Der Mehrhunde-Laberthread Teil 2

  • Wenn du noch nie einen Hund erlebt hast, der ab einem bestimmten Erregungsniveau völlig resistent gegenüber aversiven Reizen wird, dann liegt das an einem Erfahrungsdefizit deinerseits.

    Aber ist der Hund in diesem Erregungsniveau dann nicht auch resistent gegenüber positiver Verstärkung? Will sagen: jedwede Art von Einwirkung?

    Also a) ist das situativ und b) nö, warum sollte das denn so sein? Das hat ja meist auch einen selektiven Grund, dass das so ist (z.B. bei Arbeitshunden, die in bestimmten Bereichen trotz physischer Grenzen weiter hohe Belastungen tolerieren sollen)

  • Nee da verwechselst du was..die Lerngesetze funktionieren bei allen gleich. Aber interessant, was du da herausliest. Es geht darum, ob ein aversiver Reiz eine positive Strafe ist. Oft halt auch nämlich nicht, was erkenntlich daran ist, dass das vorhergehende Verhalten nicht abnimmt. Gegenprobe habe ich hier dauernd, durch Betreuungshunde und meinen Freund, anderen Trainer:innen. Wenn du noch nie einen Hund erlebt hast, der ab einem bestimmten Erregungsniveau völlig resistent gegenüber aversiven Reizen wird, dann liegt das an einem Erfahrungsdefizit deinerseits.

    Ob ein aversiver Reiz eine positive Strafe ist, hängt von konkreten Reiz und konkreten Hund ab, sowie der korrekten Anwendung durch den Halter.


    Ja, ich habe Hunde, da kommt man damit auch an die Grenzen in gewissen hocherregten Situationen, bzw. weiß ich es nicht, weil ich dann auch in Bereiche komme wo ich einfach sage „mach ich nicht“. Bei einem Hundeführer der da hemmungsloser ist mag es diese Grenze aber nicht geben.


    Auf der anderen Seite hatte ich auch schon Hunde hier, die für den ehemaligen Halter/ Halter nicht hemmbar waren in Situation x, mit denen ich da nie Probleme hatte. Weil vernünftig aufgebaut, anderen Handling, anderer Reiz, whatever.


    Aber ja, ich gebe dir völlig recht, dass es nicht immer der passende Weg ist und vor allem sollte man sich Gedanken machen, ob das Mittel überhaupt passt. Wie du schon sagst, wenn der Erfolg ausbleibt (also keine Verhaltensänderung), dann stimmt da was nicht. Wo genau der Grund dafür liegt, ist komplex, wie bei allem, und natürlich passt es nicht für jeden Hund und auch Halter über Hemmung zu arbeiten.

  • Also a) ist das situativ und b) nö, warum sollte das denn so sein? Das hat ja meist auch einen selektiven Grund, dass das so ist (z.B. bei Arbeitshunden, die in bestimmten Bereichen trotz physischer Grenzen weiter hohe Belastungen tolerieren sollen)

    Ich glaube der DJT der blutend an der Sau hängt fühlt sich enorm bestätigt :lol: |)

  • Also a) ist das situativ und b) nö, warum sollte das denn so sein? Das hat ja meist auch einen selektiven Grund, dass das so ist (z.B. bei Arbeitshunden, die in bestimmten Bereichen trotz physischer Grenzen weiter hohe Belastungen tolerieren sollen)

    Ich glaube der DJT der blutend an der Sau hängt fühlt sich enorm bestätigt :lol: |)

    Ja genau, so ist das...deswegen gibt es ja keinen Grund, da nicht für Verstärkung empfänglich zu sein

  • Aber ist der Hund in diesem Erregungsniveau dann nicht auch resistent gegenüber positiver Verstärkung? Will sagen: jedwede Art von Einwirkung?

