Werden Hunde heute schnell überfordert?

  • Ein älterer oder gesundheitlich angeschlagener Hund gibt sich natürlich mit weniger zufrieden.

    Unsere Hündin war erst 5 Jahre alt als sie aufgrund der OPs keinen Hundesport mehr machen und nur noch Gassi gehen durfte, was aber nicht daran lag, dass sie nach den OPs noch gesundheitlich angeschlagen gegewesen wäre, sondern diese extremen Belastungen die im Schutzhundesport auf den Bewegungsapparat einwirken, wären für ihren Körper Gift gewesen. Ansonsten durfte und konnte sie alles machen, was ein "normaler" Hund auch macht.


    Sie hat sich also trotzdem mit "nur Gassi und dabeisein" zufrieden gegeben obwohl sie recht fit war und noch nicht zum alten Eisen gehört hat. Das ist m.E. alles eine Sache der Gewöhnung.

  • Ich finde es ist auch oft schwer zu erkennen ob/wann ein Hund über - oder unterfordert ist, wenn er es nicht schon extrem offensichtlich zeigt.


    Ich habe meinen Hund lange überfordert und es einfach nicht gemerkt. Ich habe ihn erwachsen bekommen, er war immer schon etwas unkonzentriert, unaufmerksam und immer eher nach außen fokussiert.
    Es war nicht so extrem, dass ich dachte etwas stimmt nicht und ich habe ihn ja auch nicht anders kennengelernt. Zuhause konnte er immer gut zur Ruhe kommen und fiel auch nicht jedes mal ins Schlafkoma sondern schien einfach ganz normal und ausgeglichen.


    Außerdem hatte er ein recht normales Auslastungsprogramm. Jeden Tag 3-4 mal raus, davon 2-3 mal nur 10-20 min zum Pipi machen und eine große Runde von 40-90 Minuten. Mindestens einmal die Woche war auch mal "Ruhetag" ohne große Runde.


    Für DF-Verhältnisse ist das ein recht normales bis geringes Programm und für eine laut Rassebeschreibung derart Lauffreudige/Bewegungsfreudige Rasse (Setter) war das sogar ziemlich wenig Programm.
    Dennoch war es einfach zu viel für dieses Individuum.



    Als ich in einer stressigen Zeit nur noch jeden 2. Tag die große Runde machen konnte und war der Hund plötzlich viel ausgeglichener, aufmerksamer und konzentrationsfähiger.
    Zuerst habe ich den Zusammenhang nicht erkannt und hatte ein schlechtes Gewissen weil ich so wenig mit ihm gemacht habe.
    Als ich wieder mehr mit ihm machen konnte und unser altes Normalprogramm veranstaltet habe wurde er wieder unkonzentrierter und war draußen viel weniger aufnahmefähig.


    Seit ich das erkannt habe fahren wir für DF-Verhältnisse ein absolut unterforderndes Minimalprogramm und haben einen wunderbar ausgeglichenen, draußen super ansprechbaren Hund mit dem wir seit dem auch viel mehr Fortschritte machen konnten als im 1. Jahr wo er nur überfordert wurde.



    Wenn ich mich nicht täusche ist @Aoleon's Arren auch ein Hund der mit zu viel Action nicht so gut klarkommt und nur jeden zweiten Tag eine große Runde spazierengeht.

  • Meine Jagdgebrauchshündin ist auch mit nur 2-3x täglich je ca. 1 Std. Gassigehen vollkommen zufrieden. Sie ist ein sehr ruhiger, ausgeglichener Hund, den ich überall mit hinnehmen kann, ohne, dass es zu Problemen kommt.
    Und wenn mal Tage dabei sind an denen wir gar nicht Gassi gehen, ist das für sie auch kein Problem. Sie nervt trotzdem nicht herum und macht nichts kaputt.


    Sie ist es nicht anders gewöhnt als dass es bei uns eher ruhig zugeht und nicht ständig irgendwelche Action angesagt ist.

