Für die Leseratten - Der Bücherthread - Teil 2

  • Hm, ich brauche meine Zeit, um mir ein Bild zu machen, die ersten paar Seiten sind für mich nicht aussagekräftig. Und wenn ich schon angefangen habe, kann ich auch direkt weitermachen xD

  • Ich sollte wohl dazu sagen, daß ich viel meiner Unterhaltungslektüre aus dem öffentlichen Bücherschrank beziehe und da nehme ich so manches auf Verdacht mit. Wenn mich dann die ersten Seiten in das Buch reinziehen, dann lese ich es auch, es sei denn, es enttäuscht im späteren Verlauf dann doch. Falls aber schon die ersten Seiten mich nicht überzeugen, geht es bei nächster Gelegenheit wieder zurück.


    Bei gekauften Büchern habe ich mich normalerweise schon vorher informiert und weiß dann schon, daß ich das Buch auf jeden Fall lesen will.

  • Baek Sehee - I want to die but I want to eat tteokbokki


    Eine Sammlung von Gesprächen mit einem Therapeuten. Die Informationen, die zusätzlich eingestreut sind, sind interessant, die Gespräche gut zu lesen, aber man muss sich meines Erachtens schon ein Stück weit in der Autorin wiederfinden, um daraus etwas zu ziehen. Wenn man nicht mit (diesen oder ähnlichen) psychischen Problemen konfrontiert ist, wird man mit den Inhalten wenig anfangen können.


    Insgesamt interessant und gut runterzulesen, aber trotzdem nur bedingt empfehlenswert.


    (Und jetzt steh ich vor dem gleichen Problem, mich für eins der anderen Bücher entscheiden zu müssen |) )

  • Pat Cadigan- Alie 3 the unproduced first-draft screenplay by William Gibson


    Nach den Ereignissen auf LV-426 findet die Sulaco mit ihren dreieinhalb Überlebenden an Bord den Weg zurück in die Zivilisation. Doch anstatt direkt eine der Stationen des Weyland-Yutani Konzerns anzusteuern, quert sie zuerst den Raum der UPP, wo ein kleines Außenteam glaubt, sich durch einen kurzem Abstecher auf das Schiff und etwas Industriespionage vielleicht einen Vorteil verschaffen zu können.

    Ein Entschluss, der für die UPP in einer Tragödie endet und auch bei ihrer Rückkehr zur Weyland-Yutani Raumstation Anchorpointbringt die Sulaco das Verderben mit sich.


    Ein spannendes Buch, das aber mMn wirklich nur Fans gefallen kann.

    Wer die Filme nicht gesehen hat und die Kontroverse und das Chaos um Teil drei der Serie nicht mitbekommen hat, wird mit William Gibsons Entwurf wenig anfangen können. Für alle anderen ist es Fan Service pur, auch wenn man der Story im letzten Viertel ganz klar anmerkt, dass sie als Drehbuch und nicht Roman entworfen wurde. Hier ziehen sich dann endlose Actionsequenzen, die bisweilen etwas repetitiv wirken und das große Figurensortiment dann recht schnell als Kanonenfutter verheizt und am Ende ganz eindeutig die Tür für Teil 4 offen lässt.

    Es ist kein schriftstellerisches Meisterwerk, das Storytelling ist reichlich konventionell und auch bei der Enwicklung der Charaktere bleibt die Autorin gerade bei dem bekannten Figurencanon sehr zurückhaltend. Also vermutlich gehe ich viel zu nachsichtig mit dem Buch in die Wertung, aber ich bekomme reichlich Hicks, reichlich Bishop und interessante neue Ideen, rund um die Biologie des Xenomorphs und damit bin ich happy. Auch wenn es bei weitem nicht un Nappers "Bishop" rankommt.


    Note: 2,9

  • Ich habe einen kurzen, sehr kurzen Ausflug in die Welt der Hörbücher gemacht.

    Bin ja kein Fan davon, nachdem aber Audible mal wieder einen gratis Monat angeboten hat und schon seit längerer Zeit mit der Verarbeitung eines der nie verfilmten Alien 3 Skripts geworden wurde, das es "exklusiv" bei Audible gibt, dachte ich, ich probier es mal.

    Tja, mein Ausflug in die Welt der Hörbücher dauerte ganze 15 Minuten.