    Nein, ist er nicht. Wie das Beispiel vom DJT bei seinem Job. Das nennt man auch „Härte“ und die Genetik macht das Verhalten dann sowieso selbstbelohnend.


    Für mich ist ein Arbeitsbereich aber nun auch irgendwie eine andere Diskussion, als das Beispiel, welches wir am Anfang hatten, wo es „nur“ darum ging, dass ein Rudelmitglied als Blitzableiter herhalten soll, obwohl die Hunde sonst gut miteinander harmonieren.


    Weder war die Sprache von ernsthaften Beißereien, noch von trieblagen im Arbeitsbereich.


    Und die Auswüchse von Arbeitshunden ohne vernünftigen Einsatz sind ja auch nochmal ein Schnack für sich.

  • @l‘eau


    Der Begriff Führigkeit und Trainierbarkeit bezieht sich zum Beispiel darauf, wie gut ein Hund sich in dieser hohen Erregung steuern und auch trainieren lässt. Trotz Härte.


    Und dann gibt es wieder Hunde, da ist trainierbarkeit oder Führigkeit wenig wichtig, da regelt Genetik und die brauchts in der Regel abseits ihres Einsatzbereiches nun wirklich nicht.


    Da wird sich aber nun auch nicht über die Nebeneffekte beschwert und die Hunde einfach entsprechend geführt.

  • Ich glaube der DJT der blutend an der Sau hängt fühlt sich enorm bestätigt :lol: |)

    Ja genau, so ist das...deswegen gibt es ja keinen Grund, da nicht für Verstärkung empfänglich zu sein

    ich glaube, wir reden aneinander vorbei. Klar, der Hund findet es geil in der Sau zu hängen (so wie der Hund es vmtl. ganz lustig findet, seinen Frust an Hundekumpel oder Menschenbein abzureagieren - nur ist hier die Erregungslage wahrscheinlich deutlich geringer) und wenn die Sau sich wehrt, so findet es der DJT nur noch lustiger. Wenn ich nun aber nicht möchte, dass der DJT weiter in der Sau hängt und er in dieser Situation für Strafe nicht empfänglich ist, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass er es dann für Bestärkung ist?

  • Wenn du noch nie einen Hund erlebt hast, der ab einem bestimmten Erregungsniveau völlig resistent gegenüber aversiven Reizen wird, dann liegt das an einem Erfahrungsdefizit deinerseits.

    Aber ist der Hund in diesem Erregungsniveau dann nicht auch resistent gegenüber positiver Verstärkung? Will sagen: jedwede Art von Einwirkung?

    Meiner Erfahrung nach interessanterweise nicht oder nicht zwingend. Wieso das so ist, weiss ich nicht, aber das Beispiel, das mich diesbezüglich sehr viel gelehrt hat war ein Jagdterrier. Wenn der sich - wodurch auch immer, Trigger gab es viele - geistig in andere Sphären abgeschossen hatte, wurde der gegen jede Art von Strafe 'immun'. Der spürte sich und andere tatsächlich nicht mehr. Ein anderer 'Trainer' hatte es mehrfach geschafft, den Hund fast umzubringen, weil der ihn bei solchen 'Aussetzern' einfach an der Leine aufgehängt hat, im Glauben, der Hund würde dann schon irgendwann aufhören und zur Raison kommen. Nö, tat er nicht, er wurde dann einfach ohnmächtig.


    Der wirklich einzige Weg, in solchen Momenten zu diesem Hund durchzudringen, war ein (professionell aufkonditionierter) Clicker und eine Belohnung- so merkwürdig das klingen mag. Auf den hat er sogar in den allerhöchsten Eskalationsstufen noch reagiert (und tut es heute noch) was ich nach wie vor faszinierend finde.


