Für die Leseratten - Der Bücherthread - Teil 2
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Taylor Adams – No Exit
Studentin Darby Thorne erfährt einen Tag vor Weihnachten, dass bei ihrer Mutter Krebs diagnostiziert wurde und sie aktuell im Krankenhaus behandelt wird. Darby hatte kein gutes Verhältnis zu ihrer Mutter, aber sie weiß was die Diagnose bedeutet und so hastet sie übereilt und unvorbereitet kurz nach 17 Uhr zu ihrem Wagen, um den langen und beschwerlichen Weg nach Utah auf sich zu nehmen, inmitten eines schon länger andauernden Schneesturms.
Darby's kleines Auto hält den Wetterbedingungen jedoch nicht lange stand und so muss sie Unterschlupf in einer Raststätte suchen, bis die Räumfahrzeuge am nächsten morgen gegen 6 Uhr die Straßen kehren werden. In der amerikanischen Einöde gibt es an der Fernstraße nur diese eine Raststätte, auf dem Parkplatz nur drei andere eingeschneite Fahrzeuge. Im Gebäude selbst harren vier Reisende aus und vertreiben sich die Zeit mit schlechtem Kaffee, Kartenspielen und Geschichten erzählen. Als Darby zwischendurch auf dem Parkplatz versucht ein Handysignal zu bekommen, um ihre Schwester zu erreichen, bemerkt sie in einem der Autos etwas aus ihrem Augenwinkel.
Darby kehrt in die Raststätte zurück und ist sich sicher, einer dieser vier fremden Menschen hält in seinem Wagen ein kleines geknebeltes Mädchen in einer Hundebox gefangen. Nur wer?
Dieser, in einem sehr sportlichen Tempo daherkommende, (Psycho)Thriller beginnt mit einem recht üblichen Setup: Junges Mädchen, allein, Schneesturm, Wagen bleibt liegen, Handy kein Signal, nur noch wenige Prozent Batterie, eine einzige Raststätte weit und breit als Zufluchtsort. Soviel wird allein im ersten Kapitel klar. Alles danach ist allerdings ein wilder Ritt an schlauen Enthüllungen und Cliffhängern. Das gesamte Geschehen spielt sich in und um die Raststätte ab, drinnen ist es klaustrophobisch und draußen bitterkalt. Die Charaktere sind durchweg gut ausgearbeitet, interessant und glaubwürdig, der Spannungsboden fortwährend auf einem hohen Niveau. Ein, zwei Dinge traten ein, die ich vermutet hatte, aber anders als erwartet. Das Buch ist ja schon verfilmt worden, evtl. schau ich mir das mal an.
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Judith Hermann: Daheim
Sehr lakonisch erzählt, nicht unbedingt ein Lesegenuss, aber ich denke, ich werde demnächst "Sommerhaus, später" folgen lassen.
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Zuletzt gelesen: "Die Wut, die bleibt" von Mareike Fallwickl
Eines Tages erhebt sich die verheiratete Dreifachmutter Helene vom Abendbrottisch, tritt hinaus auf den Balkon - und springt in die Tiefe. Sowohl für ihre beste Freundin als auch für ihre jugendliche Tochter hat der Su*zid der Mutter verständlicherweise weitreichende Auswirkungen...
Sarah war schon von Kindertagen an Helenes beste Freundin. Doch während Sarah kinderlos blieb und als Krimiautorin Karriere machen konnte, wurde Helene schon recht früh von einem Kerl schwanger, der sie dann mit dem noch ungeborenen Kind sitzen ließ. Später heiratete Sarah erneut, bekam mit Johannes zwei weitere Kinder, zwei kleine Söhne. Dennoch blieben die beiden befreundet, obwohl Sarah zugebenermaßen Helenes Sorgen und Alltagsstressoren nicht immer wirklich nachvollziehen konnte. Aber nun, nach Helenes Tod, fühlt sie sich verpflichtet, der verbleibenden Familie unter die Arme zu greifen. Während Johannes weiterhin arbeiten geht, kümmert sich also nun Sarah um die Wäscheberge, verschütteten O-Saft, Kinderarzttermine und Kita-Eingewöhnung. Dadurch hinterfragt sie zunehmend nach wie vor herrschende gesellschaftliche Rollenverteilungen, ihre Beziehung zu dem jüngeren, hippen Leon, und ihren unerfüllten Kinderwunsch.
