Bedürfnisorientiert oder kontrolliert? Was traue ich meinem Hund zu?
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Ich glaube, du hast mich da falsch verstanden. Es geht mir nicht um schwarz-weiß. Es geht um ein Spektrum, eine Skala, ganz viele Grautöne. Kontrolle und Bedürfnisorientierung schließen sich für mich auch nicht gegenseitig aus. "Was traue ich meinem Hund zu?" ist ebenfalls in alle Richtungen zu verstehen. Kann positiv sein (der kann ganz viel selbstständig). Kann eher negativ sein (der würde ganz selbstständig die gesamte Nachbarschaft befruchten, wenn ich nicht aufpasse).
Und diese Frage kann ich ganz ernsthaft stellen, weil es zum einen noch viele Einstellungen in die folgenden Richtungen gibt:
"das macht man so"
"der Hund muss"
"der Hund darf nie"
"wenn ich darauf eingehe, tanzt er mir auf der Nase rum"
etc.Es gibt in anderen Fällen aber auch vollkommen berechtigte Gründe für (sehr viel) Kontrolle. Weil das Tier die (erstmal) braucht. Weil damit Gefahren abgewendet werden usw. Und weil mich diese Gründe interessieren, frage ich hier nach.
Also keine Kritik, nichts reißerisches, kein entweder-oder, sondern "Hey, es gibt viele Ansätze, viele Individuen, viele Konzepte - wie macht ihr das, wie kamt ihr dazu, das so zu machen, habt ihr schon mal was anderes versucht?" Austausch eben.
Das finde ich einen supertollen Satz!!!
Also, ich mach mal einen Versuch, es ist ja schon spät... mal sehen, wann ich dann ins Bettlein komme
Ich habe es in dem anderen Dominanz- Thread schon geschrieben, dass ich unser (meine Hunde und ich) Verhältnis zueinander schon hierarchisch nennen würde.
Das würde ich mein Familiensystem übrigens auch. Also im Sinne von, die Eltern kümmern sich um die Bedürfnisse der Kinder, machen natürlich ganz ganz viel, was die Kinder gern mögen und ihnen guttut, bestehen aber auch auf Regeln und deren Einhaltung, und manchmal müssen die Kinder auch Sachen machen, die sie nicht mögen, zb Zimmer aufräumen, und manches, was sie lieber tun wollen, zb zocken, sein lassen.
Wir Eltern bestimmen nicht, um die Kinder zu kontrollieren und uns mächtig zu fühlen, sondern weil die Kinder noch nicht über die nötige Weitsicht und Erfahrung verfügen, um eigenständig Entscheidungen zu treffen und die Konsequenzen davon auch zu tragen.So erziehen wir unsere Kinder, grob und sehr vereinfacht gesagt.
Meine Hunde erziehe ich genauso, natürlich sind das Tiere, die instinktgesteuert sind, und jeder Hund ist auch ein anderer Typ und manche haben Baustellen, andere nicht.
Im Grundsatz ist es so, dass ich agiere, und meine Hunde reagieren.
Sehr oft ist es jedenfalls so. Ich mag es nicht, forsch von einem Hund bedrängt zu werden, angebellt, angeknurrt, zu etwas bewegt zu werden, das ich gerade nicht will. Ich möchte gern, dass der Hund sich im Hintergrund hält, dezent anfragt, ja, klar, aber keine unübersehbaren Forderungen stellt a la "Futter her, sonst knallts!" "Streichel mich, SOFORT!"Ich möchte in ganz vielen Dingen, dass die Initiative von mir ausgeht, und ich vorher durch einen Blick zb gefragt werde. Ob der Hase gejagt wird. Ob der vorbeilaufenden Spaziergänger am Zaun angebellt wird. Ob es ok ist, sich meinen Gästen zu nähern.
Dafür ist es tatsächlich so, dass ich nichts persönlich nehme, was meine Hunde tun. Wenn sie etwas tun, was ich nicht möchte, dann überlege ich, wie ich das in Zukunft anders managen kann, dass sie das unterlassen. Klappt es, lobe ich meine Hunde.
Ich lobe überhaupt sehr viel, wenn sie von sich aus etwas machen, was ich gut finde, und möchte, dass sie das öfter zeigen.