  • Ich finde es oft extrem heftig, wie viel mit den Hunden hier im Forum gemacht wird.
    Wir gehen bei regen nur in den Garten.
    Oft gehen die Hunde einmal am Tag 30-60 Minuten spazieren. Sonst in den Garten.
    Ab und zu gehe ich mit den Hunden an den See.
    Auslastung läuft nach meiner Schnauze. Apportieren .. aus dem Wasser. Bisschen Unterordnung.
    Malus Auslastung besteht daraus, dem Ball nicht hinterher zu laufen. Manchmal Fahrrad fahren.

  • Meine persönliche Meinung ist, dass die Rasse, das Geschlecht und der Chatakter des einzelnen Hundes Einfluss darauf haben, wieviel Aktion der Hund braucht. Shiva ist die jüngste aber sie braucht wesentlich weniger als die Jungs. Die Rateros und auch der Boxer brauchen mehr. Und klar, Hunde gewöhnen sich auch an weniger. Als ich mir letztes Jahr einen Zeh gebrochen habe gab es keine grossen Runden und nach einigen Tagen haben sie sich daran gewöhnt. Als ich wieder laufen konnte sind sie aber aufgeblüht und ich habe gemerkt, dass sie ihnen gefehlt haben obwohl wir vermehrt Dummyspiele und Fährtensuchen in Garten veranstaltet haben.
    Auch schaukeln sich meine natürlich manchnal gegenseitig hoch

  • Ich glaube es liegt viel an dem "Wettbewerb" der in Foren ausgetragen wird...immer nach dem Motto schneller..höher..weiter
    Hier gibts auch mehrere Threads: Wieviel KM seit hier heute mit dem Hund gelaufen...wo und wie lange wart ihr heute unterwegs?


    Den Hund einfach "mitlaufen" zu lassen ist ziemlich verpönt..so nehme ich es zumindest war.


    Noch ein Hundesport..noch ein Lauftraining..mindestens 3 Stunden am Tag Gassi und auch nicht normales Spazieren gehen sondern man muss alles mögliche einbauen damit auch ja keine Langeweile aufkommt.


    Wir hier gehen täglich ca. 1 Stunde spazieren. 2 mal die Woche auf den Hundeplatz und 1-2 mal die Woche Hunderunde mit Freunden (dauert dann auch zwischen 1,5 und 3 Stunden)...fertig.
    Wenns super kalt oder schlechtes Wetter ist tuts auch mal der Garten..


    Viele haben irgendwie verlernt auch mal Ruhe in den Alltag zu bringen und den Hund auch mal in Ruhe Hund sein zu lassen.
    Ich denke schon, dass viele Hunde mit diesem Druck der Besitzer überfordert sind.
    Natürlich will jeder Hund je nach Rasse seine Beschäftigung und seine Zeit in der Tagesplanung haben...aber manche übertreiben es echt mMn

  • Ich finde es oft extrem heftig, wie viel mit den Hunden hier im Forum gemacht wird.

    Ich beobachte einen ganz neuen Trend. Nämlich sich gegenseitig damit zu übertrumpfen, wie wenig man mit dem Hund macht.
    Überforderung ist die Universal- Diagnose bei egal welchem Problem und Ruhehalten das Einzige, was Welpen lernen müssen.


    Aber ich glaub mittlerweile eh ich leb hinterm Mond. |)

  • Mir gefällt der Text ausgesprochen gut und ich denke, er richtet sich an Hundehalter, die ihren (tatsächlichen oder möchtegern) Arbeits- und Sporthund eben möglichst 'gut' auslasten möchten. Ist es nicht interessant, dass es einerseits wohl noch selten so viele übergewichtige Hunde gab und andererseits wohl aber noch nie so viele verschiedene 'Auslastungs'möglichkeiten für Hunde im Angebot waren wie heute?


