Tauber Hund zu lauten Kindern?

  • Hey,


    ein verwirrenderer Threadtitel ist mir nicht eingefallen, sorry :ugly:
    Also um mal ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen:
    Im Mai musste ich meinen Galgo Vento einschläfern lassen und so laangsaam kann ich mir wieder vorstellen, einen neuen Hund in mein Leben zu lassen. Die Sache ist nur die, dass mir eben auch meine Brötchen verdienen muss, so dass der Hund relativ viel fremdbetreut werden müsste.So dachte ich zumindest, bis mich vorgestern meine Chefin ansprach, ob ich mir denn nicht einen neuen Hund zulegen wolle und überhaupt, eigentlich könnte ich den doch dann einfach mitbringen zur Arbeit, sollten die Eltern einverstanden sein.
    Wir arbeiten nämlich in einer Heimgruppe mit schwerstmehrfach behinderten Kindern, da müssten also schon einige Leute damit einverstanden sein, dass ein Hund mitkommen darf (generell wird es aber schon erlaubt, haben 2 Therapiehunde im Einsatz, früher durften auch "so" Hunde mitkommen, bis die nicht-stubenreinen überall hingepieselt haben... :/ )
    Sollte das also alles durchgehen und meine Chefin auch in zwei Wochen noch dahinter stehen (manchmal kommen ihr sehr schnell Ideen, die sie ebenso schnell wieder vergisst... Wenn es dann aber mal offiziell und abgesegnet ist, gibts bei ihr aber kein zurück mehr!), dann wäre das ja eine super Sache finde ich.
    Die Kinder in unserer Gruppe sind alle so schwer behindert, dass sie nur über mich Kontakt zum Hund haben könnten, Leckerlie geben, streicheln, etc. Hinterherlaufen, zwicken, festhalten, ärgern etc. ginge nicht. Aber, und das ist das große Aber, es kann mitunter auch mal wirklich richtig laut werden mit den Kindern, ohne dass man ihnen erklären könnte, sie müssten auf den Hund Rücksicht nehmen und leise sein.
    Daher meine Idee, von vornherein einen tauben Hund auszusuchen, der von "solchem" Trubel gar nicht viel mitbekommt sondern in seinem Körbchen/seiner Box pennen darf und zum Spaziergang und Leckerlie abstauben geholt wird.
    Ich würde es mir perfekterweise so vorstellen, dass der Hund im normalen Gruppenleben dabei ist, wenn es ihm und uns passt und ansonsten einen ruhigen Rückzugsort hat, Kontakt mit den Kindern wie gesagt nur über mich und in ausgewählten Situationen.
    Therapiehund müsste er in dem Sinne also nicht sein, das könnte man ja evtl später in Angriff nehmen, wenn es passt. Menschenfreundlich, nett und nicht allzu temperamentvoll würde mir erstmal reichen.
    Weil ichs noch nicht hatte und es sich irgendwie auch anbietet, wäre ein Welpe/Junghund hier ja irgendwie auch ganz passend, finde ich, er könnte sozusagen von der Pike auf lernen, mit behinderten Kindern umzugehen.



    Die Erziehung eines tauben Hundes stelle ich mir schon länger als sehr spannend und interessant vor, würde es mir auch durchaus zutrauen.
    Sollte mein Einfall nicht einige nicht bedachte Schwachstellen aufweisen bzw. sich das Ganze von arbeitgeberseite zerschlagen, würde ich mich selbstverständlich tiefer in die Materie einlesen.


    Der Vollständigkeit halber: Sollte es überhaupt soweit kommen und sich dann herausstellen, dass Hund und Kinder einfach nicht funktioniert, würde ich natürlich einen Hundesitter organisieren und nicht etwa den Hund wieder abgeben.


    So, und jetzt ihr!

  • Ich persönlich bin überhaupt kein Fan davon, wenn Hunde während der Arbeitszeit "angegrabbelt" werden. Auch nicht für nur mal Kekse werfen. Dann gut gehen, kann auch nicht so toll ablaufen.


    Das mit dem tauben Hund für die lauten Kinder ist eine nette Idee, aber an sich nicht so durchdacht. Ich kenne zB einen tauben Hund, der kriegt im Tiefschlaf mit, wenn die Tür klingelt (und rennt kläffend zur Tür). Die Besitzer wissen bis heute nicht, wie er das macht.
    Wenn Kinder losplärren, hat das nicht nur was mit Lautstärke zu tun, sondern auch mit Körperspannung, Bewegung, Mimik, Vibration usw. Das kriegt ein Hund auch ohne die Laute mit. Er könnte also trotzdem mit aufdrehen, wenn das deine Sorge ist.
    Im Gegenteil, taube Hunde können manchmal (besonders welche, die nicht von Geburt an gehörlos sind) ihre Stimme auch nicht kontrollieren und bellen u.U. mehr. So ist das zumindest bei dem Hund unter uns, der krankheitsbedingt taub geworden ist und seitdem manchmal meint was zu hören und wesentlich mehr und lauter bellt als früher.


