Werden Hunde heute schnell überfordert?

  • Das kann ich auch so unterschreiben. Wenn wir in der Stadt unterwegs sein müssen (was selten genug vorkommt, zum Glück), dann ist Frau Fuchs bereits nach 30-45 Minuten erledigt und möchte auch für den Rest des Tages nicht mehr viel machen. Hingegen 2 Stunden auf dem Feld? Null Problem, das könnten auch 4 Stunden sein und sie wäre lange nicht so fertig und müde wie nach einem kurzen Gang in die Stadt.

  • Das ist aber auch Gewöhnungssache. Bei uns kann ich eigentlich keinen Unterschied feststellen, zumindest nicht, was die K.o-heit angeht.
    Wenn ein Hund in der Stadt wohnt, kennt er die Geräusche und Gerüche ja weitgehend. Die latschen hier ganz entspannt durch die Gegend!

  • Prinzipiell ist sie es ja gewohnt und sie ist da jetzt auch nicht so, dass sie mir danach aufs Dach steigt oder sich eine halbe Stunde um die eigene Achse dreht. Aber sie ist ein Hund, der mit vielen auf ihn zustürmenden Eindrücke, vor allem wenn sie gleichzeitig auftreten, überfordert ist. Sie ist halt immer "an" sobald sie das Haus verlässt. Da werden winzige Nuancen in der Umwelt wahrgenommen (zB erst wieder neulich; wir kamen an einem Vorgarten vorbei, an dem wir immer vorbei laufen und in diesem Vorgarten wurden zwei wirklich winzige Tännchen gepflanzt. Ich hätte die im Leben nicht wahrgenommen, Frau Fuchs erschreckte sich aber sofort und dann bemerkte auch ich den Auslöser dafür. Und die waren wirklich klein; unsere Hovi-Dame hätte die nie und nimmer registriert, die konnte viel besser selektieren bzw herausfinden was wichtig und was unwichtig war) und dementsprechend belasten sie viele Eindrücke auch stärker.
    Es kommt, meines Erachtens also nicht nur auf die Gewöhnung an, sondern auch was für einen Typ Hund ich da an der Leine habe. Ist es eher ein Gemütshund, der mit Stress besser umgehen kann oder ein Hund, der sensibler auf die Reize aus seiner Umwelt reagiert und dementsprechend leichter zu überfordern ist.

  • Mir persönlich hat mein Oldie, der schwere Probleme mit dem Bewegungsapparat hat, zu denken gegeben. Er kann sowieso nicht mehr lange gehen, insofern sind die Spaziergänge kurz und ich halte ihn von anderen, jungen und ungestümen Hunden, fern.
    Mir ist aber aufgefallen, dass ein Nachmittag, an dem mein Sohn im Kindergartenalter Freunde zu Besuch hat, den Hund wirklich fertig macht. Er meint, aufpassen zu müssen, will mitspielen, sich in den Vordergrund schieben. Das schafft ihn, weil er sich nicht zugestehen möchte, auch mal einfach Ruhe zu halten. Man muss ihn entweder in ein Zimmer bugsieren und die Tür schließen, oder aber - besser noch - für die Zeit ausquartieren.

  • Ich glaube nicht, dass Stadtstress einfach nur Gewohnheitssache ist. Ist es nicht bei Menschen auch erwiesen, dass sie in einer vollen, lauten Stadt (also wenn man nicht gerade in einer ruhigen Ecke lebt, die es hier in Berlin ja auch überall gibt) latent unter Stress stehen?

  • Ich glaube nicht, dass Stadtstress einfach nur Gewohnheitssache ist. Ist es nicht bei Menschen auch erwiesen, dass sie in einer vollen, lauten Stadt (also wenn man nicht gerade in einer ruhigen Ecke lebt, die es hier in Berlin ja auch überall gibt) latent unter Stress stehen?

