Autos fixieren/jagen/hüten

  • Hallo ihr Lieben,


    ich hab ein Problem mit meinem 3 1/2 Jahre alten Border-Assie-Islandhund-Mix (also ein vollblütiger Hütehund :D ). Ich hatte schon so einige Schwierigkeiten mit ihm und er hat mich schon sehr viele Nerven gekostet, aber mittlerweile sind wir auf einem guten Weg (und ich liebe ihn natürlich trotzdem über alles).
    Ein Problem gibt es aber wie gesagt, bei dem ich langsam wirklich nicht mehr weiter weiß. Er ist extrem fixiert auf Autos, vor allem wenn wir direkt an der Straße gehen. Er bleibt bei jedem Auto stehen, lässt es nicht aus den Augen und ist wie weggetreten. Wäre er nicht an der Leine, würde er oft auch hinterher jagen. Besonders schlimm ist es in der Dämmerung/Dunkelheit, wenn die Lichter an sind.
    Er ist oft wirklich gar nicht mehr ansprechbar, bis das Auto vorbei ist... dann erwacht er schlagartig wieder aus seiner Starre und ist sofort wieder voll bei mir. Das klingt jetzt vielleicht nicht so schlimm, aber es macht das spazieren gehen bei uns in der Stadt schon sehr anstrengend, weil er eben dauernd stehen bleibt und ich extrem aufpassen muss, dass er nicht doch mal auf die Straße rennt.


    Vielleicht hat jemand von euch eine Idee, wie ich ihm das abgewöhnen kann?
    Ich hab schon gefühlt alles versucht. Ablenkung mit Leckerlies (Sitz und mich anschauen, bis Auto weg ist) klappt einigermaßen, damit haben wir auch das Radfahrer-und-Jogger-jagen ganz gut in den Griff bekommen, aber das kann ich ja nicht bei jedem Auto machen.
    An der Impulskontrolle arbeiten wir auch schon länger (vielleicht zu wenig?) und er ist auch schon entspannter geworden.. aber bei Autos ist er nach wie vor schnell überfordert.


    Ich freu mich über Antworten! :smile:
    LG Jenny

  • Willkommen im Club! Genau das tut unser Schwarzi-Border auch und hat es wohl bei den Vorbesitzern richtig ritualisiert.


    Meine nicht unbedingt nachahmenswerte Lösung war, umlenken auf einen anderen Bewegungsreiz, nämlich einen Schleuderball, quasi als legale Droge, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass man genetisch bedingtes Verhalten nicht auf Dauer unterdrücken kann, daher musste was her, was er anglotzen und jagen durfte; an Schafen war er anfangs kaum interessiert, obwohl aus hütenden Eltern, erst seit Hund Nr. 2 da ist, kam plötzlich der Kick.


    Funktioniert hervorragend, er muss nur an die Leine, wenn er Panik vor Schüssen und Gewitter hat. Selbst den Autobahnzubringer vor dem Hof kann ich problemlos bei (für hiesige Verhältnisse) dichtem Verkehr überqueren, auf den nur feldwegbreiten Landstraßen hier schiebt er sich automatisch an den Rand, wenn er lange vor mir ein Auto bemerkt, und dann muss der Ball noch nicht einmal sofort fliegen, ich kann warten, bis ich eine geeignete Stelle erreiche.


    Was natürlich den gravierenden Nachteil hat, dass der dämliche Ball immer und überall dabei sein muss, ansonsten lässt er zwar zwei, drei Autos mit Kommando Sitz, Platz oder Fuß (was gerade passt) passieren, aber dann ist es aus, Nr. 4 wird ohne Rücksicht auf Verluste verfolgt. Leine ich ihn an, springt er ohne Rücksicht auf Verluste in die Leine und erhängt sich schier.


    Aufflackernde Bremslichter oder Blinker sind der ultimative Kick, dann tue ich gut daran, den Ball sofort in die Hand zu nehmen und den Wurf damit anzukündigen, ansonsten würde er sofort durchstarten. Er ist deutlich leichter bei flüchtendem Wild zu stoppen als bei seiner Scheißautojagerei, die ihm sogar wichtiger als Küheholen ist (lebe auf einem landwirtschaftlichen Betrieb).


    Weil ich mir nicht sämtliche Jackentaschen zerreißen und einmisten lassen wollte, bin ich daher fast nur mit dem Rad unterwegs, wo der Ball griffbereit im Körbchen am Lenker liegt. Bin ich zu Fuß unterwegs und habe keine geeignete Tasche zum Einstecken des Balls, ist kein Spazierengehen möglich, er stiert nur seine Droge an. Oder lauert halt auf Autos...


    Ich habe ihn, wie gesagt, für meine Ansprüche prima unter Kontrolle, ohne mit der Brechstange einen Befehl durchsetzen zu müssen, wo ich nicht sicher sein kann, dass mein Wort genügend Gewicht gegenüber der Droge Auto hat.


    Aber ich bin natürlich co-abhängig von diesem dämlichen Ball, und ich stelle es mir schwierig vor, etwas Ähnliches in der Stadt zu zelebrieren.


