Für die Leseratten - Der Bücherthread - Teil 2

  • Dolen Perkins-Valdez – Take My Hand


    Montgomery, Alabama, 1973

    Civil Townsend, frisch von der Krankenschwesterschule, beginnt ihren neuen Job in einer Klinik für Familienplanung. Sie ist voller Tatendrang und von ihrer Arbeit überzeugt, will sie doch für ihre Community nur das Beste und den Weg in eine bessere Zukunft ebenen. Sie ist eine von acht Schwarzen Krankenschwestern unter einer Weißen Kinikcheffin. In ihrer ersten Woche übernimmt Civil die Schwestern Erica und India als Patienten, die beiden leben mit ihrem Vater und der Großmutter in einer kleinen Hütte auf dem Hof eines Weißen Farmers. Die kleine Familie ist bitterarm, ungebildet, lebt von Essenmarken und dem wenigen was die Regierung ihnen noch großmütig zuteil werden lässt, wie die Verhütungsspritzen, die Civil den Mädchen geben wird. Erica ist 13, India ist 11 Jahre alt und stumm, die Mädchen haben keine sexuellen Kontakte. Civil beginnt an sich zu zweifeln, ob sie das richtige getan hat. Das Verhütungspräparat ist (noch) nicht zugelassen und hat in Tierversuchen Krebs ausgelöst. Civil fängt an Entscheidungen zu treffen, die bald das ganze Land in Aufruhr versetzen ...


    Ein historischer Roman, linear erzählt in zwei Zeitebenen (1973 und 2016), inspiriert von wahren Begebenheiten, um ein ganz, ganz dunkles Kapitel der amerikanischen Geschichte. Mich hat es wütend und fassungslos gemacht, das Ende ist aber versöhnlich. Eine sehr emotionale und aufreibende Geschichte, mit glaubwürdigen und gut ausgearbeiteten Charakteren und einem durchdachten Spannungsbogen.

  • Die erste Jahreshälfte ist um und ich hab grad nen kleinen Hänger.

    Liegt aber auch vermutlich daran, dass ich die letzten Male kein so glückliches Händchen hatte. Das letzte war ein DNF obwohl ich den Autor eigentlich gern mag, aber das Buch war vom Stil her fast unlesbar. Davor gab es einen guten Roman, vor dem aber auch schon eine Durststrecke von vier Büchern lag, die ich alle eher aus Pflichtbewusstsein und "ach komm, da muss doch noch was passieren" gelesen habe.


    Beim Aktuelllen bin ich mir auch nicht ganz sicher, ob das jetzt die große Wende bringen wird, aber wenigstens ist es kurz und hat nicht so das Potential,sich hinzuziehen, auch wenn ich bisserl befürchte, dass ich die Auflösung enttäuschend finden werde.

    Mal schauen, vielleicht muss ich als nächstes auf einen meiner zuverlässigen Autoren zurückgreifen, um den Spaß am Lesen mal wieder etwas anzukurbeln.

    Oder ich muss generell mal Pause machen und selber wieder mehr schreiben.

  • A.M. Shine - The Watchers


    Mina ist Künstlerin hält sich aber mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Diesmal soll sie einen seltenen Papagei zu seinem Käufer bringen. Doch auf dem Weg zu dem vermeintlich einfachen Job bleibt am Rande eines Waldes ihr Auto liegen und auch ihr Handy versagt den Dienst. So macht sich Mina mit dem Vogelzu Fuß auf den Weg in den Wald. Schon bald überkommt sie das Gefühl, dass in dem Wald etwas nicht stimmt und kurz darauf kommt sie zu einer Art Bunker von dessen Tür aus ihr eine ältere Frau zu schreit, dass sie sich beeilen soll. Als die Tür hinter Mina verriegelt wird, bricht im Wald die Hölle los.

    Nun sitzt Mina mit ihrem Vogel zusammen mit drei Fremden in dem Bunker fest und es gibt offensichtlich keine Hoffnung auf Flucht, denn sobald die Sonne untergeht, geht etwas in dem Wald auf die Jagd.


    Die Grundidee ist spannend, die Atmosphäre bedrückend, aber ansonsten hat das Buch so seine Schwächen. Die Charaktere bleiben - dafür dass man nur vier hat und das Buch für die ersten 60% ein Kammerspiel ist - erschreckend flach und auch wenn die Auflösung durchaus ihren Reiz und ihre Spannung hat, sollte man nicht zu viel über sie nachdenken, denn dann balanciert man haarschaf am Rand eines riesigen Logiklochs.

    Trotzdem ist es nette Unterhaltung und gerade im Bereich Folkhorror gibt es so wenig gute Bücher, dass man, wenn man dieses Subgenre mag, sich diesen Eintrag nicht entgehen lassen sollte. Vor allem weiß der Autor, wann es Zeit ist, aufzuhören und zieht die Sache nicht unnötig in die Länge.