    Es ist so, dass wir viele Reize ausblenden müssen. Könnten wir das nicht, dann würden wir teilweise nicht funktionieren. Wir filtern also die wichtigsten Informationen heraus und blenden andere aus. Je mehr Reize es gibt umso mehr müssen wir ausblenden und umso anstrengender ist es. Das ist beim Hund nicht anders.

  • Das hängt bestimmt auch von Hund ab. Gerade Jagdhunde stehen ja im Wald oft unter Strom, die können in der Stadt sogar entspannter sein.
    Trubelige Ecken meide ich hier aber auch. Am Ku-Damm war ich mit den Hunden jedenfalls noch nicht. :D

  • Du kannst darüber grinsen. Für mich bedeutet Stadtleben, dass mein Hund drei bis vier mal täglich durch Menschen- und Hundemassen über eine Hauptstraße mit sich stauenden Autos muss, nur um sich lösen zu können. Das verstehe ich unter Stadtstress.

  • Ich finde den Artikel gut und habe mit meiner Hündin da auch einschlägige Erfahrungen gemacht. Sie ist ein Malinoismix aus dem Tierschutz und hat vor mir mit Sicherheit nicht "Ruhe gelernt". Und ich hatte keine Ahnung und dachte "Wow, so ein Energiebündel, so sportlich". Eigentlich war sie komplett durchgeknallt und es wurde immer schlimmer: Bei einem Gruppenspaziergang ist sie dreieinhalb Stunden durchgehend! um die anderen Hunde herumgerast, war nicht ansprechbar, hat andere Hunde mit einer irren Energie bedrängt und war auf Bewegungsreize scharf wie ein Flitzebogen. Dabei hab ich doch so viel mit ihr gemacht... Eine Hundetrainerin, die ich kontaktiert hatte, sagte mir, sie denke dieser Hund habe einen Hirntumor und sei grundsätzlich nicht ganz sauber.
    Bis mir dann eine sehr kompetente Hundetrainerin beigebracht hat, dass dieser Hund sensibel ist, eher wenig mit Reizen umgehen kann und deshalb besonders viel Ruhe braucht, nicht besonders viel Auslastung. Und tatsächlich halfen Struktur, eine klare Führung und Ruhe.


    Heute ist sie ein toller Hund, ultra-intelligent, aufmerksam, eigentlich leichtführig, hört auf winzige Zeichen hin, geht toll mit anderen Hunden um. So sieht es von außen aus. Aber dahinter steckt, dass ich sehr viel nicht mit ihr machen kann, was ich eigentlich gerne würde. Sie kommt mit uns in die Arbeit mit. Wenn sie eine Arbeitswoche bei mir hinter sich hat (nicht bei meinem Freund wo es ruhiger ist) ist die fix und fertig geistig. Sie bekommt einen irren Blick, knallt leichter mal durch wenn sie eine Bewegung sieht. Da weiß ich dann: Ok, dieses Wochenende ist es nichts mit Wandern gehen, Ruhe angesagt. Und dann muss diese sportliche Hündin wirklich ein Wochenende ruhen, ohne Auto fahren, ohne Bahnfahren, ohne viele fremde Menschen, lange Spaziergänge oder Beschäftigung, dann geht es ihr wieder gut. Wir kommen damit gut klar, wir kennen sie und lieben sie so wie sie ist.


    Aber ich habe deshalb das echte Problem, dass ich sie kaum mal woanders unterbringen kann. Viele Menschen wollen dann ganz viel mit dem Hund machen, Spazierengehen, streicheln, vollquatschen. Selbst erfahrenere Leute kriegen das mit ihr nicht hin. Ich kann dann ein Nervenbündel abholen, dass ich erstmal nirgendwo hin mehr mitnehmen kann, damit es runterkommt.


    Und ich glaube, sie ist extrem, aber keine Seltenheit. Sehr viele Leute können die Anzeichen für Stress bei ihrem Hund einfach nicht erkennen. Gerade bei so Kandidaten wie Border Collies o.ä.

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