Warum verdienen Tierärzte so wenig???

  • Per definitionem ist 1.700 Euro netto unterdurchschnittlich. Und ich wiederhole es jetzt nochmal für die Langsamen:1.700 ist kein faires Gehalt, weniger ist noch weniger fair.

    ich weiß ja nicht, was ihr alle so verdient. 1700 war mein bruttogehalt. selbst der kollege, der 40 jahre in der firma war, in der gewerkschaft, etc hatte keine 1700 netto. ich habe den hanzen tag auf den knien gesessen und gekrabbelt, 25kg säcke oder 40kg eimer geschleppt.
    ich kenne bis auf meinen cousin, der im büro hockt auch keinen, der 1700 netto hat.


    mitlerweile bin ich selbstständig, im gleichen beruf. es ist manchmal echt schwer seine arbeit vernünftig bezahlt zu bekommen. da wollen manche laminat für 5 euro brutto verlegt haben, eine 60qm wohnung mit alten verklebten teppich raus, laminat rein und leisten an einem tag für unter 500 euro. die rufen und an, wir fahren knapp 200km, kümmern uns um material, planen alles unddie sagen einen tag vorher ab. ganze arbeit umsonst, kein geld. wenn man in das angebot für besichtigung etc 20 euro verlagt, was mit der endrechnung verrechnet wird, bekommt man keine aufträge mehr. die leute sehen es auch als unverschämtheit, wenn ich von bremen nach hamburg fahre und 10 euro spritgelt verlange.


    solange die leute nicht bereit sind arbeit angemessen zu bezahlen, wird sich da nichts ändern. das ist bei den tierärzten so. das ist bei mir so und das ist auch bei allem anderen so.

  • Beachtet aber bitte, dass beim Durchschnittsgehalt das untere Ende gedeckelt ist, nach oben ist alles offen. Damit ist das Durchschnittsgehalt immer deutlich nach oben verzerrt. Das realistische Durchschnittsgehalt ist also deutlich geringer.
    Ich habe keine 1700 € netto und konnte allein damit problemlos leben. Mag sein, dass es unterdurchschnittlich ist, aber mir fehlte nichts :ka:


    Edit: In der Großstadt, Wohnung mit Gemeinschaftsgarten, mit Auto, mit 2 großen Hunden, und alle Tierarztkosten (im 5-stelligem Bereich) wurden bezahlt. Reicht also definitiv.

  • Ich habe mich mit meiner Haustierärztin auch erst neulich über die Finanzen unterhalten, um das Thema mal wieder zum Ursprung zu führen. ;)
    Wir kennen uns lange, sie kommt zu uns nach Hause.
    Da finde ich es nicht verwerflich, auch mal solche Themen anzuschneiden.


    Reich wird man mit diesem Job als Einzelkämpfer definitiv nicht, aber ich bin froh, dass es trotzdem Menschen gibt, die diesen Job mit Herzblut und Kompetenz füllen.


    Ich finde den Verdienst nicht erschreckend gering, was vielleicht an meinem eigenen liegt. ;)
    Wichtig ist doch einfach nur, ob man (in dem Fall als Tierarzt) damit zufrieden ist und so leben kann, wie man möchte.
    Wenn nicht, liegt es an einem selbst, das zu ändern.
    Darüber zerbreche ich mir aber nicht den Kopf- das ist nicht mein Problem. ;)

  • Allein meine Fixkosten für Wohnung, Versicherung, Auto (kein dickes Auto, nur ein Corsa), Hund, Monatsfahrkarte, Telefon/Internet etc. liegen schon bei ca. 1300 € im Monat und da ist noch nichts wie Essen, Kleidung oder Sparen mit drin. Und ich muss noch nicht mal Kinder versorgen und teile mir die Miete auch noch mit meinem Freund. Ich habe natürlich nicht immer so viel verdient wie heute und bin früher auch mit deutlich weniger klar gekommen, aber damals hätte ich mir keinen Hund leisten können und ich hatte noch keinen Führerschein und dementsprechend kein Auto und die Wohnung war kleiner (aber beim aktuellen Mietspiegel würde sie nicht viel weniger kosten, als die jetzige größere Wohnung weiter draußen). Mit wie viel Geld man klar kommt, ist sehr individuell, hängt von den Lebensumständen ab und die wo man wohnt. Würde ich noch in meiner Heimat auf dem Land in Brandenburg wohnen, würde ich auch mit weniger Geld einen ähnlichen Lebensstandard pflegen können.