Ansonsten lasse ich sie viel in Ruhe, damit sie sich ausruhen können, die Große schläft ja viel, der Kleine braucht unbedingt Ruhepausen und ruhige Zeiten, wo er runter kommen kann.
Ich habe mit meinen Hunden wirklich sehr viele schöne Momente, die ich sehr genieße. Ich liebe meine Hunde, bin immer für sie da, achte auf ihre individuellen Bedürfnisse.
Gestern abend war so ein schöner Moment.
Ich habe meinen Garten gegossen, die Hunde sind so um mich herum gegondelt, die Große setzt sich in meine Nähe, die Augen leicht geschlossen, hechelt leicht vor sich hin, ein Ausbund an Entspannung und "Mit-sich-und-der-Welt-im-Reinen-sein". Schaut kurz zu mir, aus diesen fast zunen Augen, ich blinzle in dem Moment einmal, 'alles ok, alles entspannt' ("Deeskalationsgeste") , sie blinzelt einmal zurück, wir schauen beide wieder wo anders hin.
Für mich hat dieser Moment so viel von im Einklang miteinander schwingen gehabt, das kann ich schlecht in Buchstaben pressen.
Der Kleine schlurfte dann auch an mir vorbei, als ich grade in der Hocke unter einem Busch gegossen habe, ich lade ihn mit einer Handbewegung zu mir ein, er leckt mir mein Handgelenk, während ich ihn mit der Hand kraulen und an seinen Lieblingsstellen streichle.
Unsere Welt ist einfach ok und alles geklärt und alles im Lot und alle zufrieden. Ein sehr schönes Gefühl.
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Etwas anderes ist es, wenn Leute hier im DF von Problemen schreiben, wo sie nur noch reagieren, weil der Hund agiert.
Da haben sich die Verhältnisse so gedreht, dass der Hund nur noch oder zumindest sehr oft selbst entscheidet, und der HH ist am Rödeln, wie er den Hund wieder in die Spur bringt.
Was ich dann als "Ich würde dasunddas machen" schreibe, mache ich daheim nicht zwangsläufig auch bei meinen Hunden, denn das ist gar nicht nötig.
WÜRDEN sie aber das genannte Verhalten zeigen, würde ich dasunddas dann machen, um das zu ändern.Und hier sage ich mir, Hey, wenn der Umgang daheim vielleicht nicht stimmt weil der Hund sehr viele Freiheiten hat und nicht weiss, wie er damit umgehen soll (?), er die Ansagen macht und Initiativen ergreift (?), dann hat der Hund ausser Haus auch keinen Grund, auf seinen menschlichen Futter-und Streichelautomaten zu hören.
Deshalb würde ich (ich rede nur von mir persönlich!) so einem Hund gegenüber schon durch meine Körpersprache und meinen Habitus klar machen, dass ab jetzt ich derjenige bin, der bis auf weiteres festlegt, wie es von nun an gemacht wird, und da gehört u.U. auch dazu, dass ich festlege, wann Streichelstunde ist und ich den Hund erstmal weitgehend nichts mehr bestimmen lasse. Das bedeutet auf keinen Fall, dass ich laut oder grob oder hart zu dem Hund bin, das bin ich in der Tat gerade nicht, denn ich will ja Erfolgserlebnisse mit dem Hund erleben, möchte, dass er lernt, auf mich zu schauen, dass es sich lohnt und gut für ihn ist, sich an mir zu orientieren, denn dann, wenn er das schafft, werden ihm alle Bedürfnisse zuverlässig und vollkommen erfüllt.
Dann übernehme also ich als Mensch das agieren, und mein Hund folgt mir und reagiert. Wenn das Verhältnis soweit wieder normalisiert ist, dass der Hund kleinere Brötchen bäckt, fällt mir dann auch kein Zacken aus der Krone, wenn der Hund mal ankommt mit der klitzekleinen Bitte, ob ich ihn nicht hier unten genau da streicheln könnte... klar mach ich das dann.
Das mache ich aber nur, wenn der Hund höflich anfragt und ich das in seiner Körpersprache lesen kann.