    Note: 3,1

  • H.G. Wells - Die Insel des Doktor Moreau


    In den Papieren seines Erbes findet der namenlose Neffe die Aufzeichnungen seines Onkels Edward Prendick, in denen er schildert, was in dem einen Jahr, in dem er nach dem Schiffbruch seines Frachters verschollen war, mit ihm geschah und wie er auf einer unbekannten Insel unfreiwillig Zeuge der grausamen Experimente des Doktor Moreaus wurde und auch die Folgen dessen Treibens miterleben und ertragen musste.


    Die Insel des Doktor Moreau dürfte zu den Büchern gehören, von dem jeder zumindestens schon einmal gehört hat und weiß, wovon es grob handelt, auch wenn man selbst es nie gelesen hat. Auch wenn das 150 Jahre alte Werk in Sprache und Struktur mittlerweile etwas gewöhnungsbedürftigzu lesen ist, ist es spannend, wie aktuell die Themen zur Ethik, Verantwortung und Kontrollierbarkeit wissenschaftlicher Arbeit immer noch oder gerade jetzt ist.


    Note: 3,2

  • Marge Piercy – He, She and It / ER, SIE und ES


    "In der Mitte des einundzwanzigsten Jahrhunderts hat sich das Leben, wie wir es kennen, für immer verändert. Shira Shipmans Ehe ist zerbrochen, und ihr kleiner Sohn wurde ihr von dem Unternehmen, das ihr Gebiet verwaltet, weggenommen. Deshalb ist sie nach Tikva zurückgekehrt, der jüdischen Freistadt, in der sie aufgewachsen ist. Dort wird sie von Malkah, der brillanten Großmutter, die sie großgezogen hat, willkommen geheißen und lernt einen außergewöhnlichen Mann kennen, der gar kein Mann ist, sondern ein einzigartiger Cyborg, dem Intelligenz und Gefühle eingepflanzt wurden - und die Fähigkeit zu töten..."


    Eine sehr komplexe, vielschichtige und extrem dichte Erzählung, die die Auswirkungen fortschrittlicher Technologie auf die Gesellschaft, die Identität und die menschlichen Beziehungen erforscht.

    Die aktuelle Zeitebene in der dystopischen Zukunft handelt von Shira und ihrer unabhängigen Heimatstadt Tikva. Sie lernt Yod kennen, der die Gemeinschaft vor äußeren Bedrohungen schützen soll. Während Shira an der Verfeinerung von Yods emotionalen und sozialen Fähigkeiten arbeitet, entwickelt sie eine tiefe emotionale und romantische Bindung zu ihm.

    Die zweite Zeitebene spielt im Prag des 16. Jahrhunderts. Die Nebenhandlung, die von Malkah als "Gute Nacht-Geschichte" an Yod erzählt wird, ist mit der Haupthandlung verwoben und erzählt die Legende des Golem von Prag. Rabbi Judah Loew (reale Person) erschafft einen Golem, eine Kreatur aus Lehm, um die jüdische Gemeinde vor antisemitischen Angriffen und Anschuldigungen wegen Blutverleumdung zu schützen.


    Die behandelten Themen sind Technologie und Menschlichkeit, Widerstand und Eigenständigkeit, Umweltzerstörung, Geschlecht und Beziehungen, Jüdisches Erbe und jüdische Identität, Macht und Unterdrückung.


    Ich mochte die Diskussion um die Erschaffung von fühlenden Wesen, ob nun Maschine oder Lehm, um einen Zweck zu erfüllen, den sie nicht gewählt haben. Ebenso waren die Abschnitte, die in der futuristischen "Konzernwelt" spielen interessant, wo dein vom Unternehmen gegebener Mitarbeiterwert bestimmt, wo du wohnst, was du isst, welche Kleidung du trägst, welchen Partner du wählen darfst und welche Augmentationen du an dir vornehmen lassen musst, um zum Rest der Bevölkerung zu passen. Auch das World Building hatte einige interessante Aspekte. Aber ob es nun wirklich 550 Seiten eng beschriebene Seiten dafür gebraucht hat, ich glaube nicht. Am Ende hatte ich das Gefühl, dass das Buch mehr Arbeit als Unterhaltung war. Mag aber daran liegen, dass die dichte Nebenerzählung des Golems im Klappentext keine Erwähnung findet und ich evtl. leichtere Kost erwartet habe.

  • T. Kingfisher - Thornehedge


    Hoch oben in einem Turm hinter einer undurchdringlichen Hecke aus gewaltigen Dornen schläft die Tochter eines Königs seit Jahrhunderten. Das Wesen, das sie einst verzauberte hält Wacht an der Hecke, damit niemand zu der Schlafenden durchdringt, doch eines Tages kommt ein Ritter, der entschlossener als alle zuvor sind, den Fluch zu brechen.

    Eine Geschichte, die jeder zu kennen glaubt und doch ist alles ganz anders, als es scheint.


    Unterhaltsame Neuinterpretation des Dornröschen Märchens, das vor allem von seinem Erzählton her zu überzeugen weiß. Ruhig, märchenhaft, ja sicher, Kingfisher erfindet das Genre nicht neu und es ist auch mit nichten ihres bestes Werk, aber es ist schöne, kurzweilige Unterhaltung.


    Note: 2,6

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