Beschwichtigung, Übersprungshandlung, oder einfach nur normal?

  • Aber ich bin bis jetzt tatsächlich davon ausgegangen, dass man einen Hund einfach mal wo rausschicken kann und er selber sich eine andere beschäftigung sucht, solange man kommando natürlich klar wählt (zB Raum verlassen. Und dass man Hunden nicht immer sagen muss was sie tun sollen. Bisher habe ich das so nicht gemacht weil ich ja üben muss, dass er zielgerichtet das tut, was ich ihm sage, aber ich hatte schon vor ihm (wenn das zuverlässig klappt) mehr Freiheiten zu geben.
    Ich will ja eigentlich nicht, dass er den Tag über auf seiner Decke verbringt, nur weil ich zuhause zu tun habe.

  • es gibt verschiedene Ansätze hierzu, denke ich.
    Manche sind Fan davon, einem unsicheren Hund zu sagen, was er machen soll, dann hat man was zu loben und stärkt die Bindung, anstatt nur zu korrigieren und der Hund wird noch mehr verunsichert.


    Ich könnte mir aber vorstellen, dass du da mit deinem Hund nicht so hinkommst, denn wenn er so ähnlich tickt, wie meiner damals, dann wird er gerade so viel machen, wie er als notwendig erachtet, und wenn du ihm sagst, was er tun soll, dann wird er den Befehl sofort wieder aufheben, sobald kein Leckerli mehr winkt und du die Aufmerksamkeit von ihm abziehst (weil du zb im Haus was arbeitest).


    Ich persönlich würde die Regeln beibehalten, konsequent sein, ihn weitgehend ignorieren und viel Ruhe reinbringen. Fiddeln würde ich wie ich geschrieben hab, unterbinden, und sobald der Hund sich von selbst beruhigt hat, leise loben, wenn's passt.


    Im Grunde muss der Hund sich das selbst erarbeiten, wie er wieder runterkommt, ich bin kein Fan von immer auf den Platz schicken.
    Ok, manchmal geht es bei unserem Kleinen auch nicht anders, wir haben eine Box, und wenn er wirklich gar nicht mehr runterkommt, weil zb Kinder hier herumrennen, muss er ein paar Minuten da rein, um sich wieder zu beruhigen.


    Das kommt inzwischen kaum noch vor, weil er sich jetzt, nach 6 Monaten, von selbst auf seinen Platz legt, wenn er ruhen will. Für ihn ein grosser Fortschritt, er war vorher darauf konditioniert, ständig nach seiner Bezugsperson zu schauen, ob er auch alles recht macht. Dadurch hatte er einen hohen Stresslevel und war ständig in Bewegung und am schauen.


    Begegnungen mit Hunden würde ich ebenfalls sehr ruhig und entspannt verlaufen lassen, ohne wildes Spielen oder gegenseitiges Jagen, damit er da nicht wieder in seinen Rausch gerät und fiddelt.


    Versuche, bewusst ruhig und entspannt mit ihm zu reden und mit viel souveräner Ruhe mit ihm umzugehen. Immer tief durchatmen, nicht die Stimme erheben, und nichts persönlich nehmen, was er tut. Er spürt nämlich den Stress, den du dir machst, und das verunsichert ihn und er dreht wieder auf.


    Lass dich hier bitte nicht irre machen... keiner kennt dich oder deinen Hund. Nehm mit für dich, was passt, und den Rest macht nach deinem Bauchgefühl und vielleicht mit einem guten Trainer an deiner Seite.

  • Ich könnte mir aber vorstellen, dass du da mit deinem Hund nicht so hinkommst, denn wenn er so ähnlich tickt, wie meiner damals, dann wird er gerade so viel machen, wie er als notwendig erachtet, und wenn du ihm sagst, was er tun soll, dann wird er den Befehl sofort wieder aufheben, sobald kein Leckerli mehr winkt und du die Aufmerksamkeit von ihm abziehst (weil du zb im Haus was arbeitest)

    So isses. Man sagt ja, das sei Podenco typisch. Wenn dem so ist, würde ich das nur "abstellen" können, wenn ich seinen Charakter einfach Deckel und das will ich nicht. Ich muss auch erst lernen, damit umzugehen. Ich wollte ja eigentlich nie einen Podenco, aber jetzt ist er nunmal da und bleibt auch (hoffentlich die nächsten 12-14 Jahre) da. Und ich muss mich darauf einstellen und lernen damit zu leben, dass er Dinge immer genau hinterfragen wird.
    Ich gehe auch davon aus, dass er etwas ruhiger wird, sobald er die zwei Jahres Marke überschritten hat - das ist ja öfters so.


