Hundeerziehung: Führung, Dominanz oder Laisser-faire... eure Meinung interessiert mich! :)

  • Hm... Damit der Hund folgt, muss aber doch jemand die Richtung vorgeben, oder? Macht es da für den Hund wirklich den gewaltigen Unterschied, ob die vorgegebenen Richtungen/Regeln/wie auch immer man das nennen mag nun gezielt trainiert oder ungezielt irgendwie etabliert wurden?

    ich finde es schon einen Unterschied. Ich versuche zu erklären in der Hoffnung, man möge es auch verstehen und nicht schon wieder verdrehen.
    Chilly ist aus dritter Hand, war erwachsen als er kam und war mit Hunden unsicher aber deswegen auch eher sehr angespannt mit Tendenz nach vorne zu gehen. Für DFler ein absolutes No-Go, denn er pirschte sich an Hunde an und er lief auch noch fast zu jedem anderen Hund :shocked: ;-)
    Natürlich geht sowas nicht, ich mag das ja auch nicht. Nun gibt es aber viele Wege, um das Ziel "bitte lauf nicht zu anderen Hunden" zu erreichen.
    Die einen üben dann 'Bogen gehen', Abrufen, Absitzen, Abliegen oder was auch immer.
    Ich hab mir gesagt: Er hat keine Basis, er ist Unsicher, deswegen macht er das. Also hab ich ihn Erfahrungen machen lassen mit anderen Hunden, positive, ich habe ihm Sicherheit gegeben, er hat den Freiraum erhalten, seinen Weg zu finden, durch diese Sicherheit hatte er immer weniger das Bedürfnis, Begegnungen kontrollieren zu müssen, inzwischen sind im Hunde ziemlich egal, manchmal hat er Tage, da will er unbedingt ganz viele Kontakte und spielen, dann soll er halt.
    Außer natürlich, wenn der andere Hund an der Leine ist, dann lass ich ihn nicht hin, dann kommt ein "gemma da", Richtungsanzeige und wir gehen halt wo anders lang.

  • das ist mal ne Erklärung mit der ich was anfangen kann, danke.


    Woher wusstest du vorher, das die Begegnungen positiv verlaufen würden? Hast du dich auch mal verschätzt und das ganze ging in die Hose?
    Ich könnte das hier zum Beispiel gar nicht so machen. Zum einen sind die meisten freilaufenden Hunde hier in der Stadt, zu nah an der Straße, oder einfach generell zu sehr in der Zivilisation, zum anderen sind die meisten einfach nicht mal ansatzweise freundlich gestimmt.



    Wie legst du das ganze auf das jagen um? Da gibt es ja keine Möglichkeit das so auszuloten.

  • Woher wusstest du vorher, das die Begegnungen positiv verlaufen würden? Hast du dich auch mal verschätzt und das ganze ging in die Hose?
    Ich könnte das hier zum Beispiel gar nicht so machen. Zum einen sind die meisten freilaufenden Hunde hier in der Stadt, zu nah an der Straße, oder einfach generell zu sehr in der Zivilisation, zum anderen sind die meisten einfach nicht mal ansatzweise freundlich gestimmt.



    Wie legst du das ganze auf das jagen um? Da gibt es ja keine Möglichkeit das so auszuloten.


    Also überall würde es sicher nicht gehen, aber hier im Stadtpark sind eigentlich alle mir bekannten Hunde zu der Uhrzeit, zu der ich gehe, neutral bis freundlich. Anfangs hatte ich Chilly natürlich an der Schleppleine, so konnte ich Chilly dann allgemein kennenlernen in Bezug auf andere Hunde und auch kontrollieren. Zu kleinen hab ich ihn gar nicht gelassen, weil ich mir dachte, sollte es echt scheppern, dann wenigstens gleichstark. Ist aber nie passiert. So wie ich die Hunde anfangs also quasi "ausgewählt" habe, hat es gepasst, so daß ich ihn einschätzen konnte und dann fing ich eben an, seine souveränen Entscheidungen zu bestärken/verbal zu unterstützen, damals hat er draußen eh noch kein Leckerli genommen.