    Beachtet aber bitte, dass beim Durchschnittsgehalt das untere Ende gedeckelt ist, nach oben ist alles offen. Damit ist das Durchschnittsgehalt immer deutlich nach oben verzerrt. Das realistische Durchschnittsgehalt ist also deutlich geringer.

    Meines Wissens nach ist bei den 1700 € nicht das Durchschnittseinkommen, sondern das Medianeinkommen gemeint, das heißt, die Zahl ist nicht durch die oberen 10.000 Gutverdiener verzerrt. Zumindest sagt der Artikel aus 2015, dass das Single-Medianeinkommen bei 1640 € liegt: DER BEGRIFF: Die Mittelschicht - Wirtschaft - Tagesspiegel

  • Ich erzähle mal von einem anderen Akademikerberuf.


    Vorab ich bin naturblond und habe mein Traumfach studiert (Ingenieur).


    Studiengemäß habe ich in einer ordentlichen Firma ein Praktikum gemacht.
    Mir ist angeboten worden, da zu bleiben und auch da die Diplomarbeit zu schreiben.
    Das alles war zu DM Zeiten und Praktika sind noch bezahlt worden - nicht fürstlich aber ok.


    Dann ging das zu Ende und der Personalchef hat gesagt, ich soll mal vorbeikommen.
    Ich da hin, mir war zu dem Zeitpunkt völlig unklar, was er wollte.


    Er hat dann gesagt, ich soll ja dann festangestellt werden und er würde nun den Vertrag machen und mich in Exy einordnen.
    Ich "ja" gesagt, war ja grundsätzlich bereits abgesprochen.
    Bin wieder in mein Büro und mal nachgesehen, was dann Exy bedeutet und aus Brutto/ Netto berechnet.


    Da habe ich dann echt angefangen zu heulen, weil ich hatte ja schon "ja" gesagt.
    Das war unter dem heutigen Mindestlohn.


    Nach einer schlaflosen Nacht bin ich dann völlig verstört wieder hin.
    Habe aber tapfer gesagt:
    "Also ich habe mir das durchgerechnet und obwohl ich gestern ja gesagt habe, werde ich das nicht unterschreiben.
    Weil ich mehr verdiene, wenn ich weiter kellnern gehe."
    Und dann hat der ohne zu zögern mich viel höher eingestuft und fertig.


    Erst Jahre später habe ich dann begriffen, dass auch das immer noch zu wenig war.
    Und die Größenordnung habe ich ja dann mitgeschleppt.
    Am Anfang war es ok, weil die hatten mich ja auch unterstützt bei der Diplomarbeit, aber irgendwann war nicht mehr witzig.


    Erst über viele Jahre und Abteilungs- und Firmenwechsel bin ich heute auf dem Durchschnittsniveau.


    Aus der Erfahrung (selbst wenn ich mich stockdoof angestellt habe), lasst uns grundsätzlich über Geld und Lohnniveaus reden, denn nur so herrscht ein Minimum an Transparenz und eine faire Verhandlungsbasis.


    Auf der Basis kann ich dann auch entscheiden, ob der Job so toll ist und in die Lebensplanung passt, dass man auch mit wenig Geld zufrieden ist.


    Grundsätzlich bin ich damit immer noch bei den Studienberufen.
    Das viele gesellschaftlich grundlegende berufliche Leistungen nicht entsprechend honoriert werden (z.B. Pflege...) ist ein anderes trauriges Thema.

  • Beim Durchschnittsgehalt wird doch sowohl oben als auch unten gekappt?! Jeweils 10% an beiden Enden glaube ich.


    Wo hast du das her? Ich kenne es nur so:


    Selbstständige werden bei den durchschnittlichen Bruttojahresverdiensten nicht berücksichtigt. Zudem finden in der Statistik Geringverdiener und Nebenjobber keinen Eingang. Die Werte werden nur anhand von Vollzeitstellen ermittelt, was der Realität des Arbeitsmarkts eigentlich drastisch zuwider läuft.
    Hinzu kommt das Phänomen, dass einige Gehälter nach oben unbeschränkt sind. Ein Bankmanager, der beispielsweise drei Millionen Euro pro Jahr verdient, kommt somit auf das 75-fache des Durchschnittsgehalts. Er verfälscht die Statistik also immens.
    Wenn die Löhne nur an der Oberseite der Gehaltstabelle ansteigen, wächst das Durchschnittsgehalt, aber ohne realen Effekt für die sonstigen Arbeitnehmer.