    Ich kenne tatsächlich einen tauben Hund, der im Besuchsdienst ist. Die Dame hat ihn aus dem Tierschutz, dann hat sie jahrelang mit ihm geübt und hat später den Besuchsdienst in Angriff genommen. Da verstehen sich Hund und Frauchen sowas von toll. Es hat aber gut 5 Jahre gedauert. Der Hund macht einen wahnsinnig guten Job.


    Ein tauber Hund ist eine ziemliche Herausforderung. Ich habe das bei einer Freundin miterlebt, die sich komplett umewöhnen musste, sie hat eine gesunde Hündin und einen gehörlosen Rüden hinzu genommen. Sie arbeitet mit Handzeichen und auf Distanz mit Vibrationshalsband.


    Ob ein tauber Hund (oder auch ein gesunder) für so ein stressiges Umfeld geeignet ist, lässt sich nicht garantieren. Ich gehe stark davon aus, dass es mehr ruhige in sich ruhende Hunde mit starken Nerven gibt, die gesund sind, als welche, die zusätzlich zu allen gewünschten Eigenschaften noch taub sind. Zumal die Armen ja meist nicht sofort das perfekte Zuhause finden, schlechte Vorerfahrungen machen, durch mehrere Hände gehen... So war es zumindest mit dem Rüden der o.g. Freundin von mir. Das macht es nicht einfacher.


    Vielleicht musst du dich entscheiden. Entweder die Herausforderung mit einen tauben Hund oder du suchst nach einem Hund bzw einer Rasse, die eher deinen Anforderungen auf der Arbeit entspricht. Ganz vielleicht findet sich im Tierschutz ein Hund, der alle Eigenschaften in sich vereint. Garantieren kann dir das in beide Richtungen keiner.


    Ein "richtiger" Therapiehund ist zertifiziert, es kostet viel Zeit und noch mehr Geld, um so einen Hund auszubilden. Je nachdem, wie alt der Hund, den du dir holen möchtest, ist, "lohnt" der Stempel "Therapiehund" nicht, wenn er trotzdem mit darf. Da solltest du dich informieren, was du genau tun möchtest und ob es überhaupt sinnvoll ist sich da anderthalb Jahre hinter zu klemmen. Es gibt auch so genug Kursangebote für Menschen, die ihre Hunde ein bisschen auf der Arbeit einbinden möchten. Dann gibt es zwar keine Urkunde, aber ganz viele Tipps und Hilfen für deine Praxis.


    Eins möchte ich noch hinzu fügen: du sagst, du hättest vielleicht gern einen Welpen, damit er es von der Pike auf lernt. Das ist ein schöner Gedanke, aber du übersiehst zwei Dinge: 1. Ein Welpe kann durchaus überfordert sein, wenn du ihn direkt ins kalte Wasser schmeißt. Ein Welpe hat erstmal andere Dinge zu lernen als mit behinderten Menschen umgehen zu können. Und 2.: Du bist da ja zum Arbeiten. Ich würde mit der Chefin mal besprechen, wie es aussieht, wenn du in deiner Arbeitszeit auch noch parallel einen Welpen selbstständig und ohne Erfahrung zum "Therapiebegleithund" ausbilden möchtest. Das erfordert Fingerspitzengefühl und Zeit. Ob du die Arbeitszeit opfern darfst? Ich als Chef wäre da fuchsig...

  • Wo ich sofort dran gedacht habe, was passiert, wenn Kinder kommen, die allergisch sind? Der Kindergarten meiner Kinder wollte gerne Kaninchen und co. anschaffen. Dann kamen aber Eltern die allergische kinder hatten. Es wurden dann Wasserschildkröten.


    Dein Einwand mit der Lautstärke kann ich verstehen, ich habe mal in den Ferien mit behinderten Kindern gearbeitet. Da gab es welche, die sehr starke Laute von sich gegeben haben.


    Es müsste da wirklich ein guter rückzugsraum für den Hund geben. Ansonsten habe ich, wie man merkt, keine Ahnung von Therapiehunden. Es ist aber generell schön, wenn man Arbeit und Hund verbinden kann, darum drück ich dir die Daumen, das du es gut hinbekommst.

