Vertrauensübungen für ängstliche und unsichere Hunde

  • Hallo (:


    Ich habe da mal eine Frage.. Wir haben eine Hündin übernommen (knapp 3 Jahre). Sie wurde misshandelt, monatelang weg gesperrt, etc. Sie wurde dann von jemandem übernommen und ausgebildet (sie hört wunderbar). Wir haben sie letztlich vor 3 Monaten übernommen, weil sie sich dort überhaupt nicht wohl fühlte. Hier blüht sie zwar auf, man merkt aber, dass die Wunden sehr tief sind. Wenn man sie einmal zurecht weist (was selten nötig ist) wird sie gleich ganz klein und scheint nun das schlimmste zu befürchten. Ich gehe immer liebevoll mit ihr um, verhalte mich in allen Situationen unauffällig und normal und gehe an neue Sachen gut mit ihr vorbei. Seit einiger Zeit merke ich aber, dass sie mir nicht immer ganz zu vertrauen scheint. Sie wirkt in manchen Situationen sehr gestresst und ich weiß nicht recht, wie ich ihr das nehmen kann.
    Sie hat gelernt, dass sie immer perfekt funktionieren muss. Sie will auch sehr gefallen weshalb sie alles auch fast immer direkt ausführt. Macht sie dann aber mal einen Fehler, was in meinen Augen immer passieren kann, merkt man dass sie unsicher und teils fast panisch wird. Es ist manchmal sehr schwer, sie da wieder runter zu bekommen weil sie dann teilweise richtig aufdreht und sich durch meine Ruhe in der Situation nicht mehr beruhigen lässt..


    Liebe Grüße

  • @Dejami


    Das klingt wirklich schlimm und hat große Ähnlichkeiten zu unserer Shira. Nur dass sie keinerlei "Ausbildung" oder Erziehung bekommen hat. 3 Monate sind für einen Hund der viel Schlechtes erlebt hat noch sehr wenig. Es wird noch eine ganze Weile dauern, bis sie wirklich bei dir angekommen ist.
    Dein Text enthielt nun aber keine Frage, welche war es denn? =)

  • Ich glaube, dies hier würde ich dann als "die Frage" interpretieren.

    Seit einiger Zeit merke ich aber, dass sie mir nicht immer ganz zu vertrauen scheint. Sie wirkt in manchen Situationen sehr gestresst und ich weiß nicht recht, wie ich ihr das nehmen kann.

    Also Vertrauen nach einer so kurzen Zeit wäre zu viel verlangt. Ich kann und möchte meinen Hund auch jetzt nach vier Jahren noch nicht zurechtweisen. Wenn etwas schiefzulaufen droht, dann versuche ich, ein passendes Alternativverhalten abzufragen, das sie freudig ausführen kann und worüber ich mich selbst auch freuen kann und damit sind wir dann beide fröhlich :D und es gibt meist Leckerlis dafür.

  • Ich würde je nachdem was möglich ist Fehlverhalten entweder mit einem neutralen "falsch" oder "schade" kommentieren (und eben ausbleibender Belohnung) oder einfach übergehen indem ich nach einem Fehler ganz kurz inne halte. In beiden Fällen einfach anschließend weiter machen. Im Idealfall mit etwas Einfachem, was die Situation dann wieder entschärft. Danach dann ausgibig belohnen (hier Jackpot) damit der Hund die Lernerfahrung gut verwerten kann (es sei denn der Fehler passiert direkt zu Anfang, aber dann würde ich zukünftig nur mit leichten Dingen anfangen)
    Bei Mogli war es schon wichtig, dass er ein Feedback bekommt wenn etwas gut oder auch schlecht war...er brauchte diese klare Linie.
    Aber als er merkte okay, war jetzt blöd aber davon geht die Welt nicht unter hat er sich recht schnell entspannt.

