Wie soll ich diese Bürde tragen?

  • Guten Abend ihr Lieben,


    ich habe mich gerade in diesem Forum angemeldet, weil ich ganz ganz dringend einen Platz brauche, an der ich meine Gedanken niederschreiben kann. Und in der Hoffnung, dass jemand einen Rat hat, wie ich besser mit dieser Trauer zurechtkomme.


    Am Dienstag, den 20.03.2018, schrieb mein Vater mir eine Nachricht per whatsapp. "Wir mussten Sam einschläfern lassen". Als ich das gelesen habe, wurde mir schwindelig, ich musste mich setzen, ich war auf der Arbeit. Ich konnte mich auf nichts mehr konzentrieren und wollte es nicht wahrhaben. Kurzerhand nahm ich mir für den darauffolgenden Mittwoch Urlaub, damit ich noch abends zu meinem Vater fahren konnte (wir wohnen ungefähr 150km voneinander entfernt). Die anderthalbstündige Zugfahrt kam mir vor wie eine Ewigkeit, mein Körper zitterte und ich hatte Angst. Mein Vater holte mich vom Bahnhof ab und wir fuhren zu seinem Haus... und dann sah ich Sams leblosen Körper dort liegen. Auf seiner Lieblingsdecke, auf der Seite liegend, als würde er friedlich schlafen. Mir wurde bewusst...es ist wahr. Ich weinte bitterlich, wie ich seit Ewigkeiten nicht geweint hatte und setzte mich zu ihm. Ich streichelte ihn, er war so kalt. Ich hoffte, ich wünschte, er würde im nächsten Moment mit seinem Schweif wedeln und mich mit seinen schönen Augen angucken. Aber er tat es nicht. Die Realität packte mich eiskalt am Schlafittchen. Ich ging nach einiger Zeit zu unserer Hündin Zoey, ich kuschelte ausgiebig mit ihr und sie trocknete liebevoll meine Tränen. Sie und auch Sam wussten eben immer, wie sie mich wieder glücklich stimmten. Zumindest für den Augenblick.
    Am nächsten Morgen hieß es dann früh aufstehen. Denn wir hatten bereits einen Termin für die Einäscherung. Auf der Fahrt dorthin hatte ich ebenfalls riesige Angst. Vor Ort bekamen wir nochmals viel Zeit, um uns von unserem Liebling zu verabschieden. Und das taten wir. Wir alle haben unendlich viele Tränen vergossen. Als dann der Zeitpunkt kam...ging ich mit meinem Vater bis zum "Ofen". Wir wollten sehen, dass sie unseren Hund auch wirklich alleine einäschern und nicht mit anderen Tieren. Wir wollten sichergehen, dass wir Sams Asche bekommen und nicht die von einem anderen Tier. Ich werde dieses Bild niemals vergessen. Meinen Lebtag nicht..Irgendwie habe ich das aber auch gebraucht. Quasi als kräftige "Ohrfeige der Realität.