    Beim Jagen geh ich halt den Mittelweg. Er darf Fährten anzeigen, ausschnüffeln, er zeigt mir Eichhörnchen an und ich lobe ihn dafür. Er zeigt mir Rehwechsel an und ich hoffe, er wird mir auch Wildschweine rechtzeitig anzeigen :ugly: (die gibts in unserem Wald wohl ziemlich viel). Dadurch habe ich bei ihm erreicht, daß er inzwischen auch abrufbar ist, wenn er die Nase hochnimmt und eine sehr frische Spur wittert. Für Chilly, der am Anfang bei Spur wirklich durchgedreht ist, finde ich das eine gute Leistung und ich weiß, wir werden auch noch mehr schaffen. Er hat auch viel weniger Interesse daran zu stöbern, er bleibt von sich aus näher. Ich denke zwar nicht, daß er bei direkter Sichtung abrufbar sein wird, aber auch da macht er sich recht gut, dem Reh, das wir letztens trafen, konnte er stehend zusehen und ich konnte ihn gut halten.
    Interessant finde ich auch, ich hab ja sein Mäusebuddeln auch gelobt, ihm Löcher gezeigt usw, inzwischen ist buddeln schon gut, aber er geht problemlos weiter, und buddelt quasi nicht mehr bis zum umfallen und manchmal auch gar nicht mehr. Wie weit wir da letztendlich kommen wird die Zeit bringen.

  • Meine Dackelhündin hängt momentan aufgrund der sehr vielen (jungen) Feldhasen die wir hier gerade haben, oft an der Leine (2m + Flexileine), da sie daran mehr "Freiheit" hat als wenn ich sie frei laufen lassen würde, denn da müsste ich sie sehr häufig verbal "unterbuttern" damit sie bei mir bleibt und nicht dem vor uns laufenden Feldhasen hinterherhetzt oder sich ins Spurensuchen so reinsteigert, dass sie nicht mehr ansprechbar ist. Das wäre purer Stress für uns beide.
    Ihre "Freiheit" an der Leine besteht also daraus, dass sie "Hund sein" darf, die Spuren verfolgen und an der Leine ziehen darf und nicht auf mich achten muss, sondern ihr Ding durchziehen kann für welches sie gezüchtet wurde - nämlich Jagen - leider halt mir mir als lästiges Anhängsel. :hust:
    Hunde treffen wir nur äußerst selten, wobei Sina eh nur kurz auf den anderen Hund eingeht und sich dann lieber auf Spurensuche begibt und auch abdüsen würde wenn ich da nicht sofort ein Auge drauf hätte und sie verbal einschränke.

  • Nun ja, der Mensch, du, ich, alle anderen auch, sehen sich selbst anders als sie sind. Eines der berühmtesten herangezogenen Beispiele ist: wir sind alle ehrliche Menschen, es gibt keine Lügner, und selbst die Menschen die schon mal gelogen haben, sind ebenfalls ehrliche Menschen. Und es ist nicht so das diese Menschen lügen in dem Moment, sie halten sich tatsächlich für aufrichtige Menschen. Ähnliche Sache - Es gibt zum Beispiel eine Langzeitstudie, seit 16 Jahren glaube ich, in der 1000 Personen, einmal im Jahr ca 1200 Fragen (Hauptsächlich moralische/gesellschaftliche) zu sich selbst beantworten müssen, diese werden dann ausgewertet. In sechzen Jahren kann der eine oder andere schon Mal seine Einstellung zum Leben ändern. Und als Beiprodukt dieser studie kam raus das menschen die eben ihre Einstellung ändern, auch fest davon überzeugt sind, das das schon ihre Meinung zum Leben war, vor der Zeit als sie sich geändert hat. Das ist ein sehr schönes Beispiel, dafür wie Verdreht die Selbstwahrnehmung sein kann. Und das ist ein Problem von uns allen Mal mehr Mal weniger... Und die meisten würden sich selbst bei "weniger verdreht" einordnen. :D