    Sie haben sich wirklich Mühe gegeben mit den Originalsprechern, aber es stellte sich heraus, dass diese "absolut exklusive" Verarbeitung des Materials das selbe Skript war, das ich vorgestern als Roman beendet hab. :muede: Man hat nur die Erzählperspektive etwas angepasst, um möglichst viel mit Lance Henriksen und Micheal Biehn als Sprechern arbeiten zu können, um die Fans zu ködern.


    Es gibt meines Wissens nach drei (fast) fertige unveröffentlichte Skripts (einigen Gerüchten nach sogar ein viertes) und nach dem ganzen "EXKLUSIV!!!!!" Branding hatte ich wirklich gehofft, es wär ein anderes.

    Schade, aber mehr interessiert michdann bei audible auch schon nicht mehr.

  • So, hier läuft das Projekt „Bücher aussortieren“ an. Ist schwierig. Neben dem eigenen blöden Gefühl kommt auch noch das Diskussionspotenzial. Bücher, die der Mann die ganzen Jahre nicht angefasst hat, werden diskutiert. Alan Dean Fosters „Trantor-Zyklus“ - das findet man mit 20 gut, nicht mit fast 60. Wollte er nie lesen. Wird er auch nie lesen, aber diskutieren. Die „Nightside-Geschichten“ von Simon Green wollte er behalten, weil sie do hübsch aussehen im Bücherregal. Gelesen hat er sie nicht Ich hab sie jetzt in eine „zu verschenken“ Kiste rausgestellt, das verkraftet er besser als im Karton für die Deponie.


    Immerhin durfte ich widerspruchslos alle Darkover- Bücher von Marion Zimmer Bradley wegpacken. Das wird noch interessant werden :lol:

  • Ich habe jetzt endlich "IQ84 - Buch 3" fertig. Und ich schreibe "endlich", weil ich wirklich fast zwei Monate gebraucht habe, mich durch dieses Buch, nun ja, "zu quälen" wäre übertrieben - nennen wir es mal "durchkämpfen".

    Ich verstehe nicht, wie Murakami eine so brillante Idee haben, auf etwa 1000 Seiten mit großer schriftstellerischer Raffinesse ausbreiten und dann in Band 3 derart enttäuschen kann.

    Fast 600 Seiten lang geschehen eigentlich nur eine Handvoll tatsächlicher Handlungen - und selbst Murakamis schriftstellerisches Talent reicht nicht aus, um so wenig Geschehen so ausschweifend auszuschmücken, dass es für mehrere hundert Seiten ausreichen würde...

    Zwischendurch war ich es ganz schön leid, dann auch noch genau lesen zu müssen, wie Aomame sich in ihrem Versteck beschäftigt hält oder wie Tengo, der zweite Protagonist, sein Essen zubereitet. Das sind alles wunderbare Einzelheiten, wenn die grundlegende Romanhandlung stimmt, aber hier kam es mir so vor, als habe sich Murakami schon lange vor der Ziellinie deutlich übernommen und versuche nun nur noch, das Unvermeidliche hinauszuzögern.


    Das Unvermeidliche ist das Ende des Romans, wobei ein viertes Buch wohl nicht ganz ausgeschlossen scheint - jedenfalls hält Murakami sich erzählerisch diese Option offen. Ob ich dieses Buch 4 dann auch noch lesen würde, weiß ich jedoch nicht recht. Zu enttäuscht und konsterniert bin ich ob des lieblosen Endes, das viel zu viele Fragen offen lässt. Ja, ein Autor muss nicht immer alles aufklären, aber hier kaufe ich Murakami weder einen stilistischen Kunstgriff ab noch irgendeine große versteckte Botschaft, die der geneigte Leser doch bitte für sich selbst entschlüsseln möge. Vielmehr denke ich, hier wurden einfach viel zu viele Mysterien und Rätsel herbeigeschrieben, für die der Autor von Anfang an keine plausible Erklärung hatte. Es gibt Bücher, die funktionieren so, indem jegliche Regeln der Logik gebrochen werden, Bücher, wo eine Erklärung überflüssig oder sogar kontraproduktiv wäre. Man denke nur an Marlen Haushofers geniales Werk "Die Wand". Aber "1Q84" funktioniert so nicht. Ich fühlte mich eher billig getäuscht, zumal auch die erzählerische Kraft Murakamis deutlich nachließ, je länger sich dieser Roman wie ein fader Kaugummi dehnte.

    Schade, das Potenzial war da, aber irgendwie ist das Ergebnis weit entfernt von einer modernen "Romeo und Julia"-Version.

