Der Mehrhunde-Laberthread Teil 2

  • weil zwar hart wie Stahl, aber eben nicht mit Gewalt zu führen.

    Ja, das trifft es ganz gut. Ich finde solche Hunde machen keinen Sinn, wenn man nur dagegen arbeiten will.


    Zusammenarbeit ist sinnvoller. Und je nach Hund sollte man auch selbst robuster gestrickt sein und eine gewisse Art von Humor haben bei der Ausbildung. Wenn man das alles so gar nicht mag und solche Charaktere einen nur belasten, bringt das nichts.


    Und auf den ganz normalen Hund trifft diese Eigenschaft auch einfach nicht zu. Zumal diese Hunde auch in ihrem Gebiet eingesetzt gehören, alles andere ist Perlen vor die Säue. Und das erleichtert einem auch enorm den Alltag wenn die Hunde sich regelmäßig ausleben dürfen, gemeinsam mit ihrem Hundeführer.

  • Der wirklich einzige Weg, in solchen Momenten zu diesem Hund durchzudringen, war ein (professionell aufkonditionierter) Clicker und eine Belohnung- so merkwürdig das klingen mag. Auf den hat er sogar in den allerhöchsten Eskalationsstufen noch reagiert (und tut es heute noch) was ich nach wie vor faszinierend finde.

    Über die Verhaltensbiologische Schiene betrachtet, ist das recht einfach erklärt:


    Emotional betrachtet: Ist jemand sehr "in Brass" (hohe negative Emotionslage, wie z. B. Aggression), und du beantwortest das mit eigener Aggression, z. B. aversiv - dann haust du auf die vorhandene Emotionslage des Bestraften noch mehr von der gleichen Emotion drauf, und statt in seiner Aggression (Wut) nachzulassen, wird er noch wütender.

    Haust du aber völlig unerwartet eine Belohnung rein, wird die Aggression nicht weiter angestachelt, sondern führt (oft) zum Innehalten, und bietet dann Raum um die Handlung abzubrechen (durch Umlenken, ein Kommando/Signal geben, was dann angenommen werden kann, weil die entsprechenden Synapsen im Gehirn wieder ansprechbar/erreichbar sind, z. B.)


    Das ist rein auf die emotionale Stimmungslage bezogen erklärt.


    Eine weitere Erklärung ist die Verhaltensschiene, die über Strafe (Aversion) angesprochen wird.

    Aversionsverhalten ist eine biologisch in jedem Säugergehirn angelegte Verhaltensschiene, die überlebensnotwendig ist.

    Aversionsverhalten beinhaltet zwei (drei) Verhaltensoptionen: Flucht und Verteidigung (Angriff/Wehrverhalten). Die dritte ist Erstarren - also formal Handlungsunfähigkeit.

    Diese aversive Verhaltensschiene ist nicht durch Denken beeinflussbar, es findet eine unmittelbare Bewertung von Informationen durch das sogenannte Angstzentrum im Gehirn (Amygdala, auf deutsch Mandelkernkomplex) statt - und wenn dieses entscheidet: "Ist einschüchternd, bedrohlich, furchterregend oder auch ekelhaft", dann wird Meide- (Flucht) oder Wehrverhalten (Angriff) eingeleitet.


    Natürlich ist jeder Hund anders gestrickt, es gibt auch Trainingsmöglichkeiten, die über Lernen die Schwelle für Aversion verändern (oder eben auch Flooding, wobei das Ergebnis so wenig kontrolliert werden kann, dass es - zumindest in der menschlichen Psychologie - nicht mehr eingesetzt wird ... aber das ist ein anderes Thema.)


    Grundsätzlich gilt aber für jedes Säugetier: Ist eine bestimmte Grenze der Erregungslage erreicht, wird Strafe nicht mehr als Strafe empfunden (vom Bestraften), sondern heizt die Erregungslage noch mehr an, was dann (aufgrund der aversiven Einwirkung und damit angesprochener vorgegebener Verhaltensschiene Aversion) in hochaggressives Wehrverhalten kippt.

  • ich find es grausig das man mit zwei Hunden los geht wenn man weiß das einer sich so wie beschrieben am anderen abreagiert.
    Mit tut der Hund der angegriffen wird einfach nur leid. Dem ist auch nicht geholfen jedes mal im Kreuzfeuer zu stehen.

    Naja, das war zumindest bei uns in 5 Jahren gemeinsam Gassi genau zweimal der Fall. Wäre das natürlich bei jedem Gassi der Fall, sollte man das nicht weiter so betreiben, wenn man es nicht abstellen kann. Da gebe ich dir recht.

