Für die Leseratten - Der Bücherthread - Teil 2

  • Alice Hasters - Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten


    Ein gutes Buch, das man - wenn man sich seinen eigenen Rassismusgedanken stellen will - gelesen haben sollte. Manches kann man bestimmt diskutieren, und der letzte Abschnitt, wenn auch wichtig für die Autorin, war mir dann etwas überflüssig. Insgesamt aber leicht zu lesen, nachvollziehbar und mitunter Augen öffnend - gerade den ein oder anderen historischen Kontext kannte ich noch nicht (zumindest nicht so im Detail).

  • Zuletzt gelesen: "Der Zopf", Laetitia Colombani


    Manchmal gibt es ja Romane, da finde ich den Hype nach Lektüre absolut nachvollziehbar und berechtigt. Sehr oft ist aber das Gegenteil der Fall, ein gutes Beispiel für mich wäre da zB Sally Rooney.

    "Der Zopf" konnte meine Erwartungen leider nicht erfüllen, dabei ist die Handlung durchaus interessant. Erzählt wied aus dem Leben dreier ganz unterschiedlicher Frauen in völlig unterschiedlichen Teilen der Erde.

    Da ist die Inderin Smita, die der untersten Kaste angehört, deshalb fast wie eine Aussätzige behandelt wird und Tag für Tag die Klos der Dorfbewohner reinigt, sodass der Gestank nach Fäkalien sie beinahe schon bis in ihre Träume begleitet. Doch Smita wünscht sich ein besseres Leben für ihre kleine Tochter Lalita und schmiedet daher einen riskanten Plan...

    Dann haben wir die junge Sizilianerin Giulia, deren Vater ein seit langem bestehendes Familienunternehmen führt, in welchem die Haare von SizilianerInnen, einem alten Brauch gemäß, zu Perücken eeiterverarbeitet werden. Doch dann hat Giulias Vater einen schlimmen Unfall und plötzlich ist die Zukunft der Familie und des Unternehmens bedroht...

    Zu guter Letzt ist da noch Sarah, eine efolgreiche, äußerst ambitionierte und disziplinierte Anwältin, die sich in einer renommierten Kanzlei einen Namen gemacht hat. Als Sarah jedoch ernsthaft erkrankt, scheint ihre mühevoll aufgebaute Existenz zu zebröckeln...



    Eine vielversprechende Prämisse, aus der die Autorin leider nicht allzu viel gemachr hat. Die Protagonistinnen bleiben blass und farblos und wirken eher wie Karikaturen oder Skizzen denn wie authentische Frauenfiguren. Smita ist stets demütig, bescheiden, nur wenn es um ihre Tochter geht mutiert sie zur Löwin. Giulia - okay, sie ist Familienmensch und Leseratte, viel mehr weiß man aber nicht über sie. Sarah fand ich am schwächsten gelungen - eine Aneinanderreihung der typischen "Karrierefrau-Klischees" ohne Tiefgang. Packen konnte mich noch am ehesten Smitas Geschichte. Da hätte man ein richtig packendes Buch draus machen können. Giulias Story liest sich wie mal eben schnell entworfen und mutet mitunter ziemlich kitschig an. Sarahs Geschichte ist die typische "Frau wird durch schwere Krankheit geläutert"-Story, ihre Einstellung zu scheinbar ao ziemlich ändert sich dann auch ziemlich abrupt.

    Viele Details werden einfach ausgelassen, man hat den Eindruck, der Eoman sei mit nur wenig Recherchearbeit hastig heruntergetippt worden. Herausgekommen ist ein letztlich bestenfalls mittelmäßiger Frauenroman, der ehrlich gesagt stellenweise schon groschenheftartig anmutet. Herz fehlt diesem Buch leider, es bleibt vage und auch sprachlich ist es weder versiert noch tiefgehend.


    *Achtung Spoiler*

    Smita flüchtet mit ihrer Tochter und hat angeblich kaum Geld dabei, gerade mal für die Tickets - aber dann können sie sich zB dennoch auf einem heiligen Tempel gegen eine Gebühr die Haare schneiden lassen. Das fand ich unlogisch.

    Giulia ist erst 20 und ja, sie mag in dem Familienunternehmen aufgewachsen sein, aber dass sie dann mal eben so einen genialen Businessplan zusammenstellt und das Unternehmen praktisch über Nacht vor der scheinbar ja nur eine Ecke entfernten Totalpleite zu bewahren - naja. Und im Grunde ist es ja ihr Liebhaber, der auf die brilliante Idee kommt - der bleibt aber fast noch blasser und farbloser als seine Angebetete selbst.