Zum Schluss noch: Unser Kleiner kam im Januar von einer Pflegefamilie, wo der Mann wirklich sehr viel mit ihm gearbeitet hat, denn er war vorher 8 Jahre lang total vernachlässigt worden und bissig dazu. Er hat wirklich sehr viel gute Arbeit bei diesem Hund geleistet.
Der Mann ist sehr grosser Cesar Milan- Fan.
Ich hab mir nur ein paar Videos auf Youtube angesehen, und manches fand ich interessant, manches aber auch nicht so toll, um es mal dezent auszudrücken.
Jedenfalls hatte ich die erste Zeit einen Hund, der ständig herumschlich, als würde er sich am liebsten in Luft auflösen. Er schaute beim Gassi permanent zu mir, um ja nicht zu verpassen, sollte ich ihm einen Befehl geben wollen. Er war nicht in der Lage, von selbst sich einen Platz zu suchen, um zu ruhen. Ich musste ihm dazu einen Befehl geben.
Der Mann ist der Meinung, der Hund dürfte nie die Rute nach oben tragen beim Gassi, denn das gäbe dem Hund Oberwasser. Seine Hunde wurden mehrfach am Tag testhalber "unterworfen", indem er auf sie zu gegangen ist und die Hunde haben sich dann sofort auf den Rücken geschmissen.Ich wusste definitiv, dass ich das SO sicher nicht haben wollte.
Meine Hunde sollen Lebensfreude verspüren, wenn wir durch die Felder wandern. Sie sollen bei mir bleiben, aber entspannt und freudig bei der Sache sein, nicht ängstlich oder derart unterwürfig.Inzwischen hat sich die Körpersprache des Kleinen sehr gewandelt, er sieht fit, freudig, gesund und motiviert aus. Ich muss ihn immer noch manchmal runterregeln, wenn er zu sehr aufdreht, und in Bellerei verfällt. Und, er hat plötzlich entdeckt, dass man Fahrradfahrern hinterhersausen kann. Nicht gut, vielleicht eine Nebenwirkung, weil er bei uns mehr Freiheiten hat und unbekümmerter/vertrauensvoller ist. Ich arbeite momentan daran und hab das im Auge.
Die Formulierung der "kontrollierten Bedürfnisorientierung" fand ich sehr gut
Ich hab es schonmal wo geschrieben gehabt:
Ein Hund, der gut hört, kann von mir fast alles haben. Ein Hund, der meint, das Heft in der Hand zu haben und/oder unschöne Alleingänge zu startem, muss sich ganz hinten anstellen bei mir.
Einen schönen Abend an alle in der Runde
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Hi
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Für mich besteht bei Befürfnisorientierung, Kontrolle und Führung ein Unterschied.
Ich versuche es mal zu erklären:Bedürfnisorientierung ist für mich die Erfüllung/Befriedigung/Forderung von sozialen Grundbedürfnissen die emotional gesteuert werden z.b. das Bedürfnis nach körperlicher Nähe. Dem (beidseitig) nachzukommen ist für mich eine natürliche, unbewusste Handlung und erfordert keine Kontrolle beinhaltet aber Führung.
Kontrolle ist das aktive, bewusste, konsequente Steuern/Unterdrücken von unerwünschten Handlungen/Verhaltensweisen die auf bestimmte Aussenreize erfolgen (jagen und Leinenaggresdion gehören für mich in diese Kategorie) und im besten Fall zu einer Kombination aus Führung und Kontrolle wird, wobei die Kontrolle eher stetig abehmend ist, aber latent bleibt.
Führung ist das uneingeschränkte Vertauen des Hundes in die soziale Kompetenz und Fähigkeit des Halters und das daraus resultierende „blinde Folgen“ bei dessen Entscheidungen.
M.M.n finden in der Hundeerziehung immer alle drei Komponenten je nach Hund in verschiedenen Gewichtungen statt (bewusst und unbewusst), wobei ein Gleichgewicht zwischen Befürfnisorientierung und Führung den optimalsten Zustand in der Hund/Halter-Beziehung darstellen würde.
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Also sind wir im Grunde genommen doch alle nicht weit auseinander, wenn überhaupt.
Lediglich die Interpretationen zur Motivation/... Ursachen (des Hundes und vll. auch der Halter) unterscheiden sich ein wenig; am meisten bei den gewählten Begrifflichkeiten.