    Allein meine Fixkosten für Wohnung, Versicherung, Auto (kein dickes Auto, nur ein Corsa), Hund, Monatsfahrkarte, Telefon/Internet etc. liegen schon bei ca. 1300 € im Monat und da ist noch nichts wie Essen, Kleidung oder Sparen mit drin. Und ich muss noch nicht mal Kinder versorgen und teile mir die Miete auch noch mit meinem Freund. Ich habe natürlich nicht immer so viel verdient wie heute und bin früher auch mit deutlich weniger klar gekommen, aber damals hätte ich mir keinen Hund leisten können und ich hatte noch keinen Führerschein und dementsprechend kein Auto und die Wohnung war kleiner (aber beim aktuellen Mietspiegel würde sie nicht viel weniger kosten, als die jetzige größere Wohnung weiter draußen). Mit wie viel Geld man klar kommt, ist sehr individuell, hängt von den Lebensumständen ab und die wo man wohnt. Würde ich noch in meiner Heimat auf dem Land in Brandenburg wohnen, würde ich auch mit weniger Geld einen ähnlichen Lebensstandard pflegen können.

    Meines Wissens nach ist bei den 1700 € nicht das Durchschnittseinkommen, sondern das Medianeinkommen gemeint, das heißt, die Zahl ist nicht durch die oberen 10.000 Gutverdiener verzerrt. Zumindest sagt der Artikel aus 2015, dass das Single-Medianeinkommen bei 1640 € liegt: DER BEGRIFF: Die Mittelschicht - Wirtschaft - Tagesspiegel

    Natürlich liegt es an einem selber + die Umstände der Wohnsituation mit wie viel Geld man klar kommt. Und wenn man einen sehr hohen Lebensstandard hat, werden 1700€ netto wirklich wenig sein. Aber das deswegen so zu betiteln, als wäre das nichts stößt mir wirklich sauer auf. Das ist jetzt nicht auf dich bezogen, sondern auf den Verlauf des Threads. Von 1700 € kann man mit einigen Einschränkungen wirklich sehr gut leben. Man muss sich dann eben dem Gehalt anpassen.


    Das von dir erwähnte Medianeinkommen gibt es auch. Das wird in der Regel aber auch genau so genannt, wenn davon gesprochen wird. Ein Durchschnitt ist immer erstmal nur die Summe aller.
    Und selbst in dem verlinkten Beitrag von dir wird bis 1310 € netto von der Mittelschicht gesprochen. Dann darf sich wohl kaum jemand mit 1700€ netto beschweren, ach so wenig zu verdienen.

  • Aber das deswegen so zu betiteln, als wäre das nichts stößt mir wirklich sauer auf

    Hat doch keiner so betitelt, sondern nur, dass man drunter unterdurchschnittlich verdient und 1700 € eben "nur" Durchschnitt sind und kein sehr gutes Gehalt mit dem sich doch bitte jeder zu Frieden zu geben hat, weil es andere gibt, die noch weniger verdienen.

    Und selbst in dem verlinkten Beitrag von dir wird bis 1310 € netto von der Mittelschicht gesprochen. Dann darf sich wohl kaum jemand mit 1700€ netto beschweren, ach so wenig zu verdienen.

    Nur weil man mit 1300 € noch zur Mittelschicht gehört und nicht zu den Armen zählt, muss man sich ja nicht mit allem zufrieden geben, was drüber ist. Es hängt jetzt auch immer davon ab, was genau man arbeitet und ob es hier noch um Tierärzte geht, aber wenn ich 6-7 Jahre einen medizinischen Beruf studiert habe, ja dann würde ich mich zurecht beschweren, wenn ich nur das Durchschnittsgehalt bekomme.

  • solange die leute nicht bereit sind arbeit angemessen zu bezahlen, wird sich da nichts ändern. das ist bei den tierärzten so. das ist bei mir so und das ist auch bei allem anderen so.

    Wovon bitte, sollen die Leute das bezahlen ?
    Es gibt doch wohl noch einen eklatanten Unterschied zwischen Unternehmen/
    Firmen/Betrieben ect. pp. und Otto-Normalverdiener.
    Das kann ma ja kaum übersehen oder ignorieren.

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