Lola ist nach dem Tod ihrer Mutter zunächst völlig fertig, beginnt, sich selbst Verletzungen zuzufügen und sich auszuhungern. Doch in ihr erwärmt sich glühend ein gleißender Ball der Wut. Schließlich kann Lola diese Wut nicht mehr innendrin behalten, sie bahnt sich ihren Weg ins Außen: Zunächst nur, um sich miesen Typen gegenüber nicht mehr so hilflos zu fühlen, beginnt Lola zusammen mit ihrer besten Freundin Sunny einen Selbstverteidigungskurs. Doch schon bald wird Lola klar, wie allgegenwärtig S*xismus und patriarchale Strukturen und Gewalt an Frauen eigentlich sind, zunehmend kämpferischer und rebellischer gibt sie sich, und als Sunny und sie sich enger mit zwei weiteren Kursteilnehmerinnen anfreunden, müssen sie sich schließlich die Frage stellen, wie weit sie für ihre Ideale einzutreten bereit sind...
"Die Wut, die bleibt" von Mareike Fallwickl ist ein Buch ganz am Puls der Zeit. Das ist hier insgesamt betrachtet auch relativ gut gelungen, denn es werden viele für Leser*innen aktuelle Fragestellungen und gesellschaftliche Problematiken aufgezeigt, zum Beispiel die ungerechte Verteilung von Care-Arbeit und die ständig an Frauenkörper gestellten Erwartungen. Wie widersetzt man sich all diesen unsichtbaren Zwängen, wie befreit man sich aus all den unausgesprochenen stillschweigenden Verpflichtungen, denen man sich als Frau oft unterworfen sieht? So unterschiedlich die beiden Protagonistinnen Sarah und Lola auch sein mögen, jede von ihnen wird durch Helenes tiefst erschüttert und beginnt, die Welt aus anderer Perspektive zu betrachten. Fallwickl gelingt es meist recht gut, daraus eine relativ glaubwürdige und auch spannende Geschichte zu machen, allerdings gibt es durchaus Passagen, die ein wenig zu trocken für einen Roman daherkommen, auch für ein feministisches Werk der Belletristik. Es wird stellenweise einfach etwas zu viel "Die Welt ist ungerecht und hier und da und dort haben Frauen es immer noch verflixt schwer!" - Nicht, weil dem nicht so wäre, aber ein Roman sollte seinen Leser*innen möglichst wenig aufdiktieren, worüber sie sich zu empören haben. Ich denke, gerade dieser unterschwellige Eifer, die Leser*innen aufzurütteln und ihnen die derzeit bestehenden Ungerechtigkeiten vor Augen zu führen, könnte leider dazu führen, dass sich manche Menschen eher abgeschreckt fühlen und dass man hier eigentlich nur Personen abholen kann, die sich ohnehin längst als Feministinnen betrachten und nach diesen Prinzipien zu leben versuchen. Und das wäre schade, weil der Roman von diesen Passagen abgesehen durchaus berührt und das Zeug hat, hie und da zum Nachdenken anzuregen.
Leider recht unrealistisch fand ich das Ende des Romans, hier habe ich Fallwickl den Weg, den sie für die junge Protagonistin Lola wählt, einfach nicht abgenommen...
Danke für die Rezension.
Habe die gelesen und mir direkt das Buch und noch ein weiteres von der Autorin bestellt...
Bin ganz gespannt.