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Ich denke, dass sehr viel Interpretationssache ist, und einige Halter einfach die Sorge haben, dass man seinem Tier schaden könnte, was ja nicht verkehrt ist, wenn man bedenkt, wie gewisse Menschen mit Tieren heutzutage umgehen. Jedoch, ich spreche hier wirklich nur von mir selber!, lasse ich nicht zu, dass ich meinen Hund zu sehr vermenschliche. Ich denke, man kann das nicht komplett "ausschalten", weil wir Menschen nun einmal die Dinge anders verstehen als Hunde, aber es in unserer Macht liegt, auch die andere Partei zu lernen zu verstehen.
Ein Beispiel erst von gestern, und ich hoffe, dass die Person mit der ich diese Diskussion hatte, falls sie sich hier im Forum verirren sollte, mir das nicht übel nimmt:
Es entstand die Frage, ob das Rausgehen, wenn einem Besitzer bei der Blutabnahme beim Hund schlecht wird, als im Stich lassen gilt? Wie wir sehen, ist das eine menschliche Sicht.
Wie kommt es aber zu dieser Frage? Die die mich aus anderen Threads nun kennen, wissen, dass ich nicht nur einen Problemhund habe, der gerne zuschnappt, sondern dass dieser noch seit April erstmalig an verschiedenen Allergien leidet. Ein Blutprobe ist somit unerlässlich. Mir wird als Besitzerin jedoch, ab dem Moment wo ich Desinfektionsmittel rieche, eine Nadel sehe oder einfach in der Situation bin wo es um Blut geht schlecht. Das hat nichts mit all zu großer Fantasie zu tun, sondern es passiert einfach. Zuerst merke ich wie meine Hände und Beine taub werden, danach beginne ich "Schimmer" zu sehen, bis ich gar nichts mehr sehe und danach, kommt (zumindest bei mir), ein Würgereflex, weil mein Körper versucht wieder Blut in den Kopf zu pumpen. Ich falle nicht hin, aber ich muss mich sofort übergeben, und das kann ich mir nicht wegdenken, oder wegreden oder was auch immer sich da manch einer vorstellt.
Nun zu der Frage davor: Wenn ich in dem Moment wo ich merke, "es wird übel" kurz rausgehe, um mich dort zu "fangen", ist das nun ein im Stich lassen? Obwohl der Hund dann trotzdem andere Familienmitglieder um sich hat?
Für mich eindeutig nein, da ich es viel wichtiger finde, dass mein Hund meinen Angstschweiß, bzw Stressschweiß nicht riecht, und auch weder mögliche Ohnmacht noch andere Gerüche mitbekommt, die ihn noch zusätzlich verunsichern könnten. Hunde sind nun mal hauptsächlich Nasengesteuert, und analysieren meiner Meinung nach nicht, so wie wir Menschen es tun. Deswegen, finde ich, dass an einem Rausgehen und wieder reinkommen wenn es möglich ist, nichts verwerfliches dran ist.
Dieses Beispiel zeigt, wie es mit anderen Bereichen der Hundeerziehung aussehen kann. Die einen sehen hinter einem "hinter dem Herrchen gehen", Dominanz oder Kontrolle und die anderen sehen dahinter simples Training welches auch in einer Notsituation sehr hilfreich sein kann, wenn der Hund diese beherrscht. Wir haben alle festgestellt, dass es verschiedene Hunde, Probleme, Lebenssituationen gibt, und ich denke ein eindeutiges Rezept, dass für jeden Hund klappt gibt es einfach nicht. Und das ist auch gut so, weil alles ansonsten sehr langweilig wäre.
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Es entstand die Frage, ob das Rausgehen, wenn einem Besitzer bei der Blutabnahme beim Hund schlecht wird, als im Stich lassen gilt? Wie wir sehen, ist das eine menschliche Sicht.
Also davon abgesehen, dass Menschen immer menschlich sehen, ist das nicht nur eine menschliche Sicht, sondern die Sicht einer jeden komplexen, sozialen Art. Das erklärt sich aus dem Sinn von sozialen Strukturen ganz allgemein. So sehr, wie man einst meinte, hebt sich Mensch gar nicht ab.