    Caterina

  • Danke für deine Antwort!
    Da bin ich ja schon mal froh, dass wir nicht die einzigen sind. Ich denke, das Problem ist bei Hütehunden gar nicht so untypisch.


    Mit Ball als Ablenkung haben wir früher auch "gearbeitet", wenn wir außerhalb der Stadt unterwegs waren. Das hat eigentlich gut funktioniert bzw. hat seinen Zweck erfüllt, aber nach ner Zeit war Junior so dermaßen fixiert auf den Ball, dass ein Spaziergang ohne Ball fast nicht mehr möglich war. War der Ball mal nicht dabei, wurde er total unsicher und wusste nicht, worauf er seine Aufmerksamkeit lenken soll. Das fand ich dann ziemlich ungut und so haben wir den Ball erstmal aus unseren Spaziergängen verbannt.


    Mittlerweile haben wir wieder ab und zu einen Ball dabei, aber abhängig davon will ich nicht mehr sein. Ich merk auch jedes Mal, dass Junior dabei eher unruhiger wird.
    [Guuut, da wären wir schon beim nächsten Problem. Ball/Stöckchen werfen ist bei uns draußen mittlerweile echt schlimm. Er bringt den Gegenstand zwar brav zurück vor meine Füße, aber beim Abgeben (bzw. wenn ich es ihm wegnehme, denn von Abgeben kann man eher nicht reden) wird er so ungeduldig, dass er nur noch bellt, rumhüpft und hinterher schnappt. Also null Konzentration und Impulskontrolle. Wir versuchen das zwar immer wieder zu üben, aber ohne wirkliche Verbesserung. Nur drinnen im Haus ist es besser und ruhiger.
    Fall dazu jemand einen Tipp hat, wäre ich auch seeeehr dankbar. Denn gerade jetzt im Sommer sind wir oft lange draußen und halten uns auch mal länger an einem Ort auf... und das findet Junior sehr langweilig und gar nicht toll, also versuche ich ihn immer mal wieder zu beschäftigen. So wie das aber im Moment läuft, macht das echt keinen Spaß und ist anstrengend für alle Beteiligten.]


    Soo, aber zurück zu den Autos.
    Bei uns ist das Problem eigentlich hauptsächlich in der Stadt bzw. direkt an einer (mehr befahrenen) Straße. Ein einzelnes Auto macht ihm i.d.R. nichts aus und auch wenn die Autos weiter weg sind, interessiert es ihn nicht mehr so sehr. Da reicht oft schon ein dicker Grünstreifen zwischen uns und der Straße und es ist schon deutlich entspannter. Auch auf den Feldern daneben kann ich ihn ohne Probleme frei laufen lassen.
    Daher funktioniert ein Bewegungsreiz in dem Fall wohl leider eher nicht, ist in der Stadt ja schlecht möglich. Und mein Ziel ist es ja auch, dass er an der Straße ruhiger und gelassener wird... da würde ein Ball wohl eher das Gegenteil bewirken.


    Trotzdem danke für deine Erfahrung! :bindafür:

  • Gibt es denn irgendwas, bei dem der Hund zwar voll konzentriert, aber nicht in diesem abgedrehten Zustand ist?


    Ich habe mit dem Schleuderball den Vorteil, dass Schwarzi zu bestimmt 80, 85 Prozent nicht wie auf Drogen ist, sondern sich einfach nur - zwar hochkonzentriert, aber nicht weggetreten - zu mir wendet. Ich mache dann eine "Ansage" (entweder verbal oder mit Handzeichen), wohin der Ball fliegt, und dann läuft er zügig einen Bogen und wartet auf den Ball, den er dann zügig bringt.


    Kritisch wird es nur, wenn mir die Gelegenheit zum Werfen fehlt, z. B bei Glatteis, weil doch mal dichter Verkehr ist oder weil die anderen Hunde dabei sind, dann ist er genau in diesem weggetretenen Zustand, den Du beschreibst, kaum noch ansprechbar, es sei denn, ich werde ziemlich laut oder wende brachiale Gewalt an, in meinem Fall-das Festhalten mit der Leine, denn ansonsten hätte er in den ersten Monaten schon vor einigen Autos geklebt.


    Die Vorbesitzer fanden das nicht weiter schlimm, weil er ohnehin die meiste Zeit im Geschirr entweder am Fahrrad oder beim Joggen zog wie ein Ochse, er wurde wegen Kleinkindabschnappen abgegeben.


    Was ich jetzt schreibe, erhebt keinen Anspruch auf irgendeine wissenschaftliche Grundlage, ist einfach nur so ein Gefühl:


    Hast Du mal probiert, mit dem Hund bei Fuß Schlangenlinien mit so großen Bögen wie möglich oder gar Kreise oder Spiralen zu laufen, z. B. um Laternenmasten, Bäume oder Autos, wenn Du bemerkst, dass er auf einen Reiz reagiert? Wenn er verfressen ist, dann mit Futter in der ausgestreckten Hand, so dass er was zum Angucken hat?


    Caterina

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