  • Hier lese ich doch mal mit, sehr interessanter Thread! :bindafür:


    Hab ja auch so eine Schissi-Schlumpfine daheim und suche verzweifelt nach Möglichkeiten, mit ihr diese Unsicherheiten wegzutrainieren. Schwierig macht es bei uns mein Freund, der nicht die nötige Geduld bzw. das nötige Verständnis für ihren "Knall" hat und so ist es natürlich schwer, auf einen grünen Zweig zu kommen. :ka:


    Habe nun schon öfter von Mantrailing bei unsicheren Hunden gelesen und kann mir so gar nicht vorstellen, dass das funktioniert??!! Wie wird denn sowas aufgebaut? Und bieten Hundeschulen oder -vereine das an? Hab bisher immer nur von Agility, Obedience und so gehört.


    Diese kleinen Übungen mit raschelnder Folie, Kisten und Tunneln finde ich auch toll. Ich frage mich, warum wir so Tipps von unserer Trainerin noch nie bekommen haben... :|

  • Hm, schlechte Trainerin?

    Würde ich so eigentlich nicht sagen, die Einzelstunden waren eigentlich echt prima am Anfang. Ich bin auch überzeugt davon, dass sie weiß, was sie tut. Ist auch spezialisiert auf TS-Hunde und Therapeutin. Aber sie hat uns zu früh schon zu den Gruppenstunden-Teilnehmern "abgeschoben", das war vielleicht nicht der beste Schachzug, ja...


    Jemand richtig engagiertes zu finden, wo es dann auch mit dem Wuffel passt, ist eh nicht so einfach.


    Ich erhoffe mir da ein wenig Rückendeckung, Lenkung und Motivation durch die Anmeldung im Hundeverein.

  • Wenn es doch eine gute Trainerin ist, könnte es auch sein, dass "Folien, Kisten, Tunnel" noch nichts für euren Hund wären. Man muss mit so Zeug auch vorsichtig sein je nach Hund. Du kannst sie ja mal fragen, wenn es dich zweifeln lässt.

  • Furina war auch sehr ängstlich. Anfangs hat sie schon gepinkelt, wenn man sie nur angesprochen hat. Ebenso beim Anlegen vom Geschirr und wenn mein Mann sie morgens runter gelassen hat.
    Draußen hat sie im laufen gepinkelt, weil sie zu gestresst war um stehen zu bleiben und an Leckerli nehmen war sowieso nicht zu denken.


    Ich habe dann draußen viel gemeinsam mit ihr erkundet - sozusagen ; ) Wenn ihr die Mülltonen nicht geheuer waren, bin ich stehen geblieben, so nahe ran wie sie sich traute und dann haben wir uns die Dinger eine Weile angesehen. Dasselbe bei gruseligen Menschen in Overalls, usw.
    Zuhause habe ich sie viel massiert - ich kann zwar nicht massieren, aber ich habe mein eigenes "System" erfunden. Nicht simples bisschen übers Fell streicheln, sondern mit festen Bewegungen quasi durch den Hund durch arbeiten - so habe ich heraus gefunden was sie am liebsten mag und was sie am besten entspannt. Wenn sie heute überdreht, kommt sie oft von selber zu mir und ich brauche nur die Haut seitlich am Hals etwas kneten und der Hund fällt richtig gehend nieder. Völlig locker und entspannt ; )
    Das Pinkeln hat sie rasch gebessert, innerhalb einiger Wochen, aber morgens, wenn mein Mann mit ihr runter ist, dauerte es weitaus länger - ein halbes Jahr etwa. Und danach mochte sie immer noch nicht gerne raus, wenn er sie geholt hat. Das hat sie erst kürzlich abgelegt (nach 2 Jahren) - jetzt kommt sie zu ihm. Kein am Platz "Verstecken" oder bei mir Schutz suchen.


