Kastration/Chip - danach eigentlich das 'bessere' Leben?

  • Mein nicht so gut vermittelter Punkt ist eigentlich nur: Es gibt da wirklich viele Faktoren, die im Einzelfall individuell ineinander greifen. Von daher sehe ich von allgemeingültigen Ansagen wie "der hat hormonellen Stress - liegt ausschließlich an der Erziehung" oder "hormoneller Stress - da hilft nur Kastration" ab. Ebenso wie ich an allgemeingültigen Altersbegrenzungen festhalte. Es ist immer das individuelle Gesamtbild, das zählen sollte.

  • Ja klar - es geht dann ja noch im epigentischen Bereich weiter und der ist sicher nicht unerheblich. Hat ja schon was damit zu tun, welche Geschwister nebeneinander im Mutterleib lagen ... ob Männlein oder Weiblein.

    Ah? Das klingt interessant. Hast du dazu einen weiterführenden Link für mich bitte?

  • nur fragt man sich, wann das normale maß an stress voll ist (ich meine damit jetzt nicht unbedingt marley). aber ich denke mir, wenn der hund nur noch hinter der türe jammert, man ihn alle paar minuten weg holen muss, er nur noch fiept und winselt, nicht mehr fressen mag usw... und sich das auf monate zieht? das soll ein normales maß sein?
    und klar muß er das lernen. doch marley hat momentan null bock irgendwas zu lernen, oder sich erziehen zu lassen, er hat nur noch andere hunde im kopf. klar lasse ich ihn nicht hin zu anderen, lass ihn absitzen, lasse ihn kein pipi lecken und extremes festschnüffeln ist auch tabu.


    aber irgendwann fragt man sich, inwieweit das noch okay ist für den hund, wann er es lernt, damit umzugehen.

    Was unternimmst du denn im Moment genau um dem Ganzen entgegenzuwirken?


    Darauf warten, dass es von alleine besser wird, würde ich persönlich nicht. Auch Erziehung bewirkt, wie du bereits ja selbst erkannt hast, wenig bis nichts, wenn davon nichts im Oberstübchen ankommt.


    Wie ich schon sagte, würde ich zunächst an der Ansprechbarkeit draußen arbeiten. Erst an der kurzen Leine und wenn das klappt, darf er an die Schleppleine. Es wird nicht geschnuffelt, nicht links und rechts geguckt, es wird mit dir zusammen an der Leine gelaufen. Und dann braucht man halt für 500m mal 20 Minuten. Ist dann halt so. K.O. wird er danach trotzdem sein.


    Was bei Newton sehr geholfen hat, war, ihn in Situationen zu bringen, bei denen er mit mir kooperieren muss. Bei uns hieß das Abenteuer-Spaziergang. Da wurden Bächle überquert, die unmöglichsten und engsten Wanderwege gelaufen, die ich finden konnte, Querläufe über aufgestapelte gefällte Bäume gemacht, auch mal richtig Quer-Feld-ein über unwegsames Gelände "spaziert". Alles wie gesagt an der kurzen Leine. Wenn er gerne Dinge trägt, kannst du ihn auch mal sein Lieblingsspielzeug auf dem Gassigang tragen lassen. Auch kannst du ihn mal "knifflige" Aufgaben lösen lassen. Das geht auch im heimischen Wohnzimmer. Altes Handtuch an unterschiedlichen Stellen mit Leckerli versehen und verdrehen. Er muss dann mit dir zusammen die Leckerli rausholen. Oder ein paar Leckerli unter eine kegelförmiges Objekt (Trichter, etc.) legen. Er muss drauf kommen, dass er den Kegel umstoßen muss, um an die Leckerli zu kommen. Wichtig ist wieder, dass du dabei bist und ihn bei der Aufgabe unterstützt. Bei diesen Aufgaben sind der Fantasie eigentlich keine Grenzen gesetzt.