  • Der wirklich einzige Weg, in solchen Momenten zu diesem Hund durchzudringen, war ein (professionell aufkonditionierter) Clicker und eine Belohnung- so merkwürdig das klingen mag. Auf den hat er sogar in den allerhöchsten Eskalationsstufen noch reagiert (und tut es heute noch) was ich nach wie vor faszinierend finde.

    Das finde ich tatsächlich sehr faszinierend. Heißt, du hast in das falsche Verhalten rein geklickt und der Hund hat es abgebrochen und sich einer Belohnung zugewandt?

    Jein.


    Ja, weil irgendwann kommt der Punkt, in dem man (idealerweise vor und nicht) während dem unerwünschten Verhalten ein Signal (Abbruch / Abruf, je nachdem was man geübt hat) gibt, der Hund sich zu einem hin orientiert und man (erst dann!) clickt. In einer absoluten Notsituation - aber das ist dann eher Management, als irgend etwas anderes - kann man auch mal in ein unerwünschtes Verhalten einfach hineinclicken um zu versuchen, den Hund da rauszuholen. Nutzt sich aber relativ schnell ab und ist nicht zu empfehlen.


    Nein, weil die Sache viel, viel komplexer ist: erstens sollte, wie oben geschildert, der Hund nicht in auf den Click, sondern auf das vorangehende Signal reagieren. Stell Dir zweitens einen Eisberg vor, in dem das von Dir beschriebene Szenario nur gerade die oberste Spitze ist und eher so etwas wie einen Tausendstel (oder noch weniger - und das meine ich wortwörtlich) ausmacht.


    Der Schlüssel dazu ist das, was ich auch sonst hier immer wieder predige: ein wirklich solider Aufbau unter sehr kontrollierten, wirklich kleinschrittigsten Umständen, in denen der Hund gar keine Fehler machen kann und extrem hochwertig fürs erwartete Verhalten belohnt wird.


    Der von mir erwähnte Jagdterrier hat nach seiner Ankunft bei mir genau zwei Dinge von Stunde null an bis zum Erbrechen geübt:


    Erstens, wenn ich Dich rufe, dann kommst Du her. Immer. Augenblicklich. Es gibt darüber nichts nachzudenken. Mich auszublenden ist schlicht keine Option. Niemals.


    Zweitens: nimm jederzeit Belohnung an. Auch das kann man tatsächlich auftrainieren und ist auch für Situationen, in denen das Training noch nicht fruchtet und man nur Management betreiben kann, ein absolutes Kernelement. So können unerwartete Momente (plötzlich auftauchende Trigger, etc.) so überbrücken und Zeit und Land gewinnen kann. Mit diesem bestimmten Hund habe ich dafür die Futtersuche am Boden, Folgen der Futterhand, Zergelspiele, einen Quietscheball und Mäuseln genutzt - einfach, weil er darauf sehr zuverlässig ansprang.


    Wichtig: der Hund sollte bis zum Tag X niemals die Erfahrung machen können, dass er das Signal auch ignorieren kann. Egal wie hoch seine Erregungslage gerade ist. Also entweder gebe ich das Signal erst gar nicht und versuche schwierige Situationen anders zu managen oder ich vermeide sie völlig, bis ich 200 Euro wetten würde, dass der Hund mein Signal auch wirklich umsetzt.


    Wenn Tag X, der Tag der Prüfung, des Ernstfalls, kommt, wird das Signal - egal was der Trigger und wie hoch die Erregungslage ist - genau dann funktionieren, wenn der Hund keine Milisekunde mehr darüber nachdenkt, ob er eine andere Handlungsoption hat. Wenn das, was nach dem Signal passieren wird, sich als so belohnend einerseits und so unbedingt andererseits in seinem Hirn eingebrannt hat, wird er genau so reagieren, wie tausend Mal (immer noch wörtlich zu nehmen) vorher auch.


    Aber: spätestens beim zweiten oder dritten Mal - idealerweise gleich noch kurz darauffolgend - wenn das gleiche Szenario auftritt, wird ein cleverer Hund dieses Typs dann eben doch einmal ausprobieren wollen, ob die 'unerwünschte' (und oft genetisch verankerte) Handlungsweise das eigene Belohnungszentrum nicht doch noch stärker kickt. Wenn Du dann nicht wieder vorbereitet bist und der Hund lernt, dass er eben doch eine alternative Handlungsoption hat, hast Du ein Problem. Du trainierst also sozusagen wochen- und monatelang nur für 'diesen einen Moment'.