  • Ines Bayard - "Scham"


    "Scham", vor wenigen Jahren erschienen, kann als gelungener und schockierender französischer Beitrag zur "MeToo"-Bewertung gelesen werden. Die junge Autorin erzählt in ihrem ambitionierten Erstlingswerk von Marie, einer Pariser Vermögensberatin in einer Bank, in deren Leben zunächst alles nach Plan zu verlaufen scheint: Sie ist gut in ihrem angesehenen Beruf, verheiratet mit dem erfolgreichen Anwalt Laurent, eine pflichtbewusste und doch jeden Tag genießende Frau Anfang Dreißig aus gutbürgerlichem Hause, behütet aufgewachsen, keine Revoluzzerin oder Rebellin, sondern angepasst, mitunter ein wenig konservativ, eher keine Feministin, aber doch eine "Powerfrau", die nach einem langen Arbeitstag noch stundenlang aufwändige Gerichte zubereitet, um ihren Ehemann damit zu überraschen.


    Marie und Laurent haben sich gerade dazu entschieden, ein Kind zu bekommen, da ändert sich Maries idyllisches Dasein abrupt: Nach einem fordernden Arbeitstag möchte sie mit dem Rad heimfahren, dieses wurde jedoch mutwillig zerstört, da taucht der neue Bankdirektor in seinem Auto auf, bietet ihr an, sie mitzunehmen. Eigentlich möchte Marie das lieber nicht, die Situation ist ihr unangenehm, doch aus Höflichkeit stimmt sie zu. Im Auto dieses Mannes wird sie brutal vergewalt*gt, anschließend droht er ihr, sie und ihren Mann beruflich zu ruinieren, wenn sie den Mund aufmacht. Marie steigt aus, taumelt nach Hause, duscht, wirft ihre besudelten Klamotten weg - und erzählt niemandem von der grauenvollen Tat. Aus Scham, aus Angst davor, wie dies ihr weiteres Leben verändern könnte, und weil sie nicht möchte, dass Laurent sie plötzlich mit anderen Augen sieht, als Opfer.

    Kurz darauf ist Marie schwanger. Ihr Mann ist hocherfreut, schwebt auf Wolke 7, doch Marie ist sich sicher, dass er nicht der Vater des in ihr wachsenden Kindes ist, verfällt zunehmend in eine Depression, hat Albträume, vernachlässigt sich, kann ihren Beruf nicht mehr so voller Elan und Ehrgeiz wie früher ausüben, und nach der Geburt des Kindes kann sie keine Liebe für den Säugling empfinden, keine Zärtlichkeit, meidet ihren Sohn, vernachlässigt nicht nur sich selbst, sondern auch ihn.


    Der Roman nimmt sein Ende bereits vorweg: Schon auf den ersten Seiten erfährt man, dass Marie sich selbst, ihren Mann und den kleinen Sohn vergiftet hat, dann erst wird aufgerollt, was in den Monaten zuvor geschah und wie die Katastrophe zunehmend ihren Lauf nahm... Somit hat "Scham" vielleicht nicht die Spannung eines Psychothrillers, aber das ist ja auch gar nicht die Absicht der Autorin, vielmehr nimmt sie Maries Fall her, um die sexuelle Gewalt an Frauen aufzuzeigen, sichtbar zu machen, die Unterdrückung, das Unverständnis der Gesellschaft, die fundamentale Einsamkeit, Verzweiflung und Wut der missbrauchten Frau.

    Bayard bedient sich dabei einer schmucklosen, schlichten, nüchternen Sprache und eines kühl-distanzierten Blicks, ohne dabei jedoch an psychologischem Scharfsinn zu verlieren. Manchmal wirken die von der Autorin gewählten Worte bewusst provokativ ausgesucht, als Leser zuckt man zusammen, verzieht das Gesicht, wird aber gleichzeitig mit der schmerzlichen Tatsache konfrontiert, dass Bayard lediglich die Realität wiedergibt, dass es vermutlich sogar noch unangemessener wäre, Brutalität in schöne Worte zu kleiden und dadurch zu verharmlosen und zu verniedlichen.


    "Scham" ist nicht perfekt, es gibt durchaus Kleinigkeiten, die man gerechtfertigterweise kritisieren kann, die junge Autorin möchte sehr vieles unterbringen in ihrem Debüt, was ab und zu dann doch etwas zu gewollt wirkt, hier würde "Weniger ist mehr" ein guter Ratgeber sein. Nichtsdestotrotz handelt es sich um ein beachtliches Werk, das es verdient, gelesen zu werden.

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