    Als sich dann die Ansprechbarkeit deutlich gebessert hatte, sind wir auf die Schleppleine umgestiegen. Da haben wir dann nahtlos weitergemacht. Es kamen Aktivitäten dazu wie anspruchsvolle Suchspiele (natürlich wurde die Schwierigkeit allmählich gesteigert), Leckerchen fischen aus dem See und später auch im Bach, was schwieriger ist, da das Wasser da fließt. Verstecken spielen haben wir auch gerne gemacht. Ich hab ihn abgesetzt auf der Wiese und mich (natürlich erstmal so, dass er sieht wo ich hingehe) versteckt. Dann hab ich ihn gerufen... Mensch, war der froh, als er wieder bei mir war. Obwohl ich ja nur kurz aus dem Blickfeld war.


    Kurz um: Fordere Kooperation ein! Ihr geht zusammen Gassi. Ihr erlebt gemeinsam Dinge. Ihr löst gemeinsam schwierige Aufgaben.


    Und höre am besten auf, ihn zu bedauern! Er ist in einer ganz normalen Entwicklungsphase, die jeder Rüde mehr oder minder durchmacht. (Mit 9 Monaten halte ich ihn auch nicht für "frühreif" übrigens.) Er braucht jetzt deine Führung und deine Unterstützung! Lass ihn damit nicht alleine!


    Und ja, dann hat er halt mal ein halbes Jahr keinen Hundekontakt. Und ja, dann hat er halt mal ein halbes Jahr keinen Freilauf. Das ist nicht schlimm!


    Newton hing in der Hochphase seiner Pubertät vom 9. bis zum 15. Lebensmonat durchgehend an der Leine. Erst wie gesagt die kurze Leine, dann später die Schleppleine. Es hat ihm nicht geschadet. Im Gegenteil! Viele von den oben genannten Aktivitäten macht er heute noch sehr gerne! Gerade das Klettern und das Leckerli-Fischen gehören zu seinen Lieblingsbeschäftigungen.


    Und ja, mir hat das auch nicht gefallen, dass er ein halbes Jahr an der Schleppleine hing, dass ich ihn (in seinem eigenen Interesse) nicht freilaufen lassen konnte. Aber heute habe ich einen absolute zuverlässigen Hund, der in 98% der Fälle sofort ansprechbar ist und auch über einen sehr sicheren Grundgehorsam verfügt. Und er ist intakt! Und wird es auch bleiben, sofern es medizinisch nicht nötig wird, ihn zu kastrieren.

  • Mein nicht so gut vermittelter Punkt ist eigentlich nur: Es gibt da wirklich viele Faktoren, die im Einzelfall individuell ineinander greifen. Von daher sehe ich von allgemeingültigen Ansagen wie "der hat hormonellen Stress - liegt ausschließlich an der Erziehung" oder "hormoneller Stress - da hilft nur Kastration" ab. Ebenso wie ich an allgemeingültigen Altersbegrenzungen festhalte. Es ist immer das individuelle Gesamtbild, das zählen sollte.

    Ja klar. Aber man kann ja nur über das Drehen an den Stellschrauben, auf die man aktuell Einfluss hat versuchen herauszuschälen wo die Ursache liegt bzw. die Ursachen liegen.

    Ah? Das klingt interessant. Hast du dazu einen weiterführenden Link für mich bitte?

    Ja, wenn ich nu noch wüsste, wo ich das gelesen habe ... Ich glaube, Irene Sommerfeld-Stur hat das irgendwo erwähnt ...

  • Wenn du meinst, es gehoert dazu wenn ein Ruede die komplette Hitze ueber nicht frisst, schreit (nicht jammert!) sobald er die heisse Huendin nur erahnt, massive Probleme mit der Prostata hat, ... dann bitte.

    Schlecht geschlafen, falscher Fuß? :???:


    Deine obige Unterstellung aus meinen Worten herauszulesen muss man aber auch wollen. :lepra:


    Nein, das meinte ich natürlich nicht. Und du scheinst auch meine bisherigen Beiträge nicht gelesen zu haben.


    Das, was ich meinte, ist der Stress den alle Jugendlichen während ihrer Pubertät und Entwicklung haben. Da wird bei Hunden dann gern mal sehr schnell gesagt "Der arme Hund, der hat Stress, der muss sofort kastriert werden" Überspitzt geschrieben.


