Nestlé übernimmt Terra Canis

  • Was mich stört, ist die moralische Bewertung einer Person, die man selbst nicht kennt, geschweige die Lage in der sie sich befindet.

    Ich denke, dass das u.a. daran liegt, dass die Gründerin sich und ihre Geschichte sehr bewusst verkauft und in Szene gesetzt hat: eine junge Frau, die ihre eigenen Visionen eines hochwertigen Hundefutters verwirklichen will, dabei gegen Wände rennt und dann den Metzger um die Ecke findet, der an sie glaubt und mit ihr eine Firma aufbaut, die durch die Decke schießt.


    Sie hat alles sehr familiär aufgezogen, in der Presse immer wieder geschildert, wie sie in der Anfangszeit nachts Futterdosen beklebt hat, als kleine Einzelkämpferin den großen Konzernen den Kampf angesagt hat (gegen die sie in der Presse auch ordentlich gewettert hat) und sie hat u.a. Videos veröffentlicht, in denen sie zusammen mit ihren Mitarbeitern in sehr persönlicher Atmosphäre Futter verkostet hat. Den Kunden wurden sehr bewusst diese persönliche Ebene, die ethisch und moralisch weiße Weste und die Werte vermittelt, für die TC steht und TC hat sich ganz klar als Gegengewicht zu den großen bösen Konzernen ins Rennen gebracht. Das Vertrauen in das Produkt lag nicht nur an der Qualität, sondern auch am Vertrauen in die Gründerin begründet. Und wenn der vermeintliche Kampf gegen die Konzerne nun in einem Zusammenschluss endet, die durch die Gründung ürsprünglich bekämpft werden sollten, kann ich vor dem Hintergrund der Strategie, die TC verfolgt hat, schon verstehen, dass sich viele Kunden an der Nase herumgeführt fühlen.


    Ich glaube nicht, dass TC das gleiche Echo bekommen hätte, wenn von Beginn an ausschließlich das Produkt in den Vordergrund gestellt worden wäre. Allerdings glaube ich auch nicht, dass die Marke so den Erfolg gehabt hätte, den sie in den letzten Jahren letztendlich hatte.

  • Ich meinte damit die Kommentare von Facebook, wo es hieß sie hätte ihre Seele verkauft oder würde ihren Hund abgeben. Sowas finde ich kindisch.

    Ah soohoo ... muss ich überlesen haben, sorry ... und FB ist so eine Sache ...
    Allerdings konnte man die Tendenz, also mit Moral auf Moral ..., auch schon hier zum Thema ableiten.

  • Und für Frau Ornau hätte es sicher auch Wahlmöglichkeiten gegeben. Ich kann mir nicht vorstellen das nur Nestle als Partner zur Wahl stand.


    Jein - soooo leicht ist ein Firmenverkauf nicht.
    ;)


    Nicht in einer so heiß umkämpften Branche.
    Gerade die "kleineren" Marken mit gutem Image zB hätte wohl eher nicht die Kapazitäten, eine solche Übernahme zu stemmen. Und vor allem - sind sie gewillt, sich die eigene Konkurrenz an Bord zu holen? Gerade, wenn der Verkauf unter der Bedingung statt findet, dass die Marke TC erhalten bleibt? Unter Umständen mit dem eigenen Produkt nie Marktführer werden zu können, weil man eben noch einen Mitbewerber in den eigenen Reihen hat?
    Wie international vermarkten sich denn
    - Hermanns
    - Dr. Ziegler
    - Yarrah?
    - Lupo Natural
    - Biofoot
    - Marengo
    - Lupo Natural


    ?


    Wie lauten da die Gewinne der letzten Jahre, nach Steuern?
    Können die es sich überhaupt leisten, so schnell auf einen Schlag zu expandieren?
    Du hast ja nicht nur mit einem Schlag die Kaufkosten an der Backe, du musst zusätzliche Produktionskosten, Mitarbeiterkosten etc. ebenfalls stemmen können. Erst mal muss man nun mal produzieren, bevor man Ware verkauft.


    Was ist aber nun, wenn die Gründerin nur zu bestimmten Konditionen verkaufen wollte? Mitspracherecht, Dividende, weiß der Geier was...
    Auch da gibt es durchaus schon Probleme, sich zu einigen.


    Gut, auch für mich wäre Nestlé nicht unbedingt erste Wahl, um ihnen meine Firma zu verkaufen und gewisse Bauchschmerzen hätte ich auch. Gut, aber die wirklichen Gründe, warum ausgerechnet Nestlé, das werden wohl nur die Beteiligten wissen und so nehme ich es zumindest an, wird die Gründerin einfach ihren Grund gehabt haben, an Nestlé zu verkaufen. Ich seh es halt aus der Sicht der Firmler. Wirtschaftlich nachvollziehbare Entscheidung, nicht völlig unverständlich, aber aufgrund meiner eigenen Position zu Nestlé eben mit nem persönlich gefärbten Stirnrunzeln.
    Nicht mehr und nicht weniger. :ka:

  • Ich seh es halt aus der Sicht der Firmler. Wirtschaftlich nachvollziehbare Entscheidung,

    Aus genau dieser Sicht ist die Entscheidung für mich nicht nachvollziehbar.
    Klar ist, dass ein schnelles und starkes Wachstum nur durch den Zusammenschluss mit Konzern wie Nestlé möglich ist. Anders wären weder das Kapital, noch notwendige Vertriebswege und Knowhow auf einem Schlag in die Firma gekommen.
    Aber vor dem Hintergrund, dass die Firma extrem stark auf der Person der Gründerin und dem Wertesystem, das sie verkörpert, aufgebaut wurde, war die Entscheidung aus TC- Sicht ziemlich dumm. Zumindest in der Kombination, in der sie weiterhin als Gründerpersönlichkeit in der Firma bleibt und glaubt, auf dieser Grundlage auch weiterhin erfolgreich verkaufen zu können.