Nun zu der Frage davor: Wenn ich in dem Moment wo ich merke, "es wird übel" kurz rausgehe, um mich dort zu "fangen", ist das nun ein im Stich lassen? Obwohl der Hund dann trotzdem andere Familienmitglieder um sich hat?
Das kann ich Dir nicht wirklich beantworten, mehr raten.
Wenn Du die einzige Person in diesem Hund-Mensch-Verband bist, die dem Hund Sicherheit/Vertrauen vermittelt, dann lässt Du ihn (gezwungenermassen) im Stich und er wird das auch so fühlen, wenngleich er das rational nicht derart in Worte fassen, sich die Gefühle nicht erklären kann. (Wäre es anders, gäbe es die Komponenten Bindung und Vertrauen in der Mensch-Hund-Beziehung nicht ... und man könnte beides nicht verlieren).
Kommen die anderen Familienmitglieder Dir eher gleich (aus Perspektive des Hundes), dann wird sich das mildern in dem Masse, wie seine Bindung zu den anderen Familienmitgliedern der Deinigen nahe kommt.
Wenn der Hund sich allerdings über den TA-Besuch derart aufregt, dass er nicht mehr in der Lage ist, überhaupt noch etwas bewusst wahrzunehmen, sondern nur noch angstgesteuert wäre, dann spielt es eigentlich keine Rolle mehr. (Doch dann wäre dringend an der Bindung zu arbeiten).
Du hast jetzt keine andere Wahl, deswegen hast Du Dir auch nichts vorzuwerfen.
(Auf den Rest gehe ich vll. später noch einmal ein ... muss jetzt raus)
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Die einen sehen hinter einem "hinter dem Herrchen gehen", Dominanz oder Kontrolle und die anderen sehen dahinter simples Training welches auch in einer Notsituation sehr hilfreich sein kann, wenn der Hund diese beherrscht.
Es stimmt schon, da interpretiert man schnell allein vom Bild her viel herein. Weshalb man da ein wenig vorsichtig mit schnellen Verurteilungen sein sollte.
Auf der anderen Seite gibt es aber auch viele Wege, die zu diesem Verhalten führen, und viele Grundhaltungen des Menschen dahinter - und beides hat einen wesentlichen Einfluss darauf, wie ein Hund so etwas wahrnimmt und wie es sich auf ihn auswirkt. Auch das sollte man nicht unterschätzen.
Bleiben wir doch bei dem Beispiel "hinter dem Menschen gehen". Der eine sieht das vielleicht als nützliche Sache an engen, unübersichtlichen Stellen. Folglich möchte er es seinem Hund antrainieren, überlegt sich eine Methode und entscheidet sich meinetwegen für "Kekse in die eigene Spur werfen". (Nicht, dass ich diese Methode nun besonders hervorheben möchte - ist nur ein Beispiel.) Dann packt er ein Signal drauf, und voila, Verhalten "Hund läuft hinter dem Menschen" ist fertig.
Nun kommt der andere. Der findet es wichtig, weil schließlich der Alpha immer vorn zu gehen hat. (Was so per se schon nicht ganz richtig ist - ist aber noch weit verbreitet.) Also wird der Hund, wann immer er nur eine Nase am Menschen vorbei steckt, sofort vehement geblockt, vielleicht auch eingeschüchtert. Bis der Hund sich nicht mehr traut, diese Linie zu überschreiten. Und voila, Verhalten "Hund läuft hinter dem Menschen" ist fertig.
Man kann und sollte von einer Momentaufnahme also nicht unbedingt darauf schließen wollen, wie das entstanden ist. Aber umgekehrt kann und sollte man auch nicht vernachlässigen, dass ein ähnliches Verhalten - ich schreibe jetzt nicht "gleiches", weil die Körpersprache des Hundes eine andere sein dürfte, und ganz bestimmt die inneren Vorgänge beim Hund andere sind - immer auch gleich zu bewerten ist. Um ein ganz deutliches Beispiel dafür zu bringen: Sandor hat per Clicker den Trick "Fauli" gelernt, bei dem er sich auf den Rücken rollt und die Hinterbeine auseinander klappt. Was sehr ähnlich aussieht, aber doch ganz was anderes ist als ein Hund, der seinen "Alphamenschen" kommen sieht und sich vorsichtshalber auf den Rücken schmeißt.