    Dazu kann ich nur sagen. Ich und mein Hund bilden eine Einheit. Ich bin der Kopf der Einheit. Als Kopf der Einheit liegt es in meiner Verantwortung das die Einheit, als ganzes, die Grenze eines anderen respektiert. Genauso liegt es in meiner Verantwortung, das andere von außen die Grenzen meiner Einheit respektieren. Im Zweifelsfall durch alle Eskalationsstufen, denn wäre ich dazu nicht bereit, wer sollte dann meine Grenzen verteidigen. :barbar:

    Interessanter philosophischer und psychologischer Ansatz. DIE Realität gibt es ja gar nicht, sondern nur, was ich als Realität durch meine Brille wahrnehme.
    Ob es meine Wahrnehmung betrifft, wie ich mich selbst einschätze, oder auch, was genau ich zB aus den Kommentaren hier entnehme, das geschieht immer durch meine individuelle Brille, die gefärbt ist durch meine individuellen Erfahrungen, Kindheit, Genetik, Weltanschauung, Kulturkreis etc.


    Und natürlich ist bei einem selbst immer alles tipitopi, alles andere wäre viel zu schmerzhaft und würde mich angreifbar machen.


    Zur Einheit Mensch/Hund:


    Ich hab es vorher schon geschrieben, ich sehe das Ganze hierarchisch. Die menschliche Gesellschaft ist so strukturiert, ein Hunderudel ist so strukturiert, eine Pferdeherde genauso.
    Es ist zwar gesellschaftlich schick, alles lieber partnerschaftlich anzugehen, was auch wünschenswert ist, in gewissem Rahmen. Trotzdem funktioniert jede Familie, jeder Betrieb, jede Firma und jedes Rudel/Herde nur, wenn jemand da ist, der die Richtung vorgibt, der die Verantwortung hat, der den Kopf hinhält, sich die Hände auch mal schmutzig macht, sich auch mal unbeliebt macht, allen den Weg zeigt, wo's sinnvoll ist, langzugehen.


    Das muss nicht autoritär geschehen, das kann man durchaus freundlich und idealerweise mit großer Kompetenz ;) . Und das ist auch nicht zwangsläufig der mit der größten Klappe. Oft sind es sogar eher die zurückhaltenden, die im Hintergrund aber alle Fäden in der Hand halten :roll: :lol: .


    Ich sehe meine Hunde und mich nicht so sehr als Einheit, denn ich bin nur ich, und meine Hunde sind für 10, 15 Jahre als Begleiter an meiner Seite.
    Meine Hunde sollen meiner Führung folgen, und ich bemühe mich nach besten Kräften, ihnen die bestmögliche Sicherheit, Geborgenheit und Hilfestellung zu geben, damit sie gut durch ihr Hundeleben kommen. Und dabei versuche ich Ihnen soviel Freiheit zu geben, wie sie annehmen können... das ist halt immer eine individuelle Sache.

  • Hi,


    @Cindychill : Ich glaube, ich habe immer noch nicht genau verstanden, was Du meinst. Bei mir gibts ne Handvoll Hörsignale, die beim TrInieren immer mit Körpersprache verknüpft waren. Das ist abgestuft:


    - „mmh“ bis „Nein“ universal für „Lass das mal und guck zu mir“. Das nutze ich, wenn der Hund gerade was macht, was ich gar nicht will. Z. B. an einem Verband zupfen, Salbe ablecken, Siebenschläfer scheuchen ...


    Wenn Hund guckt, winke ich sie bei und es gibt was Gutes, Schmusi oder ein Spiel. Habe nicht das Gefühl, dass die Beiden sich dadurch sehr reglementiert fühlen.


    - Dann gibts „Bürgersteig“ bzw. „Seite“. Mit entsprechender Geste. Erklärt sich von selbst :D Ich übe bewusst an einer ganz wenig befahrenen Straße (sogar mit den Anwohnern abgeklärt) meine Hunde dort unangeleint zu lassen. Das gibt meiner Ex-Straßendame die Gelegenheit, böse Dinge wie Mülltonnen, Fahnen, zum Schwätzchen aufgelegte Nachbarn ohne Eingrenzung zu erkunden.


    Wenn sie unsicher ist, kommt sie zu mir. Dann gehe ich halt zuerst am bösen Ding vorbei.


    - Dann gibts klassisch „Sitz“ und „Platz“ (für Leckerchen).


    - und es gibt „Name“ bzw. „hier“ für den Abruf.