    Sam war ein schwarzer Labrador, er ist 14 Jahre alt geworden. Er litt am Ende unter sehr starker Arthrose und war fast blind. Er konnte sich kaum noch bewegen, hatte oft Schmerzen. Er bekam sehr viele Tabletten, Schmerzmittel. Anfang des Jahres fing er sich eine Erkältung, von der er sich nie erholt hatte. Montagabend musste er so stark niesen, dass Blut, Schleimhaut und Eiter aus seiner Nase lief. Der Tierarzt sagte, da wäre etwas hinten in der Nase. Was es genau war, weiß ich nun nicht mehr. Jedenfalls wäre eine OP sehr, sehr riskant gewesen. Und mein Vater wollte nicht mehr, dass er so leiden muss. Als bekam Sam seinen ewigen Schlaf.
    Wir haben Sam 2004 als Welpen zu uns geholt. Als wir ihn das erste Mal besucht hatten, war er gerade Mal 3 Wochen alt und so winzig, der kleinste und schwächste aus dem Wurf. Aber ich hatte mich sofort in ihn verliebt und auch meine Eltern! Er war was besonderes, das wusste ich gleich. Die nächsten Besuche bei ihm bestätigten diese Liebe auf den ersten Blick. Als er alt genug war, holten wir ihn zu uns nach Hause.
    Ach, er war ein Wirbelwind, der Dicke. Viele Erinnerungen hat er mir geschenkt...schöne, wie auch nicht so schöne. Aber die schönen überwiegen. Ich war oft mit ihm zusammen schwimmen, das war so ein tolles Erlebnis! Er war immer da, wenn es mir schlecht ging und ich durfte ihn umarmen und schmusen. Wenn er auf dem Sofa gelegen hat, lag er immer auf dem Rücken, streckte alle viere von sich und es sah aus, als würde er grinsen. Er jagte über die Wiesen und Felder, durch den Wald, er schleppte kiloschwere Baumstümpfe mit sich herum, die wollte er unbedingt mit nach Hause nehmen. Wir sind viel miteinander gerannt. Er schaute sich sogar Filme mit mir im Bett an. Wenn er seine fünf Minuten hatte, rannte er immer durch den Garten, machte lustige Geräusche und wälzte sich dann wild umher. Er grub Löcher, so tief dass man fast bis ans andere Ende der Welt schauen konnte, zumindest ließ das Kind in mir mich das manchmal glauben. Er war immer gesund, ihm fehlte es einfach an nichts. Nie machte er Probleme. Er beschützt seine Familie immer. Ich fand es immer toll, wenn er sein Nacken- und Rückenfell aufgestellt hatte, dann sah er noch imposanter aus als sowieso schon. Sam war mein Held auf 4 Pfoten. Sein Bellen war laut, man hörte immer, ob er gerade glücklich, unzufrieden, wütend oder im "Beschützermodus" war. Er hatte ein wirklich schönes Gebell. Wir hatten schöne Zeiten an der Nordsee. Wir hatten eine geile Zeit. Die 14 Jahre mit ihm waren so unfassbar wertvoll. Leider habe ich ihn nicht mehr sehr oft gesehen, nachdem ich erwachsen wurde und weggezogen bin. Jetzt könnte ich mich dafür ohrfreigen.


    Nun ist er fort. Ohne Schmerzen und frei von leid. Der Gedanke ist, was mich noch aufrecht hält...Mein Vater hat sehr, sehr viel für ihn getan, wie auch ich liebte er diesen Hund abgöttisch. Er war ein vollwertiges Familienmitglied, dessen Tod eine sehr große Lücke hinterlässt. Mein Vater und ich, wir gehen beide kaputt daran. Wir können es irgendwie noch nicht wirklich fassen, dass er wirklich für immer fort ist. Darüber nachzudenken macht mich krank. Ich habe jahrelang erfolgreich verdrängt, dass auch an Sam der Zahn der Zeit nagt. Für mich war er immer unantastbar, unbesiegbar, unsterblich. Denn Sam war immer da. Er war so ein inniger Bestandteil unserer Familie...Die "Wunde" ist noch frisch, ja. Zeit heilt alle Wunden. Aber wie soll ich es verarbeiten...es tut so unfassbar weh. Mir laufen ständig die Tränen und je mehr ich darüber nachdenke, desto mulmiger wird mir. Unsere Hündin Zoey spendet mir Trost. Sie liebe ich ebenso sehr, sie hat den gleichen Stellenwert für uns wie Sam. Doch auch sie ist bereits 12 Jahre alt. Sie ist noch fit und guter Dinge aber auch sie wird nicht ewig da sein...Wenn auch sie fort ist...was wird dann? Dann sind zwei wichtige Teile meiner Kindheit, meines Lebens verstorben. Wie soll ich das verkraften...im Moment scheint mir alles aussichtslos. Ich kann es einfach nicht glauben. Mein geliebter Hund, mein Held der Kindheit ist tot. Es fühlt sich an als würde mir der Boden unter den Füßen weggerissen, vielleicht steigere ich mich auch zu sehr hinein. Aber es muss raus, irgendwie muss es raus.


    Ich danke jedem, der sich die Zeit nimmt und meinen Text durchliest. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit...

  • Es tut mir sehr Leid um deinen lieben Sam :(
    Ich kann es dir nachfühlen...der Schmerz hört nicht auf (zumindest bei mir nicht) und das Loch im Herzen bleibt auch, aber ich finde es tröstlich, wenn sie ein wunderschönes Leben hatten und geliebt wurden und iiirgendwann sieht man sie hoffentlich wieder!