    Gerade hier im Forum könnte man bei gewissen Rassen ja tatsächlich meinen, dass die Haltung ein Vollzeitjob wäre. Ich habe schon öfters geschrieben, wie Border Collies hier, in ihrem Ursprungsland, bei Schäfern tatsächlich gehalten werden: im Zwinger - und das öfters mal tagelang, wenn es eben gerade nichts zu tun gibt. Ab und an wird die Meute vielleicht mal rennen gelassen - Verträglichkeit ist hier das A und O, wer sich mit den anderen nicht verträgt, verschwindet. 'So etwas,' höre ich meinen Bekannten noch gut im Ohr, 'können wir hier nicht gebrauchen. Jeder muss mit jedem arbeiten können.' Wenns Arbeit gibt, wird gearbeitet - aber gerade im Training wird kein Hund länger als zehn Minuten auf die Schafe losgelassen. Ab und an gibts mal Tage, da werden die Herden zusammen getrieben und da sind die Hunde dann den ganzen Tag dabei, arbeiten aber - wenn überhaupt - nur wenige Stunden. Ansonsten werden die Hunde da eingesetzt, wo es bei der täglichen Arbeit auch wirklich etwas zu tun gibt. Das ist oft kurz und sehr unspektakulär.


    Hier gibts aber interessanterweise trotzdem keinen Farmhund, der obsessiv irgendwelche Fahrräder oder Autos 'hütet' oder sich eine 'Ersatzbeschäftigung' sucht. Die Hunde sind häufig sehr ausgeglichen und ruhig - keine nervlichen Wracks. Auch nicht, wenn sie - zum Beispiel wegen zu wenig 'drive' - in Familienhände gegeben werden. Völlig irre Borders kenne ich nur aus dem Sport. An Schafen sind solche Irren - für den Alltag - nicht zu gebrauchen.


    Das wichtigste Kriterium bei einem Arbeitshund, der eng mit dem Menschen zusammen arbeiten muss (das gilt aber nicht unbedingt beim Sporthund...) ist die Kontrollierbarkeit. Auch der Jäger kann keinen Hund gebrauchen, der bei Wild einfach austickt und selbstständig sein Ding durchzieht. Das gilt natürlich nicht für andere Rassen, aber wenn ich einen Hund tatsächlich für einen Arbeitsablauf brauche, muss ich mich auf ihn verlassen können und er muss sich für die gewählte aufgabe relativ schnell und zuverlässig abrichten lassen. Spektakuläre und umständliche Showeinlagen sind da eine Zeitverschwendung und für einen speditiven Ablauf hinderlich.

  • Was ist denn "wenig" und was ist "viel"?


    Wenn man sich unterbietet.


    Unser Aussie mix vorher .. hui. Reitbegleithund, Joggen, spazieren gehen, Tricks, Unterordnung .. alles. 3-4 Stunden am Tag mindestens.
    Der Warnie so ggelassen wie unsere jetzt.
    Mit weniger wurde es schlimmer.

  • Mir gefällt der Text auch sehr gut. Ich denke auch das viele Hunde heutzutage überfordert sich.


    Bei meinen Hunden merke ich das recht schnell. Ich dachte früher auch Bordermix, höher, schneller weiter, mehr mehr mehr und Hund fand es toll, war immer begeistert. So toll das sie ein nerviger Kläffer wurde, immer im Dienst, immer gestresst und auf halb acht. Das Beschäftigungsprogramm wurde runtergefahren, viel mehr ruhige und entspannte Spaziergänge. Mein Rüde ist da anders, der macht einfach dicht wenn er überfordert ist. Im Training macht er eigentlich begeistert mit, haben wir die Woche zu viel gemacht, rennt er über den Platz und macht was er will. Im Alltag wird er ängstlicher oder knurrt viel, also auch Tempo raus und mal wieder die Seele baumeln lassen. Man sollte viel mehr auf seine Hunde hören und beobachten, Tage mit Aktion sollten sich mir ruhigen Tagen abwechseln.

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