    Furina versucht auch immer alles richtig zu machen. Fehler passieren natürlich trotzdem. Ich habe dann lediglich die Belohnung gestrichen, bzw. wenn es irgend möglich war, hab ich ein Alternativverhalten belohnt.
    Sie springt und klettert sehr gerne, darum gehört das draußen zu unserem fixen Programm. Leitschienen aus Beton eignen sich gut um darauf entlang zu balancieren. Bänke zum drüber springen, Baumstümpfe zum rauf springen, usw.
    Ich freue mich mit ihr, wenn sie das macht. Denn sie macht es toll! ; ) Darum bekommt sie auch fast immer eine Belohnung dafür (obwohl klar ist, dass Springen an sich schon eine Belohnung für sie wäre).
    Ich bekomme immer wieder zu hören, wie sehr sie sich zum positiven verändert hat. Ängstlich ist sie heute nicht mehr, sondern richtig selbstbewusst ; )


    Vielleicht kann man sich da was raus ziehen. Massieren, viel gemeinsam unternehmen, Aufgaben für den Hund finden die er gut ausführen kann und gerne macht, klare Regeln und ein strukturierter Tagesablauf. Und dem Hund Zeit geben - mehr als man glaubt, das nötig ist


    Liebe Grüße
    Sabine

  • Wenn man sie einmal zurecht weist (was selten nötig ist) wird sie gleich ganz klein und scheint nun das schlimmste zu befürchten.

    So simpel und paradox es klingen mag: dann vermeide es, sie zurecht zu weisen. Überleg Dir stattdessen, was der Hund in dieser Situation gerade richtig machen könnte und belohne das. In den meisten Fällen lässt sich Fehlverhalten durch simples Herrufen des Hundes oder ein Auf-den-Platz-Schicken (und einer grosszügigen Belohnung bei Gehorsam) vermeiden oder abbrechen.


    Seit einiger Zeit merke ich aber, dass sie mir nicht immer ganz zu vertrauen scheint. Sie wirkt in manchen Situationen sehr gestresst und ich weiß nicht recht, wie ich ihr das nehmen kann.

    Solche Hunde kennen oft sehr starre Grenzen und sind mit zu viel Freiheit überfordert. Gibt ihr also einen Rahmen in dem sie sich bewegen darf. Du kannst diesen nach und nach vergrössern, aber Anfangs werden ihr klare Regeln und eine relativ strikt eingehaltene Tagesstruktur mit vielen Routinen helfen. Das kann auf ganz freundliche Weise geschehen. Grenzen setzen hat nichts mit Grobheit, Lautstärke oder Gewalt zu tun.



    Macht sie dann aber mal einen Fehler, was in meinen Augen immer passieren kann, merkt man dass sie unsicher und teils fast panisch wird. Es ist manchmal sehr schwer, sie da wieder runter zu bekommen weil sie dann teilweise richtig aufdreht und sich durch meine Ruhe in der Situation nicht mehr beruhigen lässt..

    Dann fehlt ihr in dieser Situation wahrscheinlich Dein Feedback (oder auch: Deine Grenze, Dein Halt). Erwartungshaltungen, das weiss man mittlerweile, können oft als schlimmer und stressiger empfunden werden, als das, was danach tatsächlich passiert. Lass sie nicht im luftleeren Raum hängen und selber mit ihrem 'Fehler' fertig werden, sondern hilf ihr dabei. Frage zum Beispiel sofort eine Übung ab, die sie zuverlässig kann, egal wie simpel diese sein mag (z.B. 'Sitz') und belohne dann fürstlich. Erst dann ist die Situation gekommen, in der Du sie mal sich selbst überlassen kannst.


    Je nervöser sie wird, desto mehr braucht sie Deine Führung. Begleite und belohne sie dabei kleinschrittig mit klaren Kommandos und gib ihr gar nicht die Möglichkeit, aufzudrehen. Sie soll sich auf Dich konzentrieren, denn da soll sie gerade den Halt finden, den sie in dieser Situation braucht.

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