Werden Hunde heute schnell überfordert?

  • Ich habe einen Text zugeschickt bekommen, der zwar schon vom letzten Jahr ist, ich möchte ihn aber doch mal hier zur Diskussion einstellen.
    Bei machen Punkten bin ich mir nicht sicher, bei anderen würde ich zustimmen (z.B. Artgenossenverträglichkeit ja oder nein, Ruhezeiten auch für arbeitsfreudige Rassen, Spaziergänge im angepassten Tempo).
    Wie seht Ihr das?


    In bester Absicht und doch zu viel? - Ulm / Neu-Ulm - Kleintierpraxis Ralph Rückert

  • Hunde werden heute meist unterfordert, selten überfordert.

    Das würde ich so nicht stehen lassen: denn ich glaube vielmehr, dass Hunde nach Optik und Rasse/Mix angeschafft werden und ihrer Art entsprechend nicht ausreichend ausgelastet werden.


    Die meisten Hundehalter begnügen sich dann mit Gassigängen und das reicht gerade bei Arbeitsrassen nicht aus.


    Oder - die Extremen. Da wird bereits vor Einzug ein Förderungsprogramm festgelegt. Nach seinen wirklichen Bedürfnissen des Welpen wird gar keine Rücksicht ausgeübt - ja, mir kommt es vor, wie die frühkindliche Überforderung eines Menschenkindes!

  • Hunde werden heute meist unterfordert, selten überfordert.

    Genau das wird ja im angehängten Text bezweifelt. Und ich finde die Argumentation auch nicht völlig von der Hand zu weisen.
    Kannst Du näher begründen, warum Du dieser Meinung bist?


    Möglicherweise stimmt es ja sogar teilweise, dass lange Spaziergänge im Stechschritt (zu denen ich, ganz ehrlich, auch neige), den Hund viel weniger auslasten als ein gemächlicher 30-Minuten-Gang, bei dem der Hund seine Nase, also seinen Kopf einsetzen darf.
    Diese ganzen Spielideen, die den Markt überschwemmen - brauchen Hunde das denn wirklich? Intelligenzspielzeug z.B.?

  • Ich halte das für einen vernüftigen Text, der zu mehr Bodenständigkeit rät und versucht "Helikopter-Herrchen/Frauchen" zu beruhigen, damit die ihren Hund einfach auch mal Hund sein lassen. Keine rasend neuen Erkenntnisse, aber sicher nicht verkehrt, sich das mal wieder ins Bewusstsein zu rufen - Gelassenheit ist eben oft das Richtige, auch in puncto Hund.

  • Ich denke diese ganzen überforderten Hunde findet man zum größten Teil im Internet.


    In echten Leben kommen die meisten Hunde hier vielleicht mal ne Stunde an Tag raus und begleiten sonst das Familienleben.. Von Überforderung keine Spur...
    Vielleicht ist das aber auch ein regionales Ding.



    Und "übergezogen " sind sie sicher auch nicht :lol:

  • Ich musste bei diesem Text an Äußerungen des chiropraktisch arbeitenden Tierarztes denken, zu dem ich seit ca zwei Jahren fahre.
    Immer mehr Hunde, die zwar einen guten Röntgenbefund haben, bekommen im mittleren Alter plötzlich Probleme mit dem Bewegungsapparat. Weil sie ständig gefordert werden, keine Ruhe kennen, hundetypisch über ihre körperlichen Grenzen gehen, das Bällchen, oder, schlecht gemacht, auch den Dummy holen bis zu Erschöpfung, dabei auch Häneg herunterrasen im Trieb.
    Gleichzeitig habe ich selber immer wieder mit Welpen- und Junghund-Besitzern zu tun, die verzweifelt sind, weil ihre Hunde nicht zur Ruhe kommen. Und immer mehr einfordern. Vielleicht, weil sie Ruhehezeiten einfach gar nicht gelernt haben?

  • Ich denke jede Art von Extremem ist für den Hund nicht gut. Überforderung bringt Probleme, Unterforderung genauso. Es ist eine Gradwanderung sich in der Mitte zu bewegen, wenn man mit dem Hund gerne arbeitet. Ich gehe Herbst/Winter fährten, im Frühjahr/Sommer machen wir Flyball und bei passendem Wetter longieren wir. Ansonsten gibt es entspannte Spaziergänge mit nur kurzem gemeinsamem Spiel, gezielte Treffen mit Hundekumpels und natürlich auch Ruhetage. Wer seinen Hund kennt, sieht wann es zuviel wird. Solange Hondas Augen mich beim arbeiten erwartungsvoll anstrahlen ist alles im Lot. Wenn sie bei körperlichem arbeiten langsamer wird helfen ihr ihre Leuchteaugen allerdings auch nicht, dann ist Pause oder Ende angesagt. Wenn sie bei viel "denken müssen" unkonzentriert wird, gibt es eine leichte Endübung und finito.


    In unserer Siedlung gibt es einige komplett unausgelastete Hunde die wirklich nur 3 mal tgl um den Block gehen. Viele davon sind immer "drüber" und wissen dann kaum was sie vor lauter aufgestauten Energie machen sollen. Genauso haben wir im Verein Hunde, die viel zu viel machen und sich unter hysterischem Gebell zwanghaft im Kreis drehen.


    Wichtig finde ich die Überlegung: was für eine Rasse passt zu meiner Freizeitgestalltung, was möchte ich mit meinem Hund machen und wann ist es auch mal gut und für den Hund zuviel.

  • Meine Tierärzte sind immer total erstaunt über die guten Hüften, die meine Hunde haben. Das sehen sie selten bei so alten Hunden. Der Grund ist aber nicht schön: Jahrelange zwangsweise Schonung im Tierheim!
    Ich glaube auch, dass viele Hundehalter übers Ziel hinausschießen und vor allem dass viele zu Unrecht ein permanent schlechtes Gewissen haben, weil sie nicht dies und das mit ihren Hunden machen.
    Andererseits gibt es auch zu Tode gelangweilte Hunde, die einfach nie das machen können, wozu sie geboren wurden, z. B. ihre Nase für etwas gebrauchen.


    Ist beides nicht schön! Man muss halt schauen, was dem Hund Spaß macht und ihm das auch bieten, soweit möglich. Aber das muss nichts mit Action im menschlichen Sinne zu tun haben, und auch nicht jeden Tag das volle Programm.
    Ansonsten bin ich ein Verfechter von der berühmten Kraft, die in der Ruhe liegt! Das gilt vor allem für Tierschutzhunde, die gerade in ihrer neuen Umgebung eingezogen sind. Denen wird oft viel zu schnell viel zu viel zugemutet!


    Naja, also im Grunde stimme ich Herrn Rückert da einfach zu, man muss nur noch einige besondere rassebedingte Ansprüche berücksichtigen.

  • Falsch gefordert, würde ich sagen.


    Meiner Erfahrung bei den bemühten Hundesitzern ist, dass sie oft Mythen hinterherrennen und dabei komplett am Hund vorbei handeln.


    Und es ist richtig: Die Ruhe und die Ausgeglichenheit geht flöten. Viele Hundebesitzer denken ja, dass, wenn der Hund beim Spaziergang nicht am Ende schielt vor "glücklicher" Rumraserei, sie es nicht richtig machen ...

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