  • Von mir ein klares Nein. Ein tauber Hund kann soweit trainiert werden das man ihm das kaum anmerkt. Aber auch wenn er in einer lauten Umgebung nichts hört, bekommt er den Trubel doch mit. Das schwierigste ist das dann vielleicht eine Annäherung überhaupt nicht bemerkt. Kinder grabbeln gerne mal von hinten oder kommen plötzlich angestürmt, ein hörender Hund kann reagieren, ein tauber Hund nur wenn er gerade in die Richtung sieht.
    Als meine Hündin auf einem Ohr taub wurde reagierte sie mit massiver Unsicherheit. Sie spürte das jemand von hinten kam, hörte aber nichts, also erst abducken und dann umsehen. Das wurde später besser, aber sie hörte ja noch auf einem Ohr.
    Ich kenne auch ein Bsp von einem tauben Hund wo es Probleme mit dem Ersthund gab. Der taube Hund konnte knurren oder bellen nicht hören, reagierte also nicht und es gab Stress.


    Vielleicht setzt Du Dich erstmal mit einem Therapiehundausbilder in Verbindung und Ihr sucht gemeinsam einen Hund aus ? Der Weg zur Prüfung ist eh ein langer.

  • Hallo,


    meine Bedenken gehen auch in die von Ninma genannte Richtung: Was, wenn die Kinder den Hund plötzlich anfassen oder ähnliches? Das ist schon für viele Hunde, die hören können und besser auf solche "Attacken" vorbereitet sind, sehr unangenehm, aber bei einem tauben Hund kommt ja eben hinzu, dass er es nicht mal hört, wenn sich ein Kind ihm z.B. von hinten nähert - und im schlimmsten Fall schnappt der Hund dann eben vor Schreck zu.


    Eine Freundin von mir hat einen Havaneser von Welpenalter an. Er begleitet sie zur Arbeit in ein Wohnheim für Erwachsene mit meist schweren geistigen Behinderungen. Die Hündin wurde von Anfang an an den Arbeitsplatz gewöhnt und freut sich über die Menschen dort. Natürlich passt meine Freundin sehr auf, dass es ihr nicht zu viel wird, aber die Hündin kann gut damit umgehen, wenn jemand sie auch mal etwas ungeschickt an"tatscht" oder Ähnliches.
    Für einen erwachsenen Handicap-Hund stelle ich es mir schon schwierig vor, sich an eine solche Situation zu gewöhnen.

  • Ihr habt aber schon gelesen, dass die Kinder so schwer behindert sind, dass sie von alleine gar nicht an den Hund herankommen können. Es geht hier rein um die Lautstärke, ob man das diesem Hund zumuten kann. ;)



    Die Kinder in unserer Gruppe sind alle so schwer behindert, dass sie nur über mich Kontakt zum Hund haben könnten, Leckerlie geben, streicheln, etc. Hinterherlaufen, zwicken, festhalten, ärgern etc. ginge nicht. Aber, und das ist das große Aber, es kann mitunter auch mal wirklich richtig laut werden mit den Kindern, ohne dass man ihnen erklären könnte, sie müssten auf den Hund Rücksicht nehmen und leise sein.

  • Hey,


    Das Hunde trotz Taubheit noch bestimmte Geräusche mitbekommen können ist interessant!


    Die Sache mit der Allergie ist natürlich ein berechtigter Einwand (geht ja aber überall so, wo der Hund mit auf die Arbeit kommen soll), in diesem Fall würde ich wieder auf die Hundesitteroption zurückkommen. Momentan hat keines unserer Kinder eine Allergie.


    Auch die Anmerkung wie man es hinkriegt parallel zu arbeiten und einen Welpen zb. stubenrein zu bekommen, ist zu überdenken :D


    Aber gerade bei den letzten beiden Beiträgen möchte ich nochmal sagen: Sowas wie von hinten "ranschleichen" und angrabbeln oder ans Körbchen gehen und den schlafenden Hund streicheln/wecken würde bei unseren Kindern nicht gehen. Das können sie nicht, direkten Kontakt zum Hund könnten sie nur über mich haben, wenn ich ihn dazuhole und wir ihn gemeinsam streicheln z.b.


    Vorteil bei mir und taubem Hund wäre zumindest, dass kein Ersthund da ist, mit dem er sich zusammenraufen müsste und ich müsste nicht zwei unterschiedliche Erziehungsstile kombinieren...
    Fingerzeichen und Vibrationshalsband, so in die Richtung gingen meine Überlegungen auch.

  • Das Problem ist das taube Hunde zwar per se die Geräusche nicht hören, sehr wohl aber spüren können. Stichwort Vibrationen..