    Ich weiss nicht, ob man alles, was dazugehört, wirklich so verschriftlichen kann, dass es klar wird, was gemeint ist. Da gehören so viele Feinheiten dazu, dass ich nicht sicher bin, wieviel man davon jetzt wirklich mitnehmen kann. Das ausserdem mit zwei (oder mehr) Hunden gleichzeitig üben zu wollen, ist illusorisch. Da muss man sich dann schon die Zeit nehmen, einzeln zu trainieren. Zwei (oder mehrere) Hunde zusammen entwickeln da dann gleich nochmals eine ganz eigene Dynamik.

  • Ja, weil irgendwann kommt der Punkt, in dem man (idealerweise vor und nicht) während dem unerwünschten Verhalten ein Signal (Abbruch / Abruf, je nachdem was man geübt hat) gibt, der Hund sich zu einem hin orientiert und man (erst dann!) clickt. In einer absoluten Notsituation - aber das ist dann eher Management, als irgend etwas anderes - kann man auch mal in ein unerwünschtes Verhalten einfach hineinclicken um zu versuchen, den Hund da rauszuholen. Nutzt sich aber relativ schnell ab und ist nicht zu empfehlen.

    Und ich nehme mal an, dass es in diesem Szenario nicht darum geht, einen DJT voller Adrenalin während einer DJ von der Sau zu trennen?


    Das war ja das ausschlaggebende Fallbeispiel von mir und ist ja nun ein ganz anderes Level als der Abbruch von Leinenpöbeln im Alltag.

  • Ja, weil irgendwann kommt der Punkt, in dem man (idealerweise vor und nicht) während dem unerwünschten Verhalten ein Signal (Abbruch / Abruf, je nachdem was man geübt hat) gibt, der Hund sich zu einem hin orientiert und man (erst dann!) clickt. In einer absoluten Notsituation - aber das ist dann eher Management, als irgend etwas anderes - kann man auch mal in ein unerwünschtes Verhalten einfach hineinclicken um zu versuchen, den Hund da rauszuholen. Nutzt sich aber relativ schnell ab und ist nicht zu empfehlen.

    Und ich nehme mal an, dass es in diesem Szenario nicht darum geht, einen DJT voller Adrenalin während einer DJ von der Sau zu trennen?


    Das war ja das ausschlaggebende Fallbeispiel von mir und ist ja nun ein ganz anderes Level als der Abbruch von Leinenpöbeln im Alltag.

    Auch hier wieder: jein.

    In diesem ganz konkreten Fall hat sogar das mehrere Male geklappt, also wirklich genau dieses Szenario: DJT an Sau, der auf Kommando aus lässt und zurückkommt.


    Aber bleiben wir realistisch: es wäre völlig vermessen zu behaupten, dieser Hund liesse sich (generell) von der Sau abrufen. Das ginge ja völlig gegen seine Genetik und angedachte Aufgabe. Dass der Abruf in diesen Fällen geklappt hat, hatte mehrere Gründe, wovon nur einer das wirklich konsequent aufgebaute Training war. Der Hund hatte bis dahin keinerlei wirkliche Erfahrung an Sauen oder der 'echten' jagdlichen Arbeit, zweimal handelte es sich sehr hundeerfahrene Sauen und dann fanden die Begegnungen immer erst wieder nach jeweils langen Zeitintervallen und intensiven Trainingseinheiten statt. Zu guter Letzt war natürlich auch die benötigte Portion Glück dabei.


    Und Du hast natürlich völlig Recht: der durchschnittliche Begleithund muss auf keinen Fall so eng geführt und konsequent trainiert werden wie ebenjener Terrier. Trotzdem halte ich es für wenig sinnvoll, einfach mal auf gut Glück ohne vorheriges Signal in irgendeine Situation hineinzuclicken - oder worauf beziehst Du Dich im Zitat?

  • Danke dir, für die ehrliche Antwort.


    Ja, grade bei einem Jagderfahrenen Hund sehe ich da Grenzen mit und die sind ja auch ok, schließlich sollen die Verrückten ja seien wie sie sind und die Passion ist was sie ausmacht.


    Ich wollte das Ganz nur nochmal in den Kontext des Fallbeispiels setzen. Weil es ja eigentlich um konkret diese Situation ging und in wie weit Belohnung da noch greift wenn Strafe es nicht mehr tut.


    Nein, auf gut Glück irgendwelche Sachen zu clickern macht keinen Sinn, ich arbeite die Dinge im Alltag auch sehr ähnlich, aber bei den Erregungslagen im Einsatz sehe ich da einfach Grenzen bei einigen Hundetypen. Die ja auch ok und gewollt sind und manches macht auch einfach keinen Sinn. Wenn ich will, dass der Hund eine Sau bindet, womöglich noch mit mehreren Hunden im Team, ist das einfach eine ganz andere Situation als wenn ich daran arbeite dass der Hund an der Leine pöbelt.