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V. E. Schwab – The invisible Life of Addie LaRue / Das unsichtbare Leben der Addie LaRue
Adeline LaRue, 1691 in Frankreich geboren, beginnt Anfang 20 gegen soziale Normen und Vorstellungen aufzubegehren, will sich nicht verheiraten und als Mutter ohne Freiheit enden. Denn das ist was ihr blüht. Am Tag ihrer arrangierten Hochzeit flieht sie aus ihrem keinen Dorf in die umliegenden Wälder und betet dort an ihrem schlimmsten Tag unbeabsichtigt zu einem Gott der Nacht. Jener Schatten der Dunkelheit beschließt mit ihr einen Pakt um ihre Seele, Addie wird ein Leben in Freiheit führen – doch Niemand wird sich an sie erinnern, sie kann ihren Namen nicht mehr aussprechen und nichts mehr aufschreiben, sie wird keine Verbindungen mehr aufbauen und nichts mehr besitzen können. Jeder, der den Augenkontakt mir ihr unterbricht, wird sie sofort vergessen. So glaubt der Seelensammler schnellstmöglich an Addies Seele zu kommen, denn dieses verfluchte Leben sollte sie ja wohl ganz schnell satt haben...
300 Jahre später hat Addie Kriege, Revolutionen und technischen Fortschritt erlebt, Kunst, die Liebe und die Welt gesehen aber ist letztendlich allein, gebrochen und müde – das Leben im sprichwörtlichen Moment hat sie mürbe gemacht, doch Addie ist weit davon entfernt, ihre Seele herzugeben. Sie kann diesen Schatten, der sie verfolgt und gelegentlich so aufreibt, um endlich aufzugeben, nicht gewinnen lassen. Da trifft sie im New York des 21. Jahrhunderts Henry, der sich an sie erinnert und sauer auf sie ist, hat sie ihm doch am Tag zuvor ein Buch aus dem Laden geklaut ...
Ich glaube hierzu braucht man auch nicht mehr viel schreiben, Addie LaRue scheint ja schon fast ein Klassiker zu sein. Einziges Manko für mich an diesem Buch, es hätten locker 500 statt 540 Seiten gereicht. Alles andere hat für mich gut funktioniert. Addie und Henry sind tolle Charaktere, die flüchtigen und komplexen Beziehungen von Addie in den jeweiligen historischen Settings sowie die Erdung im realen Leben mit dem einzigen übernatürlichen, toxischen Element in Form von Luc, haben mich gut bei Laune gehalten. Die duale Perspektive ab der Hälfte des Buches hat Henry wirklich gut dargestellt, die Zeitebenensprünge (Momente in der Vergangenheit plus das lineare Jetzt in 2014) waren alle nachvollziehbar und nicht zu verwirrend. Ebenso fand ich die Erforschung der Themen Erinnerung und Vermächtnis, Zeit und Unsterblichkeit, Freiheit und Wahlmöglichkeiten, Einsamkeit und Isolation, Liebe und menschliche Verbundenheit, Kunst und Inspiration super interessant.
Das Buch als spannend zu bezeichnen ist glaube übertrieben, ich möchte es die ganze Zeit als "Just Vibes"-Slow Burner beschreiben, der gegen Ende doch Fahrt aufnimmt und einige Überraschungen bietet.
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Einziges Manko für mich an diesem Buch, es hätten locker 500 statt 540 Seiten gereicht.
Nur 40 von 540 Seiten überflüssiger Text?
Das finde ich für heutige Verhältnisse aber - ganz ohne Ironie - eine gute Leistung!
Ich denke oft beim Lesen heutiger Bücher, ein Viertel oder sogar ein Drittel weniger würde dem Buch sehr gut tun.
So manchen AutorInnen würde ich gerne den Laptop wegnehmen und ihnen dafür Papier und Stift in die Hand drücken, das würde ihr Schreiben vermutlich sehr verbessern.
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Einziges Manko für mich an diesem Buch, es hätten locker 500 statt 540 Seiten gereicht.
Nur 40 von 540 Seiten überflüssiger Text?
Das finde ich für heutige Verhältnisse aber - ganz ohne Ironie - eine gute Leistung!
Wobei ich auch sehr verzeihend bin, weil ich es gesamthaft saugut fand Es war gar nicht so, dass man sagen könnte, okay DIESES Kapitel war nur Füllstoff, um das Buch zu strecken, eher gab es so hin und wieder Abschnitte, die nichts Neues zur Geschichte beitrugen und einige Sätze hier und da, sie man vorher schon in der einen oder anderen Form gelesen hatte. Ja ein bisschen mehr vom Editor mit dem Rotstift weggekürzt und man hätte nichts vermisst.