    Da wäre ein hörender Hund der einfach einen ruhigen Raum als Rückzugsort bekommt wahrscheinlich sinnvoller, diese sind schlicht nicht so empfindlich auf Vibrationen. (hat auch was mit Gewöhnung zu tun und der Abhängigkeit diese mitzubekommen)


    Das mit dem angrabbeln und stören kannst nur du einschätzen, wenn das nicht möglich ist passt das (ansonsten wäre wieder die Option "ruhiger Raum" eine Idee...)




    Ein Problem gibt es noch zusätzlich: mach dich bei einem Vibrationshalsband schon mal darauf gefasst dass dich selbsternannte Tierschützer anmaulen. Die schauen aus wie Teletakts, und nicht jeder ist imstande differenziert nachzufragen was es denn nun ist. Da wird erst mal losgemault... Das Problem hat eine Bekannte, die hat einen tauben JRT und einen tauben Golden (und die Hunde kommen super miteinander aus)



    Und auch ein hörender und ein tauber Hund kann gut klappen- eigentlich lernt der hörende recht schnell dass sein Artgenosse auf Lautwarnungen nicht reagiert- dann muss man nur bestätigen dass der hörende Hund dann ordentlich warnt und nicht wie ein Silvesterböller in die Luft geht.

  • Ich halte es für keine besonders gute Idee, ganz bewusst einen körperlich eingeschränkten Hund mit körperlich und vielleicht geistig eingeschränkten Menschen zusammen zu bringen.


    Taube Hunde können nicht einfach wie hörende Hunde behandelt werden und ihre Taubheit ist kein Vor-, sondern ein echter Nachteil.


    So sind sie häufig sehr berührungsempfindlich, nicht selten relativ schreckhaft und eher unsicher. Sie wirken oft launischer, weil sie Dinge, die wir hören, nicht einordnen können und man kann in einer Schrecksituation den Hund nicht mal eben mit einem laut gerufenen Notkommando unter Kontrolle behalten. Man ist darauf angewiesen, dass der Hund einen anschaut, bzw. dass man die Fernbedienung gleich zur Hand hat um ihn auf sich aufmerksam zu machen. Nicht, dass ich Deine Idee nicht nachvollziehen könnte, aber ich denke, da gibt es bessere Konstellationen. Diese doppelte Herausforderung fände ich nicht sinnvoll, auch wenn sie zweifellos klappen kann. Die Chance, dass es das aber nicht tut, ist aber sicher grösser als bei einem gesunden Hund.


    Was den Lärm betrifft: es scheint bei vielen Menschen ein Missverständnis zu geben, was das 'besser hören' des Hundes betrifft. Der Hund hört nicht 'lauter', Lärm ist für den Hund generell also nicht einfach 'schlimmer' oder 'schmerzhafter' als für den Menschen, er hört ihn aber in differenzierteren Nuancen als wir das tun. Analog könnten wir uns vorstellen, dass wenn der Mensch die Welt nur in Schwarz, vielleicht Grau und Weiss wahrnehmen kann, der Hund eben die ganze Farbpalette sieht.


    Und wie bereits angesprochen wurde: Lärm, bzw. Geschrei wird ja nicht im luftleeren Raum produziert, sondern geht mit diversen körperlichen Veränderungen einher. Auch wenn der Hund taub ist, wird er geruchliche Veränderungen, Vibrationen, Stress, etc. ja durchaus noch wahrnehmen. Insofern erschwerst Du Dir die Erziehung mit einem tauben Hund unnötigerweise nur noch mehr.


    Erfahrungsgemäss ist es auch nicht der Kinderlärm, der einem gut gezüchteten, sozialisierten und erzogenen Hund Schwierigkeiten macht, sondern eher, dass die Kinder ihm aufgezwungen werden, Grenzüberschreitungen zugelassen werden, die den Hund überfordern und er keine Rückzugsmöglichkeiten zur Verfügung hat, an denen er wirklich in Ruhe gelassen wird und sich wieder sammeln kann.


    Man kann auch einem hörenden Hund beibringen, dass Geschrei vorkommen kann und etwas ganz 'Normales' ist. Wenn er hört, kann man ihm sogar beibringen, sich explizit auf Geschrei hin in sein Körbchen zu begeben und da zu warten, bis man wieder Zeit für ihn hat.

  • Sorry, in dem Fall, dass die Kinder von selbst gar nicht an den Hund rankönnen, war mein Beitrag wohl eine Themenverfehlung :ops:


    @Tippi Gilt die Frage unter deiner Signatur an mich noch? Wie genau meine Freundin das gemacht hat, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Ich könnte bei Interesse aber gerne nachfragen.

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