  • Ich brauche eure Hilfe: ich habe eine 3 jährige Zwergschnauzer Hündin und spiele eigentlich schon länger mit dem Gedanken an einen Zweithund, aktuell würde sich eine gute Möglichkeit ergeben und ich bräuchte nur zusagen. Meine Hündin ist wirklich super unkompliziert und brav, ich sag oft, dass ich nur einen halben Hund habe, weil wie ein Ganzer (im positiven Sinne) fühlt sie sich nicht an. Der Alltag ist super easy, sie kann alleine bleiben (müsste es aber kaum, wir haben ein tolles Familiennetzwerk da wir alle unterschiedliche Arbeitszeiten haben und nur 1 km entfernt wohnen), kommt überall gut zu Ruhe, jagt 0, hält im Freilauf einen passenden Radius, reiht sich selber ein wenn uns jemand entgegenkommt, ist leinenführig, sozial verträglich … ja, es gibt eigentlich wirklich 0,0 Probleme.🤷🏽‍♀️ Wenn ich was suchen müsste, wäre es, dass sie bei Hundebegegnungen, wenn ich nicht etwas Hirn und Aufmerksamkeit einfordern würde, knurren würde - absolut easy zu händeln

    und auch nur ein „Problem“ wenn ich eins finden muss. Ich stelle mir einen Zweithund einfach nett vor - für sie, für uns. Ich hatte fast ein Jahrzehnt lang 2 Pferde (wenn auch nicht mit Hunden vergleichbar) und fand es irgendwie immer nett, 2 zu haben - jeder kann was anderes, von jeden lernt man was anderes. Hatten auch bereits eine Hündin der gleichen Rasse 1 Woche zu Besuch und das war wirklich unkompliziert und nett. Haben zum Ende hin sogar gekuschelt und ich merke, auch wenn wir mit Hundefreunden spazieren gehen, dass meine Hündin entspannter (? Falsches Wort - sie ist sonst auch entspannt, gelassener? Ausgeglichener? Irgendwie glücklich / zufrieden? So in der Art) ist und auch Hundebegegnungen nahezu perfekt sind, da jucken sie andere Hunde 0. Sie lässt sich auch von anderen Hunden nicht anstecken, also pöbelt nicht mit wenn der 2. Hund das macht, oder macht Blödsinn mit, wenn warum auch immer der andere Hund auf die Idee kommt. Sie bleibt ihrer Linie immer treu und immer gleich brav, egal was rundherum passiert. Der potenzielle Zweithund der in Aussicht ist, wäre wieder eine Hündin der gleichen Rasse, von der gleichen Züchterin, sehr nah zu meiner Hündin verwandt (Vater gleich, Mutter Halbschwester zu der Mutter meiner Hündin). Unterm Strich „braucht“ es aber keinen Zweithund. Ich kann mit meiner Hündin alles machen was ich möchte und es gäbe nichts durch einen 2. zu kompensieren / auszugleichen. Jetzt zerdenke ich alles in 1000 Teile - was würdet ihr sagen? Wenn alles so harmonisch ist wie beschrieben, dann bei einem belassen? Oder genau weil es so unkompliziert ist, ist es perfekt für einen 2.? Welche Erfahrung habt ihr gemacht? Wie sehr hilft ein souveräner Ersthund dem Neuen? Würdet ihr im Nachhinein wieder zwei nehmen oder ist alleine die Anzahl von 2 schon deutlich „mühsamer“, auch wenn die Hunde super sind? Danke euch😊

  • Ich finde langsam du solltest es einfach ruhig wagen ;D

    Die Bedingungen sind erstmal gut, du lässt dir das schon so lange durch den Kopf gehen, ich wüsste nicht was dagegen spricht.


    Wird es anstrengender? Ja natürlich. Es heißt ja bspw auch lange nicht dass die Zweite so wird wie die Erste, auch Geschwister bspw können ja sehr unterschiedlich sein. Außerdem isses ein junger Hund und vieles muss man einzeln und mit beiden üben bis es funktioniert.

    Aber so an sich ?

    Du machst dir irre viele Gedanken darüber, is also alles andere als ne Spontanentscheidung.

    Zwergschnauzer mit anderem Schnauzer gesellt sich gern, Zwerge untereinander sind dann auch noch in der selben Liga...

    Du kennst den Züchter und hast schon gute Erfahrungen gemacht...

    Es gibt keine Baustellen...

    Erwachsen isse auch...

    Du hast sogar schon positiv testen können dass ein zweites Mädel gleicher Rasse im Haus prima funktioniert...


    Also - Meiner Meinung nach spricht nix dagegen.

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