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Ja, genau das meine ich: nicht ganze Kapitel, sondern diese zahllosen Textschnipsel, die bereits Bekanntes ständig wiederholen. Das nervt mich sehr und bei manchen Büchern zweifle ich, ob da überhaupt eine Lektorin gegengelesen hat oder ob man sich das heute spart und nur ein Rechtschreibprogramm drüberlaufen läßt.
Wenn eine Figur unter inneren Zwängen oder Sorgen leidet und ihr dadurch immer dieselben Gedanken im Kopf kreisen, dann können Wiederholungen ein bewußtes Mittel sein, um das darzustellen. Wobei man auch hier nicht übertreiben muß.
Aber normalerweise sollten AutorInnen auf die Intelligenz ihrer LeserInnen vertrauen und davon ausgehen, daß eine wichtige Information schon beim ersten Mal verstanden wurde und daß man denselben Gedanken nicht in Dauerschleife wiederkäuen muß.
Manche Bücher wären einfach so viel besser, wenn das berücksichtigt würde.
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Ja, da bin ich absolut bei dir. Ich frag mich bei dicken Büchern, die auch noch eine kleine Schrift haben, ob alles über 500 Seiten wirklich gerechtfertigt ist. Ich habe noch ein paar Wälzer vor mir, mal sehen wie da meine Resümees aussehen werden
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"Malus" - Simone Hirth
Eva verlässt das Paradies und geht nach Wien-Meidling, um ihr Glück zu finden und Freiheit zu erlangen - von Gott und von der Sorglosigkeit des Paradieses, die aber damit einhergeht, dass man bloß keine Fragen stellen soll, vor allem aber will sie Adam verlassen.
In Wien-Meidling begegnet sie der Büchereiangestellten (Maria) Magdalena, die ihr anbietet, sie bei sich zuhause aufzunehmen. Wie Eva ist auch Magdalena eine meist missverstandene Frau, die doch in Wahrheit nur eigenständig leben möchte, ohne all die männergemachten Vorschriften.
Dann aber stellt Eva fest, dass sie schwanger ist. Adam, der ihr die Trennung ohnehin übel nimmt, tut nun alles, um Eva die Scheidung und den Weg in ein selbstständiges Leben so schwer wie möglich zu machen - und auch Gott steht allein auf Adams Seite...
Dieses Buch ist gewöhnungsbedürftig, aber wenn man sich darauf einlässt, dann kann man es durchaus als literarisches Juwel bezeichnen! Allein die Idee, aus dem Paar im Trennungs-Clinch Adam und Eva zu machen und somit auch Fragen über Entstehung und Festigung des Patriarchats und die Rolle organisierter Religion dabei aufzuwerfen, ist ja schon echt clever, aber auch Simone Hirths Schreibstil trägt dazu bei dass dieses dünne Büchlein trotzdem ganz schön schwere Kost ist - und das soll es ja auch sein.
In den von Hirth so lebendig gemachten Situationen, in die die Protagonistin Eva gerät, können sich sicherlich viele, wenn nicht sogar die meisten, Frauen wiederfinden. Dabei wirkt das Buch aber nie moralinsauer, sondern beschreibt stets einfach nur, ob es um behördliche Hürden geht, den heutigen Umgang mit Schwangerschaft und Geburt, oder um Dating und Frauenfreundschaft.
Das Ende hat mich dann nochmal sehr aufgerüttelt und erschüttert, obwohl es uns eigentlich auch nicht überraschen sollte. Es ist schon eine große Leistung, wie gekonnt Hirth diese biblische Geschichte in die Gegenwart, ins Europa des 21. Jahrhunderts, geholt, und was sie aus diesem Stoff gemacht hat.
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Hatte hier nicht jemand Ferryman von Justin Cronin gelesen?
Ist die Auflösung, dass
die Leute auf diese Nachbarinsel geschickt werden und dort sterben?
Bin im Thalia kurz davor, es mitzunehmen, aber 28€ und wenn das die Auflösung ist, will ich es nicht.
Ja oder Nein reicht mir, mehr will ich dann gar nicht wissen
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