    Und Sarah - ganz ehrlich, dass sie ihre Erkrankung über Wochen bis Monate geheimhält und ganz normal weiter arbeiten geht, finde ich unrealistisch. Es wird ja betont, wie mies es ihr durch die Behandlungen geht, dass sie sich mehrmals pro Tag übergeben muss etc. und dann aebeitet sie scheinbar trotzdem zig Stunden in so einee Hardcore-Kanzlei? Ja, letztlich fliegt alles auf, aber dennoch hat mich das nicht überzeugt. Und wie oft betont wurde, dass Sarah so hart arbeitetete nur um dann aufs Abstellgleis gestellt zu werden - das muss man nicht gebetsmühlenartig wiederholen, es reicht, zu beschreiben, was der Prota zustößt und wie sich dadurch fühlt. *


    Fazit: Für mich ist der Hype um "Der Zopf" wenig nachvollziehbar, die Ideen sind gut, die Umsetzung ist aber ziemlich lieblos und ohne jeden Tiefgang oder literarische Finesse erfolgt. Man kann daraus zweifelsohne einen ganz anprechenden Fernsehfilm machen, aber der Roman funktioniert nicht wirklich.

  • Danke für die Rezension, mir ging es bei dem Roman ebenso.


    Ich bin jetzt übrigens beim vierten Roman von Boyle. Wer hatte mir nochmal empfohlen, „Wassermusik“ nicht zu schnell wegzulegen? Das war ein guter Tipp.

  • Ich hab heute auch einen Boyle beendet 😄 Das war eine Story-Sammlung. Richtig gut!


    Habe noch Worlds End von ihm auf dem SuB. Demnächst mal…


    Das mit Wassermusik war ich, freu mich, dass es offenbar doch noch gefunkt hat 😊


    Ich hatte zuletzt einen Roman gelesen von Chimanada Ngozi Adichie - Americanah. Es ist eine Liebesgeschichte und es ist gleichzeitig viel mehr als das. Eine junge Nigerianerin geht nach Amerika und versucht dort ihr Glück als Bloggerin - sie schreibt über das Leben als schwarze Person in den USA. Zeitgleich zieht es ihre Jugendliebe nach London, wo er sich durchschlägt. Beide kehren nach Nigeria zurück und begegnen sich nach Jahren wieder… für mich eine unheimlich interessante Lektüre, weil aus einer Perspektive geschrieben, die mir als Europäerin nicht vertraut ist. Eine schlichte Sprache, kein Kitsch, keine Emotionshascherei. Ich mochte es.

  • Ich hatte zuletzt einen Roman gelesen von Chimanada Ngozi Adichie - Americanah. Es ist eine Liebesgeschichte und es ist gleichzeitig viel mehr als das. Eine junge Nigerianerin geht nach Amerika und versucht dort ihr Glück als Bloggerin - sie schreibt über das Leben als schwarze Person in den USA. Zeitgleich zieht es ihre Jugendliebe nach London, wo er sich durchschlägt. Beide kehren nach Nigeria zurück und begegnen sich nach Jahren wieder… für mich eine unheimlich interessante Lektüre, weil aus einer Perspektive geschrieben, die mir als Europäerin nicht vertraut ist. Eine schlichte Sprache, kein Kitsch, keine Emotionshascherei. Ich mochte es.

    Den Roman lese ich auch alle paar Jahre wieder, er gefällt mir sehr gut.

  • Was stimmt eigentlich mit den deutschen Verlagen nicht?


    Seit "Krampus" ist kein Brom Roman mehr übersetzt worden, aber solche "Meisterwerke" wie "Ice Planet Barbarians" gibt es allen Ernstes auf Deutsch übersetzt als Taschenbuch bei Edeka zu kaufen. Das kann doch bitte nicht wahr sein.

  • Hast du denn auch "Stella Maris" als Anschlusslektüre liegen? :-)


    ich hab jetzt gestern Abend noch "Draußen in Dunkeln" von ihm begonnen. Das ist wieder starker Tobak...


    Für ein bisschen tragikomische Leichtigkeit mit philosophischem Touch habe ich gestern fast in einem durchgelesen: "Kleine Probleme" von Nele Pollatschek. Ein 49-jähriger Prokrastinierer von der ganz schlimmen Sorte (oder vielleicht eher ein Durchschnittstyp?) setzt sich am 31.12. hin und macht sich eine Liste der Dinge, die er ad hoc noch abarbeiten will, bevor das Zeitfenster zum neuen Jahr / neuen Leben sich schließt. Ein herrlicher Spaß, der zuweilen nachdenklich macht, und so erfrischend geschrieben, dass man es einfach nicht aus der Hand legen möchte. Mit knapp 200 Seiten hat man das an einem freien Tag fix durchgelesen.

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