    Was man wahrscheinlich eher meint ist, dass man selber Stress mit dem Verhalten des Hundes hat und kein adäquates Umgehen damit weiß und sehr schnell die Flinte ins Korn wirft. Wie man hier im Thread ja auch anhand des 9 Monate alten Beispiels sieht. Mit 9 Monaten hatte mein Tim auch Goldkettchen an und konnte vor Breitbeinigkeit kaum laufen.


    Jetzt verständlicher?

  • Für mich gibt es einen Unterschied zwischen Stadt- und Landhunden. Stadthunde haben schon so mit sehr viel mehr Umweltreizen zu leben, obendrauf auch noch die ganzen Hunde. Auf dem Land kann ich anderen Hunden einfach ausweichen, in der Stadt müssen sich die Hunde ob sie wollen oder nicht, ständig mit anderen Hunden auseinandersetzen. Es geht noch nicht einmal um direkten Kontakt mit Fremdhunden, schon allein die ganzen Gerüche, Hunde an denen man vorbeiläuft, Hunde die z. B. auf der anderen Straßenseite laufen.
    Wenn wir bei uns rausgehen, sehen wir egal zu welcher Tageszeit nicht 1 pro Tag sondern 10+ Hunde innerhalb einer halben Stunde. Es kann je nach Hundetyp u.U. Jahre dauern, bis ein Hund mit dem Trubel in der Großstadt klarkommt. Manchem Hund hilft die Kastra/Chip, weil sie sonst gar nicht mehr ansprechbar sind. Es summiert sich bei diesen Hunden, der Alltagsstress der Großstadt + Hormone sind dann einfach zu viel.


    Zwei meiner drei Hündinnen sind betroffen, Zufall ist es nicht. Beide hatten/haben Stress mit Umweltreizen und zei(g)ten nach Eintritt in die Pubertät hormonell bedingte Verhaltensauffälligkeiten, bzw. bei Chucky auch stark ausgeprägte Scheinschwanger- und Scheinmutterschaften und obendrauf gehäufte Läufigkeiten. Gerade diese beiden Hunde brauchen doch aber Ruhe und ein möglichst entspanntes Umfeld. Nur der Hormonzirkus obendrauf macht es unmöglich. Man kann dem Hund irgendwann gar nicht mehr helfen, weil der völlig neben sich steht, man keinen Zugang mehr zu ihm hat. Man kann sie ja nicht 3 Monate in die Wohnung sperren, damit sie ja keinen Stress haben und die Außenwelt kann man auch nicht stressarm zaubern.


    Was ich bei den beiden Hunden beobachtet habe, ist, dass sie mit jedem Zyklus hormonell immer weiter aus dem Gleichgewicht geraten sind und sie dadurch logischerweise immer gestresster wurden. Leider beschränkt es sich irgendwann auch nicht mehr nur auf die Läufigkeiten/Scheinschwanger-/Scheinmutterschaften, sie prägen sich irgendwann das unerwünschte Verhalten aus dieser Zeit ein und zeigen es dann auch außerhalb des Zykluses. Und dann dreht man sich mit dem Hund schön im Kreis, man trainiert in der Hormonpause, was sogar erfolgreich sein kann, aber dann beim nächsten Zyklus ist der Erfolg gleich wieder futsch, noch schlimmer, der Hund hat sich schon das nächste Verhalten eingeprägt, was man so gar nicht gebrauchen kann.


    Irgendwo muss man diesen Teufelskreis durchbrechen und zumindest bei Chucky war die Kastra der Durchbruch. Sie war wieder lernfähig und viel entspannter. Meine Hoffnung ist nun, dass das mit Fili auch klappt. Aussitzen wollen wir es nicht noch länger, weil ihr diese Situation mittlerweile mehr schadet als nützt.

  • Für mich gibt es einen Unterschied zwischen Stadt- und Landhunden.

    Auf jeden Fall.


    Ich wohne sehr ländlich. Da ist zum einen die Reizdichte sehr viel geringer und man hat viel einfachere Möglichkeiten das Ganze gemäßigt und langsam anzugehen ohne dass Hund direkt völlig abdreht.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!