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Es entstand die Frage, ob das Rausgehen, wenn einem Besitzer bei der Blutabnahme beim Hund schlecht wird, als im Stich lassen gilt? Wie wir sehen, ist das eine menschliche Sicht.
Wie kommt es aber zu dieser Frage? Die die mich aus anderen Threads nun kennen, wissen, dass ich nicht nur einen Problemhund habe, der gerne zuschnappt, sondern dass dieser noch seit April erstmalig an verschiedenen Allergien leidet. Ein Blutprobe ist somit unerlässlich. Mir wird als Besitzerin jedoch, ab dem Moment wo ich Desinfektionsmittel rieche, eine Nadel sehe oder einfach in der Situation bin wo es um Blut geht schlecht. Das hat nichts mit all zu großer Fantasie zu tun, sondern es passiert einfach. Zuerst merke ich wie meine Hände und Beine taub werden, danach beginne ich "Schimmer" zu sehen, bis ich gar nichts mehr sehe und danach, kommt (zumindest bei mir), ein Würgereflex, weil mein Körper versucht wieder Blut in den Kopf zu pumpen. Ich falle nicht hin, aber ich muss mich sofort übergeben, und das kann ich mir nicht wegdenken, oder wegreden oder was auch immer sich da manch einer vorstellt.
Nun zu der Frage davor: Wenn ich in dem Moment wo ich merke, "es wird übel" kurz rausgehe, um mich dort zu "fangen", ist das nun ein im Stich lassen? Obwohl der Hund dann trotzdem andere Familienmitglieder um sich hat?
Für mich eindeutig nein, da ich es viel wichtiger finde, dass mein Hund meinen Angstschweiß, bzw Stressschweiß nicht riecht, und auch weder mögliche Ohnmacht noch andere Gerüche mitbekommt, die ihn noch zusätzlich verunsichern könnten. Hunde sind nun mal hauptsächlich Nasengesteuert, und analysieren meiner Meinung nach nicht, so wie wir Menschen es tun. Deswegen, finde ich, dass an einem Rausgehen und wieder reinkommen wenn es möglich ist, nichts verwerfliches dran ist.
Ich würde nicht sagen, dass das unbedingt vermenschlicht ist, denn Hunde sind genauso soziale Wesen wie Menschen, und profitieren davon, wenn ihnen in unangenehmen Situationen eine Bezugsperson beisteht.
Dennoch muss man einfach die Verhältnismäßigkeiten wahren. Wenn der Hund sogar noch von anderen Familienmitgliedern begleitet ist, sehe ich da nicht das geringste Problem!
Und selbst wenn du ihn mit dem TA allein lassen müsstest: Meine Güte, da muss ein Hund eben mal durch, und er wird es auch überstehen. Und du hast absolut recht damit, dass du mehr schaden als nützen würdest, wenn der Hund durch deine Angst verunsichert wird.
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du hast absolut recht damit, dass du mehr schaden als nützen würdest, wenn der Hund durch deine Angst verunsichert wird.
Das würde ich genau so unterschreiben. Hier geht es um eine schlichte Abwägung, was das geringere Übel ist.
Generell hab ich so ein leises Problem mit dem Begriff "vermenschlichen" in Bezug auf Emotionen. Hunde und Menschen harmonieren vor allem deshalb schon so lange so gut, weil wir uns emotional wie auch im Aufbau unserer Sozialstrukturen doch sehr ähnlich sind. Und seit es möglich ist, bei Menschen wie Hunden durch durch die bildgebenden Verfahren dem Gehirn auch im Wachzustand ein wenig bei der Arbeit zuzusehen, und unser Wissen um hormonelle Vorgänge drastisch angestiegen ist, hat sich gezeigt: Wir sind uns noch viel ähnlicher, als man früher gedacht hat.