  • Zuerst: Mein allerherzlichstes Beileid. :streichel:
    Es ist fürchterlich, wenn geliebte Vierbeiner, ja, generell geschätzte Begleiter egal welcher Art gehen müssen. Der Schmerz ist unerträglich und das Realisieren schon gar nicht einfach. Auch ich habe das knallhart beim Tod meines ersten Pferdes erfahren müssen und noch heute hänge ich in Gedanken sehr an ihr und schwelge in Erinnerungen.
    Abschied nehmen ist nie leicht und jeder steht die Phasen des Trauerns auf andere Art und Weise durch- ich wünsche dir noch ganz viel Kraft und fühl' dich einfach mal gedrückt! Aber auch wenn dich mal die Kraft verlässt und alles ganz schrecklich ist- das ist okay. Es ist okay, mal nicht okay zu sein und gerade bei einem solch harten Verlust mehr als nachvollziehbar.


    Ich habe hier eine kleine 'Geschichte', die mir schon damals ein wenig Trost beim Verlust meines Pferdes gespendet hat. Ich bin mir sicher, Sam ist mit einer leeren Kiste über die Regenbogenbrücke gegangen.



    "Eine Kiste voll mit Seifenblasen


    Jedes Tier auf dieser Erde bekommt von Petrus zu seiner Geburt eine Kiste voll mit Seifenblasen geschenkt.
    Diese Kiste begleitet jedes von ihnen ihr gesamtes Leben lang, doch dieses Geheimnis kennen nur unsere geliebten Vierbeiner und Petrus.
    Die Kiste ist am ersten Tag noch bis zum Rand gefüllt und jedes Mal, wenn wir Menschen unserem geliebten Tier etwas Gutes tun, ihn mit so viel Liebe anschauen, dass es uns selbst im Innern schon weh tut, platzt eine der Seifenblasen.
    Am Tage, an dem unser Freund den letzten Weg geht, auf dem wir ihm noch nicht folgen können, gelangt er an die Tür von Petrus und Petrus öffnet jede einzelne Kiste.
    Er sah schon Tiere, jung an Jahren die über die Regenbogenbrücke zu ihm kamen, noch nass vom Schweiß, die Striemen der Peitsche noch deutlich zu erkennen, ein Bein gebrochen und als Petrus die Kiste öffnete, war diese noch randvoll mit Seifenblasen, nicht eine war geplatzt!
    Traurig berührte er das arme Geschöpf, heilte seine Wunden und ließ es ein in sein Reich...
    Er brauchte sich nicht die Mühe machen zu fragen, wie es dem Tier auf unserer Welt ergangen war.


    Doch es gab auch Tiere, die im hohen Alter zu ihm kamen, zufrieden und doch mit einem traurigen Blick in den Augen, denn sie haben ihren Menschen zurücklassen müssen! Und als Petrus diese Kisten öffnete, platzte in diesem Augenblick die letzte Seifenblase!
    Diese stand für die Tränen die der Freund auf Erden weinte, da er nach so vielen Jahren seinen treuesten Freund verlor. Zufrieden streichelte er unsere Vierbeiner und fragte sie, wie sie ihr Leben gelebt hatten.
    Diese schauten zurück zur Regenbogenbrücke und sagten, sie würden hier bei Petrus auf uns warten, denn das Leben an unserer Seite war voll von Harmonie und Glückseligkeit.
    Petrus nickte, denn die Kiste, die nun leer vor ihm stand spiegelte genau das wider und auch sie ließ er ein in sein Reich, blickte herunter zu uns und lächelte, denn er wusste, dass eines Tages, genau an dieser Stelle unser geliebter Vierbeiner auf uns warten würde." -zum Urheber konnte ich leider nichts finden :verzweifelt:

  • Aber wie soll ich es verarbeiten...es tut so unfassbar weh. Mir laufen ständig die Tränen

    Ja, es tut weh. Weine. Es wird besser aber nie vergehen.
    Dein Vater hat das Richtige getan, er hat Sam gehen lassen, einen würdevollen Abschied gegeben. Sam hatte sein alter, er hatte Schmerzen. Seine Zeit war gekommen und er sollte nicht weiter leiden. Weitere Schmerzen hätte er nicht verdient. Er war dankbar, das er gehen konnte. Die Ruhe ohne Schmerzen ist ein Geschenk von euch, für seine Treue und Liebe.
    Sam ist nicht weg, er ist nur woanders. Er ist nun in deinen Gedanken und in deinem Herzen. Das ist sein Abschied an dich und sein Erbe.
    Halte es in Ehren und immer bei dir. Die Gedanken und Erinnerungen sind ein schönes Geschenk, ein wertvolles Geschenk, bewahre es.Denke an die schönen Momente.So wird Sam immer bei dir sein.
    Denke an ihn, die Zeit mit ihm, er wird dir ein lächeln auf die Lippen zaubern und du wirst merken, das er immer noch bei dir ist und bei dir bleiben wird.