    Hundebegegnungen ruhig angehen zu lassen ist halt sehr schwierig. Kontakt an der Leine artet irgendwie bei anderen Hunden immer aus und frei laufen lassen kann ich ihn ja nur auf dem Hundefreilauf. Und da sind eben nun mal die Hunde da, die da sind. Dann habe ich nur noch die Möglichkeit wieder eine Stunde zurück zu fahren und 140km in den Sand gesetzt. Aber so ist es nunmal. Manchmal frage ich dann nach, wie lange die noch da sind, gehe einen Kaffee trinken und versuche es später nochmal. Aber das geht eben nur am Wochenende und auch nicht jedes, weil ich dazu echt fast den ganzen Tag brauche (eine gute Stunde Anfahrt, dann laufen lassen, ggf 2 Stunden warten, wenn zuviele Hunde da sind und dann wieder über eine Stunde zurück fahren).
    Ich nehm das alles in Kauf und weiß auch, dass ich viel an mir arbeiten muss.


    Ich denke auch, dass er mir irgendwann meine Fehler verzeihen wird. Podenco hin oder her, auch Podencos sind nur Hunde, die nicht ein Leben lang nachtragen, auch wenn man von PodencoMenschen oft hört, dass sie ja ganz anders sind und mit garnichts zu vergleichen und blablabla.

  • Ich dachte bisher, dass ein Hund sich in seinen Grenzen (die er ja versteht) schon zu bewegen weiss.

    Nicht unbedingt. Oder nicht jeder Hund.


    Mein unsicheres Hibbelchen tut sich tatsächlich mit engmaschiger Anleitung leichter. Erspart ihm das Grübeln ob er das, was er gerade macht, richtig macht. Nimmt ihm die Unsicherheiten.


    Dennoch darf er so ziemlich den allerallergrössten Teil des Tages machen was er will.

  • ich würde mich sehr sehr freuen, wenn du mir schildern könntest wie du vorgegangen bist!

    Erster Knackpunkt ist der direkte Umgang. Ich "von Natur aus" ein Mensch, der körperliche Kontaktaufnahme bzw. körperliche Nähe und Distanz stark regelt. Ich habe mich anfangs gewundert, warum die Pflegehunde, die mit einem Alleinbleib-Problem zu mir kamen, dies bei mir so nicht zeigt. Und dann habe ich danach gesucht, was ich eigentlich anders mache.


    Ich regele die Kontaktaufnahme ziemlich klar. Ich kann es nicht ausstehen, wenn sich mir Hunde einfach so ans Bein pressen, sich an mich drängeln oder so was. Da schicke ich sie sofort weg. Wenn ich sie einlade, dann dürfen sie kommen. Oder, wenn sie höflich fragen, ob sie kommen dürfen und meine Antwort abwarten.


    Das heißt für die Hunde ganz automatisch, dass meine Anwesenheit nicht bedeutet, dass man "frei verfügbar" auf mich zugreifen darf.


    Das alleine ist es natürlich nicht, aber ich vermute ein großer Baustein.


    Das nächste, was ich von Anfang an mache: Die Hunde bekommen einen Bereich über Gitter abgetrennt, so dass sie mich sehen, aber nicht zu mir können. Sobald sie meinen Tagesablauf gepeilt haben und wissen, wann die Phasen sind, in denen ich für sich sichtbar irgendwo längere Zeit sitze und was Ruhiges mache, parke ich sie dort. Immer so lange, bis der Hund eingeschlafen ist. Der Hund kann also sehen, dass ich noch da bin, wenn er will. Aber die meisten ziehen sich recht bald zurück, weil das irgendwie total öde ist. Sollte der Hund versuchen übers Gitter zu springen, gibt es eine klare Ansage. Überspringen von Absperrungen ist grundsätzlich Tabu bei uns, egal wie niedrig sie sind. Tut sich ein Hund schwer zur Ruhe zu kommen, deponiere ich mir eine Schüssel mit Lecker und schmeiße ab und an eins in den Raum, wenn der Hund Verhalten zeigt, das ihn zur Ruhe kommen lässt. Die Abstände vergrößere ich dann immer mehr. Geöffnet wird die Sperrzone grundsätzlich beiläufig immer nur dann, wenn der Hund zur Ruhe gekommen ist, indem ich beiläufig da mal rein muss, was holen, gucken oder so und "vergesse" die Tür wieder zu zumachen.
    Damit wir mal einen Zeitrahmen haben: Meist beginnt das so mit einer Stunde in dem Bereich.


    Sobald das gut funktioniert, mache ich es so, dass der Hund mich mal nicht mehr sieht, bei dem was ich tue. Aber ich mache ruhige Sachen in der Wohnung.


    Sobald das geht, mache ich alles mögliche, auch Hausarbeit.


    Erst dann lasse ich ihn in dem Bereich auch allein und verlasse die Wohnung, um draußen was zu tun usw ...


    Gleichzeitig übe ich in allen Lebenslagen (in der Wohnung, im Garten, beim Gassi) das Anbinden über Belohnung für ruhiger Werden. Das ist nämlich auch eine Alleinbleib-Übung. Dazu hatte ich hier schon mal eine Anleitung irgendwo geschrieben ... muss ich mal suchen.