    Vor einigen Jahren habe ich exakt das Gleiche erlebt: Verkauf einer Firma im Hochpreis- Segment, deren Erfolg sehr stark auf der Persönlichkeit des Gründers basierte und die natürlich gewachsen ist, an einen Branchen- Riesen. Die Firma sollte aus den gleichen Gründen (Expansion, Vorteile durch frisches Kapital und die Nutzung der Strukturen) an den "Riesen" verkauft werden, der übrigens ebenfalls einen zweifelhaften Ruf genoss. Ich war damals gegen den Verkauf und bin vor der offiziellen Übernahme abgesprungen, obwohl es ein lukratives Angebot gab. Mich haben damals alle für ziemlich dumm gehalten, dass ich abgelehnt habe und den vermeintlich sicheren Hafen verlassen habe. Es hat nicht lange gedauert, bis die Firma platt war, weil sich Individualität und starke Expansion, eine Firmenphilosophie auf Basis einer Gründerpersönlichkeit und deren persönlichen Werten und die Strukturen eines Konzern, der nicht auf Moral, sondern auf Gewinnmaximierung ausgelegt ist, schlichtweg nicht vertragen.

  • Also, wenn jemand einerseits (laut Welt-Artikel) die Konkurrenz, zu der Nestle ja gehört gerne der Abfallverwertungsindustrie zugeordnet wüsste, sich aber andererseits nicht scheut mit genau diesen Leuten ins Bett zu gehen, ohne eine finanzielle Not zu haben und das nachdem man sich jahrelang als Retterin des deutschen Hundefutters und Rebellin für den Hund inszeniert hat, habe ich ehrlich gesagt keine Probleme diese Person, aufgrund dieser Tatsache moralisch zu bewerten.
    "Shady af" wie meine Generation dazu sagen würde.

  • Also, wenn jemand einerseits (laut Welt-Artikel) die Konkurrenz, zu der Nestle ja gehört gerne der Abfallverwertungsindustrie zugeordnet wüsste, sich aber andererseits nicht scheut mit genau diesen Leuten ins Bett zu gehen, ohne eine finanzielle Not zu haben und das nachdem man sich jahrelang als Retterin des deutschen Hundefutters und Rebellin für den Hund inszeniert hat, habe ich ehrlich gesagt keine Probleme diese Person, aufgrund dieser Tatsache moralisch zu bewerten.
    "Shady af" wie meine Generation dazu sagen würde.

    Jedem das Seine.



    Ich bin manchmal ganz froh, dass meine Eltern versucht haben, mich so zu erziehen, eine Person nicht nach ihrem Äußerem, einen Zeitungsartikel oder sonstigen Kram zu bewerten und zu beurteilen, wenn man weder diese Person persönlich kennt noch über Hintergründe Bescheid weiß.


    Ich bin zum Glück nicht verpflichtet, die Welt an meinem persönlichen Moralvorstellungen zu messen und bin ebenfalls zum Glück nicht dazu verpflichtet, mich an den persönlichen Moralvorstellungen anderer messen zu lassen.

  • Jedem das Seine.


    Ich bin manchmal ganz froh, dass meine Eltern versucht haben, mich so zu erziehen, eine Person nicht nach ihrem Äußerem, einen Zeitungsartikel oder sonstigen Kram zu bewerten und zu beurteilen, wenn man weder diese Person persönlich kennt noch über Hintergründe Bescheid weiß.


    Ich bin zum Glück nicht verpflichtet, die Welt an meinem persönlichen Moralvorstellungen zu messen und bin ebenfalls zum Glück nicht dazu verpflichtet, mich an den persönlichen Moralvorstellungen anderer messen zu lassen.

    Das finde ich eine interessante Einstellung, allerdings kann ich mir kaum vorstellen, dass das wirklich funktioniert. Gesellschaftliche und politische Teilhabe geht doch mit Wertung einher, sonst kann man es ja gleich bleiben lassen.
    Und im vorliegenden Fall: gerade Frau O. hat einen guten Teil des Erfolges ihrer Firma der Attitüde der Abwertung anderer Unternehmen bzw Konzepte zu verdanken. Und ja, wenn sie dann wenig später nicht zögert, sich einem dieser Unternehmen anzuschließen, dann würde ich auch sagen, dass es fast schon Naturgesetz ist, dass das auf sie zurückfällt. Jeder ist Herr bzw Frau seiner Handlungen und Entscheidungen, zum größten Teil zumindest.

  • Und wer bin ich, dass ich einen Menschen, den ich nicht kenne, für eine Handlung in einer Situation, in der ich nie war, bewerte/verurteile/beschimpfe?


    =)

  • Von Beschimpfen habe ich nicht geredet und von Verunglimpfen auch nicht. Lediglich von bewerten. Und diese Bewertung führt eben bei manchen Menschen im Fall von TC nun zu einer negativen Kaufentscheidung und Enttäuschung über eine wirklich vollmundige Gründerin.
    Hätte ich keine moralischen und ethischen Vorstellungen und Wertigkeiten, an denen ich mich orientiere, dann würde ich doch vollkommen orientierungslos im Leben dahindümpeln.

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