    Ich sage, mache es gut Sam. Komm gut drüben an und grüße die anderen Hunde


    3769afb3b796c6e.jpg

  • Der Schmerz wird immer in einem sein, man kann nur dafür sorgen, besser mit ihm umzugehen.


    Ich vermisse auch meine Vierbeiner und es vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht an sie denken muss.


    Auch wenn es jetzt kein Trost für Euch ist, es tut irgendwann nicht mehr so weh. Irgendwann ist man in der Lage, auch wieder Bilder anzuschauen, bis dahin muss man sich auf die Trauer einlassen. Lieber anfangs viel zusammen geweint als verdrängt.


    Eurer Sam ist sanft eingeschlafen. Er wusste nichts vom Sterben und der Endlichkeit. Er wurde leicht, es tat plötzlich nichts mehr weh und ist ins Licht hinüber geglitten. Welch ein Liebesbeweis an sein Familienmitglied.


    Ich schicke Euch viel KRaft für die kommende Zeit.

  • Danke für deine schönen und traurigen Erinnerungen! Mir liefen sofort die Tränen übers Gesicht, weil mich vieles so sehr an meinen vor 11 Jahren verstorbenen Hund erinnert.


    Nun, jeder wird mal damit konfrontiert, dass geliebte Menschen oder Tiere sterben. Das tut entsetzlich weh, aber trotzdem kommt fast jeder auch darüber hinweg.


    Auf keinen Fall sollte man das Leben meiden, um dem Tod zu entgehen. Neben Sam in deinem Herzen wird es bestimmt noch andere wundervolle Hunde in deinem Leben geben :smile:

  • Die Frage war wie du die Bürde tragen sollst....


    Du hast genau richtig angefangen. ...
    Es hilft nichts gegen den Schmerz ausser die Zeit
    bitte steh deinem Vater bei es ist schwer die Entscheidung zu fällen aber ein großer Liebesbeweis bis zum ende mit allen Konsequenzen.
    Dein Leben geht weiter.... die Welt dreht sich ....
    Du bist jetzt alt genug um ohne deinen Kindheitsfreund zu sein.
    Viele Jahre war er in deiner Familie nun ist die Lebensdauer eines Hundes leider nicht ewig. (Oder Gott sei dank.... mit Altersbeschwerden ewig sein :???: )
    Halte die guten Momente in Erinnerung schreib dir auf was war so behältst du immer ein Stück bei dir.
    Weine und lache mit den anderen über deinen Schatz.
    Und wer weis vielleicht gibt es eine Art Sternenstaub
    (einen Himmelsgesanten Nachfolger) der in eure Familie kommt.


    :streichel:

  • Ersteinmal vielen vielen Dank für diese lieben Antworten. Es tut gut zu wissen, dass ich mit diesem Schmerz nicht alleine bin..ihr habt mich alle mit euren warmen Worten sehr berührt..ich hoffe wirklich dass der Schmerz mit der Zeit weniger wird. Gänzlich verschwinden wird er aber sicher nie. Ich werde Sam immer in guter Erinnerung behalten und immer an ihn denken. An all die tollen Erlebnisse die wir hatten :) ... Ich habe ein schönes Bild von ihm ausgedruckt und in einen Bilderrahmen in meine Vitrine gestellt, wo ich es immer sehen kann.
    Die Geschichte mit der Kiste voll Seifenblasen hat mich ebenfalls berührt...ich hoffe wirklich dass Sams Kiste leer war. Wir lieben ihn auch jetzt noch abgöttisch, auch wenn er nicht mehr hier bei uns ist. Und mit Sicherheit wartet er auf uns :cuinlove:

  • mein herzliches beileid.


    ich bin mir sicher, dass sam's seifenblasenkiste leer war.


    ich weiß noch, als ich meinen teddy gehen lassen musste... für mich ist eine welt zusammen gebrochen. wir haben 14 jahre zusammen gelebt, ein drittel meines lebens. und dann war es vorbei, ich hab damals nicht gedacht, dass ich jemals wieder ein fröhliches leben führen könnte, ohne ihn.


    die trauer wird irgendwann "besser", es kommen die schönen erinnerungen zurück, über die man dann auch mal lachen kann. es dauert aber, wir menschen sind nicht so gut im vermissen.


    irgendwann werden wir uns alle wiedersehen, daran glaube ich fest.


    wünsche dir viel kraft. sam geht es jetzt gut, er hat keine schmerzen mehr :streichel:

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!