    Ich kommuniziere auch sonst verbal und körpersprachlich mit ihnen. Genauso achte ich darauf, was sie mir mitteilen.


    Und ebenso, wie es manche Dinge gibt, die ich nicht will, akzeptiere ich, dass es manche Dinge gibt, die meine Hunde nicht wollen. Ronja mag keinen Schotter. Ok, dann meiden wir Schotterwege, soweit es geht. Lilly möchte gerade lieber einen anderen Weg laufen. Auch in Ordnung, so lange er nicht komplett in die Irre führt. Beide haben gerade überhaupt keinen Bock auf den Hund vom Nachbarn. Gut, dann gibt es halt kein nettes Schwätzchen etc.


    Ist das zu reglrementiert?


    @DerFrechdax


    Und deshalb habe ich nicht so einen Vertrag mit dem Denken und den Begrifflichkeiten der Hierarchien. Klar, ich stelle Regeln auf. Und bin da in ner echt guten Position bei den Hunden, weil ich ihnen andererseits ihr Futter, ihre Leckerchen und ihre schönen Kuschelplätze liefere. Und sie mit mir Gaudi und Schmuseeinheiten haben können. Und weil sie die Sicherheit haben, dass ich ganz viel abblocke, was sie doof finden.


    Aber auch meine Hunde stellen Regeln auf. Die drücken sie zwar nicht sprachlich aus, aber sie dürfen genauso erwarten, dass ich die befolge. Hund wird nicht angetatscht oder angequatscht, wenn er das gerade nicht haben mag (es sei denn, ein besonderer Fall erfordert es). Futter kommt in den Napf - und dann haben sie damit ihre Ruhe. Nur 2 von vielen Beispielen.


    Ich selbst arbeite übrigens auch am besten leicht neben der Hierarchie stehend. Meine nominalen Chefs wissen, dass ich damit den besten Job abliefere. Iund da der echt gut ist, lassen sie mich auch.


    Und in unserem Freundeskreis gibts keine Hierarchien, wir stimmen uns nach Situation ab. Ich empfinde das als sehr entspanntes miteinander.

  • Hund wird nicht angetatscht oder angequatscht, wenn er das gerade nicht haben mag (es sei denn, ein besonderer Fall erfordert es).

    Ist das nicht genau der Punkt in einer Hierarchie, dass ich mich auch gegen das Individuelle Bedürfniss eines Individeums durchsetze?

  • Ist das nicht genau der Punkt in einer Hierarchie, dass ich mich auch gegen das Individuelle Bedürfniss eines Individeums durchsetze?

    Hi - wenn Du es so wertest. Ein besonderer Fall ist z.B. der Besuch beim Tierarzt. Da haben beide sowas von keinen Bock drauf. Und ja, da setze ich mich darüber hinweg. Weil ich ihnen den Grund dessen nicht erklären kann.


    Wäre es weniger hierarchisch, auf eine medizinisch notwendige Maßnahme zu verzichten? Ich denke nicht.

  • Ich habe ja ein ganz anderes Problem. Mein Hund wäre gerne eine (Haus)Katze.
    ‚Hund sein lassen‘. Oh je.
    Wie sagte letztens eine Frau zu uns, als mein Hund versuchte den Tierschutz anzurufen, da er aufgrund der Hitze nass gemacht wurde ‚wie unser xxx‘ woraufhin ich fragte ‚ist xxx eine Katze?‘, was natürlich bejaht wurde. Ein Dilemma... das mit dem Hund sein lassen...



    Nein, mal im Ernst. Ich habe zwei Hunde die unterschiedlicher nicht lernen könnten. Würde ich einem Schema oder einer Methode nachjagen, dann würde das bei einem von beiden schief gehen.


    Authentisch, berechenbar und fair sein. Das finde ich das wichtigste.


    Übrigens wird das frühere Dorfleben mit Hunden doch etwas romantisch und harmonisch dargestellt. Ich kenne da ganz andere Geschichten. Das bräuchte ich für mich nicht. Da bin ich schon ganz froh, dass ungesicherte aggressive (warum auch immer) heutzutage (oft) ‚geahndet‘ werden.

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