  • Achso, und noch was zu der Küchen-Verbots-Diskussion. Meine dürfen auch nicht in die Küche.


    Ich habe aus Deinem Geschriebenen nicht so recht verstanden wann Du genau lobst. Daher mal der Hinweis: Wenn Du nach "Diskussion" mit dem Hund belohnst, dass er draußen ist, dann belohnst Du die ganze Kette vorher mit - also auch die Diskussion. Daher belohne ich meine Hunde bei sowas nur, wenn sie beim ersten Mal ohne Korrektur reagiert haben.


    Wir haben übrigens auch die Küchenregel - draußen bleiben.


    Und feste Liegeplätze habe ich nicht. Dafür ein Kommando mir oder anderen von der Pelle zu bleiben. "Geh weg". Das führt in der Regel dazu, dass die sich trollen und irgendwo hinlegen. Mir reicht das so.

  • Ich gehe auch davon aus, dass er etwas ruhiger wird, sobald er die zwei Jahres Marke überschritten hat - das ist ja öfters so.

    Dachte ich früher auch mal, jetzt ist mein Podenco Mix 9 Jahre alt und immer noch nicht ruhiger. Wird wohl also nix mehr damit werden ;-)

  • Vielen Dank, ich werde Deine Tips gerne mal ausprobieren!

  • Dachte ich früher auch mal, jetzt ist mein Podenco Mix 9 Jahre alt und immer noch nicht ruhiger. Wird wohl also nix mehr damit werden ;-)

    Owei, ich hoffe, ich brauche nicht solange um ruhiger zu werden :-)

  • Und ich muss mich darauf einstellen und lernen damit zu leben, dass er Dinge immer genau hinterfragen wird.



    Hundebegegnungen ruhig angehen zu lassen ist halt sehr schwierig. Kontakt an der Leine artet irgendwie bei anderen Hunden immer aus und frei laufen lassen kann ich ihn ja nur auf dem Hundefreilauf. Und da sind eben nun mal die Hunde da, die da sind. Dann habe ich nur noch die Möglichkeit wieder eine Stunde zurück zu fahren und 140km in den Sand gesetzt. Aber so ist es nunmal. Manchmal frage ich dann nach, wie lange die noch da sind, gehe einen Kaffee trinken und versuche es später nochmal. Aber das geht eben nur am Wochenende und auch nicht jedes, weil ich dazu echt fast den ganzen Tag brauche (eine gute Stunde Anfahrt, dann laufen lassen, ggf 2 Stunden warten, wenn zuviele Hunde da sind und dann wieder über eine Stunde zurück fahren).
    Ich nehm das alles in Kauf und weiß auch, dass ich viel an mir arbeiten muss.

    Ich würde es nicht hinterfragen nennen...
    Das hat so einen Beigeschmack von "Der Hund nimmt mich nicht ernst", das hat was von Machtkampf. Auf einen solchen brauchst du dich mit einem Podenco nicht einlassen, denn da er ein Vermeider ist, wird er sich entziehen und dir wie nasse Seife durch die Finger glitschen. Und trotzdem gestresst sein und du genervt.


    Ich denke eher, dass Podencos dazu selektiert wurden, eigenständig Entscheidungen zu treffen ohne sich abzusprechen, plus dein Hund kommt aus dem Tierheim, plus ihr kennt euch noch nicht lange, plus du bist vielleicht unerfahren (ist das dein erster Hund? Oder verwechselt ich da was?)


    Ein Podenco muss sich freiwillig dir anschliessen, wenn er 100% überzeugt ist, dass er dir trauen kann.


    Zum Freilauf, ich hatte dir schon Fahrrad vorgeschlagen, aber ich glaube, das ist nicht praktikabel, weil er gern mal in die Leine springt, stimmt's?
    Wie wäre es mit Joggen, und der Hund läuft nebenher?


    Ausserdem gibt es Hundeschulen, die Social walks anbieten, zumindest bei uns. Da gehen alle miteinander spazieren, die Hunde dürfen überall an der Leine schnüffeln, nur eins nicht, Kontakt zueinander aufnehmen. Wenn man das regelmässig macht, lernt der Hund, dass Hundesichtungen nicht automatisch in wildes Gerenne münden, die Hunde lernen, sich zu kontrollieren und ruhig miteinander unterwegs zu sein. Manche Hunde gehen auch an der Schlepp, wenn sie das komplett verinnerlicht haben und sich keinem anderen Hund aufdrängen.


    Ich finde du bist auf einem guten Weg, beobachte deinen Hund weiter und überleg, wie du ihm helfen kannst zu entspannen. Nach und nach wird er sicher ruhiger werden, so dass du ihn auch wieder mit anderen Hunden kontrolliert laufen lassen kannst. Nur halt immer schön ein Schritt nach dem anderen und das Pferd nicht von hinten aufzäumen ;) :smile:

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