreiben wir hier "es dauert bis zu einem halben Jahr, bis so ein Hund angekommen ist und "auspackt" was er so im Gepäck hat"? Da werden gravierende Fehler gemacht, in blinder Tierliebe. Den schlafenden Hund anfassen - für den hat das aber noch vor kurzen auf der Straße Lebensbedrohlich sein können und er reagiert noch so wie auf der Straße.


    Nein, Tierschutzhunde sind keine gut sozialisierten Hunde wie sie es vom Züchter sein sollten - sie sind Individuen mit persönlichen Erfahrungen und sie haben Überraschungen im Gepäck - wie seinerzeit mein Diego dunklen Männern gegenüber, die konnten noch so nett sein, er gab ihnen keine Chance. Oder nur nach sehr sehr langer Zeit.


    Sie sind manchmal traumatisiert und haben kein einfaches Leben gehabt und doch - wenn man ihnen offen begegnet, ein wenig Hundeverstand hat, intuitiv handeln kann - dann gewinnt man einen Begleiter, der sich für einen entscheidet - und das ist mehr, als manch gezüchteter Hund einem jemals gibt.


    Die Gefahr, die wirkliche Gefahr sitzt immer am anderen Ende der Leine und wie viele Hunde hab ich schon erlebt, die aus falsch verstandenem Mitleid (nur als Beispiel) getröstet werden und dadurch ihr Verhalten verstärken und immer ängstlicher werden?


    Oder solche, die knurren und damit Dinge erreichen, die sie nie erreichen sollten und anstelle von Grenzen setzen, kenn ich auch Leute, die Ressourcenverteidigung ihres Hunde gar niedlich finden. Das hat aber nichts mehr damit zu tun, woher der Hund am Ende kommt.


    Das ist die Gefahr am anderen Ende der Leine.....


    Sundri


    P.S. aber eines meine ich zu beobachten, viele Hunde die in unseren Tierheimen sitzen, sitzen dort, weil sie Erfahrungen mit Menschen haben und durch diese schwierig geworden sind, viele Hunde im Ausland sitzten dort, einfach weil sie Hund sind, ohne Grund.....


    Menschen sind hässlich, bei uns in der Nähe, eine alte Dame stirbt, ihre kleine Hündin ist 17!!! Und kommt ins Tierheim, weil niemand von fünf Kindern incl. Familie sich um den letzten Gefährten ihrer Mutter kümmern mag. Pfui Teufel!

  • Und manchmal kann auch der "falsche" Hund richtig für den Menschen sein. Das sehe ich an mir selbst.
    Auch wenn es nicht mein erster Hund ist habe ich seinen Bewegungsdrang und Bedarf an menschlicher Zuneigung ein wenig unterschätzt.


    Wenn ich heut so darüber nachdenke wäre ein Senior der eine reizarme Umgebung vorzieht eigentlich perfekt für mich gewesen. Aber wer will sich schon selbst eingestehen daß er faul, eingerostet und langweilig ist. :pfeif:


    Ich habe mich also auch meinem Hund und seinen Bedürfnissen anpassen müssen - zu unser beider Wohl.
    Jetzt ist hier viel mehr Action und Abwechslung und ich muss inzwischen Hosenträger nutzen da keine meiner alten Hosen mehr passt und ich in die Gürtel extra Löcher stanzen müsste. :gut:


    Und wenn ich ein paar Jährchen mehr auf dem Buckel habe weiß ich heute schon daß ich einem alten Hund dessen Vermittlungschancen eher gering sind ein zuhause geben werde. Einfach weil ich dank meiner gemachten Erfahrung nun weiß daß es zu mir passen wird.

  • Ich finde das Thema hier sehr spannend und möchte gerne auch meine persönlichen Eindrücke mitteilen.


    Mein Mann und ich sind ja nun auch seit ca. 2 Monaten Besitzer einer 2 jährigen Hündin aus Rumänien. Und haben eine so liebe Maus in unsere Familie aufgenommen und sind super glücklich :smile: Alles in allem ist sie ein echter Schatz, will uns gefallen und alles richtig machen. Stubenrein, leinenführig, fährt Auto, lernt schnell, keine übermäßige Angst vor Straßen (nur etwas vor LKW), bei anderen zu Besuch lässt sie sich streicheln und döst dann ein und vor allem:
    verträglich mit Menschen,Artgenossen, Katzen, Kaninchen, Pferden, Hühnern und Kühen von Anfang an. Aber gerade in diesem Punkt habe ich persönlich festgestellt, dass viele Hunde aus dem ausländischen Tierschutz gut verträglich sind.


    Natürlich hat sie auch ihre kleinen Baustellen, wie das Aufsammeln von Essen auf dem Boden und das Alleine sein. Aber wir geben ihr die nötige Zeit und setzen konsequent Grenzen.


    Mit dem Verein, der uns Jumpy vermittelt hat, sind wir auch total zufrieden. Wir wurden bezüglich Krankheiten aufgeklärt, es wurden uns Empfehlungen für das Futter und evt Untersuchungen gegeben, wir stehen weiterhin in Kontakt und ganz wichtig, es wurde nach einem passenden Hund für uns gesucht. Nur die Kastration ist in Rumänien leider nicht ganz richtig gemacht worden :fear: Inwieweit der Verein dafür Verantwortung übernimmt, werden wir die nächsten Tage sehen.


    Nun würde mich einmal interessieren, wie sich eure Hunde so machen hier? Man sagt ja, die Hunde brauchen bis zu sechs Monate, um anzukommen. Wie entwickeln eure Lieben sich?

  • Hallo zusammen,
    habe mich durch den ganzen Thread gelesen- superspannend zu lesen, was ihr so für Erfahrungen mit TS Hunden gemacht habt! Bei mir zieht auch in 6 Wochen ein TS Hund aus Spanien ein- das wird mein erster Hund und ich möchte mich bestmöglich vorbereiten. Habt ihr denn Buchtips, die mir für die Anfangszeit ein wenig helfen könnten? Ich hab schon ein tolles Buch "Der Tierschutzhund" daheim und fast durchgelesen- da wird sehr detailliert auf die ersten Tage eingegangen und was es für Probleme mit Hunden vom TS geben kann. Der kleine Racker wird im Juli 1 Jahr, ist also vermutlich mitten in seiner Sturm-und Drangphase und es wird wohl erst mal ein ganzer Haufen Erziehungsarbeit nötig sein. Könnt ihr mir da etwas empfehlen? Hundeschule ist auf jeden Fall auch angedacht- aber erst nach einer Eingewöhnungsphase, will ihn ja auch nicht direkt überfordern.

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