Ein besonders schönes Beispiel dafür finde ich etwas, das wohl keinen Hundehalter überrascht haben dürfte, aber die Wissenschaft schon: Der Augenkontakt. Bei den weitaus meisten Tieren ist ein längerer Augenkontakt schlicht eines: Eine Drohung. Menschen sind da anders, wir können zwar per Blick drohen (sieht man vor Boxkämpfen), aber wir schauen uns auch lange tief in die Augen wenn wir uns mögen. Und dabei wird messbar ein Bindungshormon ausgeschüttet. Genau die gleiche Wirkung hat es auf uns, wenn wir unserem Hund innig in die Augen blicken. Und, was der wohl spannendste Teil ist: Das gleiche passiert im Hund! Auch dieser schüttet beim intensiven Blickkontakt mit seinem Bezugsmenschen reichlich Oxytocin aus. Man könnte also ganz salopp sagen: Wir vermenschlichen den Hund nicht, sondern seine Geschichte hat ihn tatsächlich vermenschlicht!
Mittlerweile haben sich auch etliche Forscher dieses Themas angenommen. Zum Beispiel im "Family Dog Project" wird ganz viel dazu untersucht; besonders interessant deshalb, weil die eben nicht mehr oder weniger steril aufgezogene Laborhunde dafür benutzen. Sondern davon ausgehen, das "natürliche" Lebensumfeld des Haushundes ist in der Nähe seines Menschen, also sollte man auch Hunde untersuchen die mit ihren Menschen leben. Und was sie da alles herausgefunden haben ist hoch spannend. Unter anderem gehört da auch die Wichtigkeit dazu, die die soziale Unterstützung durch ihre Bezugspersonen für Hunde hat.
So gesehen: Es kann durchaus richtig sein, lieber den Raum zu verlassen. Nämlich wenn man keine Unterstüztung sein könnte, sondern nur ein weiterer Stressfaktor wäre. Daraus würde ich aber nicht ableiten, dass man Hunde vermenschlicht wenn man sagt, sie würden von der Unterstützung durch ihren vertrauten Menschen (was in eurem Fall wohl durch die Familie gegeben war) profitieren. Und umgekehrt diese Unterstützung nicht vermissen, wenn sie ihnen vorenthalten wird. Ob ein Hund das nun exakt so empfindet wie ich? Keine Ahnung. Ich weiß ja nicht mal, ob andere Menschen das so empfinden wie ich. Auch darüber kann ich nur spekulieren. Sicher gehe ich nur davon aus, dass der Hund es nicht so in Worte fassen würde wie ich. Aber Gefühle? Bei einem Lebewesen, dessen Gehirn da so sehr änlich aufgebaut ist wie meines, und bei dem die gleichen Hormone genau die gleiche Wirkung zeigen wie bei mir?
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Ich stimme euch allen in vielen Aspekten zu. Mit "vermenschlichen" meine ich aber, dass ich meinen Hund wie einen behandle. Das bedeutet, für in wenn wir beim Blutabnahme-Beispiel sind, ich mir einrede "Der Hund schafft das ohne mich nicht, ich bin doch seine Mama!" und dann verschwitzt, nach Luft schnappend, vor ihm in der Ohnmacht sitze, weil der Hund ja seine Mama braucht. DAS finde ich in diesem Fall vermenschlicht, weil ich in diesem Moment nicht wahrnehme oder auch akzeptieren möchte, dass der Hund mit seiner Nase alles riecht was in mir vorgeht. Vor allem durch meinen Schweiß. Ich meine, es gibt sogar Hunde die Tumore riechen können. Wie ausgeprägt der Geruchssinn ist, muss ich ja nicht erläutern, denke ich. Beim Tierarzt, riecht es auch nach anderen Tieren, nach Duftnoten die auch Angst vermitteln, weil Hunde oftmals ihre Analdrüsen einsetzen, wenn sie zu sehr gerstresst sind und vieles mehr....
Würde ich somit als Besitzerin vor dem Hund, einen zusätzlichen Angstduft freisetzen, finde ich, dass ich dem Hund mehr schade, als helfe. Zumal es bei meinem Hund gut funktioniert, wenn man seine Augen bzw Kopf mit einer Decke bedeckt. Dadurch dass er nicht sieht was passiert, ist er auch wesentlich ruhiger als ohne. Natürlich braucht der Hund eine Bezugsperson. Ich brauche diese ja auch, in solchen Fällen. Nur wenn diese da in Ohnmacht fallen würde, würde mich das auch nicht sonderlich beruhigen...weil dann auch Hektik im sie entstehen würde.
Natürlich gitl es sich nicht all zu viel auszumalen, was passieren könnte, weil das auch nicht das gelbe vom Ei ist.
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