    Erklärt habe ich mir das dadurch, dass dieser Hund einerseits genetisch, also sozusagen per Werkseinstellung, darauf gepolt ist, jegliche Art von aversivem Widerstand körperlich und mental auszuhalten und zu ignorieren: aus dem Fuchs- oder Dachsbau kommt halt nur einer wieder heraus. Andererseits hatte ausgerechnet dieser Hund bis er zu mir kam gelernt, dass Menschen - und wohl die Welt im Allgemeinen - ausschliesslich über Strafe, Gewalt und unberechenbares Verhalten agieren. (Ich weiss gar nicht mehr, wie oft ich den Satz 'dem muss nur mal gezeigt werden, wer hier das Sagen hat' in dieser Zeit gehört habe). Das Problem bei diesem Hund: er hatte stets den längeren Atem und war bereit, über mehr Grenzen - auch eigene - hinwegzugehen, als jeder Mensch es konnte oder wollte. Das Signal des Clickers allerdings, muss ein Hirnareal dieses Hundes angesprochen haben, das in diesem Moment nicht 'ausgeschaltet' war und daher auch empfänglich blieb.


    Um doch noch etwas beim Thema zu bleiben: anderen Hunden gegenüber war ausgerechnet dieser Terrier sehr freundlich gesinnt und konnte wunderbar fein kommunizieren und Grenzen akzeptieren und respektieren.


    Aber: einen positiv verstärkenden Reiz so sauber aufzubauen, dass er wirklich praktisch immer greift, erfordert viel Erfahrung, Wissen und Können. Mit ein bisschen Clickern und Dutzidutzi hat das nichts zu tun.


    Ich hab in meiner bisherigen Karriere noch eine Handvoll anderer, ähnlich gestrickter Hunde erlebt, die so gar nicht (mehr) für aversive Reize empfänglich waren. Aber diese Hunde sind sehr selten und für die Arbeit / den Dienst häufig zu kompliziert in der Ausbildung (waren allesamt Gebrauchshunde oder eben andere Jagdterrier), weil zwar hart wie Stahl, aber eben nicht mit Gewalt zu führen. Da sind wir weit über den Familien- und Begleithundebereich hinaus.

  • Wenn ich nun aber nicht möchte, dass der DJT weiter in der Sau hängt und er in dieser Situation für Strafe nicht empfänglich ist, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass er es dann für Bestärkung ist?

    Diese Art der Arbeit basiert total auf Genetik, das lässt sich mit der oben genannten Situation nur schlecht vergleichen. Die Hunde sollen selbst ein Gefühl entwickeln und mitbringen, über Jagderfolg gemeinsam mit dem Hundeführer (=Belohnung).


    Wenn Hunde sich an der Sau völlig übertrieben zeigen, dann kenne ich es so, dass diese Hunde da auch nicht eingesetzt werden und gut ist. Oder es ihnen im Zweifel das Leben kostet. Und bevor jemand mecker: dafür gibt es keinen Richtwert! Das ist Geschmackssache. Der eine bevorzugt den Jagdverstand des DJT dem nächsten ist das too much und er bevorzugt Hunde die da anders rangehen.


    So eine Sau ist auch nicht ungefährlich, auch für den Menschen nicht. Und ja der Hund ist sehr empfängliche für Bestätigung, die ganze Auseinandersetzung und dem anschließenden Jagderfolg ist eine reine Bestätigung. Du Trennst den Hund nicht von der Sau, sondern du erlegst sie.


    Ein sauberer Apport oder das Down sind hingegen Trainingsbereiche.

  • Der wirklich einzige Weg, in solchen Momenten zu diesem Hund durchzudringen, war ein (professionell aufkonditionierter) Clicker und eine Belohnung- so merkwürdig das klingen mag. Auf den hat er sogar in den allerhöchsten Eskalationsstufen noch reagiert (und tut es heute noch) was ich nach wie vor faszinierend finde.

    Das finde ich tatsächlich sehr faszinierend. Heißt, du hast in das falsche Verhalten rein geklickt und der Hund hat es abgebrochen und sich